Die Saison der Junioren-Turnier ist wieder gekommen! Den Anfang machte die U-17-EM in Serbien, die mit einem 5:2-Finalsieg von Holland gegen die DFB-Auswahl endete. Verdient: Denn Oranje war dem Gegner letztlich in allen Belangen klar überlegen.
Beide Teams spielen grundsätzlich in einem ähnlichen System wie ihre jeweiligen A-Nationalmannschaften – also ein 4-2-3-1. Allerdings mit kleinen Unterschieden: Bei den Deutschen, gecoacht von Steffen Freund, spielen sowohl Yalcin und Mende (statt des verletzten Aycicek) im defensiven, als auch Schnellhardt, Can und Aydin im offensiven Mittelfeld ziemlich auf einer Höhe. Bei den Holländern jedoch ist das System eher eine Kopie von jenem des Vizeweltmeisters: Achahbar ist ähnlich viel unterwegs wie Van Persie, Trindade steht hoch wie Sneijder. Nur im defensiven Mittelfeld gibt’s eine etwas andere Arbeitsteilung: Arsenal-Legionär Kyle Ebecilio (der kleine Bruder von Ajax-Flügelmann Lorenzo) rückt immer wieder nach vorne auf, und mit Yassine Ayoub gibt’s einen Taktgeber, der nicht nur die Frisur von Mark van Bommel hat, sondern zudem eine extreme Übersicht und die Fähigkeit, punktgenaue Pässe zu spielen.
Ein Enforcer wie Nigel de Jong ist (zumindest in diesem Finale) nicht nötig: Denn nachdem die Deutschen gut angefangen haben, die Räume gut und schnell eng machten und vor allem über die Flügel den klar besseren Start hatten, fielen sie nach der frühen Führung in ein kleines Loch – und das nützten die Holländer gnadenlos aus. Etwas enttäuschend war etwa, wie Kapitän Emre Can seine Rolle als Zehner interpretierte: Ohne Druck auszuüben, ließ er Ebecilio und vor allem Ayoub schalten und walten; nach vorne kam vom Bayern-Spieler sehr wenig.
Blockbildung vs. Individuelle Klasse
Auch in der Zusammenstellung der Mannschaft gibt es durchaus Unterschiede. Teamchef Albert Stuivenberg setzt auf einen großen Block von Feyenoord Rotterdam, alleine fünf Spieler kommen aus der Jugendschmiede dieses Klubs. Die logische Folge: Oranje war sehr gut eingespielt, was man vor allem beim sensationell herausgespielten 1:1 sah – der Doppelpass von Trindade mit Achahbars Ferse war einfach nur wunderbar.
Bei den Deutschen entstand der Eindruck, dass es in einem eher steifen System eher auf die individuelle Klasse ankommt. Die aber auch durchaus vorhanden ist – vor allem die beiden Deutsch-Türken von Bayer Leverkusen wussten zu überzeugen. Zum einen ist das Samid Yesil, der nicht nur von seinem Aussehen sehr an Miroslav Klose erinnert, sondern auch von seinem Aktionsradius und seiner Einsatzbereitschaft, denen er das 1:0 zu verdanken hat. Und zum anderen der vom linken Flügeln nach innen ziehende Okan Aydin: Er stellte Oranje-Kapitän Disveld vor einige Probleme, hielt Depay gut in Schach und sorgte mit seinem 25m-Hammer ins Kreuzeck zum 2:1 für das Tor des Tages.
Technik und Tempo
Dennoch: Die Vorteile, was die Technik betrifft, waren klar auf Seiten der Holländer, die somit auch ein höheres Tempo gehen konnten. Und sich auch vom erneuten Rückstand nicht aus der Ruhe bringen ließen – vor allem Eindhovens Memphis Depay auf der rechten Seite drehte nun so richtig auf. Er bereitete die Aktion vor, die kurz vor der Pause zum 2:2 führte, auch wenn dieses wohl irregulär war: DFB-Goalie Vlachodimos hatte seine Hand schon am Ball, als Trindade ihn freischlug und traf.
Auch in der Phase nach der Pause drückte Depay dem Spiel seinen Stempel auf. Zum einen, weil Aydin ihn ließ und der Bremer Cimo Röcker überfodert war, zum anderen, weil die deutsche Defensive mit dem Tempo von Depay und dem Aktionsradius von Achahbar überfordert war – das 3:2 kurz nach Wideranpfiff war eine herrliche Einzelleistung von Depay. Und als sich die jungen Deutschen dann auch noch von einem profanen Eckball überrumpeln ließen und eine halbe Stunde vor Schluss 2:4 hinten lagen, war das im Grunde die Entscheidung.
Keine Impulse von der Bank
Der deutsche Co-Trainer Henry Rehnisch – er vertrat den nach einem Disput mit dem Referee im Semifinale gesperrten Steffen Freund – versuchte, mit neuen Offensivkräften neue Impulse zu setzen, um in der verbleibenden Zeit den Rückstand noch aufzuholen. Aber die so starke holländische Defensive, die in den vier Turnierspielen vor dem Finale kein einziges Tor kassiert hatte, erwies sich als unüberwindbar. Zudem häuften sich nun auch die Ungenauigkeiten und die Kräfte schwanden. So hatten die Holländer im Grunde leichtes Spiel.
Und wie zum Beweis, dass die Holländer die Schwächen in der deutschen Hintermannschaft erkannt hatten, legte Depay im gegnerischen Strafraum mit einem unbedrängten Querpass in den Lauf von Ebecilio den 5:2-Endstand auf. Die Deutschen waren aber schon vorher geschlagen gewesen.
Fazit: Holland klar besser
Psychologisch, Technisch, vom Tempo her: Oranje war trotz zweimaligem Rückstand in der ersten Hälfte das klar bessere Team. Und zwar nicht nur, weil sie die besseren Spieler in ihren Reihen hatten – heraushaben kann man den trickreichen Depay, den unermüdlichen Achahbar, den torgefährlichen Trindade, den fleißigen Ebecilio und vor allem den sehr spielintelligenten Ayoub – sondern auch die kompaktere und flexiblere Mannschaft stellten. Die Deutschen hielten eine Halbzeit lang mit, waren aber hinten zu anfällig, nach vorne zu eindimensional und insgesamt zu statisch, um Oranje wirklich Paroli bieten zu können.
Klubs der Final-Teilnehmer
Holland: 5 von Feyenoord (De Jong, Kongolo, Rekik, Trindade, Achahbar), je einer von Nijmegen (Disveld), Sparta Rotterdam (Willems), Utrecht (Ayoub), Eindhoven (Depay) und Arnheim (De Bondt); sowie ein Legionär von Arsenal (Ebecilio). Eingewechselt: Ake (Feyenoord), Gravenbergh (Ajax).
Deutschland: 3 von Stuttgart (Vlachodimos, Yalcin, Mende), je 2 von Köln (Weiser, Schnellhardt) und Leverkusen (Aydin, Yesil), je einer von Bremen (Röcker), Dortmund (Günter), Bielefeld (Perrey) und den Bayern (Can). Eingewechselt: Berko und Toljan (Stuttgart), Weihrauch (Bayern).
(phe)