Leo Windtner wird also der Nachfolger von Friedrich Stickler als ÖFB-Präsident. Der langjährige oberösterreichische Landesverbands-Chef, der schon in diversen Personalfragen (Teamchef usw.) als „Königsmacher“ aufgetrene Boss der Energie AG wurde nun also selber quasi zum König gewählt. Einem Herrscher mit begrenztem Einfluss, wie nach dem angekündigten Struktur-Reförmchen klar ist. Aber sein Wort wird dennoch Gewicht haben.
[ad#bv_test]Über das sich abzeichnende Duell mit Günter Kaltenbrunner, was die Neubesetzung des Postens angeht, waren sich ja schon Wochen im Voraus alle klar. Nur spricht es – diese Kritik müssen sich die Herren gefallen lassen – nicht für die Transparenz beim Fußballbund, dass zwar jeder Betrachter wohl einen persönlichen Favoriten in diesem Rennen hatte, jedoch keiner wirklich wusste, wofür die einzelnen Kandidaten (wenn man auch den letztlich erwartungsgemäß chancenlosen Schnellschuss Gerhard Skoff noch dazurechnet) eigentlich so genau stehen. Ja, es gab interne Hearings. Aber über deren Inhalt haben sich Widntner, Kaltenbrunner, Skoff, die acht verbleibenden Landespräsidenten und der Mattersburger Gartenzwerg Pucher als Bundesliga-Boss in einer ganz und gar österreich-untypischen Omertà ausgeschwiegen. Schade eigentlich – denn außer Klischees, die in der Öffentlichkeit breitgetreten wurden (Kaltenbrunner als Ex-Kicker und Rapidler, Windtner als biedere interne Lösung), wurde inhaltlich so gut wie nichts greifbar. Schade eigentlich.
Dass Pucher gegen den Wunsch der Bundesliga-Vereine, die er eigentlich vertreten sollte, für Kaltenbrunner gestimmt hat, wird ihm das Leben mit den Vereinen nicht erleichtern. Wobei hier die Frage Klärung bedarf, was schlimmer ist – dass Pucher gegen den Bundesliga-Willen stimmte, oder dass er das tat, ohne die Vereine vorher überhaupt zu fragen. In seiner Position als Bundesliga-Vorstand ein schlimmer Affront seinen Klienten gegenüber. Sicher ist: Es wird seine Position innerhalb des Machtgefüges Bundesliga/ÖFB nicht direkt stärken. Zumal sich weiter unten die Vereine schon die Leute suchen, die ihrem Ansinnen eine Stimme verleihen – siehe Franz Grad in Oberösterreich (der der Regionalliga-feindlichen Stimmung in seinem Bundesland ein Gesicht verleiht). Die Windtner-Nachfolge in der Linzer Daimlerstraße (dem Sitz der OÖFV) wird wohl nicht zu den Geburtstags-Geschenken des nächste Woche 70 werdenen Kapperl-Trägers und Pasching-Machers gehören. Selbst, wenn er wollte (und er hat sein grundsätzliches Interesse an diesem Posten schon mehrmals bekräftigt) – er weiß genau, dass er wegen seines Images und auch seines fortgeschrittenen Alters keine Mehrheit bekommen würde. Darum beschränkt er sich auf das, was er am Besten kann: Poltern und Polemisieren. Sein gute langjährige persönliche Beziehung zu Windtner jedoch könnte durchaus dafür sorgen, dass in das seit Jahren bestehende wahllose Herumgeschiebe und Gejammere in Fragen der Ligenstruktur nun doch konstruktive Bewegung kommt. Denn man kann von dem von Grad neu entflammten OÖ-Liga-Aufstiegs-Streik (13 der 14 Vereine weigern sich, in die Regionalliga Mitte aufzusteigen) halten was mal will – aber dass es eines grundsätzlichen Überdenkens der Ligenstruktur bedarf, ist ein weithin anerkannter Umstand. Nicht nur in der wohl auch von Windtner unantastbaren Bundesliga, aber vor allem darunter: Alle wollen in die Bundesliga rauf, von den Landesligen abwärts geht auch allen gut – nur dazwischen schüttelt’s die Vereine wie nix Gutes. Das wird eine der zentralen Aufgaben von Windtner sein: Hier muss eine gesunde Ordnung her. Wie auch immer die dann im Endeffekt aussieht.
Aber gleich zu Beginn seiner Amtszeit wartet ein besonderes Gustostückerl von typisch österreichischem Fußball-Schwachsinn auf ihn. Und zwar einen, der noch viel bezeichnender für den rot-weiß-roten Fußball ist als die (wirtschaftlich sicher nicht ganz unbegründete) Weigerung von ein paar Vereinen, in eine sportlich nicht ganz schwache und für Vertreter mancher Gegenden nur mit Kopf- und Bauchweh zu finanzierende Liga aufzusteigen. Der Landesverband von Niederösterreich (der für Windtner gestimmt hat, im Übrigen) hat der Frank-Stronach-Akademie (FSA) in Hollabrunn den bevorstehenden Lizenz-Entzug in Aussicht gestellt. Grund dafür ist nicht etwa eine schlechte finanzielle Lage, eine mangelhafte Ausstattung oder ein fehlender Trägerverein. Nein, der Grund ist genauso unglaublich wie dümmlich: In Niederösterreich gibt es mit St. Pölten und Südstadt schon zwei Akademien, eine dritte widerspricht den Statuten.
Hintergrund: Die Wiener Austria, mit deren Lizenz vom Wiener Landesverband die FSA bislang lief, hat ab Herbst eine eigene Akademie, nachdem Stronach sich von den Violetten zurückgezogen hatte. Stronachs Plan: Die FSA sollte unter die Fittiche seines neuen Projekts in Wiener Neustadt gestellt werden. Was der NÖFV verweigerte, mit Verweis auf die Akademien von SKN St. Pölten und der Admira. Dieser Paragraph stammt aus einer Zeit, wo der damals einzige Profi-Verein aus Niederösterreich (die Admira) im Dauerzustand wackelte, der FCN St. Pölten gerade krachen gegangen war, Stronach noch bei der Austria und Schwanenstadt noch in Schwanenstadt war. Sprich: Niederösterreich hatte gerade einen Profiverein, selbst an einen zweiten war nicht zu denken. Geschweige denn an einen dritten, wie es Magna Wiener Neustadt jetzt ist. „Bündelung der Kräfte“ hieß das Zauberwort, das drei Akademien für ein Bundesland (selbst für das enorm einwohnerstarke Niederösterreich) für nicht sinnvoll erachtete. Klar: Bei den Entscheidungsträgern in Niederösterreich wäre es bei sensiblerem Verhalten der beteiligten Personen sicherlich möglich gewesen, die Statuten dahingehend zu ändern, dass eine dritte Akademie möglich ist. Schließlich wird Niederösterreich ab Sommer womöglich das Bundesland mit den meisten Profi-Vereinen sein (nämlich vier). Aber einem Peter Svetits, der jeden seiner Arbeitgeber wie eine Weihnachtsgans ausnahm, völlig sinnlos zahllose Spieler anheuerte, und sportlich wie finanziell verbrannte Erde hinterließ (und sich dafür feiern lässt und als einziger Funktionär Österreichs mit Ahnung sieht) als Geschäftsführer des Vereins Magna Wiener Neustadt wollte man dann doch ein Hackl ins Kreuz rammen. Und auch, wenn die bevorstehende Schließung der FSA in der Sache eine Katastrophe ist: Mit dieser Motivation ist die Verweigerung einer Lizenz für die FSA mit dem FC Magna als Trägerverein sogar nachzuvollziehen.
Sportlich ist die Schließung ein schwerer Schlag, denn da war Hollabrunn praktisch führend in Österreich. Auch wenn böse Zungen behaupten, die FSA wäre eine „Fachschule für intelligente Burschen, die nebenbei ganz gut kicken“ – sie brachte in ihren neun Jahren einige Bundesliga-Kicker heraus. Die Austria-Hoffnungen Markus Suttner, Michael Madl und Florian Metz zum Beispiel, LASK-Flügelflitzer Christoph Saurer, Mega-Talent Andi Ulmer, Schottland-Legionär Olejnik und Teamküken Rubin Okotie sind unter den Absolventen, um nur einige zu nennen. In Ländern wie Holland ist eine solche Akademie im Übrigen unabdingbare Grundvoraussetzung für eine Lizenz in den höchsten beiden Ligen. Und das ist auch ein ganz zentraler Punkt in der Aufgaben-Agenda von Leo Windtner. Denn den Schildbürgerstreich des Niederösterreichischen Landesverbandes hat er so quasi zum Einstand geschenkt bekommen, und als bekannter Fan und Förderer des Nachwuchsfußballs, den Windtner schon als OÖFV-Boss sehr groß geschrieben und zur recht wichtig genommen hat, wird ihn diese Entscheidung mit Sicherheit nicht kalt lassen. Und auch, wenn sich manche Maßnahmen, die er in Oberösterreich eingeführt hat, eher als blödsinnig erwiesen haben (wie die Stammspieler-Regelung, nach der acht Spieler auf dem Spielbericht seit mindestens drei Jahren beim Verein sein müssen) – guter Wille ist ihm gerade in Jugendfußball-Fragen nicht abzusprechen.
Ja, Windtner kommt als Verbands-Chef vom Breitensport – das muss aber kein Nachteil sein, zumindest nicht im Fußball. Der Spitzenbereich ist in Österreich ohnehin kein wirklicher solcher, viel wichtiger wäre es, die Grundveraussetzungen für den Nachwuchs zu optimieren, und ihnen den Übergang zum Profifußball zu erleichtern. Etwas, das Windtner schon selbst als eine seiner Hauptaufgaben definiert hat.
Also, bevor jetzt schon alle auf Windtner hinhauen, bevor er in seiner designierten Funktion überhaupt etwas gemacht hat – schauen wir, wie er sich auf seinem neuen Posten verhält.
Dann kann man immer noch fröhliches Windtner-Bashing betreiben.
(phe)