Eine Stunde lang ist Österreich gegen Montenegro klar überlegen, dann wurde es wie zuletzt so oft zum Zittern – aber einmal mehr gelingt es, ein gutes Resultat einzufahren. Nachdem man – anders als zuletzt – genug Torchancen erarbeiten konnte, um das Spiel vorzeitig zu entscheiden. Erst nach dem verletzungsbedingten Ausscheiden des starken Arnautovic traute sich Montenegro anzugreifen.
Erst mal keinen kriegen. Montenegro kam mit einer Spielanalge daher, die in erster Linie darauf ausgelegt war, nicht zu verlieren. Mit zwei Viererketten wurde verteidigt, auch Zehner Vukcevic ließ sich gegen den Ball weit nach hinten fallen – so kam es in der Anfangsphase oft vor, dass Spitze Vucinic alleine 35 Meter vor dem nächsten Mitspieler stand. Der ehemalige Serie-A-Star legte generell eine recht passive Spielweise an den Tag.
Österreich hat alles im Griff
Offenbar hatte man den montenegrinischen Linksverteidiger Volkov als Schwachstelle ausgemacht – denn Österreich versuchte, vor allem ihn in Zweikämpfe zu verwickeln und aus der Position zu ziehen. Was auch immer wieder nicht so schlecht gelang. Dennoch ist und bleibt die linke Seite die deutlich stärkere beim ÖFB-Team. So gut wie jeder Angriff, bei dem Fuchs auf der linken Seite mit Tempo durchging, wurde brandgefährlich – dem an sich guten Rechtsverteiger Savic fehlte es da an der Hilfe von Beciraj vor ihm. Dieser ist ja ein eigentlich reiner Offensiv-Spieler.
Dazu wurde versucht, durch das Zentrum hindurch Okotie steil in die Schnittstellen zu schicken. Das funktionierte aber nur selten, da Montenegro dafür zu tief stand. So konnte Okotie selten in den Rücken der Kette kommen. Nach vorne hatte Österreich überall klare Vorteile, auch wurde im Mittefeld gut draufgegangen. Dazu pressten Okotie und Junuzovic gegen die Innenverteidiger, verhinderten so einen kontrollierten Aufbau des Gegners.
Das 1:0 durch Okoties erstes Länderspiel-Tor nach einer starken Vorarbeit des ganz starken Arnautovic war die logische Folge der klaren Überlegenheit von Österreich.
Konzentriert Kontersituationen vermieden
Wenn Montenegro zu einem kontrollierten Aufbau kam – was in der ersten Hälfte nur in den zehn Minuten nach dem Tor der Fall – rückten Beciraj und Bozovic auf den Flügeln auf und bildeten ein 4-3-3, die Konzentration lag darauf, aus dem Halbfeld bzw. dem Zentrum heraus die Flügelspieler in deren Lauf zu bedienen. Hier hatten Klein und Fuchs die Sache defensiv aber ganz gut im Griff. Lediglich beim Aufrücken in Pressing-Situationen agierte Klein wie gewohnt zuweilen etwas passiv.
Die Fehlpass-Quote bei Österreich lag im einstelligen Prozentbereich und fast alle legten ein hohes Maß an Konzentration an den Tag. War doch einmal ein Ballverlust in der Vorwärtsbewegung dabei, bügelte das vor allem Baumgartlinger mit seinem unglaublichen Auge aus. So kam Montenegro nur sehr selten dazu, nach schnellem Umschalten ihre Kontersituationen fertig zu spielen. Im Gegenteil, zur Halbzeit hätte Österreich schon das eine oder andere Tor mehr erzielt haben müssen.
Mit Arnautovic war alles safe…
Neben Baumgartlinger legte vor allem Marko Arnautovic eine zuweilen grandiose Leistung aufs Feld. Er war praktisch immer Anspielbar, konnte das Tempo situativ verschärfen, spielte extrem gut mit Fuchs und Alaba zusammen. Er arbeitete sehr gut nach hinten, wenn das notwendig war, und er traute sich auch in die Zweikämpfe und gewann diese oft.
Im Wissen um die Gefährlichkeit von Arnautovic trauten sich die Montenegriner auch nicht so recht aus dem Schneckenhäuschen, nachdem für die zweite Halbzeit Jovetic für den unauffälligen Vukcevic gekommen war. Erst, als der Stoke-Legionär nach einer Stunde angeschlagen vom Feld musste, suchten die Gäste konsequenter den Weg nach vorne.
…ohne ihn wurde es zum Zittern
Vor allem, weil ihnen sehr schnell klar wurde, dass von Arnautovic-Ersatz Hinterseer so gut wie keine Gefahr ausging. So kippte ein Spiel, das Österreich eigentlich längst für sich hätte entschieden haben müssen. Die Abwehr und vor allem das Mittelfeld von Montenegro spielte nun 30 Meter höher als zuvor und übte so immer mehr Druck aus.
Mehrere Faktoren sorgten in der Schlussphase dafür, dass Österreich wie schon beim 2:1-Sieg in Moldawien mächtig ins Zittern kam. Erstens fehlte eben die Entlastung über Arnautovic. Es gelang praktisch nicht mehr, den Ball mal etwas zu halten, einen Gegenspieler zu schleppen und es fehlte auch massiv seine Aura der ständigen Gefahr.
Zweitens ist Robert Almer einfach kein Faktor großer Sicherheit. Er kratzt die Bälle von der Linie, wie kurz vor Schluss gegen Vucinic. Aber er schafft es nicht, Ruhe und Sicherheit auszustrahlen, was seine Vorderleute zuweilen anzustecken scheint. Außerdem ist er als Spieleröffner nicht die optimale Lösung, weil er mit dem Fuß nicht der Beste ist und seine Ausschüsse oft eine ziemliche Streuung haben. Sicherlich ein Faktor, warum er es in Deutschland nicht und nicht schafft, sich durchzusetzen.
Über die Zeit gerettet
In erster Linie waren es aber, drittens, die Nerven. Die Räume, die sich zwischen den montenegrinischen Reihen ergaben, waren eine Einladung für österreichische Konter, die auch immer wieder kamen und die auch immer wieder zu guten Abschlussgelegenheiten führten. Wie umständlich und überhastet diese aber vergeben wurde, war erschreckend – ebenso wie die Unsicherheiten in der Abwehr, die sich häuften und häuften.
Am Ende wurden die Bälle nur noch zittrig und etwas panisch weggeschlagen. Und wie in Moldawien klappte es irgendwie, den Sieg über die Zeit zu zittern.
Fazit: Fortschritt und kein Fortschritt zugleich
Österreich machte nichts übertrieben Ungewöhnliches – gutes Hinterlaufen auf der linken Seite, Anbohren eines schwachen Außenverteidigers auf der rechten Seite, Anlaufen der Spieleröffnung, kurze Pressing-Wege im Mittelfeld. Das reichte aber, um eine erstaunlich biedere Mannschaft aus Montenegro zu kontrollieren. Ehe das Team vom Balkan wirklich gefährlich wurde, hätte Österreich auf diese Weise schon 3:0 führen müssen – obwohl Harnik meist wieder nur körperlich anwesend war und Klein rechts oft viel alleine machen musste.
Auch gelang es deutlich besser als in den letzten Spielen, sich Torchancen aus dem Spiel heraus zu erarbeiten. Das größere Problem des ÖFB-Teams als das Wehren gegen einen Gegner, der sich tatsächlich oder vermeintlich auf Augenhöhe befindet, sind die Nerven. Wenn die Chancen nicht genützt werden und der Gegner so am Leben bleibt, beginnt das Zittern. Von Souveränitat hinten war in der Schlussphase keine Spur mehr.
Aber immerhin: Die Ergebnisse passen. Ein über 90 Minuten überzeugendes Spiel hat Österreich im Jahr 2014 noch nicht abgeliefert, dennoch gab es noch keine Niederlage und mit sieben Punkten aus drei Spielen steht man in der EM-Quali sehr gut da.
So gesehen ist dieses Spiel ein Fortschritt – es wurden genug Chancen erarbeitet – und kein Fortschritt – Nerven und Chancenverwertung – zugleich. Aber es gelingt, dennoch die Ergebnisse einzufahren. Immerhin.