0:0 gegen die Türkei – keine komplette Enttäuschung aber auch nichts, was dem ÖFB-Team und dem Teamchef wirklich weiterhilft. Auch, weil die Leistung zwar okay war, aber von „überzeugend“ doch noch ein schönes Stück entfernt. Was im Übrigen auch für die Türken gilt, die in dieser Form sicher keine EM-Reife besitzen.
Didi Constantini ist noch im Amt – aber die Spatzen pfeifen nicht nur von den Dächern, dass das nicht mehr lange so sein dürfte, nein, sie trompeten es im dreistelligen Dezibelbereich heraus. Ein überzeugender Auftritt mit einem Sieg gegen die Türken, die zuletzt mit einem Last-Minute-Sieg gegen Kasachstan ja auch nicht übertrieben stark aufgetreten sind, hätte für einen Umschwung aus Sicht des Tirolers wohl Wunder bewirkt.
Sein Gegenüber Guus Hiddink hatte einiges an Personalproblemen – mit Sahin, Ekici und Kapitän Emre standen ihm drei Schlüsselspieler nicht zur Verfügung. Und das merkte man. Der holländische Teamchef der Türken brachte ein 4-2-3-1 auf das Feld, das erstaunlich vorsichtig eingestellt war. Die beiden Sechser Topal und Selcuk hielten sich sehr zurück, und mit Yekta setzte auch der nominelle Zehner (der tendenziell über halbrechts kam) keine Akzente. Das hieß: Scharner und Baumgartlinger hatten Platz und Zeit.
Großes Loch
Die Türken machten mit dem österreichischen Zentrum also genau das nicht, was die Deutschen beim 6:2 gemacht hatten: Den numerischen Vorteil in der Zentrale durch Pressing noch zu verstärken. Es dauerte aber eingige Zeit, bis sich Baumgartlinger und Scharner etwas weiter aufzurücken trauten.
So war die Formation der Österreicher eher ein 4-2-2-2, in dem Alaba und Royer auf den Außenpositionen recht hoch standen und auch – vor allem Alaba – recht weit innen. Der Effekt war vor allem in der Anfangsphase, dass das Loch zwischen den sechs defensiven Spielen und den vier offensiven sehr groß war und trotz den komplett fehlenden Drucks der Türken ein geregelter Spielaufbau schwer fiel.
Die besten Aktionen ergaben sich, wenn Alaba mit Tempo durch die Reihen ging und versuchte, sich mit Arnautovic zu verbinden. Vor allem Geschwindigkeit war ein Mittel, mit dem den Türken absolut beizukommen gewesen wäre, aber es wurde zu selten eingestzt. Außerdem gelang es durch die einrückenden Flügelspieler nie, die türkische Viertekette auseinander zu ziehen, wodurch sich für Arnautovic und Harnik kaum Lücken boten.
Türkei schwach
Das Team aus der Türkei präsentierte sich absolut enttäuschend. Die beiden Sechser Topal und Selcuk waren sehr erpicht darauf, möglichst Harnik und Arnautovic aus dem Spiel zu halten und machten sehr wenig nach vorne, und Yekta setzte weder irgendwelche Akzente, noch presste er auf die beiden österreichischen Sechser. So lag es an Arda Turan und Burak Yilmaz, zumindest von der Seite für Gefahr zu sorgen, aber aufgrund der fast schon beängistigenden Behäbigkeit im Spielaufbau hatten die Österreicher zumeist kaum Mühe, die Flügel ruhig zu halten und somit auch den türkischen Angriff.
Lediglich Christian Fuchs, der auch nach vorne einiges an Abspielfehlern anbot und seine aktuelle Formdelle bestätigte, ließ sich nach zehn Minuten einmal überlaufen; Ekrem Dag montierte Arda Turan sehr gut ab. Das hatte den Vorteil, dass Daniel Royer durchaus Freiheiten im Spiel nach vorne hatte und sich immer wieder als Anspielstation für lange 50-Meter-Pässe quer über den Platz (oftmals von Pogatetz geschlagen) anbot. Doch auch hier galt: Da war kein Tempo dahinter, das war für die türkische Defensive kein echtes Problem.
Wenig Überzeugendes
So plätscherte das Spiel weitgehend ereignisarm vor sich hin und es wurde ersichtlich, warum die Deutschen in der Gruppe allen anderen um Lichtjahre voraus sind – nicht nur wegen der Spielerqualität, sondern auch aufgrund der Spielweise. Die Türken prassten zaghaft bis gar nicht, bei den Österreichern schmiss sich eigentlich nur David Alaba wirklich mit Imbrunst den Gegenspielern entgegen.
So ist es auch zu erklären, dass Österreich trotz der nominellen Unterzahl im Zentrum das Spiel ganz ordentlich im Griff hatte und nicht allzu viel zuließ. Durch das fehlende Tempo, der nicht vorhandnen Breite im Spiel und die beiden türkischen Sechser zwischen Mittelfeld und Angriff ist es aber auch kein Wunder, dass nach vorne beim ÖFB-Team nicht allzu viel ging.
Mehr über die Flügel
Das Manko des mangelhaften Spiels über die Flanken hatten wohl beide Trainerteams erkannt und in der Halbzeit angesprochen, denn nach dem Seitenwechsel waren sowohl die Österreicher als auch die Türken sichtlich bemüht, die Außenverteidiger mit mehr Nachdruck nach vorne zu bringen als das in der ersten Hälfte der Fall war. Fuchs nützte nun endlich den Platz, den ihm der nach innen ziehende Alaba freiräumte, auch wenn sich die Türken davon nicht beeindrucken ließen.
Auch bei der Mannschaft von Guus Hiddink ging es nun schneller im Bedienen der Außenspieler. Hakan Balta machte auf seiner linken Außenbahn nun mehr Betrieb als zuvor und drückte Royer nach hinten. Der Neo-Hannoveraner arbeitete auch durchaus brav nach hinten und unterstützte Ekrem Dag, so gut er konnte – in dieser Hinsicht eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Spiel in Gelsenkirchen, wiewohl nach vorne auch diesmal nicht allzu viel kam.
Hiddink schaltet einen Gang nach vorne
Während Constantini nach etwa einer Stunde Jimmy Hoffer für Royer brachte (Harnik übernahm die Royer-Position, Hoffer ging nach vorne, Arnautovic spiele hängend), stellte Hiddink innerhalb seines Systems um und somit einen Gang nach vorne: Burak Yilmaz, der üblicherweise die Solospitze gibt, gesellte sich nun zu Bulut nach vorne. Das hieß, dass der türkische Schlüsselspieler nun Rechtsverteidiger Sabri wurde: Denn er musste nicht nur defensiv gegen Alaba dicht halten, sondern nun auch die Agenden im Spiel nach vorne übernehmen.
Das machte der 27-jährige von Galatasaray aber hervorragend, und das stellte das österreichische Team in der Schlussphase durchaus vor Probleme – weil es nun bei den Türken neben dem Flügelspiel auch einen wirklich präsenten Stürmer im Zentrum gab. Das war der eher alleingelassene Umut Bulut zuvor ganz und gar nicht.
Und auch, wenn die Abseitsentscheidung gegen Martin Harnik kurz vor Schluss knapp war: Die Türken waren dem einen Tor schon ein Stück näher. Was beinahe noch belohnt wurde, als die weit aufgerückten Österreicher in der 90. Minute in einen Konter liefen und Pascal Grünwald bei seinem Länderspiel-Debüt Burak Yilmaz klar foulte. Doch der Austrianer parierte den Elfmeter von Arda – und so gab’s ein 0:0.
Fazit: Maues Spiel, korrekterweise ohne Sieger
Offenbarung war es bei Gott keine, was die Österreicher in diesem Spiel zeigten – aber es war zweifellos besser als in Gelsenkirchen. Defensiv stand das ÖFB-Team über weite Strecken ganz ordentlich, was aber auch am fehlenden Pressing von Seiten der Türken lag. Das machte es dem gegen die mit drei Mann anfliegenden Deutschen noch überforderte österreichischen Zentrum nicht allzu schwer.
Was nicht ganz verständlich war: Die komplette erste Halbzeit krankte das Spiel nach vorne beim Österreich daran, dass zwischen dem defensiven Mittelfeld und den beiden Stürmern kein einziger Österreicher, aber immer mindestens zwei, zumeist aber drei Türken standen. Warum wurde hier zur Halbzeit nicht reagiert? Über die Flanken neutralisierte sich das Spiel, aber im Zentrum fehlte es an einem Spieler, der die Mauer durchbrechen hätte können. So blieb das Spiel nach vorne auch weiterhin bieder und ohne Nachdruck.
Vom türkischen Team darf man durchaus enttäuscht sein. Ja, es fehlten drei absolute Stützen – aber ist das eine Erklärung, warum die Überzahl im Mittelfeld nicht ausgenützt wurde? Warum es am Druck und am Pressing auf die Österreicher fehlte, die mit einem 2:6 im Rücken daherkamen? Warum das Tempo vor allem vor der Pause bei jeder Gelegenheit verschleppt und nicht verschärft wurde?
Ja, die Türkei wird nach menschlichem Ermessen Gruppenzweiter werden. Aber im Playoff wird es mit so einer schwachen Leistung sicher nicht reichen.
(phe)