Alle vier in der Elite-Runde: ÖFB-Nachwuchs 2016

Vier Chancen in drei Wochen: Von 19. März bis 10. April sind die U-17- und U-19-Nationalteams der Burschen wie der Mädels in ihren jeweiligen EM-Qualifikationen in den entscheidenden Elite-Runden zugange. Jedes der vier Teams darf sich durchaus Chancen ausrechnen, durchzukommen, auch je nach Auslosung. Augenfällig ist aber, dass der allgemeine Trend im ÖFB zu immer stärkeren Nachwuchs-Teams nicht abreißt.

Hier eine Übersicht über die vier Teams, die allesamt ihre Vorrunden im Herbst relativ locker überstanden haben.

U-19-Burschen: Ein „Neuseeländer“ ist wieder dabei

In Baden-Würtemberg geht im Juli die U-19-EM der Burschen über die Bühne, der deutsche Gastgeber spielt das Eröffnungs-Match im Stuttgarter Stadion, das Gros der Partien wird aber in Zweit-, Dritt- und Regionalliga-Stadien (von Ulm über Aalen bis Heidenheim) ausgetragen. Zum DFB-Team kommen noch sieben weitere Teilnehmer, wie bei diesem Bewerb immer.

Neben dem Titel geht es auch um einen der fünf europäischen Plätze für die U-20-WM in Südkorea im Sommer 2017. Ja, fünf: Denn einen Platz (von den bisher sechs europäischen Slots) hat die UEFA an Ozeanien verloren. Kein Witz: Neben Neuseeland hat nun ein weiterer Südsee-Inselstaat einen Fix-Platz bei der WM. Früher reichte es, bei der U-19-EM Gruppendritter zu werden, nun spielen sich die Gruppendritten in einem Entscheidungs-Spiel das WM-Ticket aus.

Auf das auch das österreichische Team von Rupert Marko spitzt. In der Quali-Vorrunde hatte man in Georgien keine nennenswerten Probleme mit Albanien (2:1, später wegen Einsatzes eines nicht spielberechtigten Albaners 3:0 gewertet) und Wales (2:0) und kam zu einem 0:0 gegen Georgien. Nun geht es in der Elite-Runde von 24. bis 29. März in der Oststeiermark gegen Tschechien, Rumänien und die Slowakei – der Gruppensieger qualifiziert sich für die EM.

Diese relativ günstige Auslosung hat man der Tatsache zu verdanken, dass man wegen der Erfolge der jüngeren Vergangenheit aus dem 2. Topf gezogen wurde. Natürlich sind die Tschechen mit ihrer traditionell großartigen Jugend-Arbeit zu favorisieren, nachdem es dieser ÖFB-Jahrgang hat es vor zwei Jahren in der Elite-Runde mit Holland, Frankreich und Schweden (1 Sieg, 2 Niederlagen) wirklich knüppelhart erwischt hatte.

U-19 Burschen
Die U-19-Burschen des ÖFB

In der Stammformation befinden sich vier Legionäre (Angreifer Jakupovic von Middlesbrough, Außenstürmer Gmeiner von Stuttgart sowie Innenverteidiger Posch von Hoffenheim und der aus der Red-Bull-Akademie nach Stuttgart geflüchtete Stefan Peric). Gegenüber der Vorrunde sind mit dem von den Sturm-Fans seit Langem in der Start-Elf geforderte Sandi Lovric und Admira-Shootingstar Philipp Malicsek zwei potenziell entscheidende Spieler mit mehr oder weniger Bundesliga-Erfahrung dazugekommen. Und: Konrad Laimer ist auch für die Elite-Runde nominiert. Er war schon mit dem vorletzten (!) Jahrgang bei der WM in Neuseeland dabei. Das ist eine riesige Routine, die unbezahlbar wichtig sein kann.

Rechtsverteidiger Sandro Ingolitsch kommt seit der Winterpause regelmäßig beim FC Liefering in der Ersten Liga zum Einsatz, Mittelfeld-Option Xaver Schlager ist dort eine fixe Größe; Offensivspieler Albin Gashi spielt immerhin bei den Rapid-Amateuren in der Regionalliga regelmäßig.

Blickt man zwei Jahre zurück und vergleich man, liegt die Vermutung nahe: Dieser Jahrgang ist individuell zum Teil deutlich weiter, als es jenes Team (um Bytyqi, Grillitsch, Lienhart und Gugganig) war, das dann ins EM-Halbfinale und ins WM-Achtelfinale gekommen ist. Wenn man nun über die Eliterunden-Gegner (vornehmlich vermutlich eben die Tschechen) drüber kommt, ist in Richtung WM sicher alles möglich.

U-19-Mädels: Truppe mit EM-Erfahrung

Vor zwei Jahren war erstmals eine Frauenfußball-Auswahl des ÖFB bei einer EM-Endrunde mit dabei – es waren damals die U-17-Mädels, die in England Gruppendritter wurden. Fast alle, die damals dabei waren, sind nun auch im Kader, wenn es um die Qualifikation für die U-19-EM-Endrunde in der Slowakei geht.

Allerdings: England war damals das einzige Team, gegen das die ÖFB-Mädels verloren haben, und England ist genauso wie Schweden und Belgien nun der Gegner in der Elite-Runde. Eine harte Gruppe, die da zwischen 5. und 10. April in Schweden über die Bühne geht. Der Sieger ist bei der Endrunde dabei, dazu ist noch einer der sechs Gruppenzweiten ebenso für das Turnier in der Slowakei qualifiziert. In der Vorrunde zerstörte Österreich Albanien mit 8:1, gewann durch einen Elfer in der Schlussphase 1:0 gegen die Ukraine und verlor 1:2 gegen Schottland.

Die U-19-Mädels des ÖFB
Die U-19-Mädels des ÖFB

Bei der ÖFB-Auswahl von Teamchefin Irene Fuhrmann kommen durch die Bank Stammkräfte aus der heimischen Bundesliga zum Einsatz, durch die Bank Spielerinnen aus dem Nationalen Zentrum für Frauenfußball in Österreich – so, wie es seit Gründung dieser Institution üblich ist. Der Kader kennt sich in- und auswendig und trainiert öfter zusammen als Klub-Teams. Das ist ein großer Vorteil.

Gerade das Mittelfeld-Zentrum mit Katharina Aufhauser (schon mit 15 Jahren in der „Ersten“ des damaligen Abo-Meister Neulengbach im Einsatz) und Barbara Dunst kann sich grundsätzlich sehen lassen; Dunst ist aber beim A-Team wird nicht an der Elite-Runde teilnehmen können. Die Außenverteidigerinnen Anna Egretzberger und Katharina Naschenweng gehören zu den besseren in der Liga, Innenverteidigerin Adina Hamidovic wurde gerade vom überlegenen Leader St. Pölten verpflichtet. Für diesen Klub hat Sturmspitze Viktoria Pinther schon im Europacup getroffen (war zuletzt aber verletzt), Angriffs-Partnerin Sarah Lackner führt bei Wacker Innsbruck die interne Schützenliste an.

Aus österreichischer Sicht ist die womöglich die beste U-19 seit dem unglaublichen 1993er-Jahrgang mit Zadrazil, Aschauer, Kirchberger, Pöltl, Schiechtl und Koren (heute allesamt Regulars im A-Kader), der vor vier Jahren in der Elite-Runde nur an England scheiterte. Diesmal lauern zwei namhafte Kontrahenten in der Elite-Runde, eine Qualifikation Österreichs wäre keine Sensation – erwarten darf man sie aber auch nicht.

U-17-Burschen: Arases Altersgenossen

Zum zweiten Mal wird die Endrunde der 17-Jährigen wieder mit 16 Teams statt wie in den Jahren davor mit acht ausgetragen. Die Chancen also, dass zum zweiten Mal hintereinander die U-17 des ÖFB bei der Endrunde (die im Mai in Aserbaidschan steigt) dabei ist, stehen durchaus gut. Letztes Jahr hatten sich die 98er unter Manfred Zsak qualifiziert, heuer hat der 99er-Jahrgang mit Andi Heraf  auch durchaus gute Chancen.

In der Elite-Runde geht es von 29. März bis 3. April im französischen Baskenland gegen Frankreich, Griechenland und Island. Der Gruppensieger qualifiziert sich für die Endrunde, ebenso die sieben besten Zweiten aus den acht Gruppen. Weil in einer anderen, schon abgeschlossenen Gruppe Spanien mit fünf Punkten Zweite wurde, heißt das: Ein zweiter Platz mit zwei Siegen reicht Österreich in jedem Fall.

Die U-17-Burschen des ÖFB
Die U-17-Burschen des ÖFB

In der Vorrunde setzte sich das Team mit Siegen gegen Litauen (2:0) und Luxemburg (2:1) sowie einem 1:1 gegen Serbien als Gruppensieger durch, aber wie stark das Team wirklich ist, lässt sich – wie meistens bei U-17-Teams – nicht abschätzen. Die Burschen rekrutieren sich logischerweise fast komplett aus den in der ÖFB-Jugendliga beschäftigten Akademien. Die Spiele gegen Litauen und Luxemburg waren trotz grundsätzlicher Überlegenheit recht zähe Angelegenheiten, gegen Serbien sah man offenbar ganz gut aus. Die zwei vermutlichen Haupt-Gegner um den zweiten Platz, Griechenland und Island, spielten schon in der Vorrunde gegeneinander und kamen als Zweiter und Dritter hinter Dänemark weiter.

Bei zwei Mehrnationen-Miniturnieren klassierte sich der 99er-Jahrgang jeweils als Zweiter, dazu gab es einen Sieg über den brasilianischen 2000er-Jahrgang vor 4.000 Zusehern in Klagenfurt (allerdings waren da nur sechs Spieler aus dem aktuellen Kader dabei – Burgstaller, Meisl, Maresic, Baumgartner, Müller und Meister). Der wahrscheinlich beste Spieler des Jahrgangs ist Rapid-Offensivtalent Kelvin Arase. Der in Wien aufgewachsene gebürtige Nigerianer hat schon das Interesse einiger englischer Klubs geweckt, ist ein Regular in der Hütteldorfer U-16 und erzielt auch mal außergewöhnliche Tore.

Das Grundgerüst der ÖFB-U-17 bilden Burschen aus der Red-Bull-Akademie von Salzburg – Innenverteiger Luca Meisl und Außenverteidiger Alexander Burgstaller sind Startelf-Spieler in der Mozartstadt, Stürmer Nicolas Meister ist Wechselspieler. Torhüter Mario Schragl wechselte letzten Sommer von Salzburg zu Borussia Dortmund, wo er Einser-Goalie in der B-Junioren-Bundesliga-Mannschaft (Tabellenführer in der West-Region) ist.

Sechser Dario Maresic ist im Winter mit erst 16 Jahren zur Stammkraft im Regionalliga-Team von Sturm Graz befördert worden, Philipps Bruder Lukas Malicsek ist dies in der U-18 der Admira, Innenverteidiger Alexander Borkovic ist aus der U-18 der Austria nicht wegzudenken, Altachs ZM-Talent Valentino Müller aus jener der Vorarlberg-Akademie. Der Vorarlberger Maurice Mathis ist Stammkraft in der B-Jugend von 1860 München, spielt dort als Sturmspitze (wie auch in der Vorrunde im Herbst zum Teil im ÖFB-Team), laboriert in den letzten Wochen aber an einer Schambein-Entzündung.

Wegen der fehlenden Vergleichsmöglichkeiten ist es wie erwähnt kritisch, eine Einschätzung der relativen Stärker gegenüber der Konkurrenz zu machen. Aber diese U-17 hat zumindest in jedem Fall eine realistische Chance, sich ein Endrunden-Ticket zu sichern.

U-17-Mädels: Zweitliga-Stammkraft mit 14 Jahren

In der Ausgangssetzliste ist die weibliche U-17 des ÖFB, der 99er-Jahrgang, in Europa auf dem zehnten Rang gestanden. In der Vorrunde in Kasachstan wurde trotz weit von europäischen Standards entfernt liegendem Umfeld mit drei Siegen ohne Gegentor entsprechend souverän der Gruppensieg eingefahren.

In der Elite-Runde wird die Aufgabe aber zwischen 19. und 24. März wird trotz Heimvorteil (alle drei ÖFB-Spiele werden in Rohrendorf bei Krems gespielt) um mehrere Klassen schwieriger. Deutschland, Schweiz und Russland lauten die Gegner in Dominik Thalhammers letztem Mini-Turnier als U-17-Teamchef – im Zuge seiner Beförderung zum Sportlichen Leiter der Traineraus- und -fortbildung im ÖFB wird er nach diesen drei Spielen den Posten an seinen Noch-Co-Trainer Markus Hackl übergeben. Um sich für die Endrunde in Weißrussland zu qualifizieren, muss man Gruppensieger oder bester Zweiter werden. Bei der Endrunde geht es auch um drei Plätze für die U-17-WM in Jordanien im Herbst.

U-17
Die U-17-Mädels des ÖFB

Ein Großteil des Kaders ist trotz des jungen Alters schon Stammpersonal von österreichischen Bundesligisten. Das gilt für das Neulengbacher Mittelfeld-Duo mit Besijana Pireci und Jennifer Klein ebenso wie für das Linzer Trio von Kleinmünchen, das mit Laura Wienroither (im Klub in der Offensive, im Team LV), Vanessa Hartl und Sandra Mayrhofer in der Abwehr agiert sowie für Laura Krumböck vom Triestingtaler Bundesligisten Altenmarkt. Ihre Klub-Kollegin Chiara Schaub, kleine Schwester von Louis, ist auch im Elite-Runden-Kader dabei.

Stürmerin Jana Scharnböck ist aus dem Innviertel und spielt über der Grenze in Passau ihren Vereinsfußball, Innenverteidigerin Maileen Mößner – in Heilbronn geboren – in der U-17 des deutschen Bundesligisten Hoffenheim.

Evelin Kurz ist Leistungsträgerin in der 2. Mannschaft von Meister St. Pölten in der zweiten Liga und durfte bei der „Ersten“ auch schon reinschnuppern; Stürmerin Magdalena Bachler spielt in der 2. Liga bei West-Leader Bergheim. Beachtenswert auch Keeperin Milena Zink: Eine Woche nach ihrem 14. Geburtstag wurde sie in Wr. Neustadt zur Stamm-Keeperin in der 2. Liga, seit Sommer hütet sie das Tor bei Zweite-Liga-Ost-Leader Erlaa. Sie wird überhaupt erst nach der U-17-Endrunde 16 Jahre alt.

Wie bei den Herren ist mangels Vor-Erfahrung eine Einschätzung der Stärke schwierig. Thalhammer schwärmte im Herbst von der hohen Qualität der Truppe, aber Deutschland und auch die Schweiz (deren letzter U-17-Jahrgang ins EM-Finale gekommen ist) sind eben auch knüppelharte Gegner. Es wird sehr schwer für Österreich.

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Klick-Tipp: Alle österreichischen Junioren-Endrunden-Teams seit 1997.

Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.