Österreich fährt einen verdienten und nie ernsthaft gefährdeten 1:0-Sieg in Slowenien ein. Zwar wurde kein großer Glanz versprüht, aber das Team von Franco Foda zeigte sich deutlich aktiver als bei der seltsamen Vorstellung gegen Israel drei Tage zuvor und hatte den Gegner zumeist gut im Griff. Damit ist die zweite EM-Teilnahme hintereinander schon so gut wie fix.
Zumindest nicht komplett passiv
Mit Ausnahme des angeschlagenen Arnautovic spielte Österreich mit exakt der selben Aufstellung wie beim 3:1-Sieg über Israel. Die Spielanlage war aber deutlich weniger passiv.
Es war nicht der wilde Pressing-Furor wie in den frühen Koller-Jahren oder auch beim 0:0 im September in Polen. Aber es wurde doch situativ der ballführende Slowene angelaufen – mit besonderer Vorliebe lief Laimer seinen Gegenspieler Stojanovic an, Baumgartlinger bzw. Sabitzer kümmerten sich um Krhin bzw. die Innenverteidigung.
Zwar war es fast immer nur ein Österreicher, der anlief, und allzu viele Bälle wurden auf diese Weise auch nicht erobert. Aber man limitierte den durchsichtigen slowenischen Aufbau weiter.
Umschalten vs. Aufbauen
Das ÖFB-Team hatte die besten Momente, wenn es nach Ballgewinnen in der eigenen Hälfte schnell umschalten konnte. Mit wenigen Pässen wurde das Mittelfeld überbrückt und die Löcher im bemerkenswert lange unsortierten slowenischen Verbund gesucht.
Wenn ein eigener, geregelte Spielaufbau von hinten gefragt war, war hingegen nicht viel geboten. Das in diesem Fällen klar gestaffelte 4-4-2 der Hausherren ließ wenig zu, zudem war das Tempo bei Österreich zu gering und es gab auch nur vereinzelte Laufwege, um die Slowenen auseinander zu ziehen. Lange Bälle in die grobe Richtung von Gregoritsch waren nicht selten das Mittel der Wahl.
Slowenien wie vor einem Jahrzehnt
Man hatte nicht nur bei Österreich, sondern auch bei Slowenien den Eindruck, dass mit einem etwas weniger phantasielosen Trainer ein deutlich variantenreicheres Spiel möglich wäre. Denn Matjaz Kek ließ spielen wie vor zehn Jahren. Wörtlich gemeint.
Man kann aus einer unserer Analysen Sloweniens von der WM 2010 zitieren, er trifft immer noch zu: „Die Mittelfeldzentrale im 4-4-2 ist unmissverständlich defensiv, Aktivität kommt über die Außen“. Der Trainer hieß auch damals Matjaz Kek und auch 2019 geht bei Slowenien fast alles über die Außenbahnen. Das Zentrum mit Krhin (meist etwas tiefer) und Kurtic staffelte sich defensiv gut und harmonierte, Impulse kamen von ihnen aber keine. Ihre Aufgabe war es eher, den Österreicherin die Passwege zuzustellen.
Schlüsselspieler auf Außen
Bezjak rechts und Verbic link waren die wichtigsten Spieler im Aufbau. Sie (oder der sich oft etwas zurückfallende Ilicic) waren die gesuchten Passoptionen. Die Flügelspieler versuchten, bis auf Strafraumhöhe zu kommen und dann ihre Flanken anzubringen.
Die Slowenen agierten technisch ganz gut und sie hatten im Angriffsdrittel zuweilen ganz gute, individuelle Aktionen. Deutlich besser als mit dem Ball klappte aber die Arbeit gegen den Ball. Auch hier waren Bezjak und Verbic entscheidend: Denn gemeinsam mit ihren Hintermännern Stojanovic und Balkovec sollten sie die österreichischen Außenspieler doppeln und den Zeit am Ball nehmen.
Die Österreicher konnten sich zumeist gut aus diesen Situationen befreien, aber es behinderte den Aufbau spürbar.
Unspektakulärer Spielverlauf
Österreich hatte also Probleme, sich aus dem Spiel in gute Abschlusspositionen zu bringen. Dafür kam das ÖFB-Team zu zahlreichen Standardsituationen. Damit war es fast klar, dass das Tor zur 1:0-Führung aus einem Eckball erzielt wurde, in den Posch seinen Kopf hinein hielt.
Sloweniens Trainer Kek wechselte nach einer Stunde seine müde gelaufenen Mittelfeld-Außen aus und warf mit Beric einen weiteren gelernten Mittelstürmer hinein; Ilicic übernahm dafür die rechte und Zajc die linke Angriffsseite. Auf der Jagd nach dem Ausgleich blieben vor allem im defensiven Umschalten immer mehr Räume im Zentrum offen. Diese bespielte Österreich allerdings nur halbherzig.
Letztlich änderte sich an der grundsätzlichen Statik des Matches über 90 Minuten aber nur sehr wenig. Und vor einem slowenischen Ausgleich musste man sich kaum fürchten: Mit der Brechstange war auch das letzte Stückchen Spielkultur bei den Hausherren erloschen. Das ÖFB-Team hatte keine Probleme, das 1:0 über die Zeit zu bringen.
Fazit: EM-Ticket fast fix. Und doch….
Österreich kontrollierte das Spiel vor allem in der letzten halben Stunde recht lässig und war auch dafür das bessere, reifere, höherklassige Team. Der Sieg ist hochverdient, er war nicht glanzvoll, aber doch relativ problemlos. Wenn’s aus dem Spiel nicht geht, muss eben ein Eckball herhalten, das kommt vor. Ernsthafte Gefahr, das Match zu verlieren, bestand für das ÖFB-Team zu keinem Zeitpunkt.
Es wurde einfach ohne Schnörkel die Pflicht erfüllt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Die Folge des zweiten 1:0-Sieges über Slowenien ist klar und erfreulich: Österreich kann das EM-Ticket nur noch verpassen, wenn beide ausstehenden Spiele – daheim gegen Nordmazedonien und auswärts in Lettland – verloren werden. Kaum vorstellbar. Und selbst wenn: Dann müsste immer noch Slowenien in Polen gewinnen bzw. Nordmazedonien gegen Israel.
Also: Österreich wird mit 95-prozentiger Sicherheit bei der EM im kommenden Jahr teilnehmen. Mindestens.
Das ist wunderbar und ein Grund zur Freude. Und doch ist die Stimmungslage (noch?) nicht mit jener vor vier Jahren vergleichbar, als sich das ÖFB-Team unter Marcel Koller für die EM 2016 qualifiziert hat. Zu sehr hat man den Eindruck, dass mit diesen Spielern deutlich mehr drin wäre als das, was in zumindest der Hälfte der EM-Quali-Spieler an vorsichtigem Fußball zu sehen war. Marcel Koller stand für die Einstellung, gewinnen zu wollen. Frando Foda für das Ziel, nicht zu verlieren. Das engergiegeladene Spiel des Schweizers riss die Fans mit. Das unterkühlte Spiel des Deutschen wärmt keine Herzen.
Das ist einerseits Jammern auf hohem Niveau: Nach dem unglücklichen 0:1 gegen Polen und dem Selbstfaller in Israel gab es 16 von 18 möglichen Punkten, und selbst beim 0:0 in Warschau war Österreich das deutlich bessere Team. Andererseits, und das ist sicher auch ein Grund für die fehlende Euphorie: Dass dies qualitativ eine historisch schlechte Gruppe ist. Vor vier Jahren waren Russland und Schweden zumindest gute Namen, die eigentlich immer bei den Endrunden dabei sind.
Das geht bei Slowenien, Nordmazedonien und Israel beim besten Willen nicht. Man kann nur die Gegner besiegen, die einem vorgesetzt werden. Dass dieses Trio – und in Wahrheit auch Polen – einfach nicht gut sind, dafür kann das ÖFB-Team nichts. Für eine Mannschaft der Qualität von Österreich sollte es eigentlich unmöglich sein, in so einer Gruppe nicht unter die Top-2 zu kommen.
Man muss diese Teams einfach schlagen, wenn man zu einer EM will. Und das hat Österreich getan. Punkt.