Man braucht auch etwas Glück – und das hatte Arsenal beim letztlich zu hohen 3:0-Erfolg bei Manchester City. Denn die Gunners spielten zwar 85 Minuten in Überzahl, verpassten aber die frühe Entscheidung und kamen noch heftig in Bedrängnis. Weil Mancini in der Pause gut reagierte.
Nach dem klaren 5:1 über Donetsk wollte Arsenal nun auch in der Premier League nachlegen – aber Manchester City ist nicht Shakhtar, das wurde schnell deutlich. Denn City nahm sofort das Heft in die Hand, indem vor allem auf die linke Verteidigungsseite von Arsenal Druck ausgeübt wurde. Milner startete etwas ungewohnt rechts, dazu orientierte sich Silva auch auf diese Seite und selbst Tévez ging nach draußen. Denilson und Clichy konnten sich aber nicht zu zweit um bis zu vier Leute kümmern (wenn Richards auch noch mitging), sodass die Innenverteidigung von Arsenal ebenso Richtung Außenbahn rücken musste. Die Folge: Platz im Zentrum, den Silva gleich in der 1. Minute beinahe ausgenützt hätte. Ähnlich war das Strickmuster zwei Minuten später, als City zur nächsten großen Chance kam.
Arsenal drohte in den ersten Minuten, überrollt zu werden, ehe der statt Kolo Touré in der City-IV spielende Dedryk Boyata ihnen einen großen Gefallen tat: Er riss als letzter Mann Marouane Chamakh um und sah Rot – die vorentscheidende Situation in diesem Spiel schon in der 5. Minute! Denn somit war Arsenal im Spiel.
Mancini reagierte, indem Milner zunächst nach hinten ging und Richards ins Abwehrzentrum ging, diese Maßnahme wurde aber schnell verworfen und mit Yaya Touré war es schnell die logische Lösung in der Innenverteidigung. Milner ging dafür ins defensive Mittelfeld. Somit war nicht nur die linke City-Flanke verwaist, sondern Mancini gab nun auch die rechte auf. Somit war Gaël Clichy nicht mehr defensiv durch eine Übermacht an City-Spielern gebunden, sondern konnte sich nun recht frei nach vorne bewegen, Arshavin hinterlaufen und so diese Seite bei Arsenal extrem zu beleben. Erstaunlicherweise blieb die linke Flanke über Sagna und Nasri da etwas hintennach – Barry und Boateng machten hier einen guten Job.
Das defensive Mittelfeld von City schaffte es von Beginn an nicht, Fàbregas unter Kontrolle zu Bringen. Dadurch, dass er nun mehr Anspielptionen in seiner Nähe hatte und nicht nur Chamakh tief (weil Arshavin nach innen rückte, wenn Clichy nach vorne kam), verstärkte sich die Kontrolle von Arsenal nun sukzessive. Jedoch blieben die Gastgeber durch steile Pässe vor allem auf Tévez immer noch gefährlich. Hatte City etwas Zeit, um einen Angriff aufzubauen, war das Rezept weiterhin dasselbe wie zu Beginn: Tévez zieht einen Innenverteidiger nach außen, Silva soll im Zentrum den entstehenden Platz nützen.
Arsenal nützt die Überzahl
Es dauerte eine Viertelstunde, ehe sich auch Sagna und Nasri etwas freispielen konnten und sich City nun Gefahr von drei Fronten entgegen gestellt sah – von rechts, von links und auch von Fàbregas aus dem Zentrum. Nach einem Vorstoß über rechts kam der Ball zu Sagna links, es folgte ein Doppelpass von Nasri mit Arshavin, und in der 21. Minute stellte Arsenal auf 1:0.
Arsenal lehnte sich nun etwas zurück, was es City ermöglichte, sich der Umklammerung etwas zu lösen. So sorgte etwa Richards einmal für mächtige Verwirrung bei Squillaci und Djourou, als er plötzlich in Mittelstürmer-Position auftauchte und beinahe ausglich. Mancini stellte seine Defensive nun ein weiteres Mal um: Yaya Touré ging wieder ins Mittelfeld, weil nun seine Fähigkeiten in der Spielgestaltung weiter vorne gefragt waren. Dafür ging Boateng nach innen und Barry machte nun den Linksverteidiger. Diese Maßnahme zeigte durchaus Wirkung: Arsenal fiel es nun trotz überwältigender Überzahl im Mittelfeld schwer, Chancen zu kreieren und City war dank Yaya Touré – der nun beinahe wie ein Spielmacher agierte – wieder etwas zielstrebiger im Spiel nach vorne.
Die Hausherren waren wieder im Spiel zurück und wären wohl recht locker mit dem knappen Rückstand in die Pause gekommen, um sich dort sammeln zu können und am Plan für die zweite Hälfte zu feilen, wäre nicht Arsenal fahrlässig mit der Chance zur Entscheidung umgegangen – aber Fàbregas scheiterte vom Elfmeterpunkt an Joe Hart, nachdem er aus dem Strafraum hinauslaufend völlig sinnbefreit von Kompany gefoult worden war.
Man City dank Umstellungen wieder voll dabei
City kam also unbeschadet in die Pause und konnte dort endlich Ordnung in die zuvor heftig durchgewechselte Formation bringen. Bridge kam für Yaya Touré und spielte den Linksverteidiger; City lief nun in einem 4-1-3-1 auf – in der Mittelfeldreihe mit Barry, Silva und Milner vorm Sechser De Jong. Vorne ersetzte kurz nach dem Seitenwechsel Adebayor den sichtlich angeschlagegen Tévez.
Durch diese geschickten Umbauten in der Formation merkte man nun endgültig nicht mehr, dass City einen Mann weniger auf dem Platz hatten. Mit den aufrückenden Bridge und Richards gelang es nun, die Unterzahl im Mittelfeld auszugleichen und auch durchaus mit Zug nach vorne wieder aus der Kabine zu kommen; und außerdem hielten die Citizens somit auch Clichy und den im Laufe der ersten Hälfte immer mehr aufblühenden Sagna so sehr in Schach, dass sie nach vorne zunächst keine Faktoren mehr waren. Dass man allerdings in einen Konter lief, bei dem nur noch zwei Spieler hinten waren, hatte Mancini so sicher auch nicht geplant. Die Aktion in der 55. Minute konnte Arsenal aber nicht nützen.
Dennoch hatte City das Spiel wieder im Griff und war dem Ausgleich deutlich näher als Arsenal dem 2:0, Silva (57.) etwa hatte eine große Chance, gleich danach Adebayor (58.) – die Gäste waren in dieser Phase am eigenen Strafraum festgenagelt. Bei Arsenal ließ sich nun Fàbregas etwas weiter fallen, dafür entwickelten Denílson und Song, die zuvor ziemlich viel hinten gebunden waren, wieder deutlich mehr Vorwärtsdrang. Den Gunners gelang es so, das Mittelfeld wieder mehr unter eigene Herrschaft zu bringen, und mit dem 2:0 durch Song (66.) wurde das Team von Arséne Wenger auch prompt dafür belohnt.
Mancini brachte nun mit Mario Balotelli eine zweite Spitze, doch dieser Schuss ging nach hinten los. Denn ohne Gareth Barry, der für den Italiener ausgewechselt worden war, im Mittelfeld hatte Arsenal nun genau dort den Platz, um sich auszubreiten, den Ball zu kontrollieren und ohne allzu großen Aufwand die Zeit von der Uhr zu spielen. Das Spiel war entschieden, weil City kaum noch sinnvoll vor das Arsenal-Tor kam; und versuchte City es mit kontrolliertem Spielaufbau, standen sofort acht Arsenal-Spieler hinter dem Ball. Das 3:0 des in der Schlussphase für Chamakh eingewechselten Bendtner war nur noch Draufgabe, reine Kosmetik.
Fazit: City lange gleichwertig, Arsenal siegt zu hoch
Arsenal gewinnt zwar mit 3:0, der Sieg war aber alles andere als selbstverständlich und die Gunners hatten auch Glück. Zum einen, dass City 85 Minuten lang mit einem Mann weniger spielen musste – in den ersten Minuten war City drauf und dran, Arsenal zu überrollen. Und zum anderen, dass das 2:0 genau in eine Phase fiel, in der City das Spiel nach dem Seitenwechsel recht deutlich kontrollierte.
Mancini reagierte gut auf den Ausschluss, die Mannschaft fand sich im Laufe der ersten Hälfte trotz diverser Umstellungen wieder und in der zweiten Hälfte waren die Citizens, obwohl einen Mann weniger, wieder das spielbestimmende Team. Dass Mancini allerdings nach dem 0:2 einen zweiten Stürmer brachte und das Mittelfeld aufgab, hat das Match für City endgültig verloren.
(phe)