Sturm in der Europa League: Wiedersehen macht Freude

Wer sagt, dass die Europa League weniger Freude machen muss als die Champions League? Nicht nur, dass Sturm nun die Heimspiele auch wirklich daheim austragen darf und nicht nach Klagenfurt muss – nein, es gibt auch viele attraktive Gegner. Und auch erstaunlich viele Wiedersehen mit Vereinen, die man schon in der Vergangenheit zu großen Spielen getroffen hat.

Oder, anders gesagt: Sturm trifft in den kommenden Monaten viele alte Bekannte.

Nottingham Forest

Im Endspurt der Saison 1982/83 hat Sturm auf den letzten Metern noch Salzburg vom UEFA-Cup-Platz verdrängt. Im Europaup-Herbst kämpfte sich Sturm an Sportul Studenţesc aus Rumänien (2:1 in Bukarest, 0:0 daheim), erstaunlicherweise an Hellas Verona (2:2 in Italien, 0:0 in Graz) und Lok Leipzig (2:0 in Österreich, 0:1 in der DDR) vorbei ins Viertelfinale. Zeitgleich führte Sturm die Tabelle der 1. Division phasenweise an und war voll im Spitzenkampf mit dabei.

Es war nach dem Cupsieger-Bewerb 1975/76 das zweite Mal in der Vereinsgeschichte, dass man die Runde der letzten Acht erreicht hatte. Im März 1976 war man Eintracht Frankfurt deutlich unterlegen, im März 1984 ging es gegen Nottingham Forest. Vom großen Team, das 1979 und 1980 den Meistercup gewonnen hatte, waren nur noch drei Spieler dabei – Viv Anderson sowie Garry Birtles (der zwischendurch bei Manchester United nicht glücklich geworden war) und Ian Bowyer (der nach einem erfolglosen Jahr in Sunderland zurückgekehrt war).

Im Hinspiel setzte sich Nottingham im City Ground mit 1:0 durch, die Euphorie in Graz war aber dennoch riesig. Im alten Liebenauer Stadion wurden sogar extra Zusatztribünen aufgestellt, um noch mehr Menschen unterbringen zu können – letztlich waren es rund 20.000 Leute. Sie sahen, wie Sturm mutig spielte, sich nicht versteckte und durch ein Elfmeter-Tor von Božo Bakota kurz vor der Halbzeit sogar in Führung ging.

Das 1:0 hielt auch nach 90 Minuten so ging es in die Verlängerung. In der 112. Minute schließlich klärte Walter Hörmann, der ein großartiges Spiel abgeliefert hatte, eine Flanke zu kurz mit dem Kopf genau in Richtung Steve Hodge, er ging dem Ball nach, wollte über Hodge hinweg noch einmal zum Kopfball und rempelte Hodge dabei um. Referee Jushka aus der UdSSR zeigte sofort auf den Elfmeterpunkt und Robert Seeger brach am ORF-Mikro völlig verzweifelt beinahe in Tränen aus. Natürlich nahm Hodge den Rempler von Hörmann dankend an, es war keineswegs ein schweres Foul. Aber – zumindest mit heutigen Augen – kann man den schon geben.

Colin Walsh jedenfalls verwertete zum 1:1 und damit war die Europacup-Reise von Sturm auf dramatische Weise beendet. Drei Tage später büßten die Grazer mit einem 1:2 bei Abstiegskandidat St. Veit auch noch die realistische Chance auf den ersten Bundesliga-Titel ein, einen Monat später trat Trainer Gernot Fraydl zurück. Aus den elf Liga-Spielen nach dem Nottingham-Spiel gab es nur noch zwei Siege, dafür ein 0:6 in Innsbruck und ein 1:3 beim FavAC. So wurde sogar noch der Europacup-Platz verspielt.

Übrigens: Zeitgleich mit dem dramatischen Sturm-Aus gegen Nottingham schied Rapid kaum weniger dramatisch im Viertelfinale des Meistercups bei Dundee United aus.

Feyenoord

16 Jahre später war Sturm in der entscheidenden Quali-Runde zur Champions League, es ging um die dritte Hauptrunden-Teilnahme in Folge. Hapoel Tel-Aviv hatte der Vizemeister von 2000 mit 3:0 und 2:1 einigermaßen souverän überstanden, beim Rückspiel in Israel verletzte sich aber Ivica Vastic. Mit Feyenoord wartete ein dicker Brocken, der auch schon nach wenigen Minuten im Schwarzenegger-Stadion mit 1:0 in Führung ging. Sturm war schon recht klarer Außenseiter, bot den Niederländern aber auch ohne Vastic mit breiter Brust Paroli.

Nach 20 Minuten wird Juran im Strafroum gefoult, Schopp – in Abwesenheit von Vastic der Elferschütze – verwertete sicher mit einem Schuss auf die rechte Seite. Es blieb bis zum Schluss ein hitziger Schlaabtausch auf Augenhöhe, der mit zehn gegen zehn Spielern endete: Der einwechselte Cruz musste nach einer Tätlichkeit vom Feld, Strafner mit einer gelb-roten Karte. Und es gab am Ende sogar noch den Sieg für Sturm: Ferry de Haan hielt in der Nachspielzeit Gerry Strafner am Arm zurück, wieder gab es Elfmeter, wieder verwertete Schopp, wieder mit einem Schuss auf die rechte Seite.

Mit breiter Brust – und auch wieder mit Ivo Vastic, zumindest eine Halbzeit lang – waren die Grazer in Rotterdam angereist, Feyenoord übte vor allem nach dem Seitenwechsel zunehmend Druck aus. Aber nach einem für Jerzy Dudek unhaltbar abgefälschten 18-Meter-Schuss von Hannes Reinmayr nach einer Stunde hatte Sturm schon ein Bein in der Gruppenphase, Robert Seeger überschlug es die Stimme: „Tor, Tor! Wer sich jetzt nicht freut, dem ist nicht zu helfen!“ Kurz vor Schluss glich Feyenoord durch einen von Prilasnig unhaltbar abgefälschten Kopfball nach einer Freistoß-Flanke aus, aber beim 1:1 blieb es und Sturm war in der Gruppenphase…

… aber dazu später mehr.

Denn Feyenoord war auch 22 Jahre später wieder Gegner der Grazer, und zwar in der Gruppenphase der Europa League. Der Vizemeister von 2022 war in der Champions-League-Quali knapp an Dynamo Kyiv gescheitert, aber mit einem 1:0-Sieg gegen den dänischen Vizemeister Midtjylland vielversprechend gestartet. Dann ging es nach Rotterdam und es ging ziemlich schief. Schon zur Halbzeit war das von Arne Slot trainierte Team mit 4:0 im Vorsprung, am Ende setzte es für Sturm gar eine 0:6-Ohrfeige.

Zwei Remis gegen Lazio später kamen die Niederländer, die am Ende der Saison Meister der Eredivisie werden sollten, in die Merkur-Arena. Dort musste Trainer Ilzer krankheitsbedingt auf Jon Gorenc-Stankovič verzichten, auch Giorgi Kiteishvili – der sich mit Achillessehnenproblemen durch den Herbst schleppte – war zunächst nicht mit dabei.

Wieder war Feyenoord tonangebend, aber nicht mehr ganz so zwingend wie noch beim Hinspiel. Nach einer Stunde kam Kiteishvili dann doch und immer mehr drückte nun Sturm an. Bis es in der Nachspielzeit der Georgier selbst war, der von der Strafraumgrenze abzog und das Tor zum 1:0-Sieg erzielte.

Eine Woche später verlor Sturm jedoch in Herning, beim FC Midtjylland. Ein Remis hätte auf jeden Fall für den Aufstieg gereicht, aber die Grazer gerieten früh in Rückstand – Dante hatte sich recht billig von Isaksen stehen lassen und Dreyer traf zum 1:0 nach einer Viertelstunde. In der Folge konnte Sturm nie den nötigen Druck aufbauen, halb durch die zweite Halbzeit setzte es das 0:2 und damit das komplette Aus – alle vier Teams in der Gruppe landeten am Ende bei acht Punkten und das 0:6 in Rotterdam hatte die Tordifferenz entscheidend verhagelt.

Auch gegen den FC Midtjylland wird Sturm in dieser Europa League spielen, wieder auswärts, gleich zum Start.

Panathinaikos

Springen wir noch einmal zurück in die Champions-League-Saison 2000/01, in der sich Sturm in der Qualifikation gegen Feyenoord durchgesetzt hatte. Es folgte ja damals der legendäre Herbst, in dem Sturm Gruppensieger wurde, vor Galatasaray, den Rangers und Monaco. Der Lohn war eine Zwischenrunden-Gruppe mit Manchester United, Valencia und Panathinaikos. Gegen die Spanier (0:2 im Mestalla) und die Englander (0:2 daheim) setzte es zum Auftakt erwartbare Niederlagen.

Nach der kurzen Euroacup-Winterpause warteten die beiden Spiele gegen Panathinaikos und Mario Haas war wieder mit dabei: Nach anderthalb überwiegend unerquicklichen Jahren in Straßburg war der Stürmer wieder zu Sturm zurückgekehrt.

Panathinaikos hatte in der ersten Gruppenphase immerhin Juventus Turin eliminiert, mit einem 3:1-Heimsieg am letzten Spieltag, war also alles andere als Fallobst. In einem vom Niveau her eher flachen Heimspiel hatten die Griechen die besseren Chancen, ein 40-Meter-Freistoß von Vastic war die einzige nennenswerte Aktion vor der Pause. In der 56. Minute schließlich kam Mario Haas für Sergej Juran ins Spiel und dreieinhalb Minuten später wurde er von Vastic ideal freigespielt, Haas umkurvte noch Nikopolidis und netzte zum 1:0.

Panathinaikos warf in der Schlussphase alles nach vorne, blieb aber weitgehend harmlos und aus einem Konter leitete Haas, von Fleurquin angespielt, auf den am Strafraum-Eck lauernden Kocijan weiter und dieser traf zum 2:0-Endstand.

Eine Woche später in Athen ging Sturm durch einen sehenswerten Schopp-Volley nach einer mindestens ebenso sehenswerten Minavand-Flanke in Führung. Panathinaikos agierte zwar mit sehr hoher Linie, aber auch sehr umständlich, so ergaben sich immer wieder Räume für Sturm-Konter. Einen davon schloss Haas zum 2:0 ab, die Vorentscheidung noch vor der Pause. Danach ließen sich die Grazer etwas gar weit hinten reindrücken, Panathinaikos kam halb durch die zweite Hälfte zum Anschlusstreffer, aber der Grazer 2:1-Sieg hielt.

Es folgten einige magere Jahre für Sturm, Konkurs inklusive, aber unter neuer Vereinsführung und auch unter neuer sportlicher Führung qualifizierte man sich im Herbst 2009 für die Gruppenphase der Europa League. Gegner war, neben Galatasaray und Dinamo Bukarest, auch wieder Panathinaikos.

Das sind zwei Spiele, die so ein wenig im Nebel der Erinnerung verschwunden sind. Mit der 0:2-Niederlage in Athen und der 0:1-Niederlage in Graz sind, wie mit dem ganzen Europa-League-Herbst, einfach keine Geschichten verbunden, die den Relevanz-Test der Zeit bestanden hätten. Sturm verlor auch beide Matches gegen die Rumänen (0:1 daheim, 1:2 bei Dinamo), immerhin gab es ein 1:1 bei Galatasaray (ja, das war noch im alten Ali Sami Yen) und ein 1:0 daheim gegen die Reservisten der Türken im für beide bedeutungslosen letzten Gruppenspiel.

Wenn man sich an ein Match aus dieser Europacup-Saison von Sturm erinnert, dan vermutlich an den 1:0-Sieg auswärts bei Metalist Kharkiv durch ein Tor von Daniel Beichler, mit dem man sich überhaupt erst für diese Gruppenphase qualifiziert hat.

Rangers

Sehr wohl mit einer großen Geschichte verbunden, und da wären wir wieder beim Herbst 2000, sind Spiele gegen die Glasgow Rangers. Das 0:5 im Ibrox zum Start in die damalige Gruppenphase ließ schon Schlimmes erahnen, aber es kam bekanntlich ganz anders. Mit dem 3:0-Heimsieg gegen Galatasaray direkt danach. Mit dem 2:0-Heimsieg gegen den AS Monaco, nachdem man zuvor auch im Fürstentum 0:5 untergegangen war.

Und natürlich mit dem 2:0-Sieg gegen das Team der protestantischen Hälfte von Glasgow, mit dem man den Gruppensieg letztlich aufsetzte. Vastic verletzt, Schopp gesperrt, doch die Tabellensituation hatte die Gäste aus Schottland schon mit dem Rücken zur Wand. Ein ein weiter Prilasnig-Seitenwechsel brachte nach 20 Minuten Reinmayr an den Ball, dessen Flanke über das halbe Spielfeld fand den von der Rangers-Deckung alleine gelassenen Juran, dieser spielte noch Christensen aus und traf zum 1:0.

Die Rangers warfen in der Folge die Nerven völlig über Bord. Abwehrspieler Lorenzo Amoruso geriet in ein Schreiduell mit Trainer Advocaat, aus der luftigen Dreierkette wurde doch wieder eine normale Vierer-Abwehr, aber der Schaden war längst angerichtet und als Giovanni van Bronckhorst, gerade zurück von Verletzung, nach einer Stunde raus musste, war es um die Rangers im Grunde geschehen. Prilasnig machte praktisch mit dem Schlusspfiff noch den Deckel drauf.

Salzburg und Rapid

Von den acht Gegnern hat Sturm nur gegen Celtic, Roter Stern und Brann Bergen noch nie ein Europacup-Match bestritten. Wesentlich weniger Déjà-vu werden die anderen beiden österreichischen Vertreter haben: Salzburg trifft auf den FC Basel, der 2013 im Achtelfinale der Europa League den richtigen Schlüssel gefunden hat, um die zuvor mit Hallo und Hurra über Ajax drübergekrachten Salzburger abzukochen. Die anderen sieben Kontrahenten (Porto, Ferencváros, Go Ahead Eagles, Aston Villa, Lyon, Freiburg und Bologna) sind zumindest für Salzburg Neuland.

Und Rapid trifft auf zwei alte bekannte. Zum einen Omonia Nicosia – der WAC-Bezwinger und die Hütteldorfer haben schon in der vergangenen Saison in der Conference-League-Ligaphase gegeneinander gespielt und die Zyprer brachten Rapid da die einzige Niederlage bei – 1:3 endete es. Und im August 1998 spielten die Teams in der UEFA-Cup-Qualifikation aufeinander und Rapid machte es spannend. Eine 1:3-Auswärtsniederlage konnte man mit einem 2:0 daheim gerade noch drehen.

Ein deutlich größerer Name ist da natürlich die Fiorentina, die zweimal Gegner von Rapid war. Zum einen vor zwei Jahren, als die Truppe aus der Toskana als amtierender Finalist der Conference League zweieinhalb Monate nach dem verlorenen Endspiel gegen West Ham nach Hütteldorf musste. Rapid gewann mit einer starken Leistung 1:0, konnte das im Rückspiel aber nicht ganz halten. Die Fiorentina gewann mit einem Doppelpack von Nico González mit 2:0.

Und einmal, das ist ganz lange her – wir schreiben den Herbst 1961 und Rapid hat in der 1. Runde des Europacups der Cupsieger den bulgarischen Vertreter Spartak Varna eliminiert (0:0 daheim und 5:2 auswärts). Am 25. Oktober 1961 reiste Rapid in die Toskana und stand auf verlorenem Posten, verlor 1:3. Noch viel schlimmer sollte es aber im Rückspiel werden: Die von Nándor Hidekguti trainierte Fiorentina überrannte Rapid im Prater, bis zur 88. Minute stand es sogar 6:0, ehe der aus Nürnberg stammende Max Schmid noch zwei Ehrentreffer schoss.

Die Spielpläne

Sturm Graz

Mi, 24.09. um 18.45 – Midtjylland gegen Sturm
Do, 02.10. um 21.00 – Sturm gegen Rangers
Do, 23.10. um 21.00 – Celtic gegen Sturm
Do, 06.11. um 18.45 – Sturm gegen Nottingham
Do, 27.11. um 21.00 – Panathinaikos gegen Sturm
Do, 11.12. um 18.45 – Sturm gegen Roter Stern
Do, 22.01. um 18.45 – Feyenoord gegen Sturm
Do, 29.01. um 21.00 – Sturm gegen Brann Bergen

Salzburg

Do, 25.09. und 21.00 – Salzburg gegen FC Porto
Do, 02.10. um 21.00 – Lyon gegen Salzburg
Do, 23.10. um 18.45 – Salzburg gegen Ferencváros
Do, 06.11. um 18.45 – Salzburg gegen Go Ahead Eagles
Do, 27.11. um 21.00 – Bologna gegen Salzburg
Do, 11.12. um 21.00 – Freiburg gegen Salzburg
Do, 22.01. um 21.00 – Salzburg gegen Basel
Do, 29.01. um 21.00 – Aston Villa gegen Salzburg

Rapid

Do, 02.10. um 18.45 – Lech Posen gegen Rapid
Do, 23.10. um 21.00 – Rapid gegen Fiorentina
Do, 06.11. um 21.00 – Rapid gegen U Craiova
Do, 27.11. um 18.45 – Raków Częstochowa gegen Rapid
Do, 11.12. um 21.00 – Rapid gegen Omonia
Do, 18.12. um 21.00 – Zrinjski Mostar gegen Rapid

Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.