Ein Arsenal, das den Ball nicht will – in der ersten Hälfte. Ein Arsenal, dass sich in Unterzahl ans Remis klemmt – in der zweiten Hälfte. Nach dem harten Ausschluss von Robin van Persie fehlte es Arsenal an den Mitteln. Alleinschuld am Aus hat diese Rote aber nicht – zu klar war Barça gegen den Arsenal-Bus, der vorm Tor geparkt wurde, überlegen.
1:2 das Hinspiel verloren, nun fiel neben Puyol auch Piqué aus – die Voraussetzungen für Barcelona hätte vor dem Rückspiel besser sein können. Pep Guardiola, frisch genesen von einem Bandscheibenvorfall, entschied sich dafür, Sergi Busquets neben Eric Abidal in die Innenverteidigung zu stellen. Zum einen erwartete er offensichtlich nicht, dass Arsenal die Barça-Abwehr wirklich testen wollte, zum anderen ist Busquets in der Spieleröffnung deutlich stärker als etwa Gabriel Milito.
Arsenal – mit Van Persie und Fàbregas waren beide Sorgenkinder der letzten Wochen dabei – versuchte zunächst, gegen den Ball mit einem 4-4-2 vorne ein wenig zu pressen und dahinter die Räume für Barças Kurzpassspiel so dicht wie möglich zu machen. Fàbregas orientierte sich dabei halbrechts neben Van Persie. Der Plan war grundsätzlich auch gut ausgeführt – bis auf die Tatsache, dass Samir Nasri den unangenehmen Dani Alves nie in den Griff bekam und sich immer weiter und weiter vom Brasilianer zurückdrängen ließ. Mit der Folge, dass Nasri sich permanent auf Höhe der Abwehrkette wiederfand. Dadurch musste Fàbregas von Van Persies Seite weichen, sich ins Mittelfeld zurückfallen lassen. Und Van Persie war noch mehr auf sich alleine gestellt. In der ersten Hälfte hatte der Holländer genau acht Ballkontakte.
Die Gunners spielten ein für sie sehr untypisches Spiel: Sie versuchten nicht, Barcelona zu „kopieren“, wie das sonst ihr Spiel ist – nein, sie überließen dem Gegner den Ball und wandten die „Bus-vorm-Tor“-Methode an. Vor allem Jack Wilshere, der auch schon mal im eigenen Strafraum Bälle abgrätscht, und Johan Djourou taten sich mit hervorragenden Leistungen hervor. Nach vorne allerdings ging wenig: Das Thema Nasri erledigte sich durch Dani Alves, und Rosický fand gegen den nicht ganz so auffälligen Adriano Correia ebenso nicht statt. Und die Mitte? Die war zu – denn weil Alves Nasri beschäftigte und Clichy hinten einrückte, konnte Pedro in die Zentrale driften. Barça hatte im Grunde alles unter Kontrolle, kam aber kaum mal durch.
Ein paar Brutalitäten waren auch dabei
Bemerkenswert war aber nicht nur, dass Arsenal gar keine Anzeichen von sich gab, wirklich etwas für die Offensive tun zu wollen – oder zu können, dank des erbarmungslosen Pressings von Barcelona -, sondern auch die erstaunlich robuste Gangart vor allem von Barcelona. Dani Alves klopfte Nasri ziemlich ab, vor allem Mascherano ging mit Fàbregas auch nicht gerade zärtlich um. Auf der anderen Seite hatte Arsenal jedoch Glück, als Diaby an der Strafraumgrenze Messi über die Klinge springen ließ (31.) – Schiri Busacca ließ Gnade vor Recht ergeben und gab keinen Elfmeter.
Barcelona tat sich gegen die untypisch tief stehenden Gunners sehr schwer, aber für die Blaugrana ist dies kein ungewohntes Spiel: Fast jeder stellt sich gegen Barça hinten rein. So war es auch nicht verwunderlich, dass Messi und Co. die Ruhe bewahrten und sich geduldig den Ball hin- und herschoben, biss sich womöglich doch einmal eine Lücke auftut. Und kurz vor der Halbzeit machte ausgerechnet Cesc Fàbregas, Katalane im Arsenal-Dress den entscheidenden Fehler: Allzu lässig spielte der den Ball mit der Ferse, Iniesta fing den Ball ab und bediente Messi. Und der ist nun mal Messi und so stand’s zur Pause 1:0 für Barcelona. Arsenal war nun gefordert.
Wozu was ändern, wenn’s Standards gibt?
Was Arsène Wenger für den zweiten Durchgang änderte? Erst einmal gar nichts. Das war ganz offensichtlich auch nicht zwingend notwendig – schließlich gelang der Ausgleich auch so, aus einem ganz profanen Eckball, denn Aushilfs-Innenverteidiger Busquets ins eigene Tor lenkte. Arsenal war wieder im Spiel und konnte nun den defensiven Ansatz genauso weiterführen wie vor dem Rückstand mit dem Pausenpfiff.
In der Theorie zumindest. Denn nur drei Minuten nach dem Ausgleich spielte Robin van Persie nach dem Abseitspfiff seinen Angriff noch fertig und ließ sich auch nicht davon irritieren, dass ihn keiner mehr ernsthaft bedrängte und auch Valdes ihn nur halbherzig empfing. Schiedsrichter Busacca hatte keine andere Wahl, als Van Persie zu verwarnen – dumm nur, dass der Holländer schon vor der Pause eine solche gesehen hatte. Somit war Arsenal ab Minute 56 ein Mann weniger.
Auswirkung auf’s Spiel? Erst mal keine.
Bei Arsenal bewegte sich ohne Van Persie nun Fàbregas etwas nach vorne, ansonsten bestand aber keine Veranlassung, viel zu ändern – schließlich mauerte sich auch Inter Mailand letztes Jahr mit zehn Mann ins Finale. So spielte hinten weiterhin die Viererkette plus Nasri, davor Wilshere mit Diaby und Rosický, und leicht davor Fàbregas. Leichter fiel es Barcelona gegen den dezimierten Gegner aber erst mal nicht – denn Van Persie war vorher schon der eine Spieler, der sich de facto nicht beteiligt hat und keine wirkliche Rolle gespielt hatte.
Doch anders als gegen Inter letztes Jahr schaffte es Barça in Minute 69 dann doch einmal, sich durchzukombinieren – Iniesta auf Villa, dieser legt für Xavi ab, und es stand 2:1. Damit war Barcelona nun deutlich im Vorteil: Denn obwohl es bei diesem Resultat in eine Verlängerung gegangen wäre, mit einem Mann mehr und dem Momentum auf der eigenen Seite musste Arsenal nun etwas Besonderes schaffen.
Doch noch bevor Wenger irgendwas ändern konnte, legte Koscielny Pedro. Und hatte noch Glück – denn auch das wäre eigentlich eine Pflicht-Gelbe gewesen, womit auch der Franzose geflogen wäre (genauso wie seine fiese Attacke an Villa in der 74. Minute – das war an sich glatt Rot). Doch Busacca ließ ihn leben. Schlechtes Gewissen oder Mitleid mit den Gunners? So oder so, Messi verwandelte locker zum 3:1.
Jetzt reagiert Wenger
Der Arsenal-Coach zog nun seine letzten zwei Joker (nachdem Almunia schon in der ersten Hälfte für den an der Hand verletzten Szczesny gekommen war): Arshavin durfte statt des unsichtbaren Rosický rein und Bendtner kam als Leuchtturm in der Spitze statt Fàbregas.
Viel gebracht hat das allerdings nicht wirklich: Arshavin kam gegen Adriano Correia ebenso wenig zur Geltung wie Rosický, zumal die Gunners keine echte Chance hatten, das sichere Kombinationsspiel von Barcelona zur durchbrechen. Es gab realistischerweise nur noch das hoffen auf einen Lucky Punch aus einem Konter.
Weil Barcelona, je näher es Richtung Schlusspfiff ging, aber immer leichtsinniger wurde, hätte das in der 87. Minute beinahe noch geklappt. Aber Mascherano war im letzten Moment noch vor Bendter am Ball – und so blieb es beim hochverdienten 3:1.
Fazit: Barça verdient weiter
Man kann argumentieren, dass der Ausschluss von Van Persie die Gunners entscheidend geschwächt hat. Und obwohl der Holländer im Spiel eigentlich keine Rolle spielte, stimmt das bis zu einem gewissen Grad natürlich, es nahm Arsenal einige Optionen im Konterspiel, als dieses in den letzten 20 Minuten gefragt gewesen wäre. Unstrittig ist aber, dass Busacca in der Folge Koscielny zwei mal leben ließ, als dieser um einen Ausschluss gebettelt hatte und schon in der ersten Hälfte einen Elfmeter für Barcelona hätte geben müssen.
Unstrittig ist aber, dass Barcelona in drei von vier Halbzeiten die zum Teil klar bessere Mannschaft war und zweifellos verdient ins Viertelfinale aufgestiegen ist. Arsenal versuchte es von Anfang an mit einer ungewohnt defensiven Herangehensweise und eine Halbzeit lang hat das auch wunderbar funktioniert. Aber letztlich entschied die höhere individuelle Klasse gegen den tief stehenden Gegner für Barça.
(phe)