Kein Sieg gegen Cluj: Neulengbach kracht schon in Runde 1 aus dem Europacup

Das ging schneller als geplant: Schon in der ersten Runde verabschiedet sich Österreichs Abo-Meister Neulengbach aus der Frauen-Champions-League. Weil man es nach dem 1:1 im Hinspiel in Rumänien im Retour-Match verabsäumt hat, die offensichtlichen Schwächen eines eher biederen Gegners anzubohren und zu nützen. Und man den kühlen Kopf nicht bewahrte, als eine beinahe unbekannte Situation auftrat – ein Rückstand.

SV Neulengbach – Olimpia Cluj 2:2 n.V. (1:1, 1:0)

Was der rumänische Meister (der mehr oder weniger ident mit dem rumänischen Nationalteam ist) vor den beachtlichen 1.150 Zuschauern anbot, war ziemlich basic und, von der extrem starken Solo-Spitze Alexandra Lunca abgesehen, eher bieder. Und doch schaffte es Österreichs Abo-Meister Neulengbach, sich gegen dieses Team nicht durchzusetzen. Was zwei Hauptgründe hat: Erstens, dass die offensichtlichen Schwächen der Rumäninnen nicht konsequent ausgenützt wurde. Und zweitens, dass man mit der ungewohnten Situation „Rückstand“ überhaupt nicht umgehen konnte und keinen kühlen Kopf bewahrte.

4-3-2-Lunca

Cluj zeigte von Beginn an einen extremen Linksdrall. Das fing vorne an, wo sich Stürmerin Lunca zumeist als Linksaußen postierte und von dort nach innen zog. die beiden offensiveren Mittelfeld-Spielerinnen im 4-3-2-1 hielten ihre Positionen weitgehend, aber in der Dreier-Zentrale schob vor allem Adina Giurgiu (die für die zwischen Hin- und Rückspiel in die Türkei transferierte Cosmina Dusa ins Team gerückt war) sehr weit nach außen und beschäftigte dort Neulengbach-RM Giovana.

So war oft die Situation gegeben, dass alle Rumäninnen auf der linken Spielfeldseite waren, aber überhaupt niemand auf der linken – von LV Corduneanu einmal abgesehen. Durch diese ständige Überzahl hatte man in der Anfangsphase viel vom Ball und vor allem nach Ballgewinn innerhalb der gegnerischen Hälfte funktionierte das Umschalten extrem gut und die schnelle Lunca lief der Neulengbach-Defensive ein ums andere mal davon.

Schwachstellen nicht genug angebohrt…

Während sich also drei Cluj-Spielerinnen (Manie, Giurgiu und Lunca) permanent auf Giovana und Sochor stürzten, hätte Kathrin Entner auf der anderen Seite komplett freie Bahn gehabt. Doch wie Sochor blieb auch Entner, auch wenn die Situation ein Aufrücken verlangt hätte, viel zu vorsichtig hinten kleben, womit die sehr fleißige Daniela Tasch massiv auf sich alleine gestellt war. Natürlich ging es bei Neulengbach vor allem über die Flügel – logisch, angesichts der massierten Cluj-Zentrale – aber dort wurden weitere extreme Schwäche der Rumäninnen viel zu selten ausgenützt.

Die Schnittstelle zwischen Innenverteidigung und Außenverteidigern waren nämlich praktisch immer offen wie ein Scheunentor. Der IV rückte nicht raus, der AV nicht zurück – Pässe in den Rücken der rumänischen Außenverteidiger öffneten die Flanke komplett und waren eine Einladung, um eine Flanke nach der anderen vor das rumänische Tor zu bringen. Zumal Torfrau Mirela Ganea unfähig schien, selbst die leichtesten Bälle zu fangen, grundsätzlich nur faustete (und das nicht besonders gut), und somit ihrer Abwehr keine Sicherheit verlieh.

All diese offensichtlichen Schwachstellen wurden viel zu selten angebohrt. Dabei wurde es immer gefährlich, wenn man diese zu nützen versucht hat – Giovanas kompromissloser Schuss unter die Latte zum 1:0 nach einer halben Stunde etwa fiel (logischerweise) nach einem Zuspiel von Burger zwischen IV Ficzay und LV Manie hindurch auf Giovana.

…und selbst zu viele offenbart

Bei Neulengbach fehlte LV Mona Kohn angeschlagen, und es durfte Kathi Aufhauser, normalerweise im ZM neben Škorvánková gesetzt, nicht spielen. Die 15-Jährige ist schlicht zu jung, darf erst ab Jänner in einem internationalen Klub-Bewerb spielen. Das hatte zur Folge, dass Verteidigerin Biróová ins Mittelfeld aufrückte, Kathrin Entner von links nach rechts wanderte und Cornelia Sochor als RV ins Team kam.

Was Neulengbach nicht gut tat. Das Tempo von hinten heraus war viel zu langsam, vor allem Sochor hatte grobe Probleme in der Spieleröffnung, was Giovana zum Helfen und damit zu einer zu tiefen Positionierung zwang. Zudem passierten immer wieder billige Ballverluste ohne echte Absicherung nach hinten. Dass Cluj nicht aus diesen Situationen schon viel früher Kapital geschlagen hat, war einerseits Glück für Neulengbach. Und zeigt andererseits, dass der rumänische Meister wahrlich keine Über-Mannschaft ist. Vor allem das mutigen Herauslaufen und die sichere Leistung der 16-jährigen Manuela Zinsberger im Tor hat Schlimmeres verhindert.

Ausgleich trotz beschränkter Mittel

Weit vorne den Ball gewinnen und dann schnell umschalten – im Spiel nach vorne war das im Grunde das einzige Rezept von Cluj. Die Außenverteidiger gingen zwar sehr wohl immer wieder nach vorne – vor allem die Kamerunerin Christina Manie, einzige Legionärin im Team – als Anspiele kamen dabei aber nur 50-Meter-Pässe aus der eigenen Innenverteidigung. Die praktisch nie ankamen. Aus dem Mittelfeld heraus fehlte die Passgenauigkeit und die Phantasie, um sich nach vorne zu spielen.

Allerdings wartete man auf einen körperlichen Einbruch ebenso vergebens wie auf spielerische Glanzlichter. Zwar gab es halb durch die zweite Hälfte eine Phase, in der die Abwher und der Angriff der Rumäninnen etwas zu weit auseinander riss, aber das wurde schnell wieder korrigiert. Und als alle schon damit rechnete, dass Neulengbach das knappe 1:0 über die Zeit verwalten würde, kam in Minute 81 doch einmal so ein langer Ball auf LV Manie an, diese ließ Sochor stehen, legte quer und Lucan – die einzige, die so etwas wie Gefahr versprühte – stellte auf 1:1. Was das Spiel in die Verlängerung schickte.

Kopflos in der Verlängerung

Das fehlende Erkennen von gegnerischen Schwachstellen und die ziemlich mauen Leistungen von Nina Burger und Maria Gstöttner wären nicht so sehr ins Gewicht gefallen, hätte es den Ausgleich nicht gegeben. So aber offenbarte sich die wohl größte Schwäche von Neulengbach – man kann einem Spielstand nicht hinterher jagen, ist es aus der Liga nicht gewohnt, ein Tor schießen zu müssen. Im Normalfall kann sich Neulengbach national darauf verlassen, dass irgendwann schon eines fallen wird.

Schlussphase der Verlängerung

In diesem Spiel war es dann so, dass in Minute 101 sogar der Gegner das 2:1 machte, wenn auch aus schwer abseitsverdächtiger Position: Schneller Gegenstoß nach Ballgewinn in den Rücken der aufgerückten Abwehr, quergelegt auf Lunca, 2:1.

Neulengbach-Coach Uhlig beorderte daraufhin Innenverteidigerin Haršányová nach vorne und packte die 3-4-3-Brechstange aus. Zudem kam Isabella Dujmenovic für die trotz ihres Tores nicht besonders starke Giovana. Die Neue legte, kaum 15 Sekunden auf dem Platz, auch schon das 2:2 auf, als Ganea ihre Flanke nicht unter Kontrolle bringen konnte und Gstöttner abstaubte.

Das Problem blieb aber bestehen: Im Spiel nach vorne wurde nicht mit kühlem Kopf gespielt. Oft kam ein Abspiel, wenn ein Schussversuch besser gewesen wäre. Noch öfter kamen aussichtslose Schussversuche, wenn ein Abspiel besser gewesen wäre. Mit Haršányová an vorderster Front fehlte die Abstimmung, man stand sich eher selbst auf den Füßen.

So gelang das zum Achtelfinal-Einzug nötige dritte Tor nicht mehr.

Fazit: Leider nicht mal unverdient

Man merkte es Neulengbach an: Das Jagen eines Spielstandes mit dem Druck, unbedingt noch ein Tor (oder phasenweise gar zwei) schießen zu müssen, kennt die Mannschaft einfach nicht – woher auch. National mäht man die Konkurrenz nieder, da kommt es auf ein, zwei Tore pro Spiel mehr oder weniger auch nicht mehr an.

Den Rumäninnen gelang es gut, Neulengbach keinen Zugriff auf den Strafraum zu geben. Sie wurden mit Fortdauer des Spiels auch immer sicherer im Verteidigen von Standardsituationen. Und profitierten letztlich doch davon, dass es Neulengbach nicht schaffte, die an sich höhere Klasse auch in einen Sieg umzumünzen.

Weshalb das frühe Aus letztlich leider nicht mal unverdient ist.

(phe)

Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.