Kavlak – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Sat, 13 Nov 2021 12:37:50 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.1 In memoriam Paul Gludovatz: Die Karrieren der 2007er-Halbfinalisten https://ballverliebt.eu/2021/11/13/in-memoriam-paul-gludovatz-die-karrieren-der-2007er-halbfinalisten/ https://ballverliebt.eu/2021/11/13/in-memoriam-paul-gludovatz-die-karrieren-der-2007er-halbfinalisten/#respond Sat, 13 Nov 2021 12:16:48 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=17145 In memoriam Paul Gludovatz: Die Karrieren der 2007er-Halbfinalisten weiterlesen ]]> 14 Jahre ist es her, als mitten hinein in das tiefste Leistungsloch des österreichischen Fußballs in jüngerer Vergangenheit plötzlich eine Horde von 20-Jährigen mit aktivem Spaß-Fußball ins Halbfinale der U-20-WM stürmten. Trainer dieser Truppe, der „Generation Kanada“, war 2007 ein gewisse Paul Gludovatz. Der Burgenländer ist nun 75-jährig den Folgen einer Corona-Erkrankung erlegen.

Er kam nach seiner Zeit beim ÖFB zur SV Ried, die er einmal zum Cup-Sieger (2011) und zweimal zum Herbstmeister (2010/11 und 2011/12) machte, dazu führte er die Innviertler im Europacup beispielsweise zum Sieg über Brøndby. An seinem unüblichen 3-3-3-1-System scheiterten die heimischen Trainer reihenweise.

Auch einige der Spieler, die damals in Kanada mit dabei waren, setzten von dort aus zu einer großen Karriere an. Von Prödl, Junuzovic und Harnik über Suttner, Madl und Hinum bis hin zu Pirker, Enzenberger und Zaglmair: Das machten die Semifinalisten von 2007 seither – und das machen sie heute.

Die Nationalspieler

Sebastian Prödl (alle 7 Matches durchgespielt) war Kapitän der Truppe. Vom damaligen Sturm-Amateure-Trainer Franco Foda 2005/06 auch auf der Sechs eingesetzt, zog Foda Prödl im Frühjahr 2007 als Innenverteidiger ins Bundesliga-Team hoch, wo sich der große Kirchberger sofort durchsetzte. Auslands-Angebote lehnte er bis nach der Heim-EM 2008 – die er als Stammkraft absolvierte – ab, danach ging Prödl zu Bremen, wo er 2009 gleich ins Europacup-Finale kam. Nach sieben Jahren bei Werder (149 Bundesliga-Einsätze) zog es Prödl nach England zu Watford, wo er auch drei Jahre erste Wahl war (85 Premier-League-Spiele), 2016 absolvierte er seine zweite EM. Seit Sommer 2018 kam Prödl aber auch in Folge anhaltender Knieprobleme nur noch zu fünf Pflichtspiel-Einsätzen, ein Knochenmarksödem verhinderte Einsätze für Udinese Calcio, wohin er im Winter 2019/20 gewechselt ist.

Zlatko Junuzovic (6x von Beginn, 1x eingewechselt, Zehner). Schon anderthalb Jahre vor der WM debütierte Junuzovic, der bereits als 17-Jähriger für den GAK in der Bundesliga gespielt hatte, im Nationalteam, es sollten noch 54 weitere A-Einsätze folgen. Nach der WM folgten zwei Jahre in Kärnten, der Transfer zur Austria 2009 war schon überfällig. Ein halbes Jahr nach dem verpassten Titel 2011 ging Junuzovic zu Bremen, wo er sich sofort zurecht fand und nach Jahren auf der Austria-Außenbahn auch im Zentrum spielen durfte. Junuzovic war integraler Bestandteil des Koller’schen Pressing-Spiels, welches das Team zur EM 2016 bringen sollte. Nach sechseinhalb Jahren und knapp 200 Spielen für Werder wechselte Junuzovic 2018 zu Salzburg, wo er den Routinier in der jungen Truppe gibt und auf seine alten Tage nun auch ein paar Titel gewinnt. Erstaunlich: Obwohl seine Blessur im ersten Spiel die EM 2016 das ganze ÖFB-Team ins Verderben stürzte, war Junuzovic in seiner langen Karriere nie schwerer verletzt.

Martin Harnik (6x von Beginn, 1x eingewechselt, rechte Außenbahn). Der in Hamburg aufgewachsene Sohn eines Steirers spielte zwar niemals für einen österreichischen Klub, aber ab 2005 für den ÖFB. Zwei Wochen nach der WM debütierte er für die Kampfmannschaft von Werder Bremen, zwei weitere Wochen später für das Nationalteam – wo er sich gleich mit einem Tor einführte. Weil er in Bremen – damals ein echtes Spitzenteam – nie über eine Teilzeit-Rolle hinauskam, holte er sich 2009/10 ein Jahr Spielpraxis bei Düsseldorf und ging dann nach Stuttgart. Beim VfB erzielte er 68 Tore in sechs Jahren, nach dem Abstieg und der EM 2016, zu der er schon formschwach angereist war, folgten Stationen bei Hannover und Hamburg, ehe er im Sommer 2020 seine Profi-Karriere mangels konkreter Angebote im norddeutschen Raum, wo er mit Frau und zwei Kindern lebt, beendete und nun eher aus Gaudi bei Fünftligist Dassendorf kickt. Harnik ist Inhaber eines Fleisch-Geschäftes und Gesellschafter eines Partyartikel-Händlers und war zuletzt auch als Co-Kommentator bei DAZN im Einsatz.

Veli Kavlak (6x von Beginn, zentrales Mittelfeld), der jüngste im Kader, hatte bereits kurz nach seinem 16. Geburtstag in der Kampfmannschaft von Rapid debütiert und gehörte beim Titel 2008 zum Stammpersonal. Ein Wechsel in eine größere Liga – Interesse von Besiktas wurde kolportiert – scheiterte am Veto von Rapid, erst 2011 durfte Kavlak in die Türkei wechseln. Dort kam er in den folgenden vier Jahren zu über 100 Liga-Einsätzen, ehe die Schulter – die schon 2008 operiert werden hatte müssen – w.o. gab. Die Ursache wurde nie restlos geklärt – vermutet werden etwa eine Fehlstellung inklusive Bandscheibenvorfall im Halswirbel und Probleme mit Nervensträngen. Jedenfalls spielte Kavlak im Sommer 2014 das letzte seiner 31 Länderspiele und im März 2015 stand er zum letzten Mal in der Besiktas-Startformation. Offiziell beendet hat Kavlak seine Karriere nicht, aber da er nach mittlerweile neun Operationen immer noch mit seiner Schulter kämpft, ist eine Fortsetzung kaum noch denkbar.

Erwin Hoffer (4x von Beginn, 3x eingewechselt, Stürmer), denn alle stets Jimmy nannten, stammt aus dem Admira-Nachwuchs und kam ein Jahr vor der WM, bei der er drei Tore erzielte, zu Rapid. Dort bildete der schnelle Hoffer gemeinsam mit dem großen Stefan Maierhofer das gefürchtete Sturm-Duo „MaierHoffer“, das Rapid 2008 Meister wurde und 08/09 zusammen 50 Bundesliga-Tore erzielte. Der Wechsel zu Napoli 2009 war attraktiv, aber nach einem größtenteils auf der Tribüne des San Paolo verbrachten Jahr wurde er zu Kaiserslautern, Frankfurt und Düsseldorf verliehen, ehe er zu Karlsruhe transferiert wurde. Nach sieben Jahren in Deutschland (davon fünfeinhalb in der 2. Liga, insgesamt 37 Tore) zog es Hoffer 2017 nach Belgien und vor anderthalb Jahren wieder zurück zur Admira, wo seine zunehmenden Tempo-Defizite einen nachhaltigen Einfluss auf dem Feld leider verhindern. Das letzte seiner 28 Länderspiele (4 Tore) absolvierte Hoffer bereits 2012 – Marcel Koller berief ihn danach nicht mehr ein.

Rubin Okotie (4x von Beginn, 3x eingewechselt, Stürmer) hatte zunächst auch nach der WM, bei der er zwei Tore erzielt hat, bei Austria-Trainer Daxbacher einen schweren Stand, der Kinder-Fußball bei der WM habe schließlich nichts mit der österreichischen Bundesliga zu tun. Erst 2008 traute ihm Daxbacher die Stammformation zu, 2009 erlitt Okotie einen Knorpelschaden. Es folgten ein Jahr Verletzungspause und diverse Vereinswechsel ohne viele Einsätze, erst 2012/13 bei Sturm Graz sowie ab 2014 bei 1860 München kam er wieder zu regelmäßigen Matches und damit auch zum Nationalteam, wo er bis zur EM 2016 Back-up für Marc Janko war. Mit Zweitliga-Stationen in China und Belgien trudelte seine aktive Karriere aus, heute betreibt Okotie mit seiner Frau Vanessa ein veganes Restaurant in Wien-Alsergrund.

Markus Suttner (4x von Beginn, Außenverteidiger) bildete vor der WM bei den Austria-Amateuren die Viererkette mit Ulmer, Madl und Ramsebner; nach Kanada erging es ihm zunächst wie Klub-Kollege Okotie: Trainer Daxbacher traute ihm die Bundesliga noch nicht zu. Erst ab Spätherbst 2008 kam er zum Einsatz, dann dafür regelmäßig – und zwar für viele Jahre. Bis 2015 sammelte Suttner über 250 Spiele für die Austria, einen Bundesliga-Titel und er etablierte sich im Nationalteam (20 Länderspiele) als Back-up für Christian Fuchs. Es folgten zwei Saisonen als Stammkraft in der deutschen Bundesliga bei Ingolstadt und anderthalb als Teilzeit-Kraft in der Premier League bei Brighton, ehe er noch anderthalb Jahre bei Düsseldorf absolvierte. Seit 2020 ist Suttner (nach 76 Bundesliga- und 14 Premier-League-Spielen) zurück bei der Austria.

Michael Madl (6x von Beginn, Innenverteidiger) erging es bei der Austria wie Okotie und Suttner – geringgeschätzt vom eigenen Trainer. Darum ging er nach der WM für ein Jahr nach Innsbruck, um Spielpraxis zu sammeln, kehrte zur Austria zurück und war auch vor einer Knieverletzung im Winter selten erste Wahl. Zwei solide Jahre bei Wr. Neustadt brachten ihm einen Vertrag bei Sturm Graz ein, wo er wertgeschätzt und sogar zum Kapitän wurde. Im Winter 2015/16 wagte er den Sprung nach England, wo er bei Zweitligist Fulham ein halbes Jahr Stamm war, danach aber nur noch immer sporadischer Minuten bekam. So kehrte er nach zwei Jahren auf der Insel nach Österreich zurück, wo er seither bei der Austria spielt. Im ÖFB-Team kam Madl im Herbst 2016 zum einzigen Mal zum Zug. Im vergangenen Sommer hörte Madl auf.

Andreas Lukse (2x von Beginn, Torhüter) war gemeinsam mit Madl bei diesem Match gegen die Slowakei 2016 der letzte aus dem Kanada-Kader, der in einem A-Länderspiel mitwirken durfte. Lange hat es allerdings nicht so ausgesehen: Von einer Handvoll Einsätzen als Zweiergoalie bei Rapid im Herbst 2008 abgesehen, dauerte es bis Frühjahr 2015, ehe er nach diversen Stationen in 2. Liga und Regionalliga in Altach ein Bundesliga-Stammleiberl ergattern konnte – zumindest für zweieinhalb Jahre, ehe seine Schulter Probleme machte. Ins Altach-Tor kehrte er nicht mehr Vollzeit zurück, dafür ging er 2019 nach Nürnberg – wo er nicht nur, aber auch wegen Verletzungen im Oktober 2019 letztmals auf dem Platz stand. Seit Sommer ist er bei der Vienna.

Die langjährigen Bundesliga-Spieler

Thomas Hinum (6x von Beginn), aus St. Valentin stammend, kam 2006 von Regionalligist St. Florian zu Zweitligist Schwanenstadt, wo ihn Andi Heraf sofort zur Stammkradt machte – neben Kanada-Kollege Michael Stanislaw. Nach drei Jahren bei Austria Kärnten und einem auf der Rapid-Bank erlebte er als Stamm-Rechtsverteidiger von Paul Gludovatz‘ großem Ried-Team von 2011 bis 2014 die beste Zeit seiner Karriere. Es folgten je zwei Jahre beim LASK und bei Blau-Weiß Linz, seit zwei Jahren ist er bei Zweitligist Amstetten – wo der B-Lizenz-Coach nunmehr Co-Trainer ist. Hinum hat 156 Bundesliga-Matches und noch mehr Zweitliga-Spiele in den Beinen, zum A-Nationalteam hat es aber nicht gereicht.

Michael Stanislaw (6x von Beginn, defensives Mittelfeld) war auf der Sechs gesetzt. Nach seiner Jugend im Admira-Nachwuchs kam der in Leoben geborene und in Wien aufgewachsene Stanislaw 2006 zu Schwanenstadt, wo er prompt Zweitliga-Vizemeister wurde. 2008 zog er mit dem Klub nach Wr. Neustadt um, wo er bis zu seinem Abschied 2012. Es folgten Stationen in Ungarn und Horn, ehe ihm nach einem halben Jahr in Ritzing der Klub um die Ohren flog. Stanislaw, der auf 71 Bundesliga- und 107 Zweitligaspiele kam, kickt noch heute in der Burgenlandliga bei Bad Sauerbrunn.

Peter Hackmair (6x von Beginn, 1x eingewechselt, Mittelfeld) war in Kanada die erste Wahl auf der rechten Außenbahn, kam aber auch im Zentrum zum Einsatz. Der vom Attersee stammende Hackmair wurde in der Saison vor der WM unter Heli Kraft Stammspieler in Ried und als solcher Vizemeister, 2008 zog er sich mit einem Kreuzbandriss zu. Er kämpfte sich zurück, wie auch nach einem Leistenbruch 2009 und einem weiteren Kreuzbandriss 2010. Ein Knorpelschaden im Frühjahr 2012 bedeutete aber, dass er das letzte seiner 134 Bundesliga-Spiele (da bereits im Trikot von Wacker Innsbruck) schon im Alter von 24 Jahren absolvierte. Hackmair schrieb eine Autobiographie, bereiste die Welt, war zeitweilig auch TV-Experte und arbeitet nun als Unternehmensberater.

Tomas Simkovic (1x von Beginn, 1x eingewechselt, offensives Mittelfeld). Zweieinhalb Saisonen bei den Zweitliga-Amateuren, aber kein einziger Bundesliga-Einstz – ein halbes Jahr reichte es dem in Bratislava geborenen Offensiv-Spieler, er ging zu Schwanenstadt und machte den Umzug des Zweitligisten nach Wr. Neustadt auch mit. Dort trug er zum Aufstieg bei und nach anderthalb Bundesliga-Saisonen holte sich die Austria Simkovic als Junuzovic-Ersatz zurück. Simkovic wurde mit der Austria 2013 Meister, unter Stöger war er Stammkraft, Nachfolger Bjelica konnte mit Simkovic aber nichts anfangen – im Winter 2013/14 flüchtete er nach Kasachstan, wo er vier Jahre blieb. Es folgte ein Jahr in Litauen, danach wurde er in Lettland zweimal Vizemeister und einmal Cupsieger. Einer Rückkehr nach Österreich steht Simkovic offen gegenüber – aber nicht um jeden Preis.

Siegfried Rasswalder (6x von Beginn, Linksverteidiger) ist der einzige im 2007er-Kader, der aus dem einstmals gerühmten Leobener Nachwuchs kam. Nach 20 Bundesliga-Einsätzen und einem Abstieg mit dem LASK schien seine Karriere in der höchsten Liga aber auch schon wieder beendet zu sein. Es folgten zwei Regionalliga-Jahren in Horn und Klagenfurt und ein Transfer zum damaligen Zweitligisten Hartberg, Rasswalder blieb dem TSV auch nach dem Abstieg in die Drittklassigkeit treu – und wurde dafür mit dem Durchmarsch 2018 doch noch mit zwei Bundesliga-Jahren belohnt. Nach 214 Pflichtspielen für Hartberg, davon 37 in der Bundesliga, entschied sich Rasswalder 2020 für das Ende seiner Profi-Karriere und eine berufliche Zukunft als Lokführer und das Fußballspielen in seiner Heimat, beim Eisenbahnerklub in Knittelfeld.

Daniel Gramann (2x von Beginn, 2x eingewechselt, Innenverteidiger). Der WM-Back-up von Michael Madl wurde medial fast nur als Sohn des damaligen ÖFB-Pressechefs Wolfgang Gramann sowie vor allem als Neffe von Andi Herzog bekannt, was ihm gegenüber aber unfair ist. Er debütierte als 17-Jähriger für die Admira in der Bundesliga, nach einem Zweitliga-Jahr in Hartberg wurde Gramann Stammkraft in Altach, ehe ihn eine langwierige Zehenverletzung zurückwarf, auch nach dem Transfer zu Kärnten war er selten lange verletztungsfrei. So „fehlten die Entwicklungsschritte und ich blieb in der wichtigen Zeit stehen“, wie er gegenüber 90minuten sagte. Seit 2012 ist der 56-fache Bundesliga- und 26-fache Zweitliga-Spieler in Regional- und Landesligen unterwegs, heute ist Gramann Geschäftskundenberater bei Raiffeisen.

Die es nicht geschafft haben

Bartolomej Kuru (1x von Beginn, Torhüter) galt als großes Talent auf der Torhüter-Position, drei Zweitliga-Jahren als Nummer eins der stark besetzten Austria-Amateure steht aber nur ein einziger Bundesliga-Einsatz gegenüber, im bedeutungslosen letzten Spieltag 2007. Kurt Garger holte Kuru 2009 in die Slowakei – als dritten Keeper. Es folgen Stationen bei der Vienna (als Nr. 2) beim tschechischen Zweitligisten Bohemians Prag (als Nr. 3), in Parndorf (mit dem Abstieg in die Regionalliga) und St. Pölten (ohne jeglichen Startelf-Einsatz). Kuru stieg in der Folge mit Bruck/Leitha in die Regionalliga auf und war zwischendurch auch in Wr. Neustadt, aktuell ist er bei Neusiedl unter Vertrag.

Thomas Panny (4x von Beginn, Rechtsverteidiger) war der Pechvogel der WM in Kanada. Der Stamm-Rechtsverteidiger brach sich vor dem Halbfinale das Wadenbein – eine Verletzung, die seine junge Karriere de facto ruinierte. Kurz nach seinem 19. Geburtstag kam der Admiraner zu seiner Bundesliga-Premiere, wegen dem folgenden Abstieg und der Verletzung blieb es sein einziger BL-Einsatz. Nach der Verletzung wurde er von Schwadorf nicht übernommen, 2009 ging er zum FAC und er bekam einen Job bei der Berufsfeuerwehr – wo er auch heute noch arbeitet.

Thomas Pirker  (2x eingewechselt, Innenverteidiger) hatte sich im Frühjahr vor der WM in die Stammformation von Zweitligist FC Kärnten gespielt und kam in Kanada zweimal in der Schlussphase auf das Feld. In der Folge wurde er zu Bundesligist Austria Kärnten hochgezogen, zog sich aber sofort einen Bänderriss zu und kam nie mehr wirklich zum Zug. Via Vöcklabruck ging es zum WAC, ein Bandscheibenvorfall setzte ihn dort 2010 außer Gefecht. Pirker ist Sport- und Deutschlehrer an der Praxis-NMS Klagenfurt und trainiert auch deren Schülerliga-Team, selbst ist er immer noch unterklassig am Ball.

Bernhard Morgenthaler (3x von Beginn, 2x eingewechselt, linke Außenbahn) duchlief den Nachwuchs der Admira und wurde im Frühjahr 2006 Stammkraft, ist in den folgenden anderthalb Jahren aber aus der Bundesliga und dann auch noch aus der Ersten Liga abgestiegen – und sein geplanter Abgang zum GAK 2006 scheiterte am wasserdichten Admira-Vertrag. Nach der Fusion mit Schwadorf kam er weder bei Peischl noch bei Schachner zum Zug, 2009 ging er für ein Jahr in die Regionalliga zu Pasching. 2010 probierte er es noch einmal bei der Admira, aber ein Knorpelschaden sorgte wenig später de facto für das Ende der Profi-Karriere mit 25 Jahren. Es begann eine Karriere als Berufsfeuerwehrmann.

Ingo Enzenberger (1x eingewechselt, rechte Außenbahn) wurde fußballerisch in Salzburg ausgebildet und war Einwechselspieler, als die Red Bull Juniors 2007 unter Thorsten Fink Meister der Regionalliga West wurden. „Er hat selten gespielt, trotzdem ist er nachher beim Kreis der Spieler oft in der Mitte gestanden. Weil alle auf ihn gehört haben“, erklärte Co-Trainer Gerhard Schweitzer seine Rolle in einem OÖN-Interview. Nach der WM wechselte Enzenberger zur Altstar-Truppe von Schwadorf, wo er unter Bernd Krauss im Herbst noch regelmäßig spielte, unter Heinz Peischl im Frühjahr nicht mehr. Er kehrte zu den Jungbullen zurück, wo er 2008/09 Stammkraft unter Adi Hütter war, aber seine Dienste danach nicht mehr gefragt waren. Via Anif und Neumarkt kehrte Enzenberger in seine Heimat Gmunden zurück, er ist heute Projektmitarbeiter am Universitäts-Sportinstitut in Salzburg.

Michael Zaglmair (4x von Beginn, Torhüter) etablierte sich als Einser-Keeper in Kanada, er startete alle K.o.-Spiele. Der Mühlviertler wurde über Jahre als kommender LASK-Keeper aufgebaut, aber schon früh machte sein Knie ihm ein Strich durch diese Rechnung. Drei Jahre nach der WM und mit nur 24 Bundesliga-Einsätzen und ebenso vielen in anderthalb Jahren Regionalliga in Horn verschlug es Zaglmair der Liebe wegen nach Regensburg. Er arbeitet als Pressesprecher in der Regensburger Niederlassung des Reifenherstellers Continental.

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Österreich erfüllt mit 3:0 auf den Färöern die Pflicht – mehr aber auch nicht https://ballverliebt.eu/2013/10/16/osterreich-erfullt-mit-30-auf-faroern-die-pflicht-mehr-aber-auch-nicht/ https://ballverliebt.eu/2013/10/16/osterreich-erfullt-mit-30-auf-faroern-die-pflicht-mehr-aber-auch-nicht/#comments Wed, 16 Oct 2013 00:03:04 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=9678 Österreich erfüllt mit 3:0 auf den Färöern die Pflicht – mehr aber auch nicht weiterlesen ]]> Ein Allzeit-Klassiker, von dem jeder, der ihn gesehen hat, noch seinen Enkelkindern erzählt, war das 3:0 von Österreich auf den Färöern ja nicht. Eher ein unterkühlte Vorstellung, die dafür gereicht hat, drei Punkte mitzunehmen um damit unbeschadet von dieser Insel wieder wegzukommen. Was angesichts der Lage in der damit zu Ende gegangenen WM-Quali verständlich ist, aber keinen hohen Entertainment-Faktor hatte.

Färöer - Österreich 0:3 (0:1)
Färöer – Österreich 0:3 (0:1)

Arnautovic gesperrt, Janko gesperrt, Almer angeschlagen: Teamchef Marcel Koller war beim Trip auf die Färöer-Inseln zum Umstellen gezwungen. Und nicht nur das Personal war ein anderes wie beim 1:2 in Schweden, sondern auch das System und natürlich, letztlich hatte das Spiel ja keine Auswirkungen mehr auf die WM-Quali, auch die Intensität.

Kavlak auf der Acht, Alaba auf der Zehn

Wie schon beim 0:6 in Wien stellte Färöer-Teamchef Lars Olsen auch im Heimspiel ein 4-4-1-1 auf, mit zwei grundsätzlich defensiven Viererketten. Die beiden Offensiv-Spieler übten keinerlei Druck auf die österreichischen Innenverteidiger aus, dahinter versuchten sich die restlichen acht Färinger darin, die Räume eng zu machen. Alles wie gehabt also.

Anders als in der Friends, als Dragovic den Solo-Sechser in einem 4-1-4-1 gegeben hatte, ließ Koller in Tórshavn in einem 4-2-3-1 spielen. Neben Dragovic kam Kavlak als Achter in die Mannschaft, dieser ging viel vertikal und konnte so aus dem freieren Raum heraus mit Anlauf in bzw. zwischen die färingischen Viererketten stoßen. Eine interessante Überlegung, der aber ein wenig die Unterstützung von Harnik und Klein fehlte.

Dragovic indes verschob hauptsächlich horizontal und sicherte mit den Innenverteidigern Prödl und Pogatetz ab. Alaba auf der Zehn spielte nicht die bei Koller übliche Rolle als Pressing-Maschine (wogegen hätte er auch pressen sollen?), sondern als Gestalter, der sich auch mal tiefer fallen ließ.

Links ganz okay, rechts ziemlich schlecht

Sobald Österreich den Ball im Bereich von Alaba und Kavlak hatte, also zwischen den Ketten der Färinger, doppelten diese auf den Ballführenden und aufgrund der fehlenden Bewegung der Mitspieler im ÖFB-Team stockte das Spiel nach vorne natürlich merklich; zumal sich die Gastgeber zwar schon etwas mehr zutrauten als noch bei der Verprügelungs-Aktion in Wien, aber sich nur selten dazu hinreißen ließen, aus der Grundordnung zu kommen. Wenn das doch einmal geschah, verabsäumte es Österreich, die Umschaltphase schneller und konsequenter auszunützen.

Das Auseinanderziehen es färingischen Abwehrverbundes wurde in erster Linie über die linke Seite von Fuchs und Ivanschitz probiert. Wenn auch selten in höherem Tempo, hinterlief Fuchs seinen Vordermann und bot sich an, sodass Ivanschitz im Idealfall zwei Anspiel-Optionen hätte, nämlich Alaba und eben Fuchs. Auf der rechten Seite aber passierte überhaupt nichts: Klein war ein offensiver Totalausfall und seine (wenigen) Flanken brachten nichts, Harnik war eigentlich kaum vorhanden.

Vertikalität prallt am Strafraum ab

Dem Geschenk von Färöer-Goalie Nielsen, der Andreas Ivanschitz an dessen 30. Geburtstag das Tor zum 1:0 ermgölichte, zum Trotz: Schwungvoll und konsequent war Österreich nicht. Auffallend war aber schon, dass vor allem Alaba aus dem Zentrum heraus versuchte, Vertikalität ins Spiel zu bringen und er band auch seine Nebenleute darin ein. Das ging auch im Ansatz oft gut, nur fehlte demjenigen, der mit dem Ball dann in den Strafraum kam, dort gegen die vielen Gegenspieler die Optionen. Derart auf sich alleine gestellt, rannten sich Hosiner und Co. oft fest.

So hatte Österreich das Spiel zwar grundsätzlich im Griff, es gelang aber viel zu selten, so viele Spieler im Aufbau mit entsprechendem Tempo vor den Ball zu bekommen, dass die Färinger damit existenzielle Probleme hatten. Es gab schon immer wieder Chancen, aber dass die Tore nach einer Stunde aus einem Eckball und einem (geschenkten) Elfmeter resultierten, war dann doch kein Zufall.

Mit dem Doppelschlag in den Minuten 64 und 67 im Rücken war das Spiel gelaufen, das wussten auch alle, und so spielten Österreich dann auch. Statt dem müden Fuchs und dem verletzten Harnik kamen Suttner und Sabitzer, aber natürlich änderte das nichts mehr am Spiel. Die Färinger kamen gegen eine immer desinterresierter wirkene österreichische Mannschaft noch zu ein paar Halbchancen. Diese blieben aber ungenützt.

Fazit: Gewonnen, aber aus dem Spiel kam zu wenig

Ein Tor aus einem Torwart-Fehler, eines aus einem Eckball und eines aus einem Elfmeter: Wenn das Ziel war, möglichst unbeschadet von dieser vermaledeiten Insel runter zu kommen, ist es gelungen. Überzeugend war der Auftritt aber nicht. Die Rolle von Kavlak, der aus der Tiefe heraus zwischen die zwei Ketten der Färinger stoßen konnte, war von der Überlegung her logisch, wurde aber zu wenig ausgenützt.

Die rechte Seite mit Klein und Harnik war ein Totalausfall, Hosiner konnte sich nicht empfehlen; die Pässe von Ivanschitz waren oft ungenau und erforderten Extra-Arbeit vom Empfänger, Pogatetz spielte einige erstaunliche Fehlpässe und Alaba rieb sich auf. Wieder wurden gegen einen defensiven Gegner wenige Chancen wirklich heraus-*gespielt*. Die Leistung reichte, um die bösen Geister der Vergangenheit nicht wieder auferstehen zu lassen und sich mit 17 Punkten und +10 Toren zu Europas bestem Gruppendritten zu machen. Mehr aber auch nicht.

(phe)

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2:2 in Dublin – Reaktionen auf Junuzovic‘ Ausfall bestimmen das Spiel https://ballverliebt.eu/2013/03/27/22-in-dublin-reaktionen-auf-junuzovic-ausfall-bestimmen-das-spiel/ https://ballverliebt.eu/2013/03/27/22-in-dublin-reaktionen-auf-junuzovic-ausfall-bestimmen-das-spiel/#comments Wed, 27 Mar 2013 01:40:14 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=8535 2:2 in Dublin – Reaktionen auf Junuzovic‘ Ausfall bestimmen das Spiel weiterlesen ]]> Ein Lucky Punch von David Alaba in Minute 92 rettete Österreich das 2:2 im WM-Quali-Spiel in Irland! Wichtig – aber letztlich durchaus glücklich. Weil der irische Ausgleich und die Verletzung von Junuzovic nach einer halben Stunde das Spiel in Richtung der Iren kippen ließ. Aufgrund der unterschiedlichen Reaktionen von Marcel Koller und Giovanni Trapattoni auf diese Umstände: Der eine wechselte etwas kurios, der andere gab das Signal zum bedingungslosen Pressing.

Irland - Österreich 2:2 (2:1)
Irland – Österreich 2:2 (2:1)

Ein übler Crash mit James McCarthy war’s, der das Spiel für Zlatko Junuzovic beendete – und der Auslöser dafür war, dass die Partie kippte. Weil die beiden Mannschaften höchst unterschiedlich auf den Ausfall reagierten. Und jene aus Irland die passendere Reaktion zeigte.

Das Spiel bis zur Junuzovic-Verletzung

Österreich machte von Beginn an klar, dass man nicht auf die Iren warten wollte, sondern übernahm sofort selbst die Initiative. Garics und Fuchs bombten auf den Außenbahnen massiv nach vorne, Alaba interpretierte wie gewohnt seine Position auf der Acht recht offensiv. Rechtsaußen Harnik rückte relativ früh ein, Arnautovic auf der gegenüberliegenden Seite blieb eher draußen. Dass Österreich die Kontrolle hatte, war auch dadurch möglich, dass das Pressing der Iren eher halbherzig vollzogen wurde – zwei Meter vor dem Ballführenden blieben sie meist stehen.

In der Anfangsphase gehörte das Mittelfeld ganz klar den Österreichern, dennoch haperte es ein wenig daran, Personal vor den Ball zu bekommen. So fehlte der letzte Punch aus dem Spiel heraus. Dennoch gab es die verdiente Führung, weil Junuzovic gegen Ciaran Clark nachsetzte, den Ball eroberte und im Rücken der Abwehr durch war. Harnik musste beim Stanglpass von Junuzovic nur noch „Danke“ sagen.

Ganz ohne defensive Gefahr verlief aber dennoch auch die Anfangsphase nicht. Die Pressing-Linie der Österreicher war verhältnismäßig hoch, die Abwehrkette rückte aber nicht entsprechend nach. So entstand ein ziemliches Loch, in dem die Iren – wenn die den Ball erobert hatten – die beiden Stürmer Long und Sammon steil schicken konnten. Das Duo vorne war extrem giftig im Jagen des Balles, so wie man es bei dieser auf äußerste Direktheit aufgebauten Spielanlage auch nötig ist.

Reaktionen von Koller und Trap…

Nachdem die Iren in Minute 25 durch einen von Pogatetz recht sinnlos verursachten Elfmeter zum 1:1 gekommen waren und sich Junuzovic verletzt hatte, waren Reaktionen gefragt. Von beiden Teamchefs.

Ab der 27. Minute
Ab der 27. Minute

Marcel Koller entschied sich dafür, Junuzovic nicht eins zu eins durch Andreas Ivanschitz zu ersetzen, sondern brachte mit Julian Baumgartlinger einen Sechser und zog Kavlak nach vorne auf die Zehn. Nominell. Denn Kavlak spielte diese Position wesentlich tiefer als Junuzovic zuvor und konnte so auch überhaupt keinen Druck auf die irischen Innenverteidiger ausüben. Diese waren davor oft dazu gezwungen gewesen, lang auf Long und Sammon nach vorne zu dreschen.

Die andere Anlage der Zehner-Position bei Österreich hatte eine ziemlich massive Reaktion bei Irland zur Folge. Weil sie wussten, dass Kavlak auf dieser Position nicht annähernd so eine große Torgefahr ausstrahlt wie Junuzovic, trauten sich Whelan und McCarthy in der irischen Zentrale nun, rücksichtslos zu pressen, und das auch bedingungslos durchzuziehen. Vor allem auf David Alaba hatten es die Iren nun abgesehen, er wurde grundsätzlich gedoppelt.

…und ihre Auswirkungen auf das Spiel

Innerhalb von Minuten kippte die Partie komplett. Hatte bis zum Ausgleich und zur Junuzovic-Auswechslung Österreich das Spiel ganz gut im Griff, spielte (und holzte) nun nur noch Irland. Nicht nur, dass Whelan und McCarthy höher standen und aktiver nach vorne arbeiteten, auch die Flügelspieler waren nun deutlich agiler.

James McClean vor allem setzte wiederholt zu Dribblings quer über das Feld an, auch um so zusätzlich Verwirrung zu stiften. Der körperlich sehr robuste Walters (natürlich ist der robust, er spielt schließlich bei Stoke) setzte Fuchs defensiv zu, auch weil Arnautovic ihn kaum helfen konnte – der Bremer war selbst mit Irland-RV Séamus Coleman beschäftigt. Dass sich die Hausherren für den Druck, den sie nun ausübten, noch vor der Halbzeitpause nach einer Ecke mit dem 2:1 belohnten, war durchaus verdient.

Alaba und Arnautovic

Dass Alaba – seinem Ausgleichstor tief in der Nachspielzeit zum Trotz – dem Spiel seinen Stempel nicht wie erhofft (und gewohnt) aufdrücken konnte, liegt eben in erster Linie daran, wie er von den Iren bearbeitet wurde. Dadurch, dass ständig zwei bis drei Gegenspieler auf ihn zuliefen, wenn er den Ball hatte, fiel es ihm sehr schwer, gewinnbringende Aktionen nach vorne anzubringen. Hinzu kam, dass es im Zentrum kaum Hilfe von Kavlak gab, der zunehmend am Rande der gelb-roten Karte wandelte.

Seine besten Aktionen hatte Alaba, wenn er auf die linke Seite rausdriftete und mit Arnautovic zusammen spielte. Die Doppelpässe der beiden in die Schnittstelle zwischen irischen Außen- und Innenverteidigern provozierte so manche Ecke. Dass Arnautovic nach dem Spiel im ATV-Studio von Toni Pfeffer gebasht wurde, als hätte Arnautovic dem Ex-Teamverteidiger die Frau ausgespannt, ist von Pfeffer alles andere als korrekt. Arnautovic‘ Körpersprache ist nun mal so, wie sie ist.

Davon darf man sich aber nicht täuschen lassen. Natürlich zeigte der Bremer schon bessere, effektivere Spiele im Nationalteam. Er machte aber auch in dieser Partie so gut wie keinen Blödsinn, gab kaum Bälle billig her und war in seinen Aktionen darum bemüht, den Ball in Richtung gegnerischem Tor zu bringen. Allerdings versäumte er es, das Spiel schnell zu machen und die Iren mit Hilfe seiner überlegenen Technik auszuspielen. Es war keine Glanzleistung, aber auch weit davon entfernt, einen derartigen Shitstorm zu rechtfertigen.

Da gab es andere Kandidaten. Aber wenn die Alternative zu einem nach Monaten auf den Bänken von Niedersachsenstadion und Upton Park sitzenden Pogatetz ein sich in der Un-Form seines Lebens befindender Prödl ist, kann das halt zum Problem werden. Dass Fuchs lieber einen 40-Meter-Einwurf auf Dragovic abfeuert, anstatt kurz auf Pogatetz zu schupfen, kommt sicher nicht von ungefähr.

Zunächst ändert sich nur wenig

Koller korrigierte die offensichtlichen Mängel in der Halbzeit nicht, und so wurde eine Situation in Minute 50 durchaus sinnbildlich für das ÖFB-Team in dieser Phase: Bei einem Freistoß an der Mittellinie wurde vorne keine Anspielstation gefunden, Risiko-Pass wollte man keinen riskieren, also wurde der Ball zurück auf Dragovic gespielt. Die Iren setzten sofort zum Forechecking an, der Ball wurde zurück auf Lindner gespielt, und gegen zwei auf in zustürmende Iren blieb ihm nur, den Ball ins aus zu dreschen – Einwurf für Irland tief in der österreichischen Hälfte.

Schlussphase
Schlussphase

Nach einer Stunde kam Janko für den mit der Physis von O’Shea und Clark überforderten Hosiner dann Janko, zehn Minuten später Weimann für den auf der Zehn eher verschenkten Kavlak. Zeitgleich ließ der Druck der Iren auch merklich nach und sie verlegten sich darauf, die Führung mit ihren zwei gut stehenden Viererketten zu verteidigen, während vorne Long und Sammon eher wieder auf lange Anspiele lauerte. Auch die Außenspieler McClean und Walters sorgten immer wieder für etwas Entlastung.

Mit dem Wechsel Weimann für Kavlak wurde natürlich auch provoziert, dass sich Whelan und McCarthy wieder etwas zurückzogen. Das Offensiv-Trio im ÖFB-Mittelfeld mit Harnik, Arnautovic und Weimann rochierte recht fleißig, dazu war eben die Zehner-Position wieder besetzt. Dazu lauerte vorne nun der robuste Janko.

Absoluter Druck fehlt

Dennoch wirkte die Schluss-Offensive der Österreicher ein wenig kopflos, wodurch auch der absolute Druck und in letzter Konsequenz auch die echten Torchancen fehlten. Einmal legte Harnik am langen Pfosten für Janko, doch Irland-Goalie Forde war dazwischen. Ansonsten aber war es in erster Linie ein Hoffen auch den Lucky Punch.

Der in der 92. Minute in Form vhon David Alabas Weitschuss dann auch kam. So rettete er nicht nur den glücklichen Punkt für Österreich. Sondern auch sich selbst vor den mäßigen Kritiken, die nach einem für ihn sehr schwierigen Spiel gedroht hätten. Für die Iren ist dieser Ausgleich bitter, weil man trotz der zurückgezogenen Anlage in der letzten halben Stunde eben kaum einmal in Gefahr kam, ein Gegentor zu kassieren.

Fazit: Ein extrem wichtiger, aber recht glücklicher Punkt

Keine Frage: Die Entscheidung, nach Junuzovic‘ Verletzung den wesentlich weniger offensiv orientierten Kavlak auf die Zehn zu stellen, ließ – natürlich neben Pogatetz‘ dummem Elfer-Foul und dem folgenden Ausgleich – ein Spiel aus der Hand gleiten, dass Österreich bis dahin mit einer recht ansprechenden Vorstellung weitgehend im Griff hatte. Die Reaktion von Trapattonis Iren war wesentlich progressiver, was mit der Führung belohnt wurde und das ÖFB-Team sichtlich verunsicherte. Ein irischer Sieg wäre durchaus verdient gewesen.

Für Österreich ist es natürlich extrem wichtig, dass man doch noch das 2:2 retten konnte. Das erste Mal seit September 2010, dass dem ÖFB-Team in der Nachspielzeit ein entscheidendes Tor gelang – damals gelang das nach einer hochnotpeinlichen Leistung gegen Kasachstan, nachdem Constantini beim Fahrradfahren eingefallen war, Strafraum-Stürmer Linz auf die Zehn zu stellen; sowie dem legendären 4:4 in Belgien im Oktober 2010.

Nicht nur, weil man vor allem sich selbst zeigte, dass man auch aus einem über weite Strecken schlecht laufenden Spiel etwas mitnehmen kann. Sondern auch, weil man es nach der Hälfte der Qualifikation immer noch selbst in der Hand hat, den zweiten Gruppenplatz zu erreichen. Das war in den letzten Versuchen unter Constantini (man erinnere sich an das 0:2 gegen Belgien), Brückner (man erinnere sich an das 1:1 auf den Färöern) und Krankl (man erinnere sich an das 3:3 bei den „irreregulären“ Nordiren und an das 0:1 im „Trauerspiel von Tiraspol“) da ja schon nicht mehr der Fall.

Das ist ja schon immerhin etwas, ehe es im Juni daheim gegen Schweden geht.

(phe)

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Joe Ledley zerstört Österreichs Spiel fast im Alleingang – Wales gewinnt mit 2:1 https://ballverliebt.eu/2013/02/07/joe-ledley-zerstort-osterreichs-spiel-fast-im-alleingang-wales-gewinnt-mit-21/ https://ballverliebt.eu/2013/02/07/joe-ledley-zerstort-osterreichs-spiel-fast-im-alleingang-wales-gewinnt-mit-21/#comments Thu, 07 Feb 2013 00:47:20 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=8319 Joe Ledley zerstört Österreichs Spiel fast im Alleingang – Wales gewinnt mit 2:1 weiterlesen ]]> Ein fahriger Veli Kavlak, den sich die Waliser ins Fadenkreuz genommen hatten. Eine ungewohnt schwache Leistung von David Alaba. Nach vorne de facto nicht vorhandene Außenverteidiger. Und der Waliser Joe Ledley, der das österrechische Mittelfeld-Zentrum und damit das rot-weiß-rote Spiel fast im Alleingang erledigt hat. Das waren die Zutaten der 1:2-Niederlage von Marcel Kollers Team im ersten Länderspiel des Jahres – weil ein starker Marko Arnautovic alleine das alles nicht ausgleichen kann.

Wales - Österreich 2:1 (1:0)
Wales – Österreich 2:1 (1:0)

Zwar schoss Gareth Bale ein Tor selbst und bereitete das zweite vor – aber der entscheidende Mann für die Waliser war dennoch ganz eindeutig Joe Ledley von Celtic. Er machte vor allem in der zweiten Hälfte Veli Kavlak das Leben zur Hölle und zerstörte damit das zuvor schon wackelige Spiel der Österreicher vollends.

Das Schlüssel-Duell: Veli Kavlak…

Dazu muss gesagt werden, dass im rot-weiß-roten Konzept schon von Beginn an Kavlak der Schwachpunkt war. Wie gewohnt pressten Ivanschitz und Janko auf die gegnerische Spieleröffnung. Das klappte defensiv nicht so schlecht, aber aus dem Mittelfeld wurde nie in ausreichendem Maße nachgerückt. Daher gelang es Österreich auch nicht, Ballverluste so zu provozieren, dass man mit Druck von hinten die walisische Abwehr in Verlegenheit bringen hätte können – vor allem Kavlak ließ oft ein gar großes Loch zwischen sich und Ivanschitz. Alaba alleine war zum Auffüllen zu wenig.

Andererseits verabsäumte es Kavlak aber, weit genug zurück zu rücken, wenn die Waliser nach vorne kamen oder wenn Prödl und Pogatetz einen Empfänger für die Spieleröffnung suchten. Kavlak wirkte etwas gestrandet, machte weder nach vorne noch nach hinten konsequent mit. Das wurde in der ersten Halbzeit noch dadurch aufgefangen, dass erstens Alaba wieder die Aufgaben von drei im Mittelfeld zu übernehmen bereit war und vor allem auch deshalb, weil da oft das Duo die Seiten tauschte – also Alaba im rechten und Kavlak im linken Halbfeld agierte.

…gegen Joe Ledley

Start zur 2. Hälfte: Kavlak blieb nun permanenter Gegenspieler von Ledley
Start zur 2. Hälfte: Kavlak blieb nun permanenter Gegenspieler von Ledley

Nach dem Seitenwechsel war Kavlak dann permanent halblinks aufgestellt und dort der unmittelbare Gegenspieler von Joe Ledley. Zweifelsohne hat auch der walisische Teamchef Chris Coleman den fahrigen Besiktas-Legionär als Schwachpunkt ausgemacht und die Order ausgegeben: Presst auf den Kerl, was das Zeug hält!

Vor allem war es hier eben an Ledley, diese Vorgabe umzusetzen – er orientierte sich deutlich höher und machte aus dem System so sogar beinahe ein 4-4-2. Es war sofort extrem auffällig, dass Kavlak mit voller Macht angegangen wurde, sobald er den Ball hatte. Das zerstörte den eh schon verunsicherten Kavlak komplett und es hatte zur Folge, dass der österreichische Spielaufbau komplett kollabierte und de facto zu einer Solo-Show von Marko Arnautovic wurde.

Denn Prödl und Pogatetz hatten nun endgültig keine Optionen mehr in der Spieleröffnung. Ivanschitz versäumte es, sich fallen zu lassen und im Zentrum mehr in den Aufbau einzugreifen. Und Alaba hatte schlicht einen schlechten Tag und konnte das Zentrum gegen King und vor allem den enorm pass-sicheren Joe Allen nicht alleine zusammen halten.

Frühe Dominanz

Dabei fing Österreich zu Beginn der Partie durchaus vielversprechend an. Mit dem bereits erwähnten und bereits gewohnten hohen Pressing wurden die Waliser früh hinten festgenagelt und ein geordneter Spielaufbau des Heimteams unterbunden. Allerdings hatten es die Waliser offenbar ohnehin nicht auf eigene Gestaltung angelegt – schließlich agierten die Außenverteidiger Davies und Matthews extrem passiv, überquerten so gut wie nie die Mittellinie und sorgten so auch für wenig Gefahr.

Der einzige, der bei Wales wirklich presste, war mit Craig Bellamy die Sturmspitze im 4-3-3 von Chris Coleman. Der rannte dafür alles an, was nicht bei drei auf den Bäumen war. Sinnbildlich die Szene nach rund 10 Minuten, als Österreich nach einer eigenen Ecke im Rückwärtsgang war und Bellamy jeden einzelnen Österreicher so unter Druck setzte, dass Prödl den Ball letztlich halb panisch wegdrosch.

Respekt vor Österreichs Flügeln

Sie machten zwar wenig nach vorne, dafür hatten Davies und Matthews die Aufgabe, Österreichs Flügelstürmer nicht zur Entfaltung kommen zu lassen. Das war nicht besonders schwer, weil sie sich voll auf Weimann und Arnautovic konzentrieren konnten – weil sie von Österreichs Außenverteidigern Klein und Suttner absolut nichts zu befürchten hatten. Hier fehlte es Österreich eindeutig an Spielzügen, um die defensiv orientierten AV der Waliser auszuhebeln, zumal die Außenstürmer Collison und Bale in der Rückwärtsbewegung sehr fleißig waren.

Im Gegenzug hieß das, dass Bale und Collison nach vorne wenig Unterstützung hatten und eher auf Zuspiele aus der Mitte angewiesen waren, vor allem von Joe Allen. Da Allens kurze Pässe zwar äußerst sicher waren, aber die langen auf die Außen zunächst nicht wie gewünscht ankamen, war Collison nach vorne gar nicht und Bale kaum involviert.

Problemzone Außenverteidiger

Dass dann doch mal ein lange Ball von Allen in den Lauf von Bale ankam und Suttner nicht mehr hinterher kam, musste man einkalkulieren – über 90 Minuten (bzw. 60, wie diesmal) kann man einen Bale einfach nicht an der kurzen Leine halten. Wesentlich bedenklicher müssen einen da schon die eklatanten Schwächen von Österreichs Zweitbesetzung auf den Außenverteidiger-Positionen stimmen.

Weimann und Arnautovic hatten auch deshalb Probleme, ins Spiel zu kommen, weil von hinten einfach keine taugliche Unterstützung kam. Als Suttner nach einer halben Stunde zum ersten Mal überhaupt Arnautovic ernsthaft und mit Tempo hinterlief, war sofort Unruhe in der walisischen Abwehr und Platz für Arnautovic, weil Ricketts und Matthews beide zögerten. Solche Szenen gab es von Suttner überhaupt nicht – obwohl durch den oft sehr tief agierenden Bale durchaus die Notwendigkeit gegeben war, selbst aufzurücken. Hätte Suttner an der Mittellinie auf Bale gewartet, hätte der Tottenham-Star eine deutlich bessere Figur gemacht.

Keine Frage, Suttner ist noch der beste österreichische Außenverteidiger in der heimischen Liga. Einer Liga, in der vor allem ein Faktum viele Spiele mühsam werden lässt: Die absolute Unfähigkeit, vernünftige Flanken in den Strafraum zu bringen. Wales merkte recht schnell, dass man Klein bedenkenlos flanken lassen konnte, weil im Gegensatz zu seinen Versuchen jede Schrotflinte ein Präzisionsgewehr ist. Und wohlgemerkt: Klein ist auf der RV-Position in der Ö-Liga weitgehend konkurrenzlos.

Nur Arnautovic sticht heraus

Es lag aber keineswegs nur an den Außenverteidigern – das zweite Gegentor etwa war eine formidable Gruppenarbeit. Erst ein eher unmotivierter und schon im Ansatz gefährlicher Cross von Alaba, dem Weimann nicht entgegen ging. Es folgte ein weiter Ball auf Bale, den Suttner unbedrängt flanken ließ, während Kavlak – mal wieder – nicht konsequent zurück rückte, und dann ging auch noch Prödl recht halbherzig ins Kopfball-Duell mit Vokes.

Der einzige Österreicher, dem man ein wirklich gutes Spiel unterstellen kann, ist Marko Arnautovic. Er bewegte sich ungemein viel, arbeitete auch gut defensiv (indem er etwa Matthews von Bale abzuschneiden versuchte), bot sich immer an. Er verschob bis hin zur Spielfeldmitte, wenn der Ball mal auf der anderen Seite war, er suchte 1-gegen-1-Situationen. Natürlich gelang auch ihm nicht alles, aber er war mit deutlichem Abstand der beste Österreicher auf dem Feld – und bereitete mit einer Top-Flanke (zu der die AV offenbar nicht in der Lage waren) das Anschluss-Tor von Marc Janko vor.

Warum war Hosiner mit?

Und man muss auch sagen, dass nicht alle Entscheidungen von Marcel Koller wirklich einen sinnvollen Eindruck machten. Sein Doppelwechsel nach einer Stunde (Junuzovic und Jantscher für den zu hoch stehenden Ivanschitz und den glücklosen Weimann) war absolut richtig, auch wenn er keinen wirklichen positiven Effekt auf das Spiel hatte. Was im Falle von Jantscher auch daran lag, dass Arnautovic, der nach der 60. Minute keine Augen mehr auf Bale haben musste, das Spiel komplett an sich riss.

Aber warum Kavlak bis zur 75. Minute spielen durfte, ist etwa ein Rätsel. Er war in der ersten Hälfte schon der schwächste Österreicher, wurde danach komplett zerstört – allerspätestens nach 55 Minute hätte er, leider, raus müssen. Vor allem aber hinterlässt einen die Personale Hosiner mit einem dicken Fragezeichen auf der Stirn. Warum genau war Philipp Hosiner mit? Der taktisch kluge Austria-Stürmer saß 90 Minuten auf der Bank, obwohl es offensichtlich war, dass ein Strafraum-Stürmer wie Janko ewig auf brauchbare Flanken waren konnte.

Und wann sollte man einen wie Hosiner ausprobieren, wenn nicht in einem Testspiel, in dem das Resultat im Grunde komplett wurscht ist?

Fazit: Ein Fehlstart, aus dem man schlau werden kann

Aber wenn es schon auf die Frage, ob Hosiner eine taugliche Variante ist, keine Antwort gab – man kann durchaus einige Erkenntnisse aus dieser 1:2-Niederlage ziehen. Etwa, dass es überhaupt keine Alternative zu einem Fuchs in halbwegs brauchbarer Form gibt, vor allem offensiv. Dass Garics zwar heftigen Leistungsschwankungen unterliegt, aber selbst ein wackliger Garics bringt noch mehr als ein Klein, dessen Flanken ein Desaster waren.

Man kann auch mitnehmen, dass Veli Kavlak – der zwar in einem guten türkischen Team spielt, aber eben in der nicht so guten türkischen Liga – nicht gut auf Pressing reagiert. Ein Julian Baumgartlinger, der diese Spielweise aus Deutschland kennt, dürfte da wohl resistenter sein. Es wurde auch deutlich, dass es Prödl und vor allem Pogatetz sichtbar an der Phantasie für eine sinnvollen Spieleröffnung fehlt, Aleks Dragovic stünde aber Gewehr bei Fuß.

Die deutlichste Erkenntnis von allen ist aber alles andere als neu: Österreich kann einen grundsätzlich defensiv ausgerichteten Gegner nicht knacken. Bedenklicherweise häufen sich in jüngster Zeit die schwachen Länderspiel-Leistungen, wie beim 0:0 in Astana oder beim 0:3 gegen die Ivorer. Mit solchen Performances wird in Irland und gegen Schweden wenig herausschauen.

Und nicht vergessen: Auch die Färinger können kompakt verteidigen und dem Gegner das Toreschießen schwer machen.

(phe)

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Von den eigenen Waffen in Schach gehalten – Österreich nur 0:0 in Astana https://ballverliebt.eu/2012/10/13/von-den-eigenen-waffen-in-schach-gehalten-osterreich-nur-00-in-astana/ https://ballverliebt.eu/2012/10/13/von-den-eigenen-waffen-in-schach-gehalten-osterreich-nur-00-in-astana/#comments Sat, 13 Oct 2012 01:37:04 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7924 Von den eigenen Waffen in Schach gehalten – Österreich nur 0:0 in Astana weiterlesen ]]> Aggressives Pressing gegen die Spieleröffnung, blitzschnelles Umschalten – aber wenige echte, eigene Ideen im Aufbau und ohne die große Gefahr vorm gegnerischen Tor. Was wie Österreich klingt, beschreibt aber Kasachstan. Und damit gelang es dem Außenseiter, die Österreicher in Schach zu halten und ein 0:0 zu holen. Das Team von Marcel Koller zeigte in Astana die befürchteten Schwächen, wenn es selbst das Spiel gestalten muss.

Kasachstan – Österreich 0:0

Das Pressing und das Umschalten nach Ballgewinn funktioniert bei Österreich schon sehr ansprechend, wie die tolle Leistung gegen Deutschland gezeigt hat. Nur: Das alles hilft einem natürlich gar nichts, wenn man selbst den Ball hat. Dass hierin, nämlich im eigenen Aufziehen des Spiels, die größte Baustelle im ÖFB-Team liegt, auch nach einem Jahr Marcel Koller, hat das gar nicht berauschende 0:0 gegen arg passive Rumänen im Juni gezeigt.

„Man kann zumindest schon mal ohne ganz großes Bauchweh in das erste WM-Quali-Spiel gegen Deutschland gehen, da wird man das Spiel nicht selbst machen müssen. Dann allerdings, beim Doppel in bzw. gegen Kasachstan im Oktober, sind gute Laufwege ohne Ball zum Löcher reißen schon eher gefragt.“

So blickten wir nach dem Rumänien-Spiel auf die ersten Partien der WM-Quali. Dass es Probleme in Astana geben würde, konnte man da schon erahnen. Mit den Laufwegen zum Löcher reißen hatten diese allerdings nur sekundär zu tun.

Kasachstan – keine Über-Truppe, aber in exzellent eingestelltes Kollektiv

Dass die Kasachen von Teamchef Miroslav Beranek eine sehr ungut zu spielende Mannschaft sind, ist nicht neu. Irland etwa war vor einem Monat bis Minute 88 sogar 0:1 hinten, gewann aber noch. Sie sind natürlich keine Welteroberer. Aber eine ausgezeichnet eingestellte Mannschaft mit einer klaren taktischen Marschroute und einem die Vorgaben diszipliniert umsetzenden Kollektiv sind sie sehr wohl.

Die drei Hauptattribute der Kasachen: Zum einen das ziemlich heftige Offensiv-Pressing gegen die österreichische Spieleröffnung. Vor allem die beiden Stürmer prellten gerade in der Anfangsphase auf Prödl, Pogatetz und Almer zu, dass diese sichtlich gehetzt wirkten. Auch die Mittelfeld-Außen beteiligten sich daran, Garics und Fuchs möglichst wenig Zeit am Ball zu lassen.

Für die Punkte zwei und drei waren die beiden zentralen Mittelfeld-Spieler hauptverantwortlich. Nämlich das blitzschnelle Umschalten von Defensive auf Offensive nach Ballgewinn – die beiden Routiniers Anatoli Bogdanov (eher defensiv) und Valeri Korobkin (eher offensiv) verstanden es hervorragend, auf dem schnellen Kunstrasen die Offensiv-Spieler flink in die Löcher zu schicken.

Und, drittens, spielten Bogdanov und Korobkin sehr aggressiv gegen Baumgartlinger und (vor allem) Kavlak. Das hatte zur Folge, dass es dem österreichischen Zentrum nie wirklich gelang, sich durch die Mitte nach vorne zu spielen. Die Folge: Junuzovic lief zwar viel, sah aber oft nur dann den Ball, wenn er sich in Richtung der Flanken, vornehmlich der rechten, orientierte.

ÖFB-Innenverteidiger müssen zu weit zusammen bleiben

Was den Kasachen zusätzlich in die Karten spielte, war die Tatsache, dass sich aus der defensiven Zentrale der Österreicher Baumgartlinger (der gegenüber Kavlak den defensiveren Part hatte) nicht weit genug fallen ließ, um den Innenverteidigern Prödl und Pogatetz das auseinander schieben zu ermöglichen. So mussten diese beiden immer relativ weit zusammen bleiben, was ein ziemliches Loch zum ballentfernten Außenverteidiger zur Folge hatte.

Österreich machte sich die Spieleröffnung, neben dem guten Stören der Kasachen, also noch zusätzlich selbst schwer. Bälle nach vorne stießen schnell an die Wand im kasachischen Zentrum, Fuchs wurde ignoriert (dazu später mehr), und die Passwege zu Garics und Arnautovic waren oftmals zu groß, um die beiden steil genug für schnelle Vorstöße anspielen zu können.

Rechte Seite ausrechenbar, linke Seite ignoriert

In der Anfangsphase wurde das mit einer sehr tiefen Positionierung von Arnautovic zu umspielen versucht, vor dem Garics steil startete, Arnautovic diesen per Kavlak schickte und selbst hinterherging, um zu überlappen. Das durchschauten die Kasachen allerdings schnell und unterbanden das geschickt. Die Folge: Arnautovic positionierte sich alsbald recht hoch.

Die linke Seite mit Fuchs und Ivanschitz wurde hingegen seltsamerweise komplett ignoriert. Man könnte vor allem Fuchs nicht mal ein schlechtes Spiel ankreiden, nein, er bekam einfach nie den Ball zugespielt. Die einzigen zwei Ausnahmen in der ersten Hälfte bedeuteten beide Male sofort Torgefahr vor dem kasachischen Gehäuse. Fuchs wird sich wohl seinen Teil gedacht haben, blieb aber diszipliniert an der Außenlinie, um nicht Ulan Konisbajev die Außenbahn zu überlassen. Ivanschitz rückte mit Fortdauer des Spiels immer mehr ein, um mehr Bälle zu bekommen, blieb aber ohne Akzente.

Passive AV nicht angebohrt, Standards zu schwach

So aggressiv die sechs Kasachen vorne auftraten, so passiv stellten sich vor allem die Außenverteidiger Kirov und Nurdauletov an. Beide machten so gut wie überhaupt nichts nach vorne und rückten defensiv recht früh ein, um den Strafraum zu bewachen. Das hätte viel Platz für Arnautovic und Fuchs gegeben, doch wurde viel zu selten auch tatsächlich in diesen Raum gespielt, um Flanken ins Zentrum zu brigen – obwohl diese, wenn sie denn kamen, zumeist brandgefährlich waren. Dass im Zentrum Martin Harnik eine ausnehmend unglückliche Figur abgab, half freilich nicht. Dennoch kam er zu zwei, drei wirklich guten Chancen.

Allerdings nur aus dem Spiel heraus. Die Standardsituationen wurden beim ÖFB-Team in einer frustrierenden Regelmäßigkeit einfach nur einfallslos vor das Tor gebolzt, mit kaum nennenswerten Varianten und dem immer gleichen Ergebnis – nämlich dem, dass das kasachische Team problemlos klären konnte. Bälle ins Gewühl vor dem Tor brachten nichts, das nötige Tempo in die Angriffe, um vor Torhüter Sidelnikov Situationen ohne Gewühl herzustellen, fehlte komplett.

Auch Umstellungen helfen nicht

Schlussphase: Kasachstan fand nun in der Zentrale etwas gar viel Platz zum Kontern vor

Nach rund einer Stunde rotierte Marcel Koller durch. Baumgartlinger ging raus, dafür rückte Kavlak von der Acht auf die Sechs, Junuzovic von der Zehn auf die Acht, Harnik spielte nun hängende Spitze und der eingewechselte Janko agierte an vorderster Front. Der Gedanke dahinter war klar: Mit Janko einen Anspielpunkt vorne haben, mit Junuzovic – der zuletzt als starker Sechser der mit Abstand Konstanteste in einer recht unkonstanten Bremer Mannschaft war – zusätzlich gute Bälle mit Übersicht aus der Tiefe heraus.

Allerdings hatte genau diese Rochade im Mittelfeld einen eher gegenteiligen Effekt. Weil sich Junuzovic angesichts des Spielstands – es musste ja ein Tor her und Kasachstan stand nun relativ tief – eher nach vorne orientierte, stand nun Kavlak de facto alleine in der defensiven Zentrale gegen die aggressiven und schnell umschaltenden Korobkin und Bogdanov. Die Folge war, dass die Kasachen nun ein relativ entblößtes österreichisches Mittelfeld vorfanden, durch das sie hervorragend Kontern konnten. Letztlich also ein Wechsel, mit dem Koller wohl mehr eingerissen statt geschaffen hat.

Alleine, vor dem Tor von Robert Almer (der hervorragend spielte: sicher im Entschärfen von brenzligen Situationen und immer bemüht, das Spiel schnell zu machen) ging den Kasachen die Klasse aus. Die Wechsel von Jantscher (für Ivanschitz) und Weimann (der statt Harnik ins Spiel kam, sein Debüt feierte) waren letztlich ohne Konsequenz.

Fazit: Das ÖFB-Team kann weiterhin kein Spiel selbst machen

Das 0:0 beim designierten Gruppen-Fünften ist natürlich ein enttäuschendes Resultat und die Leistung war alles andere als berauschend. Es fällt aber durchaus auf, dass Österreich unter Koller dreimal selbst das Spiel machen musste (gegen Finnland, gegen Rumänien und nun in Kasachstan), und dabei zweimal auf keinen grünen Zweig kam. Was nichts anderes heißt als: Österreich kann weiterhin kein Spiel selbst gestalten und einen gut stehenden Gegner knacken.

Und trotzdem wären genug Chancen da gewesen, um auch diesen Spiel sicher mit 2:0 zu gewinnen. Aber es wurde auch deutlich, dass man es überhaupt nicht gewohnt ist, selbst angepresst zu werden, noch dazu von einem auf dem Papier unterlegenen Gegner. Sprich: Genau jenes Spiel, dass den Deutschen in Wien so große Probleme bereitet hatte, stellte nun die Österreicher in Astana vor Schwierigkeiten.

Man darf aber nicht den Fehler machen, alles nur auf vermeintliche oder tatsächliche Unfähigkeit seitens der Österreicher zu schieben. Man muss einfach auch anerkennen, dass die Kasachen das im Rahmen ihrer Möglichkeiten exzellent gemacht haben: Gut gepresst, schnell umgeschaltet, ihre taktische Linie durchziehend. Das muss man genauso wenig schön finden wie das allzu offensichtliche Zeitschinden gegen Ende. Zeigt aber, dass diese Mannschaft beileibe kein Fallobst ist.

(phe)

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Bitteres 1:2 gegen Deutschland – aber Österreich zeigt eine tolle Leistung https://ballverliebt.eu/2012/09/12/bitteres-12-gegen-deutschland-aber-osterreich-zeigt-eine-tolle-leistung/ https://ballverliebt.eu/2012/09/12/bitteres-12-gegen-deutschland-aber-osterreich-zeigt-eine-tolle-leistung/#comments Wed, 12 Sep 2012 02:05:36 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7833 Bitteres 1:2 gegen Deutschland – aber Österreich zeigt eine tolle Leistung weiterlesen ]]> Was für einen Unterschied ein Jahr macht! Vor 12 Monaten spielte Österreich gegen Deutschland noch drucklos und wie das Kaninchen vor der Schlange – nun traute sich das ÖFB-Team richtig was zu und gab Deutschland eine richtig harte Nuss zu knacken. Zwar gewann der Favorit letztlich mit 2:1. Verdient hatte sich Österreich mit dieser Leistung die Niederlage aber nicht.

Österreich – Deutschland 1:2 (0:1)

Realistisch betrachtet wird keiner der Gruppengegner viele Punkte machen – so gesehen war auch für Österreich (oder gerade für Österreich) dieses Spiel für die Psyche wohl wichtiger als für die Tabelle. Und so gesehen darf das ÖFB-Team erhobenen Hauptes aus diesem Spiel kommen und die kommenden, sicherlich mühsamen Spiele gegen Kasachstan angehen. Denn die Leistung der Mannschaft von Marcel Koller war über weite Strecken ausgezeichnet.

Baumgartlinger und Kavlak…

Das auffälligste Feld von Interesse in diesem Spiel war auf beiden Seiten der Umgang mit dem Raum hinter den zentralen Mittelfeld-Spielern. Beide Mannschaften ließen hier nämlich ein veritables Loch, allerdings mit einem sehr unterschiedlichen Hintergrund und auch recht unterschiedlichen Auswirkungen.

Österreich spielte mit dem unter Koller schon gewohnten 4-4-1-1 mit Junuzovic als hängender Spitze, die in vorderster Front gegen den deutschen Spielaufbau pressen sollte. Und Pressing war auch das Zauberwort bei Kavlak und Baumgartlinger. Diese beiden standen auch gegen den Ball sehr hoch und setzten ihre deutschen Counterparts so gut es ging unter Druck, sorgten aber vor allem dafür, dass die Passwege in ihren Rücken so gut es ging zugestellt waren.

Dazu rückten auch Ivanschitz und Arnautovic von den Flügeln ein. Auf diese Art und Weise hatten Özil und Klose vorne zwar reichlich Platz zwischen den Reihen, es war aber kaum möglich, diese beiden auf gewünschtem Wege anzuspielen. Versuchten es die Deutschen hoch, rückte Pogatetz aus der Abwehrkette heraus und pflückte die Kopfbälle weg. Versuchten sie es flach, blieb man oft an der gut gestaffelten Mittelfeld-Kette hängen, was ob des brutal schnellen Umschaltens der Österreicher auch keine gute Idee war. Und kam doch mal ein Ball durch, rückten Baumgartlinger und Kavlak so flink zurück, dass plötzlich überhaupt kein Platz mehr da war.

… vs. Khedira und Kroos

Sowohl Sami Khedira als auch Toni Kroos verstehen sich eher als Spielgestalter. Wenn zwei solche Spielertypen nebeneinander spielen, empfiehlt sich ein gutes Verständnis zwischen den beiden. Das gibt es bei Khedira und Kroos allerdings nicht, was sich vor allem bei Ballverlust zeigte. Nachdem oft beide im Vorwärtsgang waren, fehlte die zentrale Absicherung, was Österreich konsequent auszunützen versuchte.

Vor allem Ivanschitz preschte immer wieder zwischen die Reihen und war dort eine gern genommene Anspiel-Option unmittelbar nach Ballgewinn. Eben weil sich die Mittelfeld-Kette der Österreicher so eng zusammen zog, waren die Passwege im Umschalten von Defensive auf Offensive nie besonders lang. Das stellte das deutsche Mittelfeld vor ein Dilemma: Einerseits muss die angreifende Mannschaft natürlich danach trachten, das Spielfeld und damit den vom Gegner zu verteidigenden Raum so groß wie möglich zu machen.

Weil aber Österreich eine ständige Gefahr im schnellen Umschalten ist, geht das nicht ganz ohne Sicherheits-Mechanismus – sonst hätte die Österreicher ja nach Ballgewinn freie Bahn. Daher rückten auch das deutsche Mittelfeld zusammen. Das hatte wiederum den Effekt, dass auf jener Seite, auf der sich der Ball gerade nicht befand, unüblich große Räume entstanden (Thomas Tuchel bezeichnete das jüngst in einem Interview als „ballentfernten Halbraum“).

Genau diese wurden von Österreich nach Balleroberung gesucht: Es gab im ÖFB-Team praktisch keine langen, hohen Bälle nach VORNE – aber immer wieder hohe Flankenwechsel in den freien Raum, in dem ein österreichischer Spieler wartete. So war das deutsche Team zu schnellem Verschieben gezwungen, was früher oder später immer mal Löcher reißen lässt. In diesem Raum hinter Khedira und Kroos entfachte Österreich große Gefahr und mangels Unterstützung aus dem Mittelfeld kam die deutsche Defensive immer wieder kräftig ins Schwimmen.

Der Gamble

Die hohe Positionierung des österreichischen Mittelfeld und den sich ergebenden Raum zwischen diesem un der relativ tief stehenden Innenverteidigung war ein ziemlich riskantes Spiel bei den Österreichern. Einerseits warf diese Spielweise dem deutschen Spielaufbau auf konstanter Ebene Stöckchen zwischen die Beine und ermöglichte ein massives, schnelles Aufrücken von vielen Spielern nach Balleroberung. Das Heim-Team kam dadurch zu einer ganzen Reihe von guten Torchancen, und hätte nach einer halben Stunde eigentlich schon führen müssen.

Andererseits barg das aber natürlich immer das Risiko, dass sich die Deutschen doch einmal durchkombinieren können. Dann ist der Weg zu weit für die Abwehr und es wird brandgefährlich. Letztlich kostete genau das kurz vor der Halbzeit den Gegentreffer. Durch den davor kaum in Erscheinung getretenen Marco Reus ging der heftig strauchenlde Favorit mit 1:0 in Führung.

Österreichisches Pressing lässt merklich nach

Unter Marcel Koller hat sich Österreich zu einer veritablen Pressing-Maschine entwickelt – das zeigte sich auch in diesem Spiel. Der Platz und die Zeit für den ballführenden Deutschen wurde ziemlich konsequent kurz gehalten, auch dadurch bewegte sich die deutsche Fehlpass-Quote auf einem ungewohnt hohen Niveau. Es passiert Mannschaften von der Klasse Deutschlands auch nur höchst selten, dass sie sich von einem auf dem Papier nicht zumindest halbwegs gleichwertigen Gegner solchen Pressing gegenüber sieht. Vor allem Philipp Lahm hatten sich die Österreicher als Opfer ausgesucht.

Die Verwirrung und die leichte Planlosigkeit darüber, wie man dem österreichischen Pressing denn nun entgehen kann, war immer wieder erkennbar. Durch das 1:0 kurz vor der Pause wurde dem ÖFB-Team aber merklich ein Schlag in die Magengrube versetzt, zumal das kräfteraubende Spiel nun ein wenig seinen Tribut forderte und man nach dem Seitenwechsel auf ein allzu heftiges Pressing verzichtete.

Deutschland kam deutlich besser aus der Halbzeit heraus und versuchte nicht ohne Erfolg, das dichte österreichische Mittelfeld über die Seiten zu umgehen. Das 2:0 entstand zwar aus einer Abseits-Position, war aber wegen der etwas verloren gegangenen Ordnung und Konsequenz im Mittelfeld bis zu einem gewissen Grad folgerichtig.

Arnautovic und Schmelzer

Ein Duell, dass vor allem nach dem 0:2 immer mehr in den Fokus rückte, war indes jenes von Marko Arnautovic gegen Marcel Schmelzer. Während Ivanschitz auf der anderen Seite eher einrückte und Fuchs für die Breite im Spiel nach vorne sorgte, blieb Arnautovic auf seiner rechten Außenbahn viel eher nahe der Seitenlinie. Dort konnte er sich mit Fortdauer der Partie immer besser gegen den Linksverteidiger von Borussia Dortmund durchsetzen. Sein gewonnener Zweikampf mit Schmelzer war der Schlüssel zum 1:2-Anschlusstreffer nach rund einer Stunde.

In der Folge hatte Schmelzer seinem Gegenspieler immer weniger entgegen zu setzen, was zu einem immer verzweifelter werdenden Gesichtsausdruck bei Bundestrainer Löw führte, wann immer dieser nach „Maaarceeeel!“ schrie. Das Glück von Schmelzer: Die Flanken, die Arnautovic von der linken Seite in den Strafraum schlug, hatten eine erstaunliche Streuung und blieben praktisch alle völlig unbrauchbar. Hier wäre viel mehr möglich gewesen.

Schlussphase

Sowas wie Brechstange

Mit der Führung im Rücken konnten sich die Deutschen im Mittelfeld natürlich auch ein wenig zurück ziehen. Das nahm Österreich logischerweise den Platz, in dem sie sich in der ersten Hälfte noch so genüsslich hatten ausbreiten können. Andere Strategien waren nun gefordert.

Also ging es nun eher daran, über die Flanken nach vorne zu kommen und in der Mitte Abnehmer zu finden. Das klappte mit Guido Burgstaller, der nach einer Stunde den extrem fleißigen, aber auch eher glücklosen Martin Harnik ersetzt hatte, nicht wie gewünscht. Auch, weil sich der Rapidler – der einzige in der österreichischen Liga spielende Teilnehmer im ganzen Spiel – ähnlich wie Harnik eher als mitspielender Mittelstürmer sieht, viel auch Richtung Außenbahnen ging. In der Schlussphase gab es mir Marc Janko dann einen echten Anspielpunkt im Strafraum.

Der auch Gegenspieler bindet – was in Minute 88 fast zum Erfolg geführt hätte, weil sich Badstuber bei einer Flanke von links zu weit weg stand und Schmelzer sich nicht um Janko UND Arnautovic kümmern konnte – und Letzterer den Ball aber nicht im Tor unterbringen konnte. Es wäre das Tor zu einem sicherlich verdienten Remis gewesen.

Fazit: Trotz der Niederlage geht Aufwärtstrend beim ÖFB-Team weiter

Vor einem Jahr war das österreichische Mittelfeld noch eine komplett Pressing-freie Zone. Jetzt wird sogar auf Deutschland ein Druck ausgeübt, wie es das die DFB-Elf von einem Topf-4-Team wohl noch nie erlebt hat. Dieses Spiel bestätigte eindrucksvoll den Aufwärtstrend, den Österreich unter Marcel Koller gemacht hat. Endlich traut sich auch ein rot-weiß-rotes Team gegen einen übermächtig scheinenden Gegner zu, selbst die Initiative zu ergreifen. Und stellt sich, überspitzt formuliert, nicht mehr nur auf das Feld und hofft, dass sich die sportliche Katastrophe in Grenzen halten möge.

Bei Deutschland zeigte sich einmal mehr, dass man einen Bastian Schweinsteiger in guter Form einfach nicht ersetzen kann. Toni Kroos wirkte auf dieser Position verloren: Nach vorne blieb er wirkungslos, nach hinten fehlte ihm die dafür notwendige geistige Schärfe. Das eröffnete Österreich viele gute Tormöglichkeiten. Es war generell keine gute Leistung des EM-Semifinalisten. Was aber natürlich nichts daran ändert, dass das immer noch die klar stärkte Mannschaft in dieser Gruppe ist, die sich in den verbleibenden neun Spielen recht sicher für die WM qualifizieren wird.

Für Österreich kommen nun die beiden mit Abstand wichtigsten Spiele des Jahres zu – das Kasachstan-Doppel im Oktober. Hier wird man nicht auf Räume zwischen den Reihen lauern können. Hier wird das ÖFB-Team gefordert sein, gegen einen kompakten und unangenehmen Gegner ein Bollwerk zu knacken. Und der Test gegen die destruktiven und erschreckend biederen Rumänen im Juni hat gezeigt: Hier hat dieses Team wohl noch die größten Schwächen.

Also, Vorsicht: Schweinespiele voraus.

(phe)

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Kollers Pressing-Maschine läuft immer besser – 2:0 gegen die Türkei https://ballverliebt.eu/2012/08/16/kollers-pressing-maschine-lauft-immer-besser-20-gegen-die-turkei/ https://ballverliebt.eu/2012/08/16/kollers-pressing-maschine-lauft-immer-besser-20-gegen-die-turkei/#comments Thu, 16 Aug 2012 00:24:47 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7729 Kollers Pressing-Maschine läuft immer besser – 2:0 gegen die Türkei weiterlesen ]]> ÖFB-Teamchef Marcel Koller darf sich freuen. Seine Mannschaft hat gegen die Türkei 2:0 gewonnen. Hat dabei mitunter ein geradezu wildes Pressing gezeigt, das man von österreichischen Teams überhaupt nicht kennt. Hat gezeigt, auch ohne Alaba eine gute Figur abgeben zu können. Und doch: Es war vier Wochen vorm Start in die WM-Quali noch längst nicht alles Gold, was glänzte.

Österreich – Türkei 2:0 (2:0)

Natürlich: Dass der türkische Torhüter Mert den Ball nach 70 Sekunden genau Veli Kavlak in die Beine spielt, kann man als Geschenk interpretieren. Es trifft den Kern der Sache aber nicht. Denn wenn nicht die Österreicher buchstäblich von Anpfiff weg ein Pressing gezeigt hätten, dass den Türken Hören und Sehen vergeht, wenn Harnik nicht den Torhüter anläuft wie ein wilder Stier, wenn Mert mehr Zeit gehabt hätte – den überhasteten Panik-Pass in die Mitte zum bereit stehenden Kavlak hätte es nie gegeben.

Extremes Offensiv-Pressing

Das setzte den Ton für den weiteren Verlauf in einem Spiel, das nach Merts sinnlosem Rempler gegen Harnik per Elfmeter schon nach fünfeinhalb Minuten 2:0 für die Gastgeber stand. ÖFB-Teamchef Koller schien sich in Auf- und Einstellung der Mannschaft einiges von Borussia Dortmund abgeschaut zu haben: Zum einen war da natürlich das heftige Pressing. Interessant war aber auch die Positionierung von Zlatko Junuzovic, denn der Werder-Legionär stand sehr hoch und machte so aus dem nominellen 4-2-3-1 eher ein 4-4-1-1. Genauso, wie es im letzten Jahr Shinji Kagawa beim deutschen Meister gemacht hatte.

Neben/Vor/Um ihn herum beteiligte sich natürlich auch Harnik am extremen Offensiv-Pressing gegen die türkische Spieleröffnung. Da Marc Janko nicht ganz fit war, war Koller zur Umstellung gezwungen und er traute es dem international erfahrenen Stuttgart-Stürmer offenbar eher zu als Mattersburgs Patrick Bürger, die Vorgaben aufrecht erhalten zu können. Harnik wich zudem immer wieder auf die Flanken aus (vor allem die linke), um dort schnelle Gegenstöße lancieren zu können.

Österreich nimmt den Türken die Außenbahnen…

Die Aufgabenverteilung auf den Außenbahnen war recht genau auf die Stärken und Schwächen der eigenen Leute, aber sehr deutlich auch auf jene des Gegners abgestimmt. Auf der linken Seite spielten bei Österreich gleich zwei gelernte Linksverteidiger – Markus Suttner hinten, Christian Fuchs offensiv.  Einerseits wahrscheinlich, um mit Hamit Altintop den stärkeren der beiden türkischen AV mit einem in der Rückwärtsbewegung gut geschulten Mittelfeld-Mann zu konfrontieren (eben Fuchs).

Zudem war zwischen Suttner und Fuchs der türkische Offensiv-Flügelspieler Umut Bulut komplett abgemeldet. Markus Suttner, einziger Nicht-Legionär in der Startformation, konnte sich auf seine Defensiv-Aufgaben konzentrieren und interpretierte seine Rolle eher konservativ, während Fuchs vor ihm Altintop das Spiel zur Hölle machte. Weniger durch Offensiv-Aktionen und den für ihn typischen, punktgenauen Flanken. Sondern, immer mit der Hilfe von Kavlak und Junuzovic, mit heftigem Pressing.

Auf der rechten Seite rückte indes Andi Ivanschitz oft sehr weit ein. Schnell wurde bei den Türken klar, dass sich LV Caner Erkin nicht ins Zentrum ziehen ließ, dafür aber Emre mit Junuzovic und Ivanschitz oft zwei Stör-Faktoren in der Nähe hatte. Den sich an der Außenbahn bietenten Platz nützte Garics zu oft gut getimten Vorstößen. Erkin, der bei Galatasaray als Flügelstürmer spielt, war damit hinten gebunden und fand, eben durch das auch von Garics und Ivanschitz ausgeübte Pressing, selten sinnvolle Passempfänger.

…und lässt sie zentral an Kavlak zerschellen

Der routinierte Altintop, der eigentlich über seine Seite das türkische Spiel ankurbeln hätte sollen, hatte also nicht selten Probleme, einen halbwegs sicheren Querpass zu IV Semih Kaya oder Sechser Emre anzubringen. Von Zuspielen nach vorne konnte Altintop – der vor allem an seinem permanent gehetzt und leicht panischen Gesichtsausdruck zu erkennen war – nur träumen. Und weil eben das selbe für Erkin galt, blieb den Türken nur noch der Weg durch die Mitte.

Dort allerdings trieb Veli Kavlak sein Unwesen. Der Mann von Besiktas war der mit Abstand beste Mann im österreichischen Trikot, dabei war er erst durch die Verletzung von David Alaba in die Start-Elf gerückt. Von allen Österreichern zeigte er nicht nur das heftigste Pressing, sondern hielt das auch als einziger bis zum Schluss durch. Der türkische Achter, Inan, zerschellte an Kavlak, sodass sich Arda Turan die Bälle oft selbst abholen musste.

Der Europa-League-Sieger von Atlético Madrid, üblicherweise eher auf Linksaußen daheim, machte aber in seiner Rolle als Zehner bei den Türken keine besonders glückliche Figur. Julian Baumgartlinger hatte ihn zumeist im Griff, zudem zog es Arda immer wieder auf „seine“ linke Seite – wodurch das Zentrum für Anspiele von Emre und Inan erst recht keine Option mehr war. Ob Sturmspitze Burak in den 45 Minuten, in denen er spielen durfte, mehr als drei Ballkontakte hatte, ist eher fraglich.

Mit Sahin und Topal kommt Struktur

Die Türken waren auf Weitschüsse und Eckbälle reduziert, mit den meisten hatte die österreichische Defensive kein Problem. Die Gäste hatten zwar konstant zwischen 70 und 75 Prozent Ballbesitz, aber das rot-weiß-rote Team hatte das türkische Team dennoch praktisch immer bombensicher unter Kontrolle. Nur nach rund 20 Minuten, als die erste Welle des Pressing ein wenig nachließ, nahmen die Türken ein wenig Fahrt auf. Wirklich bessern sollte sich die Lage aber erst nach einer Stunde.

Ab ca. 60. Minute

Da kamen nämlich zwei Faktoren zusammen. Zum einen brachte der türkische Teamchef Abdullah Avci eine neue Paarung in die Mittelfeld-Zentrale: Statt Emre, der seinen Zenit schon viele, viele Jahre hinter sich gelassen hat und Inan, der sich außer bei Standards überhaupt nicht zeigen konnte, kamen Nuri Sahin und Mehmet Topal. Und zum anderen ließen im österreichischen Zentrum merklich die Kräfte nach, ob des extrem intensiven Spiels.

Das Umschalten von Offensive auf Defensive brauchte nun zeit. Julian Baumgartlinger nahm sich deutlich zurück, ebenso Fuchs und Junuzovic. Nicht nur also, dass Topal und Sahin eine deutlich höhere Klasse haben als Inan und Emre, sie bekamen auch mehr Zeit am Ball, um das zu zeigen. Sofort kam merklich Struktur ins türkische Spiel. Was auch daran lag, dass sich Torun (statt Arda gekommen) viel besser anbieten konnte und sich Mevlüt (statt Burak gekommen) deutlich geschickter bewegte.

Kritikpunkte bei Österreich: Fehlende Konsequenz…

In den letzten 84 Spielminuten war es ein Test, wie man eine Führung gegen einen guten Gegner über die Zeit bringt. Das gelang. Was aber beileibe nicht heißt, dass alles superklasse war – es gibt einige Kritikpunkte, die bei allem Lob über der herzerfrischende Pressing nicht unter den Tisch gekehrt werden dürfen.

Schon aber der 15. Minute (als Harnik fast schon das 3:0 erzielt hätte) wurden etwa Konter nicht mehr konsequent fertig gespielt, vor allem über die Außenbahnen. Fuchs beschränkte sich in erster Linie darauf, Altintop aus dem Spiel zu halten und Ivanschitz wirkte zwischen Halbzeit und seiner Auswechslung zunehmend fahrig. Mag der harten Vorbereitung geschuldet sein; jedenfalls wurde das mit Jakob Jantscher auf dem Feld wieder deutlich besser. Auch, weil Jantscher auch mal komplett die Seiten wechselte und so als einziger den Türken mal etwas zum Nachdenken gab.

…und fehlender konstruktiver Spielaufbau

Aufgrund des Ergebnisses und des Spielverlaufs mag es nicht so sehr aufgefallen sein, aber Tatsache ist: Mit dem eigenen, konstruktiven Aufbau eines Angriffs-Spielzugs tut sich Österreich weiterhin sehr schwer – um es milde auszudrücken. So herrlich das explosive Umschalten von Defensive auf Offensive funktioniert: Wenn es mal Zeit gab und die Gelegenheit, durchdachte Aktionen nach vorne zu zeigen, war der Ball entweder lange in der Luft und/oder schnell wieder weg. Oder ein Österreicher ins Abseits gestellt.

Das ist kein massives Problem, wenn man gegen die Türkei einen Vorsprung verwalten will oder gegen einen übermächtigen Gegner wie Deutschland ohnehin nicht zum Gestalten des Spiels kommen wird. Allerdings warten schon in diesem Herbst auch zwei Spiele gegen Kasachstan. Das Glücks-2:0 durch zwei Nachspielzeit-Tore 2010 (unter Constantini) bzw. das zähe 0:0 im Dead-Rubber-Spiel 2011 (unter Ruttensteiner) haben diese Defezite recht schmerzhaft vor Augen geführt.

Man kann zwar davon ausgehen, dass die Mannschaft in das Kasachstan-Doppel im Oktober nicht so lustlos reingeht wie Salzburg gegen Düdelingen. Aber das Prinzip bleibt: Sich gegen einen kompakten Gegner Chancen erarbeiten, selbst das Spiel gestalten müssen, das wird eine Herausforderung.

Fazit: Es ist weiterhin ein Fortschritt zu erkennen

Ja, das türkische Team befindet sich im Umbruch, hat nicht mal eine Handvoll international relevanter Spieler, ist meilenweit von der europäischen Spitze entfernt und hat sich bei beiden frühen Toren nicht gerade geschickt angestellt. Zudem war es ein Testspiel, dessen Ergebnisse man ohnehin nicht überbewerten sollte. Dennoch hat das Spiel, neben den angeführten Kritikpunkten, auch einiges an positiven Aspekten für Österreich gebracht: Das Pressing funktioniert schon wirklich gut; man kann auch ohne Alaba und Arnautovic gegen Teams auf Augenhöhe bestehen. Jeder weiß, was er zu tun hat, es ist Struktur im Team, es ist ganz deutlich die Handschrift des Teamchefs zu erkennen. Der extreme Fortschritt, den die Mannschaft unter Koller gemacht hat, wurde fortgesetzt.

Wichtig wird für Marcel Koller im Vorfeld des Spiels gegen Deutschland sein, dass er den unausweichlichen Hype, der um dieses Spiel gemacht werden wird, von der Mannschaft weghält. Denn er ist vernünftig genug zu wissen: Die Partien gegen Deutschland werden in der Endabrechnung wohl die unwichtigsten der ganzen Qualifikation sein, gegen den haushohen Gruppenfavoriten wird niemand viel holen. Viel wichtiger werden die zwei Spiele gegen Kasachstan im Oktober. Denn nur, wenn in diesen nichts liegen gelassen wird, kann man von der WM träumen.

(phe)

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0:0 gegen Rumänien: Hinten immer besser, vorne weiter mäßig https://ballverliebt.eu/2012/06/06/00-gegen-rumanien-hinten-gut-vorne-masig/ https://ballverliebt.eu/2012/06/06/00-gegen-rumanien-hinten-gut-vorne-masig/#comments Wed, 06 Jun 2012 01:11:42 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7374 0:0 gegen Rumänien: Hinten immer besser, vorne weiter mäßig weiterlesen ]]> Scharner ist schlau genug für Vorstöße aus der Innenverteidigung und das defensive Pressing greift immer besser – das die positiven Aspekte von Österreichs 0:0 gegen Rumänien. Was gegen einen erschreckend passiven Gegner noch nicht nach Wunsch klappte: Räume schaffen für das eigene Spiel nach vorne. 

Österreich - Rumänien 0:0

Es ist kaum zu glauben, dass es erst fünf Jahre her ist, als die rumänische Mannschaft in der Qualifikation für die Euro 2008 so brilliant aufgespielt und die Quali-Gruppe vor Holland gewonnen hat. Das rumänische Team des Jahres 2012 ist für den Beobachter hingegen eine ziemlich frustrierende Angelegenheit. Die Kreativität ging offenbar mit dem Altern und dem Aus von Adrian Mutu flöten, die Kampfkraft mit dem Rücktritt von Christian Chivu.

Der ideale Gegner also für die österreichische Mannschaft, um auszutesten, wie weit man mit der eigenen Spielgestaltung schon ist, wenn man gegen einen Gegner, der über das Niveau von Fußballzwergen hinausgeht dazu gezwungen ist. Somit auch ein Testlauf für die WM-Qualispiele gegen Kasachstan (wir erinnern uns an eine grausame Leistung beim Zufallssieg in Salzburg und eine blutleere, weil als letztes Spiel eher sinnlose Nullnummer in Astana), Färöer und wohl auch Irland.

Das zentrale Mittelfeld

Wie nicht anders erwartet worden war, zogen sich die Rumänen recht schnell recht weit zurück. Das 4-2-3-1 von Victor Piţurcă baute sich dreißig Meter vor dem Tor quasi als Mauer auf, durch die das österreichische Team durchzukommen hatte. Die Hauptlast im Taktgeben und Löcher suchen lag bei David Alaba: Der Bayern-Legionär war, einmal mehr, überall zu finden. Zu Beginn mal kurz als Linksverteidiger hinter dem aufgerückten Suttner, dann auch mal halbrechts vorne, aber grundsätzlich war seine Position halblinks als Achter.

Neben ihm agierte Veli Kavlak als Abfangjäger bei rumänischen Kontern (sehr zweikampfstark!) und natürlich nach vorne als Passgeber. Dass Kavlak aus der Tiefe heraus spielen kann, ist schon seit fünf Jahren bekannt, und auch bei Beşiktaş spielt er in dieser Position. Der auch optisch seit seinem Abschied aus Österreich stark veränderte Kavlak ist auf jeden Fall eine ernsthafte Alternative zu Julian Baumgartlinger.

Pressing: Immer besser, immer konsequenter

Das erfreulichste Detail an diesem Spiel war, dass wie schon zuletzt gegen die Ukraine ein klarer Plan beim Pressing in der eigenen Hälfte zu sehen war, und dieser auch sehr konsequent durchgeführt wurde. Anders als in jenem Spiel wurde aber gegen die Rumänen schon früher draufgegangen, oft schon der Pass in die Nähe des österreichischen Strafraums verhindert und die Rumänen damit offensiv komplett aus dem Spiel genommen.

Folge: Im kompletten Spiel hatten die Gäste drei Torchancen – zwei Konter und einmal nach einem Ballverlust in der Vorwärtsbewegung. Keine Frage: Gegner, die sich eher auf das Reagieren beschränken, können so sehr gut vom eigenen Tor weggehalten werden. In diesem Bereich wurden in den Spielen unter Koller zweifellos die größten Fortschritte gemacht.

Scharners taktisch gute Vorstöße

Über weite Strecken der Partie war die österreichische Innenverteidigung defensiv überhaupt nicht gefordert. Was vor allem Paul Scharner zu Vorstößen nützte. Genau das, das Verständnis und die Fähigkeit zur Spieleröffnung, ließ er gegen die Ukraine zumeist vermissen. Gegen Rumänien traute er sich viel mehr nach vorne zu gehen, das Mittelfeld zu verstärken, und so vor allem David Alaba zu erlauben, sich aus seiner Position zu bewegen.

Genau das ist von spielintelligenten Verteidigern gefordert: Wenn sich der Gegner zurückzieht und nur mit einer Spitze vorne agiert, ist es nicht nur völlig sinnlos, wenn beide Innenverteidiger stur hinten bleiben. Nein, es ist sogar kontraproduktiv: Einer der beiden kann locker aufrücken, das Mittelfeld verstärken und so für zusätzliche Optionen im Spiel nach vorne sorgen. Scharner, als gelernter Mittelfeld-Spieler, kann das hervorragend und in der Premier League hat er auch das nötige taktische Rüstzeug mitbekommen, das umzusetzen. Und Koller lässt ihm mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht nur die Freiheit zu Vorstößen, nein, er wird sie sogar fordern.

Die Außenverteidiger: Fleißig, immerhin

Dieser Schritt hat die Mannschaft, was das eigene Gestalten eines Spiels angeht, noch vor sich. Was im Vergleich zum Ukraine-Spiel als positiv zu vermerken ist, sind die Außenverteidiger. Auch Suttner traute sich viel öfter und viel mehr, sich ins Offensiv-Spiel einzuschalten. Zwar hatten über links weiterhin Arnautovic (der nach wenigen Minuten auf der rechten Seite auf die linke Bahn wechselte) und Alaba die inhaltliche Hauptlast über, aber Suttner  war durchaus präsent. Alleine seine Flanken waren der pure Horror.

Eine ansprechende Partie lieferte auf der rechten Seite Gyuri Garics ab. Defensiv ließ der Mann von Bologna überhaupt nichts anbrennen und nach vorne war er immer wieder eine Anspielstation, agierte zum Teil weit vorne – aber wie auch bei Suttner kam der entscheidende Pass zu selten an. Dass er eine Klasse besser ist als Florian Klein, hat er trotz insgesamt zweier für seine Verhältnisse durchschnittlichen Partien eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

Die Akte Arnautovic

Was wurde nach dem Ukraine-Spiel nicht alles über Marko Arnautovic diskutiert. Fakt ist: Konnte man nach dem 3:2 noch über seine Körpersprache und seine Rolle innerhalb des Teams diskutieren, ist das nach dieser Leistung nicht mehr nötig. Der Bremer lieferte eine seiner besten Spiele im Team-Trikot ab – vor allem im kämpferischen Bereich. Er er grätschte Bälle von der Linie weg, er hängte sich in die Zweikämpfe rein und er presste auf die Gegner, dass es eine Freude war.

Durch seine Rochaden – erst mit Burgstaller, dann immer wieder mit Junuzovic – war er auch für die Rumänen nie wirklich greifbar, wiewohl er in seinem Arbeitseifer ein wenig auf den Zug zum Tor vergaß. Das lag aber auch am engmaschigen Defensiv-Netz der Rumänen und daran, dass das mit dem eigenen Offensiv-Spiel ganz deutlich noch die größte Baustelle im österreichischen Spiel ist.

Das Spiel zum gegnerischen Tor

Denn das ÖFB-Team sammelte zwar Ballbesitz weit jenseits der 60-Prozent-Marke, aber Zugriff auf den rumänischen Strafraum gab es kaum. Marcel Koller weiß, dass man es sich als Mittelklasse-Nation nicht erlauben kann, vorne auf Halli-Galli zu spielen und hinten halt zu beten, dass schon nichts passiert. Koller wollte und will erst einmal der Defensive einen funktionierenden Plan mit auf den Weg geben, wie man nicht dauernd Tore schluckt. Dann kommt der Rest.

Im Spiel nach vorne ging allerdings weiterhin vieles ohne das nötige Tempo, sodass die Rumänen sich mit dem Verteidigen nicht übertrieben schwer taten. Funktionierende Laufwege waren in dem Sinn noch keine zielführenden erkennbar, vor allem das Positionsspiel und die Laufwege ohne Ball waren sehr durchsichtig. Das war mehr ein generelles Sich-Richtung-Ball-Bewegen, aber nichts überraschendes. Nichts, was einen gegnerischen Verteidiger aus seiner Position zieht, was Löcher riss, was eine neue Option ergäbe.

Was man bei alldem nicht außer Acht lassen darf: Mit Martin Harnik hat ein Spieler, der extrem viel Zug zum Tor entwickelt und sich auch schon einen entsprechenden Ruf erarbeitet hat, nicht dabei. Guido Burgstaller ist ein Arbeiter, jemand, der auf seine ihm eigene Art und Weise auch Löcher ziehen kann – dafür ist er aber wohl ganz vorne besser aufgehoben. Es wird eh in immer mehr Mannschaften so, dass Stürmer nicht mehr primär zum Tore schießen da sind, sondern zum Bälle halten und Verteidiger binden – darum agierte er auch bei Rapid in vorderster Front.

Der Gegner: Brrrrrr.

Nach der Euro 2008, in der die Rumänen wegen der ängstlichen Herangehensweise mehr an sich selbst als an Italien und Frankreich gescheitert waren, landete man in der Quali für die 2010 sogar hinter Constantini-Österreich und war auch für die Euro 2012 meilenweit von einer Teilnahme entfernt, gewann jeweils nur drei von den zehn Spielen. Und in der Quali für Brasilien 2014 wird gegen Vize-Weltmeister Holland, gegen die Türken, die sich deutlich im Aufwind befindlichen Ungarn und die für die EM erst im Play-Off gescheiterten Esten nichts drin sein, wenn man sich präsentiert wie in diesem Spiel in Innsbruck.

Es gibt keinerlei Kreativität in dieser Mannschaft. Gepresst wird nur an vorderster Front, und auch nicht in einem Ausmaß, das einen ins Schwitzen bringen müsste. Das Spiel aus dem Zentrum ist ungenau, den Flügelspielern fehlt es an Durchsetzungskraft. Aber immerhin: Die Defensive steht – wenn auch gegen eine diesbezüglich (noch) eher biedere Truppe wie Österreich – recht sicher. Aber mit 0:0 auswärts bei Topf-3 und Topf-4-Teams wird Rumänien keinen Stich machen.

Fazit: Hinten immer solider, vorne fehlt’s noch

Marcel Koller wollte explizit sehen, wie weit sein Team in der eigenen Spielgestaltung ist, und das muss man sagen: Da fehlt’s noch ziemlich. Einzelaktionen von Arnautovic werden nicht immer von Erfolg gekrönt sein, Janko war wiederum zu wenig im Spiel, weil es nicht gelungen ist, durch Laufwege ohne den Ball Löcher zu kreieren. Das war noch recht überschaubar und hat noch sehr viel Luft nach oben. Immerhin: Die Standards waren nicht kompletter Ramsch, sondern zumindest so mittel-gefährlich. Muss man aber sicher auch noch dran feilen, wenn es aus dem Spiel heraus kaum Chancen gibt.

Hinten allerdings schaut das in der Tat immer besser aus, hier wurde in diesen eineinhalb Wochen ein riesiger Schritt nach vorne gemacht. Mit dem konsequenten Pressing in der eigenen Hälfte wurde es den Ukrainern und den Rumänen, beides Mittelklasse-Teams, mehr oder weniger vergleichbar stark wie Österreich, praktisch unmöglich gemacht, zu Chancen zu kommen. Hier agiert das ÖFB-Team sehr diszipliniert, verfolgt einen genauen Plan und ist auf einem richtig guten Weg.

Damit, und mit dem Test gegen die Türkei im August noch vor der Brust, kann man zumindest schon mal ohne ganz großes Bauchweh in das erste WM-Quali-Spiel gegen Deutschland gehen, da wird man das Spiel nicht selbst machen müssen. Und vom Teamchef verordnetes Null-Attackieren im Mittelfeld, wie beim 2:6 in Gelsenkirchen vor einem Jahr, wird es dabei sicher auch nicht geben. Dann allerdings, beim Doppel in bzw. gegen Kasachstan im Oktober, sind gute Laufwege ohne Ball zum Löcher reißen schon eher gefragt.

(phe)

PS: Ein Wort an dieser Stelle noch zur APA. Hier wurde jene rumänische Aufstellung, die auch der ORF vor Spielbeginn eingeblendet hatte – also mit Dorin Goian im Mittelfeld und Vlad Chiricheş in der Innenverteidigung – auch genau so ausgeschickt, was auch die darauf zurückgreifenden Medien ebenso brav wie blind übernommen haben. Tatsächlich war es genau umgekehrt: Chiricheş spielte als Sechser und Goian, wie immer, in der Innenverteidigung.

Einmal eine halbe Minute auf’s Spielfeld zu schauen, ob das Eingeblendete auch der Realität entspricht, ist wohl zu viel verlangt.

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Ballverliebt Classics: Drei Wochen im Juli https://ballverliebt.eu/2011/07/27/ballverliebt-classics-drei-wochen-im-juli/ https://ballverliebt.eu/2011/07/27/ballverliebt-classics-drei-wochen-im-juli/#comments Wed, 27 Jul 2011 21:24:08 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=5427 Ballverliebt Classics: Drei Wochen im Juli weiterlesen ]]> Es war der größte Erfolg einer österreichischen Auswahlmannschaft seit 1954 – der Semifinal-Einzug der U20 bei der Weltmeisterschaft 2007 in Kanada – der ein Jahr vor der Heim-EM die Hoffnung belebte. Und tatsächlich sind viele aus der damaligen Mannschaft aus der rot-weiß-roten Fußball-Landschaft nicht mehr wegzudenken.

Stammformation des ÖFB-Teams in Kanada 2007

Zur Einstimmung knallte die von Teamchef Paul Gludovatz und Co Gerhard Schweitzer trainierte Mannschaft ausgerechnet Ried in einem Testspiel mit 6:1 vom Platz. Nachdem der Semifinal-Einzug bei der U19-EM in Polen im Jahr davor die Teilnahme fixiert hatte, ging es ambitioniert, aber ohne übertriebene Erwartungshaltung nach Nordamerika. In einer Gruppe mit Geheimfavorit Chile, Gastgeber Kanada – und Afrikameister Congo.

Gemischte Gefühle nach dem Auftakt

Österreich - Kongo 1:1

Gegen die Afrikaner schickte Gludovatz gleich jene Formation aufs Feld von Edmonton, die auch den Grundstock des weiteren Turnierverlaufs bestreiten sollte. Ein 4-2-3-1 mit Kapitän Prödl und Madl hinten, Panny und Raswalder auf den Seiten, Stanislaw als Sechser, Kavlak als Achter, Junuzovic als Zehner, Harnik auf dem rechten und Hackmair auf dem linken Flügel – und einer Solospitze. Und Jimmy Hoffer setzte mit seinem Tor in der 7. Minute auch gleich den Ton für den weiteren Turnierverlauf

Vor allem der Schachzug, Veli Kavlak hinter Junuzovic aus der Tiefe kommen zu lassen, sollte sich im Turnierverlauf als Goldgriff erweisen. Delvin Ndinga, heute beim AJ Auxerre einer der teuersten Sechser der französischen Liga, war nicht der letzte, der mit den beiden Probleme bekam. Das ÖFB-Team schnürte den Gegner massiv in dessen Hälfte ein.

Dennoch war man im rot-weiß-roten Lager nach dem Auftakt enttäuscht: Ibara – der vor allem nach der Pause immer wieder gut den Platz hinter Harnik nützte – sorgte nach einer Stunde per Strafstoß für den Ausgleich zum 1:1, den körperliche Rückfall nach der Pause erklärte Gludovatz mit fehlenden Möglichkeiten in der Vorbereitung: „Man sieht, dass zwei Kurzlehrgänge da nicht reichen!“

Dennoch hätte es noch den Sieg geben müssen: Erst wurde ein Foul an Hoffer nicht mit dem fälligen Elfmeter geahndet, in der Nachspielzeit schafften es drei alleine auf das Tor zustürmende Österreicher nicht, den Ball im Kasten unterzubringen – zumindest nicht, ehe der Referee ein Foul am Torwart gegeben hatte.

Als Zweiter ins Achtelfinale

Weil der Gastgeber im Parallelspiel gegen Chile mit 0:3 chancenlos war, stand er im Spiel gegen Österreich schon mächtig unter Druck. Das ÖFB-Team seinerseits wusste aber: Mit einem Sieg sähe es für das Achtelfinale schon sehr gut aus. Paul Gludovatz stellte für dieses Spiel um: Er ließ – zum einzigen Mal im ganzen Turnier – vorne Hoffer und Okotie gemeinsam starten, dafür wurde im Mittelfeld Harnik geopfert, Kavlak auf die rechte Seite gestellt und mit Stanislaw gab’s nur einen Sechser.

Österreich - Kanada 1:0

Es wurde eine Hitzeschlacht, in der die Österreicher schnell das Kommando übernahmen, gegen den mit dem Rücken zur Wand stehenden Gastgeber gelang es aber zunächst nicht, diese Überlegenheit auch in Tore umzumünzen. Erst unmittelbar nach der Pause wurde Asmir Begovic – heute der National-Torwart von Bosnien – bezwungen: Ein Okotie-Kopfball nach einer Ecke sorgte für die verdiente Führung in der 48. Minute.

Was wichtig war, denn wie schon gegen den Kongo schwanden auch in diesem Spiel nach einer Stunde die Kräfte. Nachdem die Kanadier Lukse, der in der Torhüter-Rotation diesmal den Zuschlag bekommen hatte, aber nicht mehr überwinden konnten, war der Achtelfinaleinzug nach dem 1:0-Sieg so gut wie fixiert – nur noch eine Niederlage gegen Chile und eine Reihe von Sensationsergebnisn in den anderen Gruppen (wie ein Sieg von Jordanien gegen Spanien) hätten das verhindern können.

Österreich - Chile 0:0

Weil sich derlei Spekulationen schon am Tag nach dem Kanada-Spiel endgültig erledigt hatten, konnte man schon als fixer Achtelfinalist in das letzte Gruppenspiel gegen Chile (u.a. mit Mauricio Isla und Arturo Vidal) gehen – es ging „nur noch“ um den Sieg der Gruppe A.

Und entgegen den Befürchtungen, der Turnier-Mitfavorit – die U20 von Chile spielte schon einige Monate, bevor Marcelo Bielsa die A-Mannschaft übernahm uns sein 3-4-3 perfektionierte, ein ebensolches – würde Österreich überfahren, spielte das ÖFB-Team ordentlich mit und verdiente sich den Punkte, den es für das 0:0 gab, redlich. Vor allem Junuzovic und Harnik machten eine durchaus ansehnliche Partie – so ansehnlich, dass sich der sonst ja eher nüchterne Paul Gludovatz zu öffentlichen Lobeshymnen hinreißen ließ.

So beendete man die Gruppenphase ungeschlagen auf dem zweiten Platz hinter Chile – dass es nicht zum Sieg gereicht hat, muss nicht mal ein Nachteil gewesen sein. Denn so ersparte man sich im Achtelfinale jene Portugiesen (mit dem späteren WM-Star und Neo-Galaktischen Fabio Coentrão), die Chile mit 1:0 schlug.

Achtelfinale: Unnötigers Zittern gegen Gambia

Stattdessen ging es von Toronto, wo die Chile-Partie stattfand, wieder zurück nach Edmonton, gegen Gambia. Die Afrikaner hatten in der Gruppe eben Portugal hinter sich gelassen, mussten aber auf den gesperrten Kapitän, Innenverteidiger Ken Jammeh, verzichten.

Österreich - Gambia 2:1

Und zunächst sah es auch ganz danach aus, als sollte Österreich einen ungefährdenten Sieg einfahren können. Vor allem Harnik und Kavlak sorgten für mächtig Wirbel in der gambischen Defensive: Harnik war der auffälligste Mann den Spiels, nützte jede sich bietende Gelegenheit um nach vorne zu preschen und machte seinen Gegenspieler Pierre Gomez immer wieder lächerlich. Alleine die Torgefahr fehlte so ein wenig.

Veli Kavlak war auf seine Position vom Kongo-Spiel zurück – nämlich auf die Acht, halbrechts hinter Junuzovic. Mit seiner Präsenz aus der Tiefe kam Gambia überhaupt nicht zurecht und so sammelten sich fleißig gelbe Karten nach Fouls an Kavlak an; kurz vor der Pause sah Jaiteh seine zweite – und flog somit vom Platz. Die Überzahl, verbunden mit dem Kopfballtor von Prödl zum 1:0, ließ das Viertelfinale schon mit anderthalb Beinen erreicht erscheinen.

Alleine, das war es natürlich nicht. Gambia-Teamchef Paul Johnson zog Mendy zurück und ließ ihn als Libero spielen, dafür rückte Bojang bei Bedarf ins Mittelfeld auf, um das von Jaiteh gerissene Loch zu stopfen. Gambia gab im Grunde die Zentrale auf, konzentrierte sich auf die Flügel und darauf, vorne immer anspielbare Optionen zu haben – was Wirkung zeigte.

Der schwer gelb-rot-gefährdete Madl musste von Gludovatz per Auswechslung geschützt werden, der in der Luft liegende und hochverdiente Ausgleich fiel in der 69. Minute aber dennoch – nach einem eher peinlichen Rettungsversuch des zurückgeeilten Martin Harnik, der ausgerechnet seinem lange Zeit eher bemitleidenswerten Gegenspieler Pierre Gomez den Ball genau in die Füße spielte. Die Strafe von Gludovatz folgte prompt: Harnik wurde augenblicklich ausgewechselt.

Mit dem für den Beute-Österreicher gekommenen Hoffer gab es eine zweite Anspielstation vorne – vor allem aber wurde Bojang wieder hinten gebunden, womit jenes Loch im Mittelfeld, das zuvor völlig ungenützt blieb, endlich schlagend wurde. Nur wenige Minuten nach seiner Einwechslung schoss Hoffer zum 2:1 ein. Was alle zu Jubelstürmen veranlasste, nur Paul Gludovatz nicht. „Oans miasst’s nu schiaßen, habt’s g’hört!?“, fuhr er die Spielertraube vor ihm an.

Mussten sie nicht mehr – das 2:1 hatte bis zum Schluss bestand.

Viertelfinale: Harnik zeigt bei US-Boys Wirkung – mit Verspätung

Österreich - USA 2:1 n.V.

Die Amerikaner hatten in der Gruppe Brasilien (mit Pato, Marcelo, Jô und Renato Augusto) geschlagen und im Achtelfinale Uruguay (mit Luis Suárez und Edinson Cavani) eliminiert, hatte zudem quasi Heimvorteil. Darum galt das US-Team im Viertelfinale als recht klarer Favorit und nach der Zitterpartie gegen Gambia wurde in der Heimat ein Weiterkommen gegen die Amerikaner auch nicht wirklich erwartet.

Gludovatz beließ Harnik, trotz seiner starken Partie gegen Gambia, nach seinem beinahe verhängnisvollen Fehler auf der Bank und ließ dafür Bernhard Morgenthaler auflaufen, Hackmair ging auf die rechte Harnik-Seite. Mit dem Effekt, dass diese komplett tot war, auch über Morgenthaler nichts ging und Junuzovic von Szetala und Michael Bradley neutralisierte wurde. Andererseits musste Kavlak wegen der Bedrohung, die von Freddy Adu ausging, relativ weit hinten stehen.

Die US-Boys überrannten Österreich aber vor allem über die Seiten, weil sie dort defensiv überhaupt nichts zu tun hatten und führten nach einem Tor von Jozy Altidore hochverdient mit 1:0, als Gludovatz in Minute 37 reagierte und Harnik doch brachte. Morgenthaler ging raus, Hackmair auf links und Harnik gab nun über rechts Gas. Mit Erfolg, die US-Abwehr fing beinahe augenblicklich zu wackeln an, sobald sie ein wenig gefordert war, und Chris Seitz im Tor hatte im Dauerregen arge Probleme, den Ball zu fangen. In der 39. Minute wurde ihn von Harnik nach einem Abpraller noch (sinngemäß) das halbe Gebiss aus dem Mund geschossen, zwei Minuten vor der Pause nützte Okotie einen weiteren Seitz-Patzer zum 1:1.

Nach der Pause hatte Österreich das Geschehen dann ziemlich sicher im Griff und man kam auch zu zwei Topchancen zum Führungstreffer, ansonsten hielt das US-Team in erster Linie mit Härte dagegen, was einige gelbe Karten zur Folge hatte – fünf Stück sammelten sie alleine in der zweiten Hälfte. Die Amerikaner retteten sich so in die Verlängerung, wo die vielen Verwarnungen in der 104. Minute den beinahe unvermeidlichen Effekt hatten, dass dann doch einer runter musste – Linksverteidiger Wallace hatte es erwischt, nach einem Foul an (natürlich) Harnik.

Kurz zuvor war wiederum Jimmy Hoffer gekommen, diesmal für Junuzovic, Kavlak verblieb als Kreativspieler im Zentrum. Und wieder stach der Joker Jimmy: Nachdem die US-Abwehr einen Freistoß nicht hatte klären können, drückte Hoffer den Ball über die Linie. Somit war das Team aus den Staaten eliminiert und Österreich unglaublicherweise unter den letzten Vier – nachdem vor dem Turnier das Achtelfinale als schöner Erfolg gesehen und selbst das Viertelfinale nur von kühnen Optimisten angedacht worden war.

Semifinale: Schnelles Ende gegen Tschechien

Im Halbfinale gegen die Tschechein allerdings war Paul Gludovatz zu groben Umbaumaßnahmen gezwungen, weil mit Madl und Stanislaw zwei absolute defensive Stützen gelbgesperrt waren – und dazu kam noch der Schock um Thomas Panny. Der Rechtsverteidiger von der Admira, der ein richtig starkes Turnier gespielt hatte, brach sich im Training das Wadenbein. Eine Verletzung, die seine viel versprechende Karriere letztlich beendet hat, denn Panny konnte nach der Heilung nie mehr im Profifußball Fuß fassen.

Tschechien - Österreich 2:0

Die Tschechen, die im Viertelfinale Spanien im Penalty-Shoot-Out eliminiert hatten, nützten die Schwächen der nicht eingespielten neu formierte österreichische Defensive sofort aus und lagen nach 15 Minuten durch Tore von Micola (Zaglmair hatte einen auf’s Tor gezirkelten Freistoß aus spitzem Winkel prallen lassen) und Fenin (nach Stanglpass von links) schon 2:0 in Führung. Was letztlich auch schon die Entscheidung war.

Vor allem bei Flankenbällen in den Strafraum brannte es ein ums andere Mal lichterloh. Nach dem 2:0 lösten die Tschechen dann den Würgegriff etwas und man ließ das ÖFB-Team ein wenig gewährlich, es entstand aber nie der Eindruck, Österreich hätte wirklich einen Chance. Die Tschechen dominierten weiterhin den Ballbesitz (bei ca. 60%) und verhinderten mit konsequentem Pressing im Mittelfeld, dass sich Österreich entfalten hätte können.

Für die zweite Hälfte beerbte Junuzovic dann Harnik, aber auch der gerade vom gecrashten GAK zu Austria Kärnten gewechselte Zehner konnte auf der rechten Seite postiert nicht für die entscheidenden Akzente sorgen. Im Gegenteil: Die Tschechen blieben konsequenter im Zweikampf, körperlich robuster und präsentierten sich als kompakteres Team. Die letzten 75 Minuten dieses Semifinals waren im Grunde genommen ein Non-Contest, das Juli-Märchen hatte ein Ende.

0:1 trotz starker Leistung zum Abschied

Chile - Österreich 1:0

Zum Abschluss des Turniers ging es drei Wochen nach dem noch nicht allzu viel beachteten Start gegen Kongo im Spiel um den dritten Platz ein zweites Mal in diesem Turnier gegen die Mannschaft aus Chile – und es war praktisch nur Torhüter Christopher Toselli, der einen klaren Sieg des ÖFB-Teams verhinderte.

Der Hintergrund war klar: Während Österreich deutlich mehr erreicht hatte als erwartet und im Halbfinale gegen Tschechien ohne Wenn und Aber chancenlos war, fühlten sich die Chilenen in ihrem Semifinal-Spiel gegen Argentinien vom deutschen Referee Stark betrogen. Dieser hatte sieben Chilenen verwarnt und zwei vom Platz gestellt und musste nach dem argentinischen 3:0-Sieg unter Polizeischutz das Spielfeld verlassen, danach gab es noch heftige Zusammenstöße zwischen chilenischen Spielern und der Polizei, die sogar in kurzfristigen Festnahmen einiger Spieler gemündet hatten.

Im kleinen Finale, dem Vorspiel zum großen Endspiel (das Argentinien mit Agüero, Banega und Romero, dazu saß Angel di María auf der Bank, gegen die Tschechen mit 2:1 gewann) hatte Österreich deutlich mehr Lust auf Fußball, letztlich blieb das Tor von Hans Martínez quasi mit dem Halbzeitpfiff aber das einzige des Spiels – obwohl das ÖFB-Team Chancen für drei Spiele vorfand. Nach dem 0:1 war Österreich Vierter, und das mit lediglich fünf Toren in sieben Spielen – allesamt von Okotie (2) und Hoffer (3) erzielt.

Nachwirkungen

Aus einer „Schön, dass die dabei sind“-Stimmung wurde innerhalb von drei Wochen einer der größten Hypes, die Fußball-Österreich seit dem unsäglichen Córdoba-Spiel gesehen hatte. Schlüsselspiel war dabei das Viertelfinale gegen die USA, das – anders als die anderen – mit einer moderaten Anstoßzeit (20.15 Uhr) an einem Samstag Abend mit einer Live-Übertragung im ORF absolute Traumquoten erziele und dieses Team mit einer großartigen vor allem kämpferischen Leistung erst so richtig in das öffentliche Bewusstsein schoss.

Waren in der Vorrunde Anstoßzeiten zu nachtschlafender Zeit (1.45 Uhr gegen Kongo und Kanada, 2.00 Uhr gegen Chile) und die Aussicht auf ein von Wolfgang Koczi kommentiertes Spiel auf TW1 noch eher abschreckend, küsste das U20-Team ab der zweiten Woche den ein Jahr vor der Heim-EM auf dahinsiechenden und auf dem stimmungsmäßigen Tiefpunkt angelangten österreichischen Fußball (die unglaublichen Entgleisungen der Rapid-Fans gegenüber Ivanschitz beim Länderspiel in Schottland waren gerade einen Monat her) so richtig wach.

Sowohl für die Spieler als auch für den Teamchef bedeutete der Halbfinal-Einzug bei der WM einen Karriere-Kickstart. Paul Gludovatz, zuvor als Junioren-Teamchef und Trainer-Ausbildner beim ÖFB in der Öffentlichkeit völlig unbekannt, war plötzlich ein Star. Exakt ein Jahr nach dem Turnier übernahm er mit Ried als 62-Jähriger erstmals einen Bundesliga-Klub und führte den Provinz-Klub mit seinem 3-3-3-1  in ungeahnte Höhen.

Auch die meisten Spieler der Stammformation schafften es – lediglich Siegi Rasswalder und die Torhüter fielen durch den Rost; Thomas Panny und Peter Hackmair wurden ihre Karrieren von Verletzungen verbaut. Alle anderen sind aber (zumindest) zu absoluten Stammkräften in der Bundesliga geworden. Auffällig aber auch, dass aus der zweiten Reihe die meisten keine große Karriere machten.

Dennoch: Im Nachhinein war das Turnier nicht nur für eine unglaubliche Quote von zehn Spielern (Suttner und Simkovic muss man noch dazurechnen) ein nachhaltiger Erfolg, sondern er rückte vor allem das Bewusstsein für die Wichtigkeit und auch die Erfolgschancen bei internationalen Jugend-Turnieren sehr viel weiter in das öffentliche Bewusstsein, als das vorher der Fall gewesen war. Lediglich für die damalige U19 kam der Erfolgslauf der 20er zu einem etwas doofen Zeitpunkt – so fiel die zeitgleiche Heim-EM von Baumgartlinger, Arnautovic, Beichler und Walch etwas unter den Tisch. Das Team schied übrigens in der Vorrunde aus.

Das Personal…

Tor: Bartolomej Kuru (20, Austria), Andreas Lukse (19, Rapid), Michael Zaglmair (19, LASK). Abwehr: Daniel Gramann (20, Hartberg), Michael Madl (19, Austria), Thomas Panny (20, Admira), Thomas Pirker (20, FC Kärnten), Sebastian Prödl (20, Sturm), Siegfried Rasswalder (20, Leoben), Markus Suttner (20, Austria). Mittelfeld: Ingo Enzenberger (19, Salzburg), Peter Hackmair (20, Ried), Thomas Hinum (19, Schwanenstadt), Zlatko Junuzovic (19, GAK), Veli Kavlak (18, Rapid), Bernhard Morgenthaler (20, Admira), Tomas Simkovic (20, Austria), Michael Stanislaw (20, Schwanenstadt). Angriff: Martin Harnik (20, Bremen), Erwin Hoffer (20, Rapid), Rubin Okotie (20, Austria). Teamchef: Paul Gludovatz (61). Co-Trainer: Gerhard Schweitzer (44). Torwart-Trainer: Manfred Kohlbacher (59).

(phe)

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So biegt Österreich die „Rode Duivels“ https://ballverliebt.eu/2010/10/11/das-sind-die-rode-duivels/ https://ballverliebt.eu/2010/10/11/das-sind-die-rode-duivels/#comments Mon, 11 Oct 2010 21:47:59 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=2882 So biegt Österreich die „Rode Duivels“ weiterlesen ]]> Der erste echte Tester für das ÖFB-Team nach den beiden mühsamen Pflichtsiegen gegen Kasachstan und Aserbaidschan ist die Auswärtsfahrt nach Brüssel. Die Belgier sind seit der letzten WM-Teilnahme 2002 in einem ähnlichen Tal wie Österreich, haben aber durchaus Talent in ihrem Kader.

Belgien, voraussichtliche Formation

Als Belgien zuletzt auf der großen Bühne des Weltfußballs aufgetreten ist, war noch Marc Wilmots der Chef auf dem Platz; der herbe Gert Verheyen wetzte auf der Flanke, Mbo Mpenza sollte für die Tore sorgen. Das Team hatte im WM-Achtelfinale von Kobe die Brasilianer zwar fest im Griff, ein Geniestreich von Rivaldo sorgte aber für das belgische Aus. Ein Aus für lange Zeit.

Von der damaligen Mannschaft sind noch zwei Spieler dabei: Daniel van Buyten und Timmy Simons. Beide haben ihre beste Zeit schon deutlich hinter sich. Aber rund um die beiden Routiniers hat sich in den letzten Jahren wieder jede Menge Talent versammelt. So sind sieben Spieler aus dem Olympia-Kader von Peking grundsätzlich im Kader (sofern nicht verletzt) – dort kamen die „Roten Teufel“ immerhin ins Semfinale.

Die prägende Figur ist jetzt im A-Nationalteam dieselbe wie vor zwei Jahren in Peking: Maroane Fellaini von Everton. Er ist nicht nur wegen seiner, nun ja, ungewöhnlichen Frisur der auffälligste Spieler. In der Offensivzentrale des üblichen 4-1-3-2 zieht der erst 22-jährige die Fäden. Er arbeitet viel nach vorne, hat ein Auge für die Mitspieler, ist kopfballstark und kann auch selbst zum Abschluss kommen. Dafür ist er weitgehend von Defensiv-Aufgaben befreit – Timmy Simons (33, Nürnberg) schaltet sich dafür kaum jemals in die Offensive ein. Gegen den Ball lässt er sich sehr tief fallen und macht zwischen Vincent Kompany (24, Man City) und Daniel van Buyten (32, Bayern) den dritten Innenverteidiger vor dem üblicherweise recht soliden Torwart Logan Bailly (24, M’gladbach). Im Ballbesitz schiebt die Verteidigungsreihe extrem weit nach vorne, hier stehen Van Buyten und Kompany nicht selten auf Höhe der Mittellinie.

Vor allem Van Buyten neigt jedoch in der letzten Zeit immer wieder zu bösen Schnitzern – nicht nur beim FC Bayern, sondern etwa auch im ersten Spiel gegen Deutschland. Dort leitete sein Fehler das einzige Tor für die Deutschen ein! Beide Innenverteidiger sind sehr robust und extrem kopfballstark, aber nicht die Schnellsten. Hier empfielt es sich also, einen schnellen, kleinen Stürmer aufzustellen. Jimmy Hoffer wäre dazu prädestiniert, zumal sein Tempo der zu erwartenden österreichischen Kontertaktik zusätzlich entgegen kommen würde.

Auf den Außenpositionen würden in der Wunsch-Aufstellung des belgischen Teamchefs Leekens ebenso zwei gelernte Innenverteidiger spielen – nämlich Toby Alderweireld (21, Ajax) rechts und der etatmäßige Kapitän Thomas Vermaelen links. Weil der Arsenal-Spieler aber verletzt ist, dürfte wie schon in Astana Olivier Deschacht (29, Anderlecht) zum Einsatz kommen. Er hat zwar nicht annähernd die Klasse von Vermaelen, ist aber dafür ein echter Linksverteidiger.

Die Belgier verteidigen in der Regel trichterförmig – das heißt, die gegnerischen Angriffe sollen ins Zentrum zur Dreierkette Van Buyten/Simons/Kompany gelenkt werden. Deshalb ziehen die belgischen AV auch eher in Richtung Zentrum. Das hat etwa gegen Deutschen dazu geführt, dass die gegnerischen Außenstürmer viel Platz haben, um hinter den AV bis zur Grundlinie zu gehen und dort in den Rücken der Abwehr zu flanken. Die Deutschen Philipp Lahm und Thomas Müller exerzierten das bei deren 1:0-Sieg schulbuchmäßig vor.

Das Rezept wäre also: Mit schnellen Doppelpässen der Flankenspieler (also voraussichtlich Fuchs/Arnautovic, in erster Linie) mit dem offensiven Mittelfeld (Junuzovic würde sich da anbieten) in den Raum hinter die belgischen AV durchzubrechen, um von dort so flach wie möglich in die Mitte zu flanken. Ideal wäre, wenn dort sowohl kurz als auch lang eine Anspielstation lauert. So sollte die Sturmspitze etwa die eine Position einnehmen, und der zentrale Offensivmann im Mittelfeld (Juno, der in die Mitte ziehen könnte) die andere.

Wie sind die belgischen AV auszuhebeln? Etwa mit schnellen Pässen zwischen LV Fuchs, OM Junozovic (der sich danach Richtung zweiten Pfosten orientiert) und LM Arnautovic, der gegen die großen, kopfballstarken belgischen IV flach flankt. Dort könnte der Ball Juno finden - oder die Sturmspitze, die mit ihm die Laufwege kreuzt. Bei Tempo sind die belgischen IV anfällig.

Es ist nicht damit zu rechnen, dass RV Toby Alderweireld besonders viel Offensivgeist entwickeln wird. Zum einen, weil er mit Arnautovic den Spieler gegen sich haben sollte, vor dem George Leekens mit Abstand den höchsten Respekt hat. Vor allem aber, weil die belgischen Außen eben eher nach innen ziehen, weniger nach vorne. Was zur Folge hat, dass die beiden Flügelspieler im Mittelfeld (normalerweise Démbélé von Fulham und Hazard von Lille, die aber beide verletzt sind) nicht nur für die Offensive eine entscheidende Rolle spielen, sondern auch für die Defensive. Jelle van Damme (26, Wolverhampton) und Axel Witsel (21, Lüttich) haben diese Positionen beim 2:0 in Astana eingenommen, und werden das vermutlich auch gegen Österreich tun. Gegen den Ball übernehmen sie die Agenden der nach innen ziehenden AV, im Ballbesitz haben sie im Vorwärtsgang aber nicht immer bedingungslose Hilfe von hinten zu erwarten.

In der Offensive zeigt sich bei den Belgiern ein entgegengesetztes Bild gegenüber der Abwehr: Hier sind die Spieler vor allem technisch beschlagen und sehr schnell. Die Flügel sowieso, aber auch Fellaini und Stürmer Jelle Vossen (21) – sollte er nicht seinem Genk-Vereinskollegen Marvin Ogunjimi (22) Platz machen müssen, der als Joker beide Tore in Kasachstan erzielt hat. Gesetzt ist indes Sturmpartner Romelu Lukaku. Das Wunderkind von Anderlecht ist trotz seiner erst 17 Jahre mit 1.92m Größe und 95kg an Gewicht ein veritabler Schrank. Zudem hat er überlicherweise durchaus Torriecher, letzte Saison war er Torschützenkönig in der belgischen Meisterschaft. Auf einen Treffer im Nationalteam wartet er aber noch.

Die Ausfälle von Hazard und Démbélé schmerzen Temchef Leekens fraglos deutlich mehr als jener von Kapitän Vermaelen, denn ohne die beiden unerhört schnellen und technisch extrem starken Außenstürmer fehlt der Mannschaft eine zentrale Stärke. Was aber nicht heißt, dass Fuchs und (vermutlich) Klein die beiden unterschätzen sollten – vor allem Witsel wird zweifellos besonders darauf aus sein, den Mainzer so viel wie möglich hinten zu beschäftigen. Eher schon könnte Jelle van Damme, der vor einigen Jahren bei Werder Bremen kläglich gescheitert war, ein Schwachpunkt sein.

Worauf ist also aus österreichischer Sicht zu achten? Es ist bereits durchgeklungen, dass Constantini mit einem 4-2-3-1 plant. Sicher werden die beiden IV (wohl wieder Prödl und Scharner) mit dem belgischen Sturm-Duo gut beschäftigt sein, Wadlbeißer Schiemer im DM als Kettenhund vor Fellaini wäre sicher nicht verkehrt. Der zweite DM (Baumgartlinger oder Pehlivan) darf da ruhig ein paar Freiheiten mehr genießen, zumal beide in der Spieleröffnung eine Klasse besser sind als Schiemer. Links ist Fuchs ohnehin gesetzt, er dürfte mit Witsel aber einiges zu tun bekommen; Klein rechts wird den Belgiern wohl etwas weniger Kopfzerbrechen bereiten.

Kavlak vor ihm wird mit Deschacht zwar einen gelernten LV gegen sich haben, ist diesem in puncto Technik und Tempo aber zweifellos überlegen – ähnlich wie Arnautovic mit Alderweireld auf der anderen Flanke. Junuzovic in der Zentrale wird ein Gespür dafür brauchen, welche Seite er eher unterstützen soll, denn durch die Mitte wird nicht viel gehen. Warum Constantini vorne gegen die extrem robusten, aber technisch limitierten IV in Maierhofer einen ebensolchen Stürmer aufbieten will, ist eher ein Mysterium. Ein kleiner, schneller Stürmer, der auch bei Kontern brauchbar ist (wie Hoffer), wäre wohl die sinnvollere Variante.

Denn Belgien wird als Heimmannschaft unter Druck mit technisch starken Offensivspielern zweifellos das Spiel gestalten, was das ÖFB-Team mit schnellen Kontern ausnützen kann. Dafür stehen Arnautovic und Kavlak. Maierhofer etwas weniger.

Wenn das mal nicht nach hinten losgeht…

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Was sich sonst noch tut: In der Österreich-Gruppe stehen die Favoriten Deutschland (nach dem 3:0 in Berlin gegen die Türkei) in Kasachstan und Türkei (in Aserbaidschan) vor Pflichtsiegen, was das Spiel in Brüssel auf dem Papier zum engsten des Tages werden lässt.

Rehabilitation für das peinliche 1:3 in Armenien ist für WM-Achtelfinalist Slowakei daheim gegen Irland (zuletzt 2:3 gegen Russland) angesagt; ebenso wie für die Serben nach deren 1:3-Heimblamage gegen Estland. Problem dabei: Serbien muss nach Genua und sich dort mit Italien messen…

Die Holländer empfangen nach dem mühsamen 1:0 in Moldawien nun mit Schweden den härtesten Gruppen-Gegner; England die erstaunlichen Montenegriner. Die haben mit drei Toren in drei Spielen neun Punkte geholt! Die Schweizer kämpfen nach dem 0:1 in Podgorica daheim gegen Wales schon um die letzte Chance aufs EM-Ticket. Und Weltmeister Spanien fliegt nach Schottland.

Kleiner Ausflug noch in die Africacup-Qualifikation: Dort hat Titelverteidiger Ägypten sensationell 0:1 in Niger verloren – damit ist der Weg für den noch unbesiegten Gruppengegner Südafrika fast schon frei. Auch WM-Starter Algerien hat mit einem 1:1 gegen Tansania und einem 0:2 in der Zentralafrikanischen Republik (!) einen fürcherlichen Fehlstart hingelegt. Dafür sind überraschend Botswana und die Kapverden auf Kurs zu ihrer ersten Afrikacup-Teilnahme!

(phe)

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