Togo wurde wegen Einmischung der Regierung beim Abzug vom Afrikacup für vier Jahre gesperrt. Doch auch, wenn das Strafmaß brutal ist: Togo zeigte, wie schon bei der WM in Deutschland, schreckliches Krisen-Management und verstieß gegen sämtliche Regeln – darf sich also nicht wundern.
Am Freitag, dem 8. Jänner, drei Tage vor dem ersten geplanten Spiel gegen Ghana, reiste die Delegation aus Togo aus der DR Kongo in die angolanische Exklave Cabinda ein – entgegen der strikten Anweisung des Veranstalters, unter keinen Umständen mit dem Bus einzureisen, sondern dies in jedem Fall per Flugzeug zu tun. Die Geschichte ist bekannt: Der Bus kam an der Grenze in einen Schusswechsel, drei Menschen starben.
Das war ein Schock und es ist nur allzu verstänldlich, dass sich die Mannschaft in der ersten Reaktion nur noch vom Turnier zurückziehen wollte. An ein sinnvolles und konkurrenzfähiges Antreten der Mannschaft war selbstredend nicht mehr zu denken. Der Rückzug war schon mehr oder weniger beschlossene Sache. So weit, so richtig – und so korrekt. Aber dann ging das Chaos los. In der Nacht von Samstag auf Sonntag, also eineinhalb Tage vor dem ersten Spiel, soll es eine Mannschaftssitzung gegeben haben, in der sich das Team entschieden haben soll, doch teilzunehmen und das Spiel gegen Ghana in Angriff zu nehmen. „“Wir hatten gestern ein Treffen aller Spieler“, erklärte Emanuel Adebayor, „und wir sagten uns, dass wir als Fußballer etwas Gutes für unser Land tun sollten und jenen, die verstorben sind, unsere Ehre erweisen wollen. Leider haben der Staatschef und die Behörden eine andere Entscheidung getroffen!“
Denn die Angelegenheit lief nun endgültig aus dem Ruder: Togos Staatspräsident Gilbert Houngbo untersagte mit heftiger Rhetorik („Wer spielt, repräsentiert nicht sein Land!“) der Mannschaft die Teilnahme und schickte seinen Privatjet nach Cabinda, um die Mannschaft auszufliegen. In dem Moment, als die Mannschaft sich dem Druck beugte, war das Schicksal Togos besiegelt. Tags darauf, wenige Stunden vor dem geplanten Spiel gegen Ghana, wurde Togo offiziell vom Turnier disqualifiziert – wohl in erster Linie, um sich Terminchaos, Punkteprämien für nicht ausgetragene Spiele und so weiter zu ersparen. Sprich, um sich rechtlich abzusichern.
Nun ist es jedem, der sich ein kleines bisschen mit dem internationalen Sport beschäftigt, klar, dass es kein Sportverband dieser Welt – sei es die FIFA, der IOC, oder eben auch der afrikanische Verband CAF – der Politik erlaubt, sich in ihre Bereiche einzumischen. Die FIFA sperrte wegen politischer Einflussnahme zuletzt etwa Guinea von der Teilnahme an der WM-Quali 2006 aus, Griechenland durfte vor drei Jahren einige Monate keine internationalen Spiele austragen; das IOC hat derzeit Kuwait suspendiert, und so weiter.
Nun wurde es aber schon bei der WM in Deutschland, für die sich Togo überraschend qualifiziert hatte, augenscheinlich, dass der Verband an Unprofessionalität kaum zu überbieten war. Im Vorfeld wurde es versäumt, Prämien vernünftig auszuhandeln, die Mannschaft drohte vor dem ersten Spiel mit Streik, Teamchef Otto Pfister wurde es zu bunt und er trat zwei Tage vor dem Spiel zurück, nur um dann doch zum Spiel zu kommen, welches sich die Mannschaft dann doch nicht entgehen lassen wollte. Ähnlich unkoordiniert und wirr reagierte man auf den Anschlag von Cabinda.
Natürlich ist es tragisch, was am 8. Jänner passiert ist. Natürlich ist es ein Fehler der Organisatoren gewesen, ausgerechnet in dem einen Fleck Angola, an dem bewaffnete Seperatisten am Werk sind, Spiele anzusetzen. Natürlich ist das Strafmaß, Togo gleich von zwei Afrikacups auszuschließen, brutal hart und angesichts der Ereignisse sicherlich überzogen. Und natürlich ist die Wut in Togo groß, dass diese Entscheidung nun so getroffen wurde.
Aber man muss auch dem CAF zugestehen, dass er juristisch keine andere Wahl hatte, als Sanktionen zu verhängen. Eben weil es nicht sein kann und nicht sein darf, dass Schlupflöcher geschaffen werden, welche die ohne jeden Zweifel absolut notwendige Regelung, dass sich Regierungen nicht in Sportangelegenheiten einmischen dürfen, aushöhlen könnten. Die oben genannten Beispiele Guinea und Griechenland waren insofern anders gelagert, als die Sperren aufgehoben wurden, sobald sich die Regierung aus den Geschäften der Verbände zurückzog. Das geht nun im Falle Togos nicht, weil sich die Einmischung auf eine bestimmte Aktion zu einem bestimmten Zeitpunkt ereignete, und sich nicht über einen längeren Zeitraum erstreckte.
Mit Sicherheit wird der Verband Togos gegen das Urteil Protest einlegen, und es ist davon auszugehen, dass das Strafmaß nach unten korrigiert wird. Aber derjenige, der das zu Verantworten hat, ist nicht CAF-Präsident Issa Hayatou, nicht unmittelbar OK-Chef Justino Fernandes – sondern Togos Staatspräsident Gilbert Houngbo. Hätte er sich nicht eingemischt, wäre Togo nicht bestraft worden, weil sich in diesem Fall kein reglementarisches Fehlverhalten ergeben hätte. Völlig unabhängig davon, ob das Team nun angetreten wäre oder nicht.
Ja, es ist zynisch. Und ja, angesichts der Vorfälle ist ein gewisses Maß an Verwirrung und Chaos nicht zu vermeiden. Und ja, die Mannschaft selbst kann nichts dafür. Aber dass sich die Politik nicht einmischen darf, müssen nun mal alle wissen. Das ist die oberste Regel eines jeden großen Sportverbandes. Da kann und darf es keine Ausnahmen geben. Und wenn ein Staatspräsident (zumal, wie in diesem Fall, im Endeffekt sogar gegen den Willen der Spieler) solche Aktionen setzt, ist er der Hauptschuldige.
So traurig das auch ist.