Klassenunterschied im Finale der Klub-WM: Barcelona fertigt Santos 4:0 ab

Das große Duell zwischen Messi und Neymar im Klub-WM-Finale? Nun ja, das fand so richtig nicht statt. Der Santos-Jungstar sah kaum einen Ball und konnte nicht verhindern, dass seine Mannschaft vom FC Barcelona absolut zerstört wurde und mit dem 0:4 noch gut bedient war.

FC Barcelona - Santos FC 4:0

David Villa fiel mit seinem im Semfinale des Klub-WM gegen Al-Sadd erlittenen Schienbeinbruch für das Finale gegen Copa-Libertadores-Sieger Santos aus. Für Pep Guardiola kein Problem – bringt er halt Cesc Fàbregas. Damit bekommt das 3-3-4 zwar eine etwas andere Anlage als das mit einem Mittelstürmer Villa der Fall ist, gegen den sicher stärksten Gegner bei dieser Veranstaltung hätte Guardiola aber womöglich so oder so gewechselt.

Überzahl im Mittelfeld

So hatte mit Barcelona gleich zwei zentrale Spieler, die aus der Tiefe nach vorne stoßen können und die Ordnung beim Gegner durcheinander bringen, eben Fàbregas und Messi. Auf den Außenpositionen spielten Dani Alves und Thiago Alcântara sehr hoch und sorgten dort für die nötige Breite, aus dem Mittelfeld verteilten Iniesta und Xavi wie gewohnt die Bälle. Im Grunde sah das Spiel von Barcelona genauso aus wie bei der Offenbarung gegen Villarreal.

Santos konnte Barça die Räume nicht nehmen - hier sind Messi (unten) und Fàbregas (Mitte) völlig frei.

Barcelona sammelte 75% Ballbesitz, es wurde viel rochiert und vor allem Messi und Fàbregas liefen sehr viel und holten sich die Bälle auch in tieferen Mittelfeld-Regionen. Das bereitet den Brasilianern große Probleme, denn die versuchten natürlich, immer möglichst Überzahl in Ballnähe zu bekommen. Was bei de facto fünf zentralen Mittelfeld-Männern bei Barcelona aber hieß das im (sehr schiefen) 4-2-3-1 von Santos aber: Es stand immer einer frei, oft auch mehr – so wie in diesem Bild, als Messi und Fàbregas weit und breit keinen Gegenspieler hatten.

So kam die Santos-Abwehr, die noch dazu einen erstaunlichen Respektabstand zu den Gegenspielern hielt und überhaupt nicht versuchte, mit Körpereinsatz dagegen zu halten, oft schwer in Bedrägnis und nach einer halben Stunde war Barça schon 2:0 voran, zur Halbzeit bereits mit 3:0.

Die Formation von Santos

Die zwei bestimmenden Figuren bei Santos sind natürlich Neymar und Ganso, die beide als heiße Aktien für einen baldigen Transfer nach Europa gehandelt werden. Die beiden haben grundsätzlich eine sehr hohe Qualität, aber gegen ein dermaßen dominantes Team aus Barcelona waren die Superstars zur absoluten Wirkungslosigkeit degradiert. Woran sie aber auch selbst Schuld sind.

Neymar spielte nominell auf der linken Seite im Mittelfeld, aber tatsächlich spielte der 19-Jährige einen Freigeist, spielte sehr zentral und auch recht hoch. Das hieß nicht nur, dass er in der Luft hing, sondern auch, dass Dani Alves die komplette Seite für sich alleine hatte und zudem Puyol immer wieder die Muße hatte, dort etwas weiter aufzurücken.

Ebenso enttäuschend war aber auch Ganso. Wenn nicht noch mehr: Denn der Zehner nahm eigentlich nicht am Spiel teil: Er war vom Passtempo der Katalanen überfordert, stand ebenso wie Neymar zumeist zu hoch, sah kaum Bälle und konnte sie noch weniger verteilen. Busquets hatte keinerlei Mühe, Ganso zu neutralisieren.

Ramalho gibt schon zur Halbzeit auf

Santos-Trainer Muricy Ramalho reagierte schon nach einer halben Stunde auf die komplette Chancenlosigkeit seiner Mannschaft und brachte für U-20-Weltmeister Danilo den routinierten Elano. Am Spiel änderte das aber nichts, die rechte Seite blieb genauso wirkungslos und so war mit dem 0:3 in der Halbzeit das Spiel entschieden.

Nach der Pause schien Santos nur noch darauf aus zu sein, das Ausmaß der sportlichen Katastrophe in Grenzen zu halten. So orientierte sich Elano nebem Henrique und Arouca gegen den Ball ins defensive Mittelfeld, wodurch ein fast italienisches 4-3-1-2 entstand, wobei Ganso auf der zehn blieb, sich Neymar aber vermehrt auf die linke Seite orientierte, um ein paar Bälle zu sehen. An Puyol gab’s aber kein Vorbeikommen.

So plätscherte die zweite Hälfte dahin, Barcelona kontrollierte den Ballbesitz und kam auch zu einigen Chancen, aber im Grunde war das Spiel aufgrund des Klassenunterschieds und des Spielstands ein Non-Contest. Auffällig war aber, dass Dani Alves in seiner extrem hohen Positionierung Probleme hatte, Abseitsstellungen zu verhindern. Er tappte ein ums andere Mal in die verbotene Zone, legte aber zehn Minuten vor Schluss noch den 4:0-Endstand durch Messi auf.

Fazit: Santos hatte nicht den Funken einer Chance

Der Copa-Libertadores-Sieger hatte vom Anpfiff an überhaupt keine Chance und der Endstandt von 0:4 drückt den Klassenunterschied in Wahrheit noch gar nicht wirklich aus – hätte Barcelona sieben oder acht Tore erzielt, keiner hätte sich beschweren können. Die hohe Positionierung von Neymar und die Passivität von Ganso taten ihr übriges. Barcelona hatte keine Mühe und konnte sich ungehindert die Bälle zuschieben.

Messi und Fàbregas genossen die ihnen gewährten Freiheiten sichtlich und arbeiteten extrem viel. Das 3-3-4 von Guardiola funktionierte hervorragend, Santos kollabierte unter dem aufgebauten Druck. Der Sieg stand nie zur Diskussion.

(phe)

Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.