Inter – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Sun, 21 Feb 2021 19:22:40 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.1 3:0 gegen Milan: Inter auf dem Weg zum Scudetto? https://ballverliebt.eu/2021/02/21/inter-hebelt-milan-mit-klugem-spiel-aus-2021/ https://ballverliebt.eu/2021/02/21/inter-hebelt-milan-mit-klugem-spiel-aus-2021/#respond Sun, 21 Feb 2021 19:22:38 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=17389 3:0 gegen Milan: Inter auf dem Weg zum Scudetto? weiterlesen ]]> Inter hat im Derby della Madonnina 3:0 gegen Milan gewonnen und damit den Vorsprung an der Spitze der Serie A auf vier Punkte auf den zweitplatzierten Lokalrivalen und fünf Verlustpunkte auf Serienmeister Juventus ausgebaut. Schlüssel zum letztlich klaren Sieg war, dass das Ungleichgewicht durch den weit aufrückenden Milan-Linksverteidiger Théo Hernández geschickt genützt wurde – und dass die Tore im richtigen Moment erzielt wurden. Kann Inter Meister werden? Ja, durchaus.

Milan – Inter 0:3 (0:1)

Den unterschiedlichen Zugang von Inter und Milan, den Weg zurück an die Spitze zu suchen, hat Jonathan Wilson hier schön erklärt – Inter wirft Geld auf den Markt und kauft fertige, ältere Spieler, währen Milan ein wenig den Leipzig-Weg geht und mit jungen Spielern (inklusive Weiterverkaufs-Wert) ein Team formen versucht.

Und das hat man im Derby, das zum ersten mal seit vielen Jahren auch ein tabellarisches Spitzenspiel war, auch gesehen.

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Kessié mit drei Jobs…

Der Vorwärtsdrang von Milan-Linksverteidiger Théo Hernández ist eines der größte Assets bei Milan. Seine hohe Positionierung erlaubt es Rebić einzurücken, was wiederum den Zehnerraum besetzt hält, wenn Çalhanoğlu sich andere Positionen sucht, um das Spiel zu gestalten. Im Optimalfall.

Wenn Hernández aufrückt, kippt Sechser Kessié nach hinten, um einen Quasi-Linksverteidiger zu geben. Weil nun aber sein Nebenmann Sandro Tonali – der seinerseits nur der Back-up für den dauer-angeschlagenen Bennacer ist – große Probleme damit hatte, sich aus dem Deckungsschatten der Inter-Zentrale zu befreien, musste Kessié quasi drei Jobs machen: Seinen eigenen im Sechserraum, den von Hernández als Absicherung am Flügel und den des unsichtbaren Tonali.

… und Inter nützt das

Diesen Umstand bohrte Inter konsequent an. Schon nach vier Minuten spielte Hakimi, weit in der eigenen Hälfte von Hernández nur halbherzig gestellt, einen Pass in den Lauf von Lukaku. Kessié stand auch sehr hoch und war aus dem Spiel, Lukaku hatte deutliche Tempo-Vorteile gegen Romagnoli und Lautaro löste sich geschickt von seinen Gegenspielern. Lukaku konnte zwar von Kjaer noch abgedrängt werden, er konnte aber noch einmal flanken und Lautaro verwertete zum 1:0.

Vor dem Tor zum 1:0 für Inter: Hernández hoch, Kessié ebenfalls hoch im Zentrum, Romagnoli zu langsam

Das Bespielen dieses Ungleichgewichtes war auch in der Folge das bestimmende Element im Angriffsspiel von Inter.

Kessié sichert hinter Hernández ab, Tonali rückt nicht mit, Barella sorgt für Überladung am Flügel – oft lässt sich auch Romagnoli aus der Position ziehen.

Eine Schlüsselrolle hatte bei dieser Strategie Nicolò Barella. Der rechte Achter bei Inter hat ein großartiges Gespür für Räume, er stieß gemeinsam mit dem nach rechts ausweichenden Lukaku und dem aufrückenden Hakimi in den von Kessié offen gelassenen und von Tonali nicht entsprechend abgedeckten Platz im Halbraum. Auch gerne gemacht: Barella läuft hinter Lukaku, um zweite Bälle aufzusammeln, sollte Lukaku gestellt werden.

Hinter der Welle

Milan rückte nach dem frühen Rückstand hoch auf und versuchte, die Spieleröffnung bei Inter anzupressen und viele Spieler rund um den Strafraum zu bekommen, damit Kontrolle auszuüben. Das Problem war nur, dass Inter sich gut aus dem Pressingdruck befreien konnte – in der Regel mit Steilpässen in die grobe Richtung von Lukaku – und hinter der Pressinglinie von Milan wahnsinnig viel Raum war, der vom langsamen Romagnoli nur unzureichend abgedeckt war.

Während Milan nur zur Halbchancen und Fernschüssen kam, hatte Inter genug Chancen, das Spiel schon vor der Halbzeit zu entscheiden.

Ganz anderes Milan nach der Pause

Ein Quell ständiger Unzufriedenheit bei Milan-Trainer Stefano Pioli war Sandro Tonali. Gefühlt waren vier von fünf Worte, die Pioli ob des leeren Stadions deutlich hörbar auf das Feld rief, „Sandro!“ Er nahm den 20-jährigen Jung-Nationalspieler aber in der Halbzeit nicht vom Platz, sondern offenkundig ins Gebet.

Nun nämlich orientierte sich Tonali spürbar mehr an seinen Nebenspielern – vor allem Saelemaekers und Çalhanoğlu – und war damit viel mehr ins Spiel eingebunden. Milan erreichte damit spürbar mehr Kontrolle im Zentrum, zusätzlich wurden die Anlaufwege mit mehr Verve durchgezogen, generell war ein ganz anderer Zug bei Milan zu merken. Zu Beginn der zweiten Hälfte musste Inter-Torhüter Handanovič dreimal in höchster Not klären, der 1:1-Ausgleich lag in der Luft.

Rund zehn Minuten war das routinierte Inter gegen die überwiegend junge Truppe von Milan am Wanken, aber ein (natürlich) über die rechte Angriffsseite gezogener Konter sorgte in der 57. Minute stattdessen für das 2:0 für Inter. Lukaku, wieder ganz an der Seitenlinie um Romagonli rauszuziehen, leitete den Ball auf den durchlaufenden Hakimi weiter, dieser ließ Tonali aussteigen, bediente Eriksen im Zehnerraum; Perišić kam von links in den Strafraum, legte für Lautaro quer und das Tor war gefallen.

Wenige Minuten später schloss Lukaku seinen Kontern gleich selbst ab, das 3:0 nach 66 Minuten, alles vorbei. Inter ließ die restlichen 25 Minuten herunterlaufen; Conte ersparte Perišić, Lautaro und Hakimi noch eine Viertelstunde und kann sich freuen, in der Tabelle nun vier Punkte vor Milan zu liegen.

Fazit: Inter sehr stabil, Milan noch nicht ganz dort

Inter hat kurz gewankt, aber in der Manier einer Spitzenmannschaft ein Match, das zu kippen drohte, mit zwei schnellen Aktionen doch für sich entschieden. Antonio Conte hat die Problemstelle von Milan deutlich sichtbar identifiziert und seinen Matchplan darauf ausgerichtet. Mit aller Routine und mit dem Selbstverständnis von 12 Siegen aus den letzten 15 Liga-Spielen wurde der Plan umgesetzt und der engste Verfolger damit (zumindest vorerst) abgeschüttelt.

Das Inter von Antonio Conte hat letztes Jahr schon Juventus zumindest bis zur Corona-Pause vor sich her getrieben. In dieser Saison machen die Nerazzurri aber tatsächlich den Eindruck, stabil genug sein zu können, um dem noch zu erwartenden Angriff von Juventus stand zu halten. Milan, lange an der Spitze, ist wohl (noch?) nicht ganz so weit. Die Truppe, die ohne Ibrahimovic ein Durchschnitt-Alter von nur knapp über 24 Jahre hat – für Italien geradezu ein Kindergarten – hat aber noch ein wenig Zeit.

Wie Jonathan Wilson in seinem Artikel schreibt: Für Inter ist es wohl eine Situation der Marke „jetzt oder nie“.

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Salzburg, Inter, der UEFA-Cup, der Lattenpendler und das Lied https://ballverliebt.eu/2020/05/14/salzburg-inter-uefa-cup-1994-finale/ https://ballverliebt.eu/2020/05/14/salzburg-inter-uefa-cup-1994-finale/#respond Thu, 14 May 2020 06:34:22 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=16950 Salzburg, Inter, der UEFA-Cup, der Lattenpendler und das Lied weiterlesen ]]> Von der rechten Stange an die linke und von dort zurück ins Feld: Marquinhos Lattenpendler im Rückspiel des UEFA-Cup-Finales von Salzburg gegen Inter Mailand 1994 ist eine der bekanntesten Szenen der österreichischen Fußball-Geschichte.

Aber wie war das damals wirklich?

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Wir waren Außenseiter, man hat über uns gelacht:
„Ihr seid doch keine Mannschaft, ihr habt’s zu nichts gebracht“

Der 3. Juni 1992, ein verregneter Abend im Wiener Praterstadion. Salzburg geht als Tabellenführer in den Showdown am letzten Spieltag, ein Remis bei der Austria würde zum ersten Meistertitel der Klubgeschichte reichen. Aber nach 20 Minuten zieht Ogris von der Strafraumgrenze ab, Salzburg-Keeper Ilsanker berechnet den tückisch aufsetzenden Ball völlig falsch – das 0:1.

Es ist ein giftiges, aufgeheiztes Spiel voller Feindseligkeiten. Peter Stöger will einen Elfer schinden, sieht Gelb wegen Schwalbe; Austria-Trainer Prohaska stürmt zu Linienrichter Hitzenhammer und brüllt ihm aus etwa 10 Zentimetern Entfernung ins Ohr: „Des gibt’s jo goa net! Heast, sog amoi!“ Nach dem Seitenwechsel verwertet Toni Pfeffer nach einer Ecke zum 2:0, Salzburg gelingt nur noch der Anschlusstreffer, der Titel ist am letzten Spieltag gegen die Austria verloren.

Ein Jahr später, der 22. Mai 1993: Salzburg hat in der Tabelle vier Punkte (also zwei Siege, Zwei-Punkte-Regel!) Vorsprung und empfängt die Austria am viertletzten Spieltag. Man ist besser, lässt sich auch vom Rückstand nicht schocken und gleicht schnell aus. Die Austria geht aber erneut in Führung, legt nach der Pause das 3:1 nach und gewinnt. Salzburg verliert eine Woche später auch bei Rapid, die Austria wird wieder Meister.

Wir gingen oft zu Boden, doch niemals waren wir K.o.

Wenn es gegen die Austria hart auf hart kommt, knickt Salzburg ein: Dieses Image hat man sich ab 1991, als Otto Barić Trainer in Lehen geworden war, mit großen Enttäuschungen aufgebaut – 1:2 und 1:3 in den entscheidenden Spielen um die Titel von 1992 und 1993, dazu zwei Niederlagen im Cup in jenen beiden Jahren.

Für die Saison 1993/94 startete man unverdrossen den nächsten Anlauf zum Premieren-Titel. Präsident Rudi Quehenberger („Westbahn-Rudi“) lotste Routinier Peter Artner (von der Admira) und den jungen Adi Hütter (von Zweitligist GAK) sowie Damir Mužek (von Sturm Graz) an die Salzach. Salzburg setzte sich im Herbst zusammen mit der Austria und der Admira vom Rest der Liga ab.

Nach der Winterpause kam die Admira nicht mehr ganz mit, es spitze sich also wieder auf ein Titelduell zwischen Austria und Salzburg zu. Vier Jurčević-Tore sorgten im März für einen 4:0-Sieg der Salzburger im Horr-Stadion.

Wir standen auf und kämpften, lernten unseren Job

Die Spielweise des Teams entsprach der Zusammenstellung des Kaders und das Zauberwort, um es mit einem heute geläufigen Terminus zu beschreiben, ist „Polyvalenz“. Es gab gefühlt sechs verschiedene Spieler, die man als Achter spielen lassen konnte – dafür nur einen wirklichen Stürmer (Jurčević, zumindest nach dem Weggang von Sabitzer im Herbst) und zwei bis drei echte Manndecker (Fürstaller, Lainer, Garger) sowie ein Duo, das praktisch nur am Flügel spielte (Winklhofer und Aigner) und einen Jungspund, der wahlweise am Flügel oder im Angriff zum Einsatz kam (Amerhauser).

Alle anderen konnten jederzeit eine sowohl offensive als auch defensive Rolle im Mittelfeld-Zentrum spielen. Vor Torhüter Otto Konrad war Routinier Heribert Weber Stamm-Libero, Feiersinger übernahm diesen Posten später sogar im Nationalteam. Pfeifenberger spielte je nach Bedarf Sturmspitze vorne oder Manndecker hinten. Hütter war von links hinten bis zur Zehn überall denkbar. Artner war die Lunge im Zentrum. Der elegante Passgeber Mužek war bis zu seiner Schulterverletzung gegen Sporting gesetzt. Der im Winter aus der peruanischen Liga geholte Brasilianer Marquinho, eigentlich ein Zehner, war sich auch nicht zu schade, den defensiven Kettenhund für gegnerische Gestalter zu geben. Und wenn alle personellen Stricke am Reißen waren, war immer noch Michael Steiner da.

Sieht man sich die Bundesliga-Tabelle zum Zeitpunkt des Final-Hinspieles an, sieht man damit aber auch sofort, wo die Stärken des Salzburger Teams waren.

Man hatte jede Menge Läufer, unermüdlich und kampfstark, die auch mit dem Ball umgehen konnten. Aber echte offensive Kreativspieler gab es kaum – dafür waren die Salzburger in einer Liga, in der es primär ums Zerstören ging, in ihrem Element: Weil man so ungewöhnlich viele ballsicherere Mittelfeldspieler hatte, kamen die Gegner oft gar nicht erst dazu, Salzburg unter Druck zu setzen.

Siebenmal spielte Salzburg in dieser Bundesliga-Saison 0:0, fünfmal gewann man 1:0, siebenmal 2:0. Nur dreimal kassierte man mehr als ein Gegentor, in 23 der 36 Partien hielt Torhüter Otto Konrad seinen Kasten sauber. Salzburg spielte elegant, aber der Erfolg basierte primär darauf, dass hinten nichts anbrannte.

Der Schnitt von nur 0,5 Gegentoren pro Spiel – also 18 in 36 Matches – ist eine vorher und seither niemals erreichte Marke.

Unsere Träume, die haben sich erfüllt

Im Herbst 1992 hatte Salzburg im UEFA-Cup noch Pech mit der Auslosung, musste gleich gegen Ajax Amsterdam ran und war chancenlos. Im Herbst 1993 nützte man es aus, gegen nicht ganz so große Gegner spielen zu dürfen: Mit vier Siegen ohne Gegentor gegen Dunajská Streda und Antwerpen (fünf Monate zuvor noch im Finale des Cups der Cupsieger) qualifizierte sich Salzburg für das Achtelfinale gegen Sporting aus Lissabon.

Dem 0:2 im Hinspiel in Lissabon folgte – trotz allem, was danach noch kommen sollte – das wohl legendärste Spiel der Klubgeschichte. Im schon winterlich kalten Salzburg überstand man die Anfangsoffensive des von Luis Figo und Krassimir Balakov orchestrierten Teams, kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit stellte Leo Lainer – der Vater von Stefan Lainer – auf 1:0. In der Folge suchte Salzburg das Tor zur Verlängerung, aber wie fast immer tat man sich schwer mit dem Kreieren großer Chancen und kurz vor Schluss musste auch noch Kurt Garger mit Gelb-Rot vom Platz.

Dann zog Adi Hütter in der Nachspielzeit einfach mal aus 25 Metern ab und traf tatsächlich zum 2:0. So ging es in die Verlängerung. Sporting war psychisch angeschlagen, eingeschüchtert vom engen, lauten Stadion in Lehen und auf dem halb gefrorenen Boden konnten die Portugiesen auch ihre Technik kaum ausspielen. Amerhauser erzielte das 3:0, Salzburg hatte das Viertelfinale erreicht.

Denn wir sind die Glücklichsten auf dieser Welt

Eintracht Frankfurt war mit feinem Offensiv-Fußball Herbstmeister in der deutschen Bundesliga geworden: Der elegante Uwe Bein, der trickreiche Jay-Jay Okocha und Maurizio Gaudino gestalteten das Spiel, Anthony Yeboah und Jan Furtok sorgten für die Tore. Die Form wurde aber nicht gehalten: Als es am 3. März ins Hinspiel gegen Salzburg ging, war die Eintracht seit acht Spielen (bei 4:16 Toren) ohne Sieg.

Trainer Klaus Toppmöller brach den sensiblen Manni Binz (indem er ihn den Libero-Posten zugunsten des jungen Mirko Dickhaut wegnahm und Binz ins Mittelfeld degradierte), war im Clinch mit dem schwierigen Maurizio Gaudino (der nach dem Hinspiel kurzfristig sogar aus dem Kader flog), Uwe Bein bastelte an seinem Abschied. Okocha blieb daheim, weil nur drei Ausländer erlaubt waren und Toppmöller neben den gesetzten Tskhadadze und Manndecker Komljenović lieber Stürmer-Flop Mihajlović mitnahm – in der Bundesliga belastete Tskhadadze wegen seines offiziellen Amateur-Status nicht das Ausländer-Kontingent, im Europacup schon. Winter-Neuzugang Doll durfte im UEFA-Cup nicht spielen, Yeboahs Sturmpartner Furtok lag wie Bein mit Grippe im Bett.

Kurz: Die Voraussetzungen für Salzburg waren gut, weil Frankfurt zwar Qualität hatte, aber sehr mit sich selbst beschäftigt war. Salzburg gewann in Wien 1:0 und Quehenbergers Entscheidung, auf den Heimvorteil im kleinen Lehener Stadion zugunsten eines mit knapp 50.000 Zusehern ausverkauften Happelstadions zu verzichten, erwies sich als richtig. Die Entscheidung, Tskhadadze in der Hitze des Gefechtes anzuspucken, war für Otto Barić dafür keine gute, er wurde für vier Spiele gesperrt. Auch die unverholen rassistischen Rufe, welche die Ballkontakte Yeboahs begleiteten, führten zu Frankfurter Unmut.

Eintracht-Legende und Vorstandsmitglied Bernd Hölzenbein ärgerte sich, weil ja eigentlich „selbst Freiburg stärker ist als Salzburg“, zwei Wochen später gewann die Eintracht das Rückspiel 1:0 und das Elferschießen musste entscheiden. Konrad parierte gegen Gaudino, Feiersinger zielte zu hoch. Torhüter Uli Stein verwertete den fünften Versuch von Frankfurt selbst. Nachdem Konrad gegen Binz gehalten hatte, ging Thomas Winklhofer zum Punkt. Konrad schickte ihn wieder weg, trat selbst an, traf. Salzburg war im Halbfinale.

Dort traf man auf Karlsruhe. Der KSC war zwar grundsätzlich in starker Form – 7:0 gegen Valencia, Siegesserie in der Bundesliga – aber hatte personelle Schwierigkeiten. Ex-Teamspieler Rolff und Stürmer „Euro-Eddy“ Edgar Schmitt waren gesperrt; dazu fehlten die Manndecker Slaven Bilić und Burkhard Reich, Spielmacher Manni Bender und Offensiv-Allrounder Eberhard Carl mit Verletzungen.

Trainer Winnie Schäfer spielte dafür auf der Medien-Klaviatur. Am Cover der „Sport-Bild“ verkündete er eine Woche vor dem Hinspiel: „Ich will Salzburgs Super-Torwart“! Dieser war beim Hinspiel in Wien, wie so oft, auch nicht zu überwinden, aber mit dem 0:0 war in Karlsruhe niemand wirklich unzufrieden. „Der KSC holt aus zum ganz großen Wurf“, schrieb Harald Kaiser im Kicker, und umso größer war die Ernüchterung, als zwei Wochen später ein 1:1 im Karlsruher Wildpark nicht die Badener, sondern die Salzburger ins Endspiel brachte.

„Mit viel Herz, aber wenig Hirn“ stemmte sich Karlsruhe nach Stadlers frühem 1:0 gegen das Ausscheiden, hieß es im deutschen Fachblatt. Lainer vertrat den gelbgesperrten Heri Weber als Libero und hätte Christian Fürstaller nicht einmal geschlafen und das Abseits aufgehoben, wäre Karlsruhe wohl nicht mal der Ausgleich gelungen.

Die gelben Karten für Feiersinger, Hütter und Jurčević schmerzten aber. Das Trio war für das Final-Hinspiel gesperrt.

Denn wir, nur wir, wir sind die Sieger

Die Euphorie um die Salzburger trieb derweil ungekannte Blüten. Herbert Prohaska, mittlerweile Teamchef, schonte beim zwischen Halbfinale und Finale angesetzten Länderspiel gegen Schottland die Europacup-Helden und er berief nur einen Salzburger ein (Hütter, der dann auch gleich ein Tor erzielte); beim Liga-Match gegen Sturm (0:0) platzte das Lehener Stadion aus allen Nähten und selbstverständlich waren auch die knapp 50.000 Karten für das Final-Hinspiel gegen Inter Mailand in kürzester Zeit vergriffen.

Es wurde sogar ein Song aufgenommen, „Wir sind die Sieger“ (dessen Versen die Zwischentitel dieses Textes entnommen sind), der nach dem Finale als Single erschien und auf Platz zwei der österreichischen Charts schoss. Weil man außer Innsbruck und Platzhirsch Austria keine natürlichen Feinde hatte, war Salzburg fast jedem irgendwie sympathisch und die breite Masse vergönnte dem Verein nach den Tiefschlägen der letzten Jahre den Erfolg.

Gleichzeitig gab es in Otto Barić eine Reizfigur, aber der Erfolg ließ Kritik an „Otto Maximale“ verstummen und die unverkennbare Balkan-Färbung in seiner Sprache auch noch nach fast drei Jahrzehnten im deutschsprachigen Raum war sein Markenzeichen. Der spröde Barić, humorloser Vorgesetzter einer Truppe voller Sunnyboys, wirkte gerade dadurch etwas aus der Zeit gefallen und wurde zur Kultfigur.

Wir, wir trösten nicht Verlierer

Und man rechnete sich auch gegen Inter Mailand Chancen aus. Die Nerazzurri hatten eine fürchterliche Saison hinter sich. Trainer Osvaldo Bagnoli war im Februar auf Platz sechs liegend entlassen worden, weil das den Ansprüchen nicht genügte; Nachfolger Giampiero Marini rettete mit zwei Siegen und zwei Remis aus zwölf Spielen gerade noch einen Punkt vor einem Abstiegsplatz (!) ins Ziel. Im UEFA-Cup kam man im Viertelfinale nach einem 3:1-Auswärtssieg in Dortmund daheim noch ins Zittern, ebenso im Halbfinale nach der Hinspiel-Niederlage in Cagliari. Der Borussia konnte man eine gewisse Klasse unterstellen, die in der Serie A gegen den Abstieg kämpfenden Sarden hatten, nun ja, kein Weltformat.

Im März kündigte Präsident Pellegrini an, dass man bei neuen Verträgen wegen finanzieller Schwierigkeiten fortan 30 Prozent weniger Gehalt anbieten muss. Torhüter Walter Zenga war bei den Fans dermaßen untendurch, dass er zuweilen Polizeischutz brauchte und seine Frau im Fernsehen eine Nachricht von ihm verlesen musste, in der er sich über undankbare Fans beklagte.

„Wir haben Probleme im psychischen, körperlichen und taktischen Bereich“, konstatierte Marini nach zwei Wochen Amtszeit, wenig später stellte er das komplette System um – und verlor 1:4 in Parma. Nach nicht einmal einem Monat hatte Präsident Pellegrini von Marinis Volten und dem freien Fall in der Tabelle genug und verpflichtete Ottavio Bianchi als neuen Coach – aber erst für die kommende Saison. Marini war als Inter-Trainer ab Ende März eine lebende Leiche.

Nun sind wir eine Mannschaft, wir haben es geschafft

Inter hatte in seiner Zusammensetzung 1993/94 zwei Probleme. Zum einen ein taktisches, da es keinen echten Stürmer gab, aber zwei Spieler, die sich als Bindeglied zwischen den Linien verstanden, mit Platz für sich und einer echten Sturmspitze vor sich: Dennis Bergkamp und Rubén Sosa. „Bergkamp gefällt es, von hinten zu kommen. Ich will aber auch nicht ganz vorne spielen“, erklärte Sosa im Kicker: „Ich brauche Raum, in dem ich mich bewegen kann. Wenn ich links hängend spiele, bin ich wertvoller.“

Das zweite Problem war ganz profan das Tempo in der Defensive. Giuseppe Bergomi war schon über 30 Jahre alt, Libero Sergio Battistini ebenso, und die schnellsten waren sie ohnehin nie. In der Startformation des Hinspiels gegen Salzburg war nur ein einziger Spieler jünger als 27 Jahre, nämlich Dennis Bergkamp (25).

Der Plan von Otto Barić war relativ simpel: Inters Zentrum abtöten, aggressives Flügelspiel nach vorne zeigen und mit Tempo in der Spitze die langsame Inter-Abwehr aushebeln. Und oh boy, hat das funktioniert. Zumindest die ersten beiden Punkte.

Die Namen im Line-up – Pfeifenberger, Marquinho und Amerhauser, dazu Stadler UND Flügelspieler Aigner – deuteten auf eine offensive Strategie an. Aber Pfeifenberger (gegen Jonk) und Marquinho (gegen Manicone) waren wie Artner (gegen Berti) defensive Manndecker im Zentrum. Im Angriff wurde aus der Personalnot eine Tugend gemacht – mit den schnellen, wendigen Amerhauser und Stadler.

Inter versuchte, nach Ballgewinnen schnell nach vorne zu kommen, aber das Zentrum bekam keine Luft und die Zuspiele nach ganz vorne waren zu ungenau. Salzburg hingegen nützte die dennoch relativ offenen Spielweise und das Aufrücken bei Inter zu überfallsartigen Angriffen.

Bianchi konnte Aigner kurz vor der Strafraumgrenze nur noch per Foul stoppen und sah Gelb (11.), Amerhauser verpasste einen Stanglpass von Winklhofer knapp vor dem Tor (13.), Paganin klärte nach einem Stadler-Solo gerade noch vor Amerhauser (14.). Einige Zeit später strich ein Kopfball von Pfeifenberger knapp über die Latte und nach einem Lochpass von Marquinho wurde Pfeifenberger gerade noch ausreichend bedrängt.

Nach einer halben Stunde war Inter noch nicht planvoll vor das Tor von Otto Konrad gekommen, aber Salzburg hätte schon deutlich führen können. Und weil das bei Inter eben abgezockte Italiener waren, nützten sie eine kleine Unachtsamkeit sofort aus: Ein schnell abgespielter Freistoß, Berti entwischte Artner, und zack, führte Inter 1:0.

Wir kämpfen immer weiter, was immer auch kommen mag

Das ganze Gefüge des Spiels änderte sich mit Inters Auswärtstor schlagartig. Die Mailänder schalteten nun nicht mehr so schnell um, vermieden vertikale Risiko-Pässe. Damit erkauften sie sich längere Ballbesitz-Phasen, sie konnten das Tempo herausnehmen und erhielten Kontrolle über das Spiel. Salzburg war geschockt und mit der letzten Aktion der ersten Hälfte hämmerte Sosa den Ball auch noch an die Latte. Ein 0:2 wäre wohl das Ende aller österreichischen Hoffnungen gewesen.

Gleich nach Wiederanpfiff entwischte Aigner ein weiteres Mal seinem Gegenspieler Bianchi, wieder folgte ein taktisches Foul, und damit musste Bianchi mit Gelb-Rot vom Platz gehen. Der personeller Vorteil war aber keineswegs ein spielerischer Vorteil für Salzburg. Denn Bergkamp orientierte sich nun eben auf die linke Abwehrseite und Inter stellte sich hinten hinein und drehte an der Uhr. Satte 40 Minuten lang.

„Wir haben in der Serie A zu oft auf Remis gespielt und dann doch knapp verloren“, hatte Sosa im Vorfeld moniert. In der zweiten Halbzeit von Wien spielte Inter nun wieder auf halten, aber mit allen taktischen Vorteilen auf seiner Seite. Ein Gegentor wäre kein Drama, ein Auswärts-1:1 in Unterzahl immer noch ein gutes Resultat. Mit dem tiefen Block, in dem Inter nun verteidigte, verpuffte Salzburgs geplantes Tempospiel in der Spitze komplett. Und das Fehlen von Kreativspielern, die eine massierte Abwehr mit tonnenweise internationaler Erfahrung knacken könnten, wurde nun überdeutlich.

Ohne eine zweite Spitze rückte Weber ins Mittelfeld auf und Lainer übernahm den Libero-Posten, aber bei aller Kontrolle im Mittelfeld kam Salzburg praktisch nie in gute Schuss-Positionen. Einmal übersah die Inter-Abwehr Stadler, der aber überhastet abschloss und verzog (60.), genau wie der für Amerhauser gekommene Mužek (71.), der dann noch einmal aus 20 Meter draufhielt (79.). Sonst war nicht viel los.

Als Marini für die Schlussviertelstunde Verteidiger Ferri für die verbliebene Spitze Sosa brachte und damit der schnellere, technisch beschlagenere Bergkamp wieder in den Angriff ging, konnte Inter sogar einige Kontersituationen aufziehen. Am Ende war Inter dem 2:0 näher als die ratlosen Salzburger dem Ausgleich, Jonk hatte in der 85. Minute das zweite Inter-Tor auf dem Fuß.

„Das Hinspiel mag verloren sein, aber das Finale ist es für Salzburg noch lange nicht“, beschwor ORF-Kommentator Robert Seeger zwar. Aber die Art und Weise, wie Salzburg nach dem Gegentor und auch in Überzahl an der Inter-Abwehr aufgelaufen war, sprach eine andere Sprache. Und als in der Liga eine Heim-Niederlage gegen Schlusslicht Sportclub und ein 1:1 in Innsbruck folgten, drohte auch der Traum vom ersten Meistertitel aus den Fingern zu gleiten. Schon wieder.

Wir kämpften heute im Endspiel und trugen den Sieg davon

Fünf Tage vor dem Rückspiel gegen Inter war Salzburg also schon im Heimspiel gegen die Austria gefordert. Diese lag nach Verlustpunkten gleichauf mit den Salzburgern (die noch einen Nachtrag gegen Steyr offen hatten) und hatte eine ähnliche Tordifferenz, allerdings mit dem klar besten Angriff der Liga – Hasenhüttl, Ogris und Co. hatten 19 Tore mehr erzielt als die Mozartstädter. Und dann das.

Austria-Coach Hickersberger stellte zu Libero Zsak noch fünf Manndecker auf, dafür nur eine Spitze und trachtete danach, zumindest nicht zu verlieren. Während aber Sekerlioglu als Manndecker ohne Gegenspieler ebenso verloren wie ideenlos herum irrte und nicht wusste, was er tun soll, rückte Feiersinger als freier Manndecker auf, Salzburg flutete das Zentrum und nützte praktisch jede Torchance.

Eine gallige, angriffige Mannschaft aus Salzburg rächte sich für alle Demütigungen, welche ihr die Austria in den vergangenen zwei Jahren zugefügt hatte und prügelte die Veilchen mit 6:0 aus dem Lehener Stadion. Das war die Vorentscheidung: Die Wiener legten eine Niederlage bei der Admira und ein 0:0 daheim gegen den Tabellen-Siebenten Sturm Graz nach und Salzburg konnte schon nach dem vorletzten Spiel über den lange ersehnten ersten Meistertitel jubeln.

Wir, die Champions der Liga

Die Meisterschaft war rechnerisch zum Zeitpunkt des Rückspiels natürlich noch nicht gewonnen, gefühlt war das 6:0 gegen die Austria aber natürlich sehr wohl die Vorentscheidung und entsprechend breit glaubte man die Brust für das Rückspiel im restlos ausverkauften San Siro. Es braucht einen Auswärtssieg, die Italiener glauben den Cup sicher schon in der Tasche und na, wir wollen mal sehen, wie es mit dem Nervenküstom bei Inter bestellt ist.

Feiersinger, Jurčević und Hütter waren nach abgesessener Sperre zurück, dafür mussten Pfeifenberger und Stadler nach ihren Verwarnungen im Hinspiel zuschauen. Feiersinger und Hütter übernahmen mit Artner die aus dem Hinspiel bekannte Deckung des zentralen Trios bei Inter, dafür rückte Marquinho auf und spielte hängende Spitze hinter Jurčević. Bei Inter kehrte Fontolan für Bianchi ins Team zurück.

Salzburg begann aber nicht mit breiter Brust, sondern eingeschüchtert. War es die Kulisse? Die Stadien in Frankfurt und Karlsruhe waren uralte Bruchbuden mit Laufbahn, bei der Eintracht noch dazu halbleer. Jetzt: Stadio Meazza, steil aufragende Tribünen, über 80.000 laute Fans. Und ein Gegner, der keineswegs gehemmt auftrat und das 1:0 verteidigen wollte, sondern im Gegenteil dem dem Ende der verkorksten Serie-A-Saison gelöst auftrat und den Vorwärtsgang einlegte. Und wie.

Bergkamp machte sich aus Fürstaller einen Spaß, dass einem der arme Kerl fast leid tun musste. Der Holländer ließ sich fallen und rückte auf, narrte seinen Manndecker mit überragender Technik, das ging Fürstaller einfach alles viel zu schnell. In der 9. Minute brachte er gleich bei zwei Klärungs-Versuchen die Kugel nicht weg, der Ball springt zu Jonk, Konrad pariert.

Schon zuvor hatte Salzburg einmal in der Vorwärtsbewegung den Ball verloren und Sosa scheiterte an Konrad (5.). In der 10. Minute, wieder ein schneller Konter über Bergkamp, Weber bedrängt ihn. Nach einer halben Stunde ein Freistoß für Salzburg, Inter kommt im eignen Strafraum an den Ball, Bergkamp und Sosa überbrücken 90 Meter in 10 Sekunden und wieder muss Otto Konrad in allerhöchster Not retten. Ein paar Minuten später: Heribert Weber passt die Kugel genau in den Lauf von Sosa, der nur um Zentimeter rechts am Tor vorbei zielte.

Wir haben es geschafft, aus eigener Kraft

Die Salzburger Spieler hatten nervös begonnen und wurden in der ersten halben Stunde immer poröser. Die Inter-Spieler rückten nach Ballgewinnen im Verbund auf und schnüren Salzburg ein. Sie gingen in jeden Zweikampf, gingen einmal nach, zweimal, dreimal, viermal. Die Österreicher hatten keine Luft zum Atmen. Nach einer Viertelstunde säbelte Winklhofer Fontolan rücksichtslos nieder, erst nach 33 Minuten musste Inter-Keeper Zenga erstmals eingreifen – nach einem 25-Meter-Schuss von Adi Hütter.

Danach fand sich Salzburg ein wenig, ging selbst ein wenig aggressiver auf den Ballführenden. Die Pässe ins Angriffsdrittel waren weiterhin ungenau, aber statt aussichtslos 0:4 im Rückstand zu liegen, hatte Salzburg immerhin ein 0:0 gehalten.

Salvatore Bagni, in den 1980ern italienischer Teamspieler und bei diesem Finale Co-Kommentator bei Italia-1, stellt fest, dass Jurčević „ein armer Hund“ ist: „Er bekommt keinen einzigen vernünftigen Ball. Und Marquinho ist komplett unsichtbar.“ Und Bagni philosophierte weiter: „Die Salzburger haben solide Einzelspieler, aber niemanden von internationaler Klasse. Barić hat gute Arbeit geleistet, dieses Team ins Finale zu führen.“

Weniger höflich ausgedrückt: Net bös sein, aber Salzburg hat in einem Endspiel eigentlich nix verloren. Schön für sie, dass sie’s überhaupt irgendwie hierher geschafft haben.

Nun waren wir hier um zu gewinnen, in diesem Stadion

Mit dem 0:0 ging es in die Pause – ein beidseitiges Ziehen zwischen Bergomi und Jurčević hatte Referee McCluskey nicht als elfmeterwürdig erachtet, eine Auseinandersetzung zwischen Fontolan und Feiersinger mit doppeltem Gelb entschärft – und Salzburg musste erkannt haben: Glück gehabt, aber so werden wir das Ding hier sicher nicht gewinnen. Da braucht’s schon etwas mehr Initiative.

Und schon schüttelte Sosa in der 48. Minute Fürstaller ab und rannte wieder alleine auf Konrad zu, aber wieder ließ der Uru die Österreicher am Leben.

Die Salzburger rückten in dieser zweiten Hälfte mehr auf und versuchten, die Initiative an sich zu reißen. Das ergab zwar Räume für Inter-Konter – Konrad musste einmal aus dem Strafraum heraus und mit dem Kopf vor Bergkamp klären – aber es zahlte sich insofern aus, da man sich nun doch etwas nachhaltiger in der gegnerischen Hälfte festsetzen konnte. Ein Weitschuss von Artner in der 51. Minute, den Zenga mit Mühe entschärfen konnte, war der Startschuss.

Denn beim folgenden Eckball vergaß die Inter-Abwehr auf Lainer, der frei zum Kopfball kam und nur knapp das Tor verfehlte. Salzburg setzte nun nach, Winklhofer drückte Orlando hinten rein und konnte Stanglpässe vor das Tor anbringen. Feiersinger ließ Berti jetzt Berti sein, schaltete sich voll ins Offensivspiel ein. Das italienische Publikum wachte wieder auf, unterstützte Inter, aber die Gäste waren nun am Drücker.

Und dann, in der 57. Minute, die Schlüsselszene.

Nach all den vergebenen Sitzern gegen eine überforderte Salzburger Mannschaft in der ersten Halbzeit hing Inter nach diesen zehn Minuten in den Seilen. „Das Spiel biegt jetzt in Richtung Salzburg ab“, konstatierte Italia-1-Kommentator Sandro Piccinini und Inter war jetzt krampfhaft um ein Stück Spielkontrolle bemüht. Statt, wie zuvor, schnell umzuschalten, wurde nach Ballgewinnen nun schnell das Tempo rausgenommen. „Inter muss jetzt den Rhythmus von Salzburg brechen“, beschwor der langjährige Inter-Spieler Bagni am TV-Mikro.

Das gelang. In der 61. Minute am Bergkamp zum Abschluss, Konrad hielt. Eine Minute später bediente Sosa den halblinks in den Strafraum eindringenden, aufgerückten Jonk, dieser schob den Ball an Lainer vorbei und hob die Kugel aus spitzem Winkel über den heraus eilenden Konrad hinweg ins Tor.

Das 1:0 für Inter. Wie im Hinspiel endete eine Salzburger Drangperiode mit einem Tor für Mailänder.

Wir müssen uns beweisen, Tag für Tag

Es blieb eine halbe Stunde für zwei Tore und um noch irgendwie einen Fuß ins Spiel zu bekommen, kam der frische Amerhauser für den fleißigen Winklhofer; Aigner ging nun auf rechts und Amerhauser kam über die linke Seite. Marini, sichtlich erleichtert, zog mit Ferri einen Innenverteidiger für den verletzten Fontolan ein.

In der 72. Minute fiel Bergomi im eigenen Strafraum bei einem Zweikampf mit Jurčević hin, von Bergomis Popsch hüpfte der Ball aus kürzester Distanz an den Arm, mit dem er sich abstützte. Salzburg reklamierte auf Elfmeter, aber McCluskey winkte sofort ab. Berti hätte wenig später nach einem schnell abgespielten Freistoß – wie in Wien – beinahe getroffen, in Minute 76 drosch Lainer noch einmal aus 20 Metern drauf. Der Schuss zischte haarscharf an drei Inter-Spielern vorbei, aber nicht an Zenga.

Damit war die Luft raus. Salzburg hatte in der letzten Viertelstunde nicht mehr die Kraftreserven, nicht mehr die Klasse und offenkundig auch nicht mehr den Glauben daran, das Spiel noch drehen zu können. Nach 92 Minuten pfiff McCluskey ab. Zenga drehte sich um und warf demonstrative Kusshände zu den Fans. Inter war UEFA-Cup-Sieger.

Nun stehen wir auf und fighten und halten das Niveau

Hatte Salzburg die Chance, das Finale zu gewinnen? Ja, natürlich – in der ersten halben Stunde im Hinspiel hatte man Inter am Haken und wenn Marquinhos Lattenpendler im Rückspiel beim Stand von 0:0 einen Zentimeter weiter rechts an den Pfosten aufschlägt, steht es pari und Inter hatte da schon deutliche Anzeichen von Panik offenbart.

War der Sieg von Inter dennoch verdient? Selbstverständlich – nach dem Tor im Hinspiel hatte man die Partie eine Stunde lang, selbst in Unterzahl, bombensicher im Griff. Im Rückspiel zog man Salzburg eine Halbzeit lang am Nasenring durch das San Siro. Der Schlüssel zu beiden Siegen war der Zeitpunkt der Tore: Beide Male stach Inter damit wie mit einer Nadel in den Ballon einer Salzburger Drangphase und ließ diese zerplatzen.

Trotz der beispiellosen Krise, die Inter in den drei Monaten vor dem Finale in der Serie A hingelegt hat: Die Mailänder hatten die besseren Einzelspieler und die klar größere Routine. Wenn Inter den Titel in der zweiten Halbzeit im Rückspiel tatsächlich noch vergeigt hätte, wäre das ausschließlich ihre eigene Schuld gewesen.

Die Überlieferung, die aus Marquinhos Billard-Schuss gesponnen wurde – einer überlegenen Salzburg-Elf wurde der UEFA-Cup-Sieg nur von dem Pech verwehrt, dass sich alle Fußballgötter gegen sie verschworen hatten – ist eine schöne, wenn auch typisch österreichische. „When legend becomes fact, print the legend“, hieß es schon in „The Man Who Shot Liberty Valance“. Auch bei Salzburg-Inter 1994 gilt: Die Wahrheit ist deutlich weniger poetisch als die Geschichte, die in Erinnerung blieb. Leider.

Immerhin: Mit dem im Europacup verdienten Geld sanierte Rudi Quehenberger den Klub und als Meister hatte man die Chance, in der von acht auf 16 Teilnehmer erweiterten Gruppenphase der Champions League weiter zu verdienen. Weber hörte auf, Marquinho ging zurück nach Peru, Mužek und Garger wechselten innerhalb der Liga. Dafür kamen Ralph Hasenhüttl von der Austria, Mladen Mladenović als Marquinho-Ersatz aus Rijeka und Martin Hiden als Manndecker von Sturm Graz, dazu Kocijan von Vorwärts.

Mit mehr Glück, als die Ergebnisse von 2:1 und 3:1 aussagen, mühte sich Salzburg in der Quali über Maccabi Haifa hinweg, in der Gruppenphase blieb man gegen Ajax Amsterdam ungeschlagen, besiegte AEK Athen und nach dem Wasserflaschen-Wurf von Mailand lebte bis zum letzten Match gegen den AC Milan sogar die Chance auf das Viertelfinale.

Wir, wir werden immer zueinander stehen

Wie alle großen Geschichten hatte auch jene von Salzburg ein Ende. 1995 wurde der Bundesliga-Titel mit 47 Punkten (62 mit Drei-Punkte-Regel) verteidigt, so wenig reichte seither nie wieder. Die innere Hygiene im Team hatte sich aber verändert. „Wir sind keine Mannschaft mehr, einige Spieler sind überheblich geworden“, schlug Barić im Spätsommer 1995 Alarm, als man in der Champions-League-Quali mit zwei erstaunlich harmlosen Darbietungen an Steaua Bukarest scheiterte.

Nach dem folgenden 0:3 gegen die Austria stand sogar eine gezielte Arbeitsverweigerung im Raum, weil sich Führungsspieler mit Barić überworfen hatten. Der neuer Trainer Hermann Stessl konnte die internen Bruchstellen nicht kitten und riss bis zum Winter einen Neun-Punkte-Rückstand auf Herbstmeister Rapid auf, nach einem besonders peinlichen 0:3 zum Rückrunden-Start daheim gegen Ried wurde Stessl gefeuert und Salzburg-Legende Heribert Weber vom ÖFB, wo er U-21-Teamchef war, verpflichtet.

Acht Niederlagen in 17 Spielen später schloss Salzburg als Titelverteidiger die Saison 1995/96 als Achter ab, man kassierte mehr als doppelt so viele Gegentore wie in der Vorsaison und was vom Erfolgs-Team übrig war, wurde in die Luft gesprengt. Von wenigen Ausnahmen abgesehen.

Die Abgänge von Pfeifenberger (Bremen) und Feiersinger (Dortmund) brachten noch ein bisschen Kleingeld, Hiden ging zurück zu Sturm, Artner nach Spanien zu Alicante, Stadler hörte auf und der zwischenzeitlich zurückgekehrte Marquinho war nach einem enttäuschenden Halbjahr auch wieder weg. Dazu verlor man Ralph Hasenhüttl nach Belgien.

Der fast komplett neu formierte Kader – mit Leuten wie Roman Szewczyk und Heiko Laessig, mit Edi Glieder und László Klausz, mit Walter Kogler und Routinier Walter Hörmann – wurde eine Einheit wie zu besten Tagen und düpierte den besser besetzten, aber in internem Zoff verstrickten SK Rapid im Titelrennen 1997.

Mit Hütter, Winklhofer, Aigner und Amerhauser sowie Konrad (der während der Saison nach Spanien wechselte) waren nur noch eine Handvoll Spieler übrig – drei Jahre nach dem größten Erfolg der Vereinsgeschichte.

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Lazio neutralisiert Inter-Flügel und gewinnt 2:1 https://ballverliebt.eu/2020/02/17/lazio-inter-serie-a-milikovic-savic/ https://ballverliebt.eu/2020/02/17/lazio-inter-serie-a-milikovic-savic/#respond Mon, 17 Feb 2020 06:27:13 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=16682 Lazio neutralisiert Inter-Flügel und gewinnt 2:1 weiterlesen ]]> Im Verfolgerduell der Serie A setzte sich Lazio mit 2:1 gegen Inter durch. Nach einer intensiven und ausgeglichenen ersten Halbzeit waren es schlaue Adaptionen, die das Spiel in Richtung Lazio kippen ließen: So kam das dominante Mittelfeld-Zentrum mit Sergej Milinkovic-Savic noch besser zur Geltung und die starken Inter-Flügel wurden neutralisiert.

Lazio – Inter 2:1 (0:1)

Sowohl Simone Inzaghi als auch Antonio Conte vertrauen standardmäßig einem 3-5-2, und auch innerhalb dieses Systems war die Aufgabenverteilung recht ähnlich. So ließ sich bei beiden Teams ein Stürmer etwas fallen (Ciro Immobile bzw. Lautaro Martinez), um den jeweils gegnerischen Sechser (Lucas Leiva bzw. Marcelo Brozovic) in Manndeckung zu nehmen.

Der Kampf im Zentrum

Die beiden Achter von Lazio (Milikovic-Savic und Luis Alberto) orientierten sich gegen den Ball höher, zwangen Inter somit eher auf die Flügel. Es bedeutete auch, dass die beiden nach Ballgewinnen rund um die Mittellinie schneller involviert waren. Das Lazio-Duo agierte konstruktiver, stellte sich besser zum Ball und sicherte Lazio somit einen klaren Vorteil im Zentrum.

Bei Inter wurde dieser Nachteil vom großen Aktionsradius von Brozovic einigermaßen ausgeglichen. Der Kroate rückte oft weit auf, entzog sich so der Manndeckung und sorgte zeitweise über Überzahlsituationen im gegnerischen Sechserraum. Im Kampf darum, sich im Zentrum Platz zu verschaffen, hielt Brozovic Inter damit aber nur am Leben. Ein nachhaltiger Vorteil ergab sich daraus nicht.

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Der Kampf um die Flügel

Anders sah die Lage auf den Außenbahnen aus. Vor Wochenfrist hatte Inter gegen Milan eine Halbzeit lang damit zu kämpfen, dass man auf den Flügeln eine systembedingte 1-gegen-2-Unterzahl hatte. Gegen Lazio herrschte Gleichstand und damit kam Inters Stärke auf den Flügeln eine Halbzeit lang voll zur Geltung

Lazio lenkte das Aufbauspiel Inters auf die Flügel, das war Inter aber ganz Recht. Candreva und Young spielten ihre Qualitätsvorteile gegen Marusic und Jony voll aus: Sie drängten ihre Gegenspieler weit nach hinten, negierten deen Offensivdrang und die Hereingaben beschäftigten die Lazio-Defensive.

So ergab sich in der ersten Hälfte ein feines Gleichgewicht: Lazio gehörte eher das Zentrum, Inter kontrollierte die Außenbahnen. Kurz vor der Pause ging Inter 1:0 in Führung: Young mit einem Wechselpass auf Candreva, dessen Schuss wird abgeblockt, Young verwertet den Abstauber. Die Flügelspieler waren’s.

Lazio adaptiert und bekommt Oberhand

Für die zweite Halbzeit adaptierte Lazio den Plan ein wenig. Die äußeren Verteidiger der Dreierkette, die nun etwas höher stehenden Wing-Backs und der jeweilige Achter isolierten die Inter-Wingbacks, sobald diese am Ball waren bzw. wurde von der Nachschub von der Dreierkette nach außen unterbunden. Godin tauschte relativ bald mit Skriniar die Seite, aber auch das half nicht.

Der Effekt davon war, dass die Römer – die auch recht flott per Elfmeter zum Ausgleich gekommen waren – das Spiel vom Flügel weg hielten und mit den eigenen Vorteilen im Zentrum das Match zunehmend in den Griff bekamen. Vor allem Sergej Milikovic-Savic spielte nun seine Klasse am Ball und seine Spielübersicht voll aus. Vecino und Barella, die schon vor der Pause kaum einen Fuß in die Tür bekommen hatten, waren nun endgültig nur noch Passagiere.

Zudem brachte Inzaghi nach einer Stunde einen frischen, schnellen Stürmer (Correa) für den bulligen Caicedo, der kaum zur Geltung gekommen war, sowie einen neuen Flügelspieler (Lazzari) für Jony. Wenig später ging Lazio 2:1 in Führung, nach einer Ecke traf Milikovic-Savic aus dem Hinterhalt.

Auch Inter wechselt

Conte brachte in der Folge Victor Moses statt Candreva für mehr Frische auf dem rechten Flügel sowie Christian Eriksen für Brozovic; Barella übernahm dafür die Position auf der Sechs. Contes Überlegung, damit im Kampf um das Zentrum Oberhand zu gewinnen, ging aber kaum auf. Eriksen war zwar gut involviert, brachte auch einige gute Pässe an und er leitete auch ein Tor ein, das aber wegen einer klaren Abseitsstellung von Lautaro nicht zählte.

Aber ohne die defensive Umsicht von Brozovic fehlte die Kompaktheit, um die Kreise von Milikovic-Savic einzuengen und auch Luis Alberto genoss den größeren Raum. Sein Pass auf Immobile zwischen zwei Inter-Verteidigern hindurch hätte kurz vor Schluss beinahe die endgültige Entscheidung gebracht. In der Nachspielzeit konnte Inter eine Unkonzentriertheit in der Lazio-Abwehr auch nicht nützen – so blieb es beim Lazio-Sieg.

Fazit: Stärken betont und gewonnen

Lazio hat sich mit dem 19. ungeschlagenen Liga-Spiel in Folge an Inter vorbei geschoben und ist mit einem Punkt Rückstand auf Juventus nun erster Verfolger des Abo-Meisters.

Die Adaptionen von Inzaghi ließen ein zuvor umkämpftes und fein balanciertes Spiel in die Richtung seines Teams kippen. Er schaffte es, für die zweite Hälfte die Stärken seines Teams – das starke Mittelfeld-Zentrum – optimal ins Spiel zu bringen und gleichzeitig die Pluspunkte des Gegners zu neutralisieren.

Womöglich ist dieses Zentrum mit einem gereiften Sergej Milinkovic-Savic und mit Luis Alberto sogar das beste Achter-Paar der Serie A. Damit ist es durchaus möglich, die Sensation zu schaffen und Juventus nicht nur zu ärgen, sondern (wie schon im Dezember) zu besiegen.

Inter ist noch nicht aus dem Rennen. Aber ein Statement in Richtung Turin war dieses Spiel sicherlich eher von Lazio als von den Nerazzurri.

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Die Roma marschiert weiter und verpasst Inter einen Dämpfer – 3:0! https://ballverliebt.eu/2013/10/07/roma-marschiert-weiter-und-verpasst-inter-einen-dampfer-30/ https://ballverliebt.eu/2013/10/07/roma-marschiert-weiter-und-verpasst-inter-einen-dampfer-30/#comments Mon, 07 Oct 2013 08:10:46 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=9585 Die Roma marschiert weiter und verpasst Inter einen Dämpfer – 3:0! weiterlesen ]]> Die Enttäuschungen der letzten Saison sind die Überraschungen in dieser: Die Roma und Inter starteten stark in die neue Saison. Im direkten Duell zeigte sich aber deutlich, dass die Roma und Neo-Coach Rudi Garcia schon weiter sind: Sichere Defensive, starkes Mittelfeld, schnelles Umschalten. Da kam die Arbeiter-Truppe von Walter Mazzarri nicht ganz mit.

Inter - Roma 0:3 (0:3)
Inter – Roma 0:3 (0:3)

Letzte Saison den Europacup verpasst, dieses Jahr aber wieder voll da: Das gilt sowohl für die Roma als auch für Inter. Beide stellten sich im Sommer neu auf, besetzten ihre Trainer um und starteten gut. Inter mit vier Siegen und zwei Remis aus den ersten sechs Partien, die Roma gar mit sechs Erfolgen.

Romas Mischung aus 4-3-3 und 4-2-3-1

Mit Lille war Rudi Garcia schon französischer Meister, im Sommer übernahm er die Roma. Nach den gescheiterten Versuchen mit Luis Enrique und Zdenek Zeman, mit Spielkultur und Offensive zum Erfolg zu kommen, brachte Garcia nun die nötige Balance ins Spiel.

Der Clou dabei ist die Flexibilität im Mittelfeld. Der Franzose lässt eine Mischung aus 4-3-3 und 4-2-3-1 spielen, in dem Miralem Pjanic zwischen halbrechtem Halbfeld und Zehner-Position pendelt. Dabei ist er aber nicht so sehr für die Gestaltung zuständig, sondern dafür, den gegnerischen Sechser kaltzustellen – in diesem Fall Estebán Cambiasso. Dafür ist Pjanic prädestiniert, schließlich ist er auf dem Feld ein extrem unguter Gegenspieler, gegen den man gute Nerven braucht.

Wenn Pjanic aufrückte, verlagerte sich De Rossi etwas nach halbrechts, sodass die defensive Stabilität gewahrt blieb. Nur selten kam die Roma ins Schwitzen: Die Laufwege in der Abwehr sind so gestaltet und werden so ausgeführt, dass der Ballführende immer eine Anspielstation hat. Im Wissen um diesen Umstand kommt praktisch nie Panik auf – das macht die Roma auch gegen Pressing einigermaßen resistent.

Nur ein Gegentor in sieben Spielen zeugen davon – und auch von der guten Form der Innenverteidiger Mehdi Benatia (neu von Udinese) und Leandro Castan.

Flügel- und Umschaltspiel

Francesco Totti ist so etwas wie der Urvater der modernen falschen Neun – diese Fähigkeit macht sich auch Garcia zu Nutze. Totti ist Spielgestalter und Vollstrecker in einem. Flankiert wird er dabei von zwei höchst unterschiedlichen Flügelspielern: Gervinho und Florenzi. Während Gervinho, wie man das von Arsenal kennt, immer wieder noch einen Haken einbaut, noch einen Schlenker und nur im Notfall auch wirklich schießt, kennt Alessandro Florenzi nur einen Weg – den direkten in Richtung Tor. Da die beiden aber permanent ihre Seiten tauschen, fällt es den Gegenspielern oft recht schwer, sich von einer Situation auf die nächste darauf einzustellen.

Ein weiteres Merkmal der Mannschaft von Rudi Garcia ist das sehr flinke Umschalten. Die Roma presst zwar nicht übertrieben konsequent, aber vor allem gegen einen hoch stehenden Gegner (wie etwa Inter) ist das ein probates Mittel. Vor allem der Holländer Strootman hat ein blendendes Auge dafür, wo beim Gegner nach dessen Ballverlust gerade die größte Unordnung herrscht. So wurde es für Inter bei jeder eigener Ecke brandgefährlich, weil die Roma so schnell umschalten konnte – wie etwa beim Tor zum 3:0.

Mazzarri und seine Dreierkette

Inter war seit dem Triple und dem folgenden Abgang von José Mourinho 2010 im konstanten Tiefflug: unübersichtlich viele Trainer, völlig unterschiedliche Philosophien, eine gnadenlos überalterte Mannschaft. Mit Walter Mazzarri, der Napoli zu einer Top-Truppe geformt hatte (wobei Rafa Benítez jetzt die Früchte ernten kann), soll Stabilität einkehren. Er kehrte zu jener Dreierkette zurück, mit der vor einem Jahr Gianpiero Gasperini grandios gescheitert war – aber auch, weil der gerade zur Genoa Zurückgekehrte nicht das Personal dafür hatte.

Mazzarri, der auch bei Napoli konsequent mit Dreierkette spielen ließ, stellt Inter aber mit einem Offensiv-Akteur weniger auf als zuletzt Napoli – bei den Nerazzurri ist das ein 3-5-1-1. Vor der Dreierkette agiert Cambiasso als Sechser, flankiert von zwei Achtern, die mit gezielten vertikalen Läufen für Unruhe beim Gegner sorgen sollen. Auf den Flanken spielen klassische Wing-Backs (Nagatomo und Álvaro Pereira, in diesem Fall) und vor der hängenden Spitze Ricky Alvarez ist Rodrigo Palacio platziert.

Möglichst Überzahl im Zentrum

Ricky Alvarez hat in seinen ersten zwei Jahren bei Inter den Anschein gemacht, als wüsste er überhaupt nicht, was er tut – viele fragten sich schon lange, wo seine Vorschusslorbeeren herkamen, mit denen er 2011 von Velez Sarsfield gekommen war. Nun aber unter Mazzarri ist der Argentinier der Hub in der Offensive: Er lässt sich zurückfallen, weicht auf die Flügel aus, geht in die Spitze, kurz, er ist überall, wo es gefährlich wird.

Nicht nur mit dem Zurückrücken von Alvarez (oder wahlweise Palacio) will Inter zudem Überzahl im Zentrum herstellen, sondern auch mit dem Aufrücken eines Spielers aus der Abwehrkette. Immer wieder ging einer der drei da hinten mit, um so in der Theorie eine 5-gegen-3-Überzahl herzustellen – und um es irgendwie zu schaffen, den als falscher Neun sehr tief herumturnenden Totti unter Kontrolle zu halten. In diesem Spiel ging der Schuss aber kräftig nach hinten los: Die Roma verstand es exzellent, in das sich bietende Loch zu stoßen (sei es zwischen die Innenverteidiger oder zwischen IV und Wings-Backs), sodass Inter das nach dem Doppelschlag zum 0:2 und 0:3 einstellte.

Spielverlauf

Bis zu Tottis 20-Meter-Schuss zum 1:0 nach einer Viertelstunde konnte sich kein Team signifikante Vorteile erarbeiten, und Inter war noch längst nicht aus dem Spiel, als Pereira (der ziemlich schwach war und in der Pause auch raus musste) an der Strafraumgrenze Gervinho legte und Totti den Elfmeter zum 2:0 verwertete. Unmittelbar danach lief Inter nach eigener Ecke in einen Konter – Totti hatte Pjanic bedient – und Florenzi schloss diesen zum 3:0 ab.

2. Halbzeit
2. Halbzeit

Mazzarri nahm für die zweite Hälfte Pereira raus und brachte mit Mauro Icardi einen neuen Stürmer, Ricky Alvarez ging dafür auf die linke Seite und Juan Jesus musste mehr auf die defensive Absicherung dieser Seite achten. Inter hatte mehr vom Ball, aber die Roma das Geschehen im Griff. Torosidis, der vor der Pause machen konnte was er wollte, kam gegen Alvarez nun zwar nicht mehr so zur Geltung, aber das störte Garcia kaum.

Mehr schon, dass der gelb-vorbelastete Pjanic am Rande des Ausschlusses wandelte, weshalb er rollengetreu Taddei für ihn brachte.

Mazzarri stellte erst mit der Einwechslung von Diego Milito (statt Guarin) wirklich um: Nun hatte er Milito hängend hinter Icardi, dazu Alvarez links und Palacio rechts. Es half nichts – im Gegenteil: Gervinho hätte aus einem weiteren blitzsauberen Konter beinahe das 4:0 gemacht. Nach Balzarettis Ampelkarte zehn Minuten vor Schluss musste Totti für einen neuen Verteidiger (Dodó) weichen. Es machte keinen Unterschied mehr.

Fazit: Aufwärtstrend der Teams, nicht aber der Liga

Die Roma steht nach diesem Sieg bei sieben Siegen aus sieben Spielen – Rekord. Die Balance zwischen Defensive und Offensive stimmt, die Abwehr steht sehr sicher, das Flügelspiel ist variabel, das Mittelfeld-Zentrum lauf- und zweikampfstark und dazu sehr umsichtig, und Totti ist eben immer noch Totti. Das ist in Summe ein gut aufeinander abgestimmtes Team – erstaunlich, nachdem im Sommer mit Lamela, Osvaldo und Marquinhos drei absolute Stützen gingen und mit Rudi Garcia ein neuer Trainer kam.

Auch Inter ist, dem 0:3 zum Trotz, nach drei schlimmen Jahren eindeutig auf dem Weg der Besserung. Unverkennbar ist aber, dass dies kein besonders glitzerndes Team ist, sondern eher eines mit harten Arbeitern. Dass oft einer aus er Dreierkette aufrückt, ist eine interessante Variante, auch wenn sie in diesem Spiel nicht funktioniert hat. Allerdings fehlen Inter ein wenig die Häuptlinge: Cambiasso wird erstens nicht jünger und war zweitens ziemlich kaltgestellt. Sonst sorgte gegen die Roma nur Ricky Alvarez für potenziell seine Mannschaft Mitreißendes.

Allerdings muss auch eines klar gesagt werden: Das war zwar ein Spitzenspiel in der Serie A, aber von europäischer Spitzenklasse ist das schon noch ein schönes Stück entfernt. Die italienische Liga ist in einem Tief und auch in dieser Partie reden wir von einem Niveau, das vielleicht für das Champions-League-Achtelfinale reicht – bestenfalls. (phe)

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Inter liefert sportlichen Offenbarungseid – mit 0:3 bei Tottenham noch gut bedient https://ballverliebt.eu/2013/03/07/inter-liefert-offenbarungseid-mit-03-bei-tottenham-noch-gut-bedient/ https://ballverliebt.eu/2013/03/07/inter-liefert-offenbarungseid-mit-03-bei-tottenham-noch-gut-bedient/#comments Thu, 07 Mar 2013 22:49:24 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=8434 Inter liefert sportlichen Offenbarungseid – mit 0:3 bei Tottenham noch gut bedient weiterlesen ]]> Inter kommt bei Tottenham mit 0:3 unter die Räder und muss froh sein, dass die sportliche Verprügelung nicht noch viel schlimmer ausgefallen ist. Unglaubliche Stellungsfehler, keinerlei körperliches Dagegenhalten, heillose Überforderung mit dem Tempo des Gegners, null Präsenz im Mittelfeld. Was in diesem Spiel passiert ist, ist nichts weniger als der sportliche Offenbarungseid eines Klubs, der von zweieinhalb Jahren noch Champions League, Meisterschaft und Pokal gewonnen hat.

Tottenham Hotspur - Inter Mailand 3:0 (2:0)
Tottenham Hotspur – Inter Mailand 3:0 (2:0)

Dass sich Inter von Beginn an darauf verlegte, Tottenham den Ball zu überlassen, mag nicht besonders überraschend sein. Erstaunlich war aber schon, mit war für einer lethargischen Passivität das geschah. Und wie überfordert die Nerazzurri waren, obwohl die Spurs zu Beginn vielleicht irgendwo zwischen drittem und viertem Gang unterwegs waren.

Inters Zentrum extrem passiv

Das Mittelfeld im 4-2-3-1 von Stramaccioni hielt Sicherheitsabstand zu den Gegenspielern und übte nicht den geringsten Druck auf die Spielgestaltung der Spurs aus. Kovacic, Neuzugang von Dinamo Zagreb, musste als Zehner spielen, fühlt sich aber als Achter deutlich wohler, zudem kennt er die Intensität der Spurs kaum. Estebán Cambiasso und vor allem Walter Gargano erwiesen sich hinter dem Jungspund als völlig Fehlbesetzungen, was das Kontrollieren von Bale anging. Vor allem aber ließen sie sich fast jedes Mal übertölpeln, wenn Parker und/oder Dembélé auf Seiten der Spurs anzogen und einen schnellen Ball Richtung Bale oder Defoe spielten.

Pressing gab es so gut wie gar nicht: Kovacic bewegte sich hie und da mal zaghaft auf Gegenspieler zu, bremste aber schon Meter vorher wieder ab. Das kostete den Spurs nicht mal ein Wimpernzucken. Sie konnten ungehindert  den Ball kontrollieren und mit einem plötzlichen Vertikal-Pass mit größter Leichtigkeit Löcher in die Zentrale von Inter reißen.

Juan Jesus heillos überfordert

Weil sich Stamm-Linksverteidiger Yuto Nagatomo zuletzt im Derby gegen Milan eine vermutlich saisonbeendende Verletzung zugezogen hat und Walter Samuel noch nicht fit war, musste Strama improsivieren. Heißt: Juan Jesus musste auf die Position des Linksverteidigers. Der U-20-Weltmeister von 2011  war allerdings heillos überfordert. Die schnellen Läufe von Lennon waren für den Brasilianer nie vorhersehbar, er kam kaum in die Zweikämpfe. Vor allem aber ließ er jede Übersicht vermissen, wenn er sich ein ums andere Mal brutal aus der Position ziehen ließ – wie vor dem 0:2.

Was allerdings nicht alleine die Schuld des zur Halbzeit logischerweise ausgewechselten Juan Jesus war, sondern auch in den Verantwortungsbereich seiner Nebenleute liegt. Álvaro Pereira nahm es trotz der offensichtlichen Hilflosigkeit seines Hintermanns mit dem Abdecken des von Juan Jesus freiwerdenden Raumes nicht so genau, Cambiasso interessierte sich nur für das Zentrum, und Chivu machte auch keine Anstalten, dem Brasilianer zur Seite zu stehen.

Auch die rechte Abwehrseite hielt nicht

Auf der rechten Seite gab es zwar Routine ohne Ende, aber Javier Zanetti hatte mit Spurs-Linksaußen Gylfi Sigurðsson alle Hände voll zu tun und wurde dem Isländer doch nicht Herr. Was natürlich auch hieß, dass er nach vorne nichts anbieten konnte. Sehr zum Leidwesen von Ricky Alvarez. Der junge Argentinier war mit einigem Getöse im Sommer von Velez Sarsfield gekommen, und seither wundern sich alle, wozu das ganze Tamtam eigentlich gut war – denn Alvarez ist alles andere als die erhoffte Verstärkung.

Ihm fehlt es an Robustheit und Physis, ihm fehlt es massiv am Spielwitz, ihm fehlt es an der Abstimmung mit seinen Mitspielern und ihm fehlt es auch an der Defensiv-Arbeit. Und das wahrlich erschreckende daran: Er und Zanetti hatten es mit Siguðsson zu tun, einem sehr interessanten und sehr spielintelligenten Akteur – aber nicht mit der ungeheuren Wucht und dem Tempo, das ein Gareth Bale mitbringt. Dieser war in der Offensiv-Zentrale aufgestellt und unterstützte dort den oft etwas eigensinnigen Defoe.

Stramas Umstellungen

Inter konnte nach einer katastrophalen ersten Hälfte von Glück reden, nicht noch viel höher als 0:2 im Rückstand zu liegen. Stramaccioni nahm zur Pause eben Juan Jesus vom Feld und brachte Rodrigo Palacio; dafür ging Pereira nach hinten und der neue Mann gab ein Mittelding aus Linksaußen und zweitem Stürmer neben Cassano. Damit war Pereira zur Defensiv-Arbeit gezwungen und diese Aufgabe erfüllte er auch einigermaßen.

Wenig später musste auch Kovacic weichen, für ihn kam Guarín und damit mehr endlich die lange vermisste physische Präsenz ins davor de facto nicht vorhandene Inter-Mittelfeld. Nach etwas mehr als einer Stunde nahm Strama dann auch den inferioren Alvarez raus und zog Zanetti nach vorne, mit Jonathan kam ein kraftvoller neuer Linksverteidiger. Damit hatte Inter nun die Außenbahnen halbwegs im Griff.

Ob das alles genug gewesen wäre, hätte nicht Tottenham nach dem 3:0 kurz nach Beginn der zweiten Hälfte die Intensität zurückgeschraubt und Defoe einige gute Chancen verstolpert, ist letztlich müßig. Inter spielte mit einem etwas schiefen 4-1-3-2 fertig und kam mit dem 0:3 noch recht billig davon.

Fazit: Inter braucht kompletten Re-Boot

Tottenham war glänzend. Kraftvoll, mit Vorwärtsdrang, mit Intensität und mit der nötigen Cleverness, die Schwachstellen von Inter zu erkennen und anzubohren. Nur: Dass die Spurs unter André Villas-Boas eine richtig gute Truppe sind, ist weithin bekannt.

Darum sagt dieses Spiel auch viel mehr über Inter als über Tottenham. Natürlich ist die Europa League für Inter nicht so wichtig wie die Serie A, in der die Mailänder immer noch um die Champions-League-Plätze kämpfen (was an sich schon nicht für die Serie A spricht). Aber sich so bereitwillig schlachten zu lassen, ein so williges Opferlamm zu geben, ist nicht nur damit zu erklären, dass man das Spiel nicht mit dem allerletzten Ernst bestritten hat.

Nein: Inter hat ganz massive Probleme. Der Kader ist überaltert und für den internaionalen Vergleich – vor allem in jenem mit der Premier League oder auch der deutschen Bundesliga – viel zu langsam. Die Zeit von Leuten wie Chivu, Cambiasso, Stankovic, Gargano und auch Zanetti ist vorbei. Es gibt keine Präsenz im Mittelfeld, kein Tempo, kein Pressing. Vor dieser Saison und auch im Winter hat man bei Inter versucht, mit punktuellen Veränderungen das seit dem Triple 2010 völlig entgleiste Team zurück auf Schiene zu bringen.

Die sportliche Verpügelung der White Hart Lane sagt: Nicht mal annähernd gelungen. Da braucht’s einen kompletten Re-Boot.

(phe)

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Die Eurofighter zerlegen Inter https://ballverliebt.eu/2011/04/05/die-eurofighter-zerlegen-inter/ https://ballverliebt.eu/2011/04/05/die-eurofighter-zerlegen-inter/#comments Tue, 05 Apr 2011 21:41:59 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=4487 Die Eurofighter zerlegen Inter weiterlesen ]]> Wenn bei Schalke von „Mailand“ die Rede war, meinte ein jeder den Uefa-Cup-Sieg 1997. Doch was sich in diesem Champions-League-Viertelfinale abspielte, war wohl noch sensationeller: Denn Schalke steht nach einem grandiosen Spiel mit einem 5:2-Auswärtssieg so gut wie sicher im Semifinale!

Inter Mailand - FC Schalke 04 2:5

Als Schalke 1997 bis ins Finale des Uefa-Cups vorstießen, wurden sie die „Eurofighter“ genannt – ein absoluter Underdog, der die Großen Europas auf’s Horn nimmt. Dieser Lauf gipfelte im dramatischen Elfmeter-Sieg im Finale – gegen Inter Mailand… Die Chance zur Revanche nützte Inter diesmal aber ganz und gar nicht.

Der neuer Schalke-Trainer Ralf Rangnick stellte ordentlich um – auch gezwungenermaßen. Ohne die verletzten Metzelder, Kluge und Huntelaar musste Joel Matip zurück in die Innenverteidigung, Kyriakos Papadopoulos auf die Sechs und Edú ins Sturmzentrum. Zudem überraschte Rangnick mit der Maßnahme, Jurado ins Zentrum zu stellen und zauberte mit Alexander Baumjohann einen Spieler aus dem Hut, der unter Magath keinerlei Rolle mehr gespielt hatte.

Und auch, wenn das Freak-Tor von Dejan Stankovic auf 50 Metern in der ersten Minute Inter quasi mit einem 1:0 beginnen ließ, war Schalke das besser eingestellte Team. Auch, weil Rangnick gegenüber Leonardos Raute im Mittelfeld die bessere Raumaufteilung hatte: Cambiasso kümmerte sich nur halbherzig um seine Seite und so konnten die bärenstarken Uchida und Farfán auf ihrer Seite nach Lust und Laune randalieren. Zanetti, auf seine alten Tage auch nicht mehr der allerschnellste, war heillos überfordert.

Außerdem zahlte sich die Maßnahme aus, Jurado etwas zentraler und von weiter hinten kommen zu lassen. Baumjohann neben ihm beschäftigte Maicon und drückte den offensivstarken Inter-Außenverteidiger ziemlich nach hinten, womit auch die rechte Inter-Seite tot war. Jurado selbst schloss sich immer wieder mit dem sehr tief stehenden Raúl – oft agierte er kaum höher als Jurado – kurz und vorne beschäftigte der wuchtige Edú die Innenverteidigung von Inter (Ranocchia und Chivu, Lúcio war gesperrt). Der Ausgleich, auch wenn er aus einer Standardsituation fiel, war aufgrunde der Spielanteile, wo Schalke klares Übergewicht hatte, hochverdient.

Inter Mailand - FC Schalke 04 (ab ca. 20. Minute)

Sneijder zurück auf links, Leonardo kopiert Rangnick

Leonardo erkannte, dass es so nicht weitergehen konnte, und stellte Wesley Sneijder von der Zehn wieder auf jene linke Seite, die der Holländer schon im Achtelfinal-Rückspiel gegen die Bayern eingenommen hatte. Somit war Uchida wieder mit Defensive beschäftigt und Farfán fehlte so ein wenig der Nachschub – und Inter war zurück im Spiel. Es war nun ein recht klassisches 4-4-2, das Leonardo spielen ließ, mit Cambiasso (etwas höher) und Thiago Motta (etwas tiefer) in der Zentrale und Kharja rechts – der Marokkaner kam früh für den verletzten Stankovic ins Spiel. Im Grunde kopierte Leonardo also das System von Rangnick.

Mit Erfolg: Die Hausherren kontrollierten das Spiel nun wieder und drückten Schalke deutlich mehr hinten rein als das zuvor der Fall war. Auch, weil Chivu sich nun vermehrt ins Spiel einschaltete: Ähnlich wie das Lúcio gerne macht trug er den Ball oft bis zur Mittellinie, spielte sehr kluge Pässe, fing auch immer wieder Konterversuche ab. Und wiederum war der prompte Lohn für eine gelungene Umstellung ein Tor: Uchida ließ Sneijder flanken, Matip ließ Cambiasso ablegen und Höwedes ließ Milito im Zentrum entwischen – und schon führte Inter erneut, war das 2:1 gefallen.

Schalke ließ sich aber vom neuerlichen Rückschlag wieder nicht aus der Ruhe bringen. Vor allem Raúl war überall auf dem Platz zu finden, holte sich die Bälle, trug sie im Verbund mit Farfán und Jurado nach vorne, er arbeitete unermüdlich und durch einen Konter, den Edú mit all seiner Wucht und seinem Willen abschloss, glich Schalke noch vor der Pause zum 2:2 aus.

Schalke erstickt Inters Schwung per Doppelschlag

Die zweite Hälfte begann so, wie sich die letzten zwanzig Minute der ersten Halbzeit dargestellt hatten: Mit Inter im Fahrersitz, doch der wieder einmal enorm starke Neuer rettete zweimal. Ehe es der der enorm fleißige Raúl war, der die Königsblauen in Front brachte – Chivu ist gut in der Vorwärtsbewegung, aber als Innenverteidiger ist er kein gleichwertiger Ersatz für Lúcio.

Der dritten Gegentreffer schockte Inter nun doch ein wenig, und nur wenige Minuten nach dem 2:3 lenkte Ranocchia eine Hereingabe von Jurado ins eigene Tor ab. Die Entstehung war aber symptomatisch für das Spiel: Kurze Ablage von Raúl im Mittelfeld auf Landsmann Jurado, der zieht unbehelligt und mit vollem Tempo vor das Tor. Und hätte Ranocchia nicht das Eigentor fabriziert, wäre dahinter Edú einschussbereit gewesen. Und als ob der Doppelschlag nicht schon schlimm genug für Inter gewesen wäre, flog in der 62. Minute auch noch Chivu mit seiner zweiten gelben Karte vom Platz…

Inter - Schalke (ab etwa der 60. Minute)

Inters Formation: Offensiv. Inters Körpersprache: Weniger.

Leonardo musste Kharja nun wieder runter nehmen, um mit Cordoba die entstandene Lücke in der Innenverteidigung zu schließen. Die Formation blieb aber logischerweise so offensiv wie möglich: Mit drei Mann im Mittelfeld – Cambiasso tief, Motta etwas höher und Sneijder halblinks offensiv – und die beiden Spitzen verblieben auf dem Feld.

Logisch, Inter musste ja noch Tore schießen. Aber die Körpersprache und das immer mehr fehlende Tempo bei den Mailändern verriet schon bald: Hier geht nichts mehr. Zu langsam wurden die Angriffe vorgetragen, zu nachlässig blieb das Abwehrverhalten. Wie bei Jurados Pfostenschuss in  Minute 65. Am Besten zu sehen war das aber beim 5:2 von Schalke: Erst rettete noch erneut das Aluminium, aber Cordoba schlug über den Ball, niemand ging in der Folge einen Gegenspieler an und Edú konnte die Kugel zum fünften Mal im Inter-Tor versenken.

Dreier-Abwehr als Hauruck-Variante

Leonardo war, zugespitzt formuliert, der einzige bei Inter, der sich gegen das Debakel stemmte. Für Thiago Motta brachte er eine Viertelstunde vor Schluss noch Nagatomo und er stellte auf ein 3-4-2 um: Cordoba, Ranocchia und Zanetti hinten; Maicon und Nagatomo auf den Flügeln mit Cambiasso und Sneijder dazwischen und vorne verblieben der fleißige Milito und der eher matte Eto’o. Gebracht hat’s nichts mehr, Schalke verwaltete gegen einen sich weitgehend aufgebenden Gegner das 5:2 problemlos über die Zeit.

Fazit: System-Vorteil zum Beginn, Leistungs-Vorteil danach

Tja, war war es nun, was Schalke diesen historischen Sieg einbrachte? Zunächst einmal natürlich die Tatsache, dass Rangnick genau die richtige Formation auf das Feld brachte, um die Schwächen von Inter auszunützen – und das sind und bleiben nun einmal die Flügel. Das ist so, seit Leonardo Trainer ist – manche konnten das ausnützen, andere weniger. Dieser systematische Vorteil ermöglichte es Schalke, nach dem frühen Rückstand schnell ins Spiel zurück zu kommen und sich nicht von dem miserablen Start ausknocken zu lassen.

Dann setzte es Inter natürlich mächtig zu, dass Maicon gegen den extrem starken Baumjohann überhaupt nicht zur Geltung kam und somit auch Kharja und in weiterer Folge Eto’o nie so richtig ins Spiel kamen. Jungspund Papadopoulos machte im defensiven Mittelfeld gegen Sneijder einen wunderbaren Job. Außerdem war es Gold wert, dass Jurado auch mit viel Laufarbeit den Platz sehr gut nützen konnte, der ihm seine Position gewährt hat.

Und alles überragend war Raúl: Er sorgte zwar nicht für Glanzlichter am laufenden Band, aber durch seinen unermüdlichen Einsatz, extreme Laufarbeit und sein überragendes Spielverständnis hebelte er das geistig langsam wirkende Inter-Mittelfeld ein ums andere Mal aus. Kurz gesagt: Die individuellen Leistungsduelle verlor Inter ziemlich allesamt.

Und deshalb wird Schalke verdientermaßen ins Semifinale einziehen.

(phe)

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Sneijders linke Tour und der totale Bayern-Kollaps https://ballverliebt.eu/2011/03/15/sneijders-linke-tour-und-der-totale-bayern-kollaps/ https://ballverliebt.eu/2011/03/15/sneijders-linke-tour-und-der-totale-bayern-kollaps/#comments Tue, 15 Mar 2011 22:56:38 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=4375 Sneijders linke Tour und der totale Bayern-Kollaps weiterlesen ]]> Über eine Stunde wurde Inter von starken Bayern fast hergespielt – aber die Münchner machten den Sack nicht zu. Und kollabierten nach einer Stunde komplett! So kamen die Nerazzurri zu einem 3:2-Sieg und zum Viertelfinal-Einzug. Und das, obwohl die Bayern auf Sneijders linke Tour an sich gut reagiert hatten…

Bayern München - Inter Mailand 2:3

Es war am 17. April 1996 – das bisher einzige Mal, dass in der Champions League noch eine Mannschaft weiterkam, die daheim das Hinspiel verloren hatte. Es war Ajax Amsterdam mit einem 3:0 über Panathinaikos Athen – und Trainer der Holländer war damals Louis van Gaal. Diesmal machte er es umgekehrt, auch wenn er selbst nicht unmittelbar daran Schuld war. Eher schon jene Verteidigung, an der der Bayern-Coach schon die ganze Saison erfolglos herumdoktort.

Sneijders linke Tour

Die Bayern-Abwehr spielte aber lange keine Rolle. Eher schon die etwas überraschende Formation von Inter: Leonardo stellte sein Team nämlich in einem eher defensiven 4-3-3 auf, was mehr ein 4-2-3-1 war und sehr schräg in der Gegend hing (ein Trend, der seit der WM erstaunlicherweise beinahe in Vergessenheit geriet). Im Detail sah das so aus, dass Samuel Eto’o ganz vorne spielte, Goran Pandev als echter Rechtsaußen Pranjic nach hinten drückte, und vor allem Wesley Sneijder von der Zentrale auf die linke Seite rückte; Stankovic agierte zentral.

Das hatte zwei Effekte: Zum einen hatte Sneijder so nicht, wie im Hinspiel, gegen den unangenehmen Luiz Gustavo spielen, zum anderen war so Philipp Lahm zu erhöhter Vorsicht gezwungen und konnte Robben – der nach wochenlangem leichten Durchhänger mit seinem Hattrick beim 6:0 gegen den HSV am Wochenende wieder neues Selbstvertrauen getankt hatte – nicht wie sicherlich geplant unterstützen. Sneijder zog zwar immer wieder in die Mitte, aber die Bayern mieden diese Seite eher. Sei es weil Lahm nicht viel beitragen konnte, oder aus Angst, mit Ballverlusten sofort Sneijder ins Spiel zu bringen, sei dahingestellt.

Bayern fluten das Zentrum

Mit der (erfolgreichen) Maßnahme, Pranjic und vor allem Lahm in der Defensive zu binden, wollte Inter zweifellos die so starken Flügel der Bayern, die ihnen im Hinspiel noch so zugesetzt hatten, kappen. Die Bayern aber reagierten nach dem frühen Rückstand – Eto’o hatte sich im Rücken von Breno davongemacht und netzte, wenn auch aus knapper Abseitsposition, schon in der 4. Minute zum 1:0 für Interein – prompt. Indem die das Zentrum fluteten.

So machte sich Schweinsteiger im Rücken von Pandev breit und spielte de facto einen Ersatz-Linksverteidiger für Pranjic, vor ihm rückte Ribéry gerne etwas ein. Noch extremer machte es aber Robben auf der anderen Seite: Er spielte zwischen halbrechter Position und Zentrum. Müller, der deutlich mehr Defensivarbeit erledigte wie gewohnt, spielte gut um ihne herum und vorne arbeitete Gomez sehr viel und ließ sich oft auch weit nach hinten fallen, spielte zuweilen beinahe einen falschen Neuner.

So standen im Zentrum vier bis fünf Bayern-Spieler den beiden defensiven Mittelfeldspielern von Inter (Motta zentral tief, Cambiasso auf der Ribéry-Seite etwas höher) gegenüber. Die Folge: Die Bayern bekamen das Spiel sehr schnell unter Kontrolle und drückten Inter hinten rein. Die Italiener blieben gefährlich, wenn es schnell ging, vor allem wenn sich Cambiasso mit Pandev zusammenschließen konnte. Wich aber das Tempo aus dem Inter-Aufbauspiel, kamen die Bayern mit gutem Pressing schnell wieder in Ballbesitz.

Inter baut defensiven Bockmist

So war es auch folgerichtig und hochverdient, dass die deutlich überlegeenn Bayern nach einer halben Stunde den Ausgleich schafften und somit in der Gesamtbegegnung wieder in Führung gingen. Auch, wenn es erneut einen fürchterlichen Schnitzer von Inter-Torwart Júlio César brauchte, der wie im Hinspiel einen harmlosen Robben-Schuss nicht unter Kontrolle brachte und Gomez artistisch abstaubte.

Die Bayern setzten gleich nach, Inter kam bis zur Halbzeit nicht mehr ins Spiel. Und weil dann auch noch Thiago Motta patzte und Müller den Ball ideal servierte, gingen die Bayern mit 2:1 in Führung. Und nicht zuletzt, weil Júlio César bei einem Alleingang von Ribéry gleich danach gut parierte, rettete sich Inter nicht nur schwimmend, sondern schon halb untergehend mit einem 1:2 in die Kabinen. Die Bayern hätten locker schon 4:1 führen können, wenn nicht müssen: Was Inter nach dem frühen Tor anbot, war schlicht lächerlich und zeigte deutlich, warum die Serie A den internationalen Ansprüchen derzeit meilenweit hinterher hinkt.

So kam Müller zu spät, um den auf der Linie kullernden Ball einzudrücken (40.), Robben verpasste knapp (43.), und dann ließ sich Lúcio düpieren (45.) – sein Kollege Andrea Ranocchia zeigte war gute Ansätze, neigt aber zu haarsträubenden Leichtsinnigkeiten. Auch der Platztausch der beiden halb durch die erste Hälfte änderte daran wenig.

Mehr Freiheiten für Sneijder

Fünf Minuten nach dem Seitenwechsel musste Inter-Coach Leonardo endgültig gesehen haben, dass Stankovic in der Mitte nichts zu Wege brachte, er wurde wiederum von Luiz Gustavo ziemlich abmontiert und hinterde zudem mit seinem recht statischen Spiel Sneijder ein wenig an der Bewewgungsfreiheit. Für Stankovic – in Abwesenheit von Zanetti, der mit Fieber das Bett hütete, Kapitän – kam Coutinho ins Spiel, und der junge Brasilianer hatte offenbar die Aufgabe, der willfährige Löcherstopfer für Sneijder zu sein.

Der Holländer orientierte sich nun vermehrt auch immer wieder ins Zentrum, stiftete damit etwas Verwirrung zwischen Lahm und Luiz Gustavo und der quirlige Coutinho spielte praktisch komplementär zu Sneijder. Zudem rückte Pandev auf der anderen Seite nun immer mehr ein und zog so Pranjic zuweilen sehr weit aus seiner Position, was für zusätzliche Unordnung in der Bayern-Defensive sorgte. Von der sich vor allem Breno anstecken ließ: Er blieb andächtig von Eto’o und Sneijder weg, als der Kameruner für den Holländer ablegte und Letzterer für den 2:2-Ausgleich sorgte.

Die Bayern brechen weg

Was der Startschuss für einen spannende Schlussphase war. Denn die Bayern schafften es nun nicht mehr so wie zuvor, die Räume für Inter im Mittelfeld schon eng zu machen und den Nerazzurri die Zeit am Ball und zum Spielaufbau zu nehmen. Zudem musste Robben raus, nachdem er alleine durch seine Präsenz Chivu einiges an Verusicherung verliehen hatte. Sein Ersatz Hamit Altintop fiel da deutlich ab. Und der zunehmend leichtsinnige und oft eher kopflos weit nach vorne aufrückende Van Buyten musste Holger Badstuber weichen.

Inter merkte: Nach einer Stunde, indem man von starken und spielfreudigen Bayern zum Teil hergespielt worden war, gab es nun tatsächlich noch die Möglichkeit, sogar wirklich noch ins Viertelfinale einzuziehen. Vor allem Sneijder riss die Verantwortung nun an sich und sorgte dafür, dass die Münchner hinten noch mehr zu wackeln begannen und Konter der Bayern gar nicht mehr ausgespielt wurden, sondern nur noch zum Zeitgewinn genützt wurden.

Und so kam es, wie es kommen musste: Breno, dessen Leistung sich der Bewertung „katastrophal“ in der zweiten Halbzeit mit riesengroßen Schritten näherte, ließ sich viel zu billig von Eto’o austanzen und vergaß völlig auf Pandev in seinem Rücken, nachdem sich dieser auch vom ebenso heftig nachlassenden Pranjic gelöst hatte. Der Mazedonier drosch den Querpass von Eto’o in die Maschen – das 3:2 für Inter. Und das Ende für die Bayern.

Fazit: Ein lange schreckliches Inter profitiert vom Bayern-Kollaps

Das Resultat sagt deutlich mehr über die Bayern aus als über Inter. Dass eine Mannschaft, die eine halbe Stunde Zeit hat, um ein einziges Tor zu schießen, sich aufbäumt, kann man von einem amtierenden Champions-League-Sieger erwarten.

Dass die Bayern aber, die Inter komplett unter ihrer Knute hatten und schon 4:1 oder 5:1 führen hätten müssen diese Überlegenheit noch so aus der Hand geben und in der letzten halben Stunde so derart zu kollabieren, dass sich der K.o.-Schlag in Form des dritten Gegentores schon abgezeichnet hatte, ist kaum nachvollziehbar. Viele Gründe gibt es für den Zusammenbruch: Der leichtsinnige Umgang mit besten Torchancen auf der einen Seite genauso wie eine Abwehr, die ganz einfach höheren internationalen Ansprüchen in keinster Weise genügt.

Was sich letztlich auch Louis van Gaal ankreiden lassen muss, der taktisch ja eigentlich alles richtig gemacht hatte: Seine Mannschaft reagierte hervorragend auf das Manöver, Sneijder auf die Seite zu beordern und auf die vorgezogene Rolle von Pandev. Aber es war auch der Holländer, der sich weigerte, für die Abwehr – die ja letzte Saison schon das Sorgenkind war – adäquat nachzurüsten.

So gesehen haben die Bayern ihr Glück, dass die auf dem Weg ins letztjährige Champions-League-Finale gegen die Fiorentina und Man United mit auch schon teils fragwürdigen Defensiv-Leistungen strapaziert hatten, nun aufgebraucht. Und sich als an sich etwas bessere von zwei ähnlich starken Teams nun verabschiedet.

Womit sie nun vor den Trümmern einer Saison stehen

(phe)

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3 Aspekte, 2 Zäsuren und 1 Eiertor https://ballverliebt.eu/2011/02/23/3-aspekte-2-zasuren-und-1-eiertor/ https://ballverliebt.eu/2011/02/23/3-aspekte-2-zasuren-und-1-eiertor/#comments Wed, 23 Feb 2011 22:46:15 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=4173 3 Aspekte, 2 Zäsuren und 1 Eiertor weiterlesen ]]> Neun Monate ist es her, dass Inter Mailand im Finale der Champions League die Bayern mit 2:0 besiegt hatten. Nun kommt es im Achtelfinale zur Revanche – und im Hinspiel verlegten sich beide Teams auf ihre Stärken und neutralisierten sich somit auf ansprechendem Niveau. Bis zur 90. Minute…

Inter Mailand - Bayern München 0:1

Aspekt 1: Inters lahmende Flügel

Es ist keine allzu neue Erkenntnis, aber gerade in einem Spiel gegen eine so flankenorientierte Mannschaft wie die Bayern war es klar, das es für Inter (in diesem Spiel mit einem 4-3-2-1-Tannenbaum) zu einem Problem werden kann: Der Treble-Sieger von 2010 verfügt im Grunde über kein Flankenspiel. Für die Bayern natürlich eine Einladung erster Güte, Inter über die Seiten zu bearbeiten – und genau das taten sie auch. Vor allem Daniel Pranjic nagelte den gefürchteten Maicon hinten fest, dass der Brasilianer seine Offensivstärke überhaupt nicht ausleben konnte. Im Zusammenspiel mit dem diskret startenden, aber immer besser werdenden Ribéry (der in Minute 24 die Latte traf) war die linke Bayern-Seite extrem stark. Auch natürlich, weil Zanetti mit dem Tempo, das die beiden anschlugen, nicht immer mitkam.

Auf der rechten Bayern-Seite stellte sich die Sache deutlich vorsichtiger dar. Philipp Lahm hielt sich einigermaßen zurück – zum einen, weil er den Dunstkreis von Sneijder offenbar nicht allzu gerne verlassen wollte, um eine zusätzliche Absicherung zu sein. Vor allem aber, weil Esteban Cambiasso deutlich höher stand als sein Pendant Zanetti und Lahm somit deutlich früher empfangen konnte. So wa Robben zwar oft auf sich alleine gestellt, aber er machte seine Sache nicht schlecht und ließ Chivu ebenso nicht zur Entfaltung kommen. Die Folge: Die Münchner dominierten über die Flügel und Inter war gezwungen, durch die Mitte zu kommen.

Aspekt 2: Luiz Gustavo vs. Wesley Sneijder

Bayern-Coach Van Gaal wusste natürlich: Der Schlüssel zu einem Erfolg über Inter liegt nicht nur daran, die Flügel zu dominieren. Es musste auch dafür gesorgt sein, dass Wesley Sneijder nicht zur Geltung kam! Und da ist die Frage nach der Absicht und dem Plan, ob es ein gezieltes Ablenkungsmanöver war oder nicht, eigentlich zweitrangig. Gemeint ist die Tatsache, dass der gelernte Mittelfeldspieler Luiz Gustavo, wie üblicherweise in der Bundesliga auch, als Linksverteidiger spielte und der gelernte Linksverteidiger Danijel Pranjic im defensiven Mittelfeld. Zumindest zwei Minuten lang.

Dann nämlich tauschten die beiden doch die Plätze und Luiz Gustavo kümmerte sich um Sneijder. Äußerst liebevoll. Denn obwohl der schmächtige Brasilianer, der im Winter aus Hoffenheim kam, körperlich nicht gerade eine furchteinflößende Gestalt ist, nahm er den Holländer dermaßen an die Kandarre, dass diesem schnell anders wurde. Gustavo agierte als Kettenhund so konsequent (was auch beinhaltete, dass er Sneijder zweimal eher rüde anging), dass Inters Zehner schon nach zehn Minuten zurück ins hintere Mittelfeld wich, um seinem Gegenspieler aus dem Weg zu gehen.

Dass die Bayern Sneijder auf diese Weise aus dem Spiel zu nehmen versuchten (und es gelang ja auch nicht schlecht), liegt natürlich auch am Spielertyp Luiz Gustavo. Mit Mark van Bommel, der im Winter ja bekanntlich zu Inters Lokalrivalen Milan gewechselt war, hätte Van Gaal dieses Spielchen im Mittelfeld nicht aufziehen können – mit der Zecke Luiz Gustavo aber sehr wohl.

Aspekt 3: Ungleiches Duell vor dem Bayern-Tor

Was natürlich alles nicht überdecken kann, dass in der Qualität der Spieler, die sich vor Bayern-Goalie Kraft tummelten, deutliche Unterschiede zwischen den Teams gab – zu Gusten von Inter, versteht sich. Der umgelernte Tymoschuk und der (noch) nicht mit allen internationalen Wassern gewaschene Badstuber waren der Erfahrung und der Qualität eines Samuel Eto’o natürlich klar unterlegen. Weshalb es sich nicht verhindern ließ, dass Inter vornehmlich durch die Mitte immer wieder zu guten Chancen kam.

Nicht nur in der 1. Minute, als Ranocchia schon das 1:0 für das Heimteam erzielen hätte müssen, ebenso wie Cambiasso (18.) und Eto’o (33.). Und auch in der Schlussphase der Partie hatte Inter mehrere klare Gelegenheiten, das Spiel für sich zu entscheiden – wäre da nicht der sensationell agierende Thomas Kraft gewesen, der mit unglaublichen Reflexen immer wieder das Gegentor verhindert hat.

So lief die Partie, wie man es durchaus erwarten konnte: Die Bayern von der Spielanlage wie ein Heimteam, mit mehr Ballbesitz und klaren Vorteilen an den Flanken; Inter aber mit mehr klareren Chancen. Bis zur ersten Zäsur des Spiels in der 37. Minute.

Zäsur 1: Pranjic raus, Breno rein (37.)

Der so fleißige und, so lange er spielte, vor allem im Zurückdrängen von Maicon so exzellente Bayern-Linksverteidiger Danijel Pranjic musste mit einer Zerrung ausgewechselt werden. Was für die Formation hieß: Der eingewechselte Breno ging in die Innenverteidigung, von dort Badstuber auf die linke Seite.

Womit Ribéry nun die komplette Seite ziemlich alleine zu beackern hatte, denn ein schneller Spieler mit Offensivdrang ist der gelernte Innenverteidiger Badstuber natürlich nicht – und dass er sich auf der Seite auch ganz generell nicht übertrieben wohl fühlt, weiß man ja spätestens seit der WM. Erstaunlicherweise konnte Inter dieses entstandene Manko aber nicht so ausnützen, wie man das erwarten hätte können – denn Bastian Schweinsteiger übernahm die Verantwortung und machte nicht nur den umsichtigen Achter, sondern hielt angesichts der Tatsacher, dass er Zanetti aus dem Spiel nahm, auch Ribéry den Rücken frei.

Zumal Ribéry nun vollends zu seinem Spiel gefunden hatte und so Zanetti und Maicon weiterhin ziemlich beschäftigte. Die besten Chancen hatten die Bayern gegen die recht kosequenten Lúcio/Ranocchia aber dann, wenn sie etwas überraschendes probierten – so wie in der 53. Minute, als Robben von seiner „falschen“ linken Seite an der Strafraumgrenze quer nach links zog und schoss, aber „nur“ für den zweiten Aluminium-Treffer der Bayern sorgen konnte.

Zäsur 2: Ranocchia raus, Kharja rein (73.)

Inter - Bayern (Schlussphase)

Die brandgefährliche Schlussoffensive für Inter begann paradoxerweise mit der Verletzung eines Innenverteidigers. Doch mit der Einwechslung von Allround-Waffe Houssine Kharja für Ranocchia mischte Leonardo zwar nicht sein System, aber dafür bunt seine Formation durch. Der Marokkaner kann im Grunde alles spielen (wie auch seine Teamkollegen Zanetti, Stankovic, Cambiasso, usw. – unter anderem das macht Inter zu einer so interessanten Mannschaft). Der im Winter von Genoa ausgeliehene 28-Jährige machte seine ersten Spiele für Inter als Außenverteidiger, diesmal entschied sich Leonardo, den bulligen Kharja neben Sneijder in die Offensive zu stellen. Stankovic rückte dafür auf die Zanetti-Position, Zanetti auf die Chivu-Position und Chivu auf die Ranocchia-Position.

Und siehe da, Inter spielte nun wie aus einem Guss nach vorne. Schweinsteiger musste sich nun um Kharja UND Stankovic kümmern; Ribéry arbeitete zwar gut nach hinten, ihm liegt dieses Spiel aber nun mal nicht besonders. In dieser Phase war es in erster Linie Kraft, der die Inter-Führung verhinderte – vor allem mit seiner sensationellen Reaktion gegen den Kopfball von Motta (85.), kurz darauf strich ein Schuss von Eto’o nur knapp am Tor vorbei.

…und das Eiertor

Keine Frage: Die Bayern mussten, trotz des Plus an Spielanteilen und zweier Alu-Treffer, mit dem 0:0 nun mehr als zufrieden sein und froh, nach dem großen Druck, den Inter nun ausübte, zumindest nicht in Rückstand geraten zu sein. Aber dann! In der 90. Minute zog Robben aus der Distanz ab und der in letzter Konsequenz kaum geprüfte Inter-Torhüter Júlio César ließ den Ball, anstatt ihn zu fangen, nach vorne abprallen. Mario Gomez – der in den 89 Minuten davor kaum eine echte Torchance vorgefunden hatte – musste nur noch „Danke“ sagen.

Und die Bayern hatten mit 1:0 gewonnen.

Fazit: Eigentlich haben alle (fast) alles richtig gemacht

Über das komplette Spiel gesehen, wäre ein Unentschieden ein korrektes Resultat gewesen. Die Bayern dominierten (wie erwarten) die Flügel, Inter bot (wie erwartet) die höhere individuelle Qualität im Sturm dagegen. Sneijder konnte sich ob der Umklammerung von Luiz Gustavo nie wirklich entfalten.

Im Grunde genommen haben beide Mannschaften eigentlich alles richtig gemacht, weswegen das (trotz häufiger Fehlpässe im Spielaufbau) zweifellos gutklassige Spiel einem logischen 0:0 zusteuerte. So entschied nach anderthalb Stunden letztlich ein billiger individueller Fehler – und Inter steht im Rückspiel nun mit dem Rücken voll zur Wand.

Was die Vorfreude auf die Partie in München naturgemäß nicht kleiner werden lässt.

(phe)

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Leonardo kappt Inters Flügel https://ballverliebt.eu/2011/01/06/leonardo-kappt-inters-flugel/ https://ballverliebt.eu/2011/01/06/leonardo-kappt-inters-flugel/#comments Thu, 06 Jan 2011 22:13:07 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=3662 Leonardo kappt Inters Flügel weiterlesen ]]> Wer fliegen will, braucht Flügel? Davon scheint der neue Inter-Trainer Leonardo nicht allzu viel zu halten. Denn bei seinem ersten Spiel auf der Bank der Nerazzurri gegen den Überraschungs-Dritten Napoli schickte er sein Team de facto ohne Flügel auf den Platz.

Inter Mailand - SSC Napoli 3:1

Leonardo würfelte ziemlich durch. Statt des 4-3-3 von Mourinho und Benítez schickte er ohne Sneijder (verletzt) und Eto’o (gesperrt) ein 4-4-2 auf’s Feld, mit einer Mittelfeldraute und mit Pandev als hängender Spitze. Stankovic spielte zentral Offensiv, Milito ganz vorne – und alles mit viel Drang zum Zentrum. Das Flügelspiel bei Inter bestand im Grunde nur aus Maicon, der Dossena deutlich mehr beschäftigen konnte als das Chivu auf der anderen Flanke mit Maggio gelang.

Inter kam durch eine sehenswerte Kombination zwar schnell zum 1:0 durch Motta (3.), aber Napoli ließ sich davon nicht allzu lange aus dem Konzept bringen. Trainer Walter Mazzarri formierte sein Team in einem 3-4-1-2, wie man es in Europa nur sehr selten sieht. Mit Hamsik als Spielgestalter hinter den Spitzen Cavani und Lavezzi und den beiden eher defensiv orientierten zentralen Spielern hinter Hamsik (Gargano und Pazienza) hatte das Spiel grundsätzlich eine ähnliche Ausrichtung. Durch die Mitte nämlich.

Weil auch Maggio und Dossena bei Napoli die einzigen waren, die für das Spiel über die Flügel verantwortlich waren. So kam Napoli in den ersten Minuten kaum nach vorne, eben weil Inter den Mittelkreis im Grunde mit vier Spielen zugestellt hatte. Weshalb eine kleine Anpassung große Wirkung zeigte: Lavezzi ließ sich zurückfallen und unterstützte Hamsik in der Spielgestaltung und es gelang Napoli auch immer besser, vor allem Zanetti Richtung Seitenlinie zu ziehen – was für Gargano und Hamsik im Halbfeld Platz generierte. Zudem marschierte Lúcio, wie es früher seine Art war, immer wieder mit Macht nach vorne, wodurch Chivu auch dessen Platz abdecken musste. Was das schnelle und viel rochierende Angriffstrio von Napoli immer wieder nützte, denn da sah die Inter-Defensive zuweilen etwas chaotisch aus.

So war der Ausgleich durch Pazienza, den defensiveren der beiden Sechser, in der 20. Minute schon verdient, wiewohl er aus einem Eckball entstanden ist. Napoli hatte das Spiel in den Griff bekommen und die Angriffsbemühungen von Inter auf lange Bälle aus dem defensiven Mittelfeld beschränken können. Über die Flanken kam beim Weltcup-Sieger sehr, sehr wenig. Als dann aber Maicon doch einmal durchkam und flanken konnte, stand es sofort wieder 2:1 für Inter (37.). Das Kopfballtor von Cambiasso kam ziemlich aus heiterem Himmel, eben weil in dieser Phase die Kreativität bei Inter völlig zum erliegen gekommen war.

Drittes Tor entscheidet

Für die zweite Hälfte orientierte sich Stankovic vom Zentrum eher auf die linke Seite, um den Platz hinter Maggio besser auszunützen und Campagnaro aus der Dreierkette zu ziehen. Das klappte zwar an sich ganz gut, weil aber Paolo Cannavaro durch viel Laufarbeit die entstehenden Löcher stopfen konnte, hatte das wenig Effekt. So war Inter zwar offensiv um nichts überzeugender wie vor dem Seitenwechsel, aber hinten stand das Team von Leonardo nun umso sicherer. Aus zwei Gründen: Erstens blieb Lúcio nun brav hinten und zweitens orientierte sich Motta etwas weiter nach hinten, weil Stankovic ja dessen Offensiv-Agenden vermehrt übernahm. So hatten Hamsik und Lavezzi kaum noch Platz, ihr Spiel aufzuziehen.

Und was noch dazukam: Inter legte in der 55. Minute das 3:1 drauf – das zweite Tor von Motta entstand, wie sollte es of der Kreativ-Armut von Inter anders sein, aus einem Eckball. Somit war Napoli gezwungen, das Spiel aufzuziehen, und zwar gegen einen Gegner, der sich nun genüsslich hinten hinein setzte und die Neapolitaner machen ließ. Mit der komfortablen Führung im Rücken war es Inter nun natürlich kein Problem mehr, die letzte halbe Stunde trocken die Zeit runter zu spielen, ohne noch ernsthaft in Gefahr zu kommen. Das Spiel plätscherte dem Schlusspfiff entgegen, ohne dass man trotz deutlichem optischem Übergewicht für Napoli jemals das Gefühl gehabt hätte, es wäre noch etwas möglich.

Fazit: Schön war’s nicht, aber wichtig

Überzeugend war die Leistung vom Inter im ersten Spiel unter dem neuen Trainer Leonardo nur in der Defensive der zweiten Hälfte. Mit vier zentralen Mittelfeldspielern und ohne nominelle offensive Flügelspieler war die „Kreativität“ der Nerazzurri oftmals auf lange Bälle beschränkt, der Doppelpass zum frühen 1:0 war das einzige echte spielerische Highlight; die Kopfbälle zum zweiten und zum dritten Tor nützten Stellungsfehler gut aus, waren aber keine wirklich herausgespielten Szenen.

Napoli fehlte es vor der Pause an der Kaltschnäuzigkeit, die mitunter etwas unsortierte Inter-Abwehr öfter zu knacken und nach dem 1:3 und der dichter und disziplinierter werdenden Inter-Hintermannschaft war alles vorbei. Für den neuen Inter-Coach darf das erfreuliche und wichtige Resultat bei seinem Debüt aber (trotz des Fehlens von Eto’o und Sneijder, letzterer wird noch einige Spiele nicht zur Verfügung stehen) nicht darüber hinwegtäuschen, dass keine gravierende Leistungssteigerung gegenüber der Benítez-Zeit zu erkennen war.

Und die Gegnerschaft hat sicherlich erkannt, dass es zumindest in diesem Spiel kein ernsthaftes Flügelspiel gab. Gegen so ein Inter hätten Robben und Ribéry im Champions-League-Achtelfinale einen Heidenspaß.

(phe)

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Die ’10-Besten (oder: Ein halber Jahresrückblick) https://ballverliebt.eu/2010/12/31/die-10-besten-oder-ein-halber-jahresruckblick/ https://ballverliebt.eu/2010/12/31/die-10-besten-oder-ein-halber-jahresruckblick/#comments Fri, 31 Dec 2010 12:33:01 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=3631 Die ’10-Besten (oder: Ein halber Jahresrückblick) weiterlesen ]]> Seit der WM in Südafrika im Sommer analysiert Ballverliebt Spiele regelmäßig – und zum Jahreswechsel gibt’s noch mal die zehn besten, interessantesten, richtungsweisendsten Spiele. Die Reihenfolge ist willkürlich und nicht allzu eng zu sehen!

Platz 10 | Champions League-Quali | Salzburg – Hapoel Tel Aviv 2:3

Salzburg - Hapoel Tel Aviv 2:3

„Zusätzlich zur taktischen Schwäche fiel eine unglaubliche Schwerfälligkeit bei den Salzburger auf. Abseits des Balles wurde herumgetrabt. Weder gab es hartes Pressing, noch eine schnelle Rückwärtsbewegung des Mittelfeld.“ – Konnte nach dem 0:1 auf den Färöern noch argumentiert werden, es wäre bei den Bullen da ja um nichts mehr gegangen, war spätestens nach diesem 2:3 im Hinspiel der letzten CL-Qualirunde gegen Hapoel Tel-Aviv klar: International hatte Salzburg in diesem Herbst nicht viel zu bestellen. Denn wer nicht rennt, krieg eine auf den Deckel.

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Platz 9 | U21-EM-Qualifikation | Österreich – Weißrussland 3:3

Österreich - Weißrussland 3:3

„Nach dem Tor zum 2:3 wussten alle im Stadion: Oje, jetzt wird’s noch einmal eng! Denn dass der Schalter nun nicht mehr umgelegt werden konnte, war schon vorher ersichtlich.“ – Das wohl am besten besetzte U21-Team der ÖFB-Geschichte hatte in Pasching gegen die starken Weißrussen alles im Griff und führte komfortabel mit 3:1, doch nach eher verwirrenden Wechseln von Teamchef Andi Herzog wurde die Partie noch hergegeben und es schaute nur ein Remis heraus. Im kommenden Sommer sind die Weißrussen bei der EM dabei. Österreich nicht. Aber nicht nur das vercoachte 3:3 war ärgerlich.

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Platz 8 | Weltmeisterschaft | Frankreich – Mexiko 0:2

Frankreich - Mexiko 0:2

„Denn die französische Mannschaft implodierte nach der Pause regelrecht. Keinerlei Laufbereitschaft war mehr erkennbar, kein Einsatz für den Mitspieler, kein Aufbäumen, nichts. Aguirre hingegen hatte ein in sich funktionierendes Team geformt.“ – Frankreich bei der WM, das war allerbeste Unterhaltung. Zumindest abseits des Platzes. Denn sportlich war das Team von Raymond Domenech ein einziges Desaster, was sich vor allem beim 0:2 gegen die starken Mexikaner zeigte. Die spielten mit der Équipe Tricolore nämlich Hollywood.

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Platz 7 | Champions League | Tottenham – Inter Mailand 3:1

Tottenham - Inter 3:1

„Schon nach einer halben Stunde zeigte sich bei Inter Ratlosigkeit. Nur einmal musste sich Modric 25 Meter vor dem Tor gegen Eto’o mit einem Foul helfen, ansonsten reichte reichte das Spiel der Schwarzblauen nicht einmal bei Kontern bis in den Strafraum.“ – Ohne Frage, Tottenham ist eine der Mannschaften des Herbstes 2010. Nicht nur die gute Verpflichtung von Rafael van der Vaart, sondern vor allem der Durchbruch von Flügelflitzer Gareth Bale ist dafür verantwortlich. Der Waliser trieb gegen Inter mit Maicon einen der besten Rechtsverteidiger der Welt an den Rande des Wahnsinns. Die Spurs waren das Team mit dem Weltklasse-Momentum.

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Platz 6 | Weltmeisterschaft | Deutschland – Arentinien 4:0

Deutschland - Argentinien 4:0

„Die Argentinier waren sichtlich beeindruckt von der Power der Deutschen. Es entstand ein riesenhaftes Loch im Mittelfeld, das die Deutschen konsequent ausnützten. Symbolhaft war, wie Burdisso minutenlang seinen Kollegen deutete, sie sollen soch ein wenig weiter zurück kommen, um einen Spielaufbau zu ermöglichen.“ – Für Diego Maradona war es wohl die schlimmste Niederlage seines Fußballerlebens: Argentinien hatte im WM-Viertelfinale gegen die in diesem Spiel überragenden Deutschen nie auch nur den Funken einer Chance. Das blutjunge deutsche Team hingegen deutete an, wozu es fähig sein kann. By deconstructing Diego.

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Platz 5 | Weltmeisterschaft | Deutschland – Uruguay 3:2

Deutschland - Uruguay 3:2

„Beide Teams suchten nun die Entscheidung möglichst schon in der regulären Spielzeit, hatten aber keine panische Angst vor einer Niederlage – so wogte das Spiel hin und her, mit mehr Ballbesitz für Deutschland und mehr Geradlinigkeit auf Seiten der Südamerikaner.“ – Und nochmal die Deutschen. Aber vor allem: Uruguay! Die Südamerikaner waren die Überraschung bei der WM, das Team des zum besten WM-Spieler gewählten Diego Forlán belegte letztlich den vierten Rang. Nach einem flammenden Plädoyer für die Beibehaltung des kleinen Finales. Denn es war eine sensationelle Partie, geführt mit offenem Visier.

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Platz 4 | EM-Qualifikation | Belgien – Österreich 4:4

Belgien - Österreich 4:4

„Kavlak war laufstark, trickreich, mit dem Blick für den Mitspieler. Er riss das Spiel an sich, war in dieser Phase der klar beste Mann am Platz. Umso unverständlicher, dass er nach 56 Minuten den Platz für Jimmy Hoffer verlassen musste – die reinste Selbstkastration.“ – Wer hätte das gedacht? Das ÖFB-Team kann mit den Secondos in der Offensive tatsächlich einen gepflegten Fußball spielen, wie das beim hochdramatischen 4:4 in Brüssel deutlich wurde. Wenn man sie denn lässt. Denn der Teamchef hatte im einzigen signifikanten Länderspiel des Jahres etwas gegen den Sieg. Denn dann kamen die Wechsel.

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Platz 3 | Deutsche Bundesliga | Mainz – Dortmund 0:2

Mainz - Dortmund 0:2

„Bei Dortmund beteiligten sich wirklich alle Spiele am ganzen Platz am Pressing. So war es in der 26. Minute Außenverteidiger Schmelzer, der durch seine aggressive Bewegung Richtung Bungert dessen Fehlpass provozierte, der zum nicht unverdienten 1:0 durch Mario Götze geführt hat.“ – Die beiden Mannschaften, die den Herbst in der deutschen Bundesliga bestimmt haben, im direkte Duell. Es war ein Festival des konsequenten Pressing, das für beide Teams richtungsweisend war. Denn für Mainz war nach diesem Spiel der Höhenflug beendet, der BVB zog weiter voll durch. Die Mainzer fanden in Dortmund ihren Meister.

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Platz 2 | Weltmeisterschaft | Chile – Spanien 1:2

Chile - Spanien 1:2

„Die Chilenen waren die erste Mannschaft seit Ewigkeiten, welche die Spanier nicht nur mit spielerischen Mitteln kontrolliert, ja beinahe knebelt – und nicht mit extrem disziplinierter Defensive entnervt.“ – Das beste Team der Endrunde in Südafrika gegen das aufregendste, und noch dazu ging es für beide noch um das Weiterkommen: Bei all den spannenden Partien in der K.o.-Phase ging dieses extrem gute und hochinteressante Match in der Erinnerung etwas unter. Letztlich setzten sich die Spanier durch, weil sie kaltschnäuziger waren, dank des Ergebnisses im Parallelspiel kamen beide weiter. Nach einem echten Kracher.

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Platz 1 | Primera Division | Barcelona – Real Madrid 5:0

Barcelona - Real Madrid 5:0

„Barcelona sammelte zwei Drittel Ballbesitz. Was auch deshalb möglich war, weil Real körperlich überhaupt nicht dagegen hielt! In den ersten 30 Minuten gab es ein einziges (!) Foul. Das mit dem Räume eng machen klappte also nicht, physisch hielt Real nicht dagegen, und so verdiente sich Barcelona das 2:0 vollauf. Real war schlicht nicht anwesend.“ – Das wohl meistgehypte Spiel des Herbstes, es war eine einzigartige Machtdemonstration des FC Barcelona. Zu keinem Zeitpunkt hatte das Starensemble aus Madrid auch nur die geringste Chance, es gab schließlich die ärgste Vernichtung seit Generationen. Und für José Mourinho seine schlimmste Demütigung.

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Das Team von Ballverliebt bedankt sich für das Interesse im Jahr 2010 und wir würden uns freuen, wenn ihr unsere Analysen auch im Jahr 2011 fleißig lest. Ein gutes neues Jahr euch allen!

(phe/tsc/gpi)

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