Wie sich die Austria unter Andreas Ogris gegen ein echtes Spitzenteam der Liga präsentiert, hat man in Salzburg gesehen: Voller Einsatz, aber mit teils eklatanten, taktischen Schwächen. Beim Cup-Viertelfinale in Kapfenberg und beim Liga-Duell in Grödig war nun mehr die eigene Spielidee gefragt.
2:0 in Kapfenberg
Beim Zweitligisten in Kapfenberg – wo das Spiel mit dem 1:0 in der 2. Minute optimal für die Austria begann – stellte Ogris sein Team in einem 4-4-2 auf, mit einem tiefer stehenden (Holland) und einem höher stehenden (Grünwald) Spieler im Zentrum. Die vornehmliche Aufgabe der beiden war es, das Spiel auf die Außenbahnen zu verlagern.
Der erste Pass kam in der Regel von Holland, der entschied, ob es über links oder über rechts gehen sollte. Der Außenvertediger rückte dann jeweils auf und stellte Überzahl her, auf der linken Seite von Suttner und Meilinger kam oft auch Grünwald zum helfen. Ging es nicht weiter, erfolgte der Pass zurück und der Seitenwechel. Entweder über Holland, oder per langem Ball von Grünwald.
Dieses, wenn auch simple, Mittel brachte der Austria in der ersten Halbzeit einigermaßen sicher die Spielkontrolle, allerdings kaum mehr echte Torgefahr, da man immer wieder daran scheiterte, den Ball von der Flanke gewinnbringend in den Strafraum zu bringen.
Kapfenberg, eine der spielintelligenteren Truppen der Ersten Liga, erkannte alsbald, wie man dieser klaren Marschroute beikommen kann. In der grundsätzlich in einem 4-3-1-2 aufgestellten Mannschaft schob Zehner Andi Lasnik nach halbrechts ins Mittelfeld und Poljanec, einer der Stürmer, zusätzlich nach hinten. So konnten Farnleitner und Hütter nach außen rücken, um zu helfen, ohne dass im Zentrum die Deckung verloren ging.
Durch die Wechsel von Kapfenberg-Trainer Kurt Russ (der gemeinsam mit Ogris bei der WM 1990 spielte) entstand eins nach dem anderen ein 4-1-4-1. So gab es Kontrolle durch Überzahl im Zentrum und durch erhöhtes Risiko auch mehr vom Spiel. Ogris glich das nach rund einer Stunde durch eine Umstellung auf 4-2-3-1 aus (Kvasina und Meilinger auf den Flügeln, Grünwald auf der Zehn, Frank davor, Holland und Serbest dahinter).
In Minute 77 gelang Kvasina das 2:0, damit war das Spiel für die Austria gewonnen
1:1 in Grödig
Die Absicht, gerade gegen vermeintlich „Kleine“ tiefer und damit sicherer zu stehen als unter Baumgartner war schon in Kapfenberg ersichtlich, dass Ogris in Grödig aber gleich eine0 Dreierkette gegen die einzige Spitze des schlechtesten Rückrunden-Teams stellte, war dann doch etwas überraschend.
Gegen den Ball war es bei der Austria ein 5-4-1, wobei die Mittelfeld-Außen De Paula und Meilinger früh einrückten und sich von den Wing-Backs Koch und Salamon hinterlaufen ließen. De Paula und Meilinger, die so die Kanäle zwischen den Grödiger Reihen bearbeiteten, waren auch mit Abstand die produktivsten Spieler bei Violett.
An der grundsätzlichen Spielidee, also dem Aufziehen der Angriffe über die Außenbahnen, änderte sich nichts und wann immer die Austria gefährlich wurde, dann über die Duos Koch/De Paula und Salamon/Meilinger. Die beiden zentralen Spieler (diesmal Holland und Holzhauser) waren wiederum in erster Linie für horizontale Pässe zuständig. Das 1:0 nach einer Viertelstunde wurde von De Paula eingeleitet, seine Hereingabe legte Meilinger auf Kvasina ab, die einzige Austria-Spitze musste nur noch den Ball über die Linie drücken.
Immer mehr wurde allerdings auffällig, dass es von hinten heraus keine echte Spieleröffnung gab. Niemand aus der Dreierkette brachte eine solche zu Stande; je länger das Spiel lief, umso mehr wurde die Bälle nur lange nach vorne geschlagen. Das lag auch daran, dass Martschinko und Potzmann, die beiden Grödiger Außenverteidiger, mutig und aktiv in die Zweikämpfe gegen die Austria-Wingbacks gingen und diese so sukzessive aus dem Spiel genommen.
Pässe von der Dreierkette auf die Außenspieler waren schnell verloren, sicher auch darum gab es sie immer weniger. Auch Goalie Hadzikic (der den verletzten Lindner vertrat) schlug seine Abstöße weit nach vorne und spielte sie nicht kurz auf einen seiner drei Innenverteidiger. Durch die Kampfkraft auf den Flügeln und die spielerische Armut im Zentrum der Austria bekam Grödig das Spiel in den Griff, war speziell in der zweiten Halbzeit das deutlich aktivere Team und verdiente sich den Ausgleich auch vollauf.
Danach stellte Ogris, wie schon in Kapfenberg, halb durch den zweiten Spielabschnitt auf ein 4-2-3-1 um. Ramsebner ging neben Holland nach vorne, Meilinger und Royer (statt Holzhauser gekommen) besetzten die Flügel, De Paula (und danach Grünwald) die Zehn. Die Mittelfeld-Außen der Austria spielten nun näher an der Grundlinie und halfen so Salamon und Koch, im Zentrum gab’s personellen Gleichstand.
An der Spielcharakteristik – Grödig aktiver, Austria staubig – änderte sich nichts mehr, auch am Spieltand nicht.
Fazit: Mehr Stabilität, wenig Phantasie
Nach zwei Spielen gegen „Kleine“ ist nun einigermaßen erkennbar, was Ogris mit der Austria vor hat. Er lässt die Abwehrreihe deutlich tiefer stehen als Baumgartner, was vor allem gegen auf dem Papier schwächere Gegner zu deutlich weniger Gegentore führen soll und sicherlich auch führen wird. Die Kontrahenten müssen sich Torchancen tatsächlich bis zu einem gewissen Grad erarbeiten und bekommen nicht durch langsame Innenverteidiger (Sikov, Ortlechner) in einer hoch stehenden Abwehr riesige Räume geschenkt.
Dieser Schritt ist richtig und logisch, denn vor allem billige Gegentore kosteten der Austria unter Baumgartner jede Menge Punkte.
Im Spiel nach vorne hat die Austria unter Ogris jegliches Pressing eingestellt. Ballgewinne passieren hauptsächlich über Zweikämpfe, der Spielaufbau wird konsequent auf die Außenbahnen verlagert. Das Zentrum dient als Verteilungszentrale und Schutzschild, aber nicht als Mittel des unmittelbaren Angriffs. Das ist ein klares Konzept, recht simpel zwar, aber wenn man mitten unter der Saison ein ziemlich kaputt wirkendes Team übernimmt, eine nachvollziehbare Herangehensweise.
In den Europacup wird es so aber, zumindest über die Liga, sicherlich nicht gehen. Die Spielanlage der Austria unter Ogris ist eher auf Schadensbegrenzung ausgelegt als auf Jetzt-erst-Recht-Fußball. Mit den gleichzeitigen Siegen von Ried und Wolfsberg ist der Dampfer in Richtung Platz fünf (der ja für Europa reichen kann) mit acht Punkten Rückstand abgefahren.
In der Bundesliga hat es den Anschein, als wolle Ogris mit der Austria die Saison halbwegs seriös, ohne weitere Blamagen, aber auch ohne offen ausgelebtes Chaos zu Ende zu bringen. Ob’s am Ende auf Platz sechs oder sieben geht, ist auch schon egal.