Gegner in die eigene Hälfte locken, um sie erst dort anzupressen und gerade jene Gegner, die auf robustes Spiel und hohe Intensität setzen, rechts zu überholen – das ist, was die ÖFB-Frauen beim Istrien-Cup erprobt haben. Österreich trat eher als Bully auf, anstatt sich selbst einschüchtern zu lassen. Womit durchaus Wirkungstreffer erzielt wurden.
Ein auch an dieser Stelle immer wieder gerne zitiertes Beispiel für die Weiterentwicklung der ÖFB-Frauen ist ein Testspiel gegen die Slowakei im August 2011, das dritte Länderspiel unter Dominik Thalhammer. Es endete für Österreich in einem 0:4-Debakel – drei Jahre und einen Monat später war Österreich zum zweiten Mal in Serie Qualigruppen-Zweiter geworden, die Slowakei gleichzeitig Letzter.
1:1 gegen die Slowakei
Das erste Aufeinandertreffen seither, das erste Spiel bei diesem Istrien-Cup, litt in erster Linie unter jenen schlechten Platzverhältnissen, die es mit Ausnahme von Rovinj überall beim Turnier gegeben hat. Die Slowakinnen stellten sich in ihrem 4-1-4-1 recht defensiv auf und legten ihr Spiel auf lange Bälle nach vorne an. So kam Österreich nie wunschgemäß in das hohe Pressingspiel.
Hinzu kommt, dass viele Slowakinnen ihre Gegner gut kennen – Matysova ist bei Österreichs Tabellenführer St. Pölten Kapitänin; Biroova, Vojtekova und Skorvankova spielen bei Neulengbach, Klechova bis 2013 ebenso. Als Nici Billa nach 70 Minuten endlich auf 1:0 stellte, kassierte man postwendend den Ausgleich.
Personell orientierte sich Thalhammer weitgehend am 2:2 im letzten Test in Spanien, einzige Ausnahme war Gini Kirchberger, die statt Kapitänin Viki Schnaderbeck in die Innenverteidigung rückte. In der Halbzeit gab’s den Wechsel zurück.
1:0 gegen Ungarn
Das Spiel gegen Ungarn, bzw. der Umgang damit seitens des magyarischen Verbandes, war auch ein Lehrstück zum Dechiffrieren von Zitaten. Ungarns Teamchefin Edina Marko meinte da nämlich, dass „meine Mannschaft gut organisiert gestanden ist und, gemessen an den Torchancen, sich ein Remis verdient hätte“. In der Realität heißt das: Ungarn hat sich mit allen elf Spielerinnen am eigenen Strafraum eingebunkert und sonst 90 Minuten lang eigentlich gar nichts gemacht.
„Die waren noch defensiver und noch passiver als in unseren Spielen zuletzt in der WM-Quali“, bestätigt auch Österreichs Teamchef Thalhammer. So tat sich sein Team in einem von Sturmböen immer wieder beeinträchtigen Spiel wiederum schwer, den Riegel zu knacken, kam überhaupt nicht zum Anlaufen der Gegner – wen hätte man auch anpressen sollen, die Ungarinnen wollten den Ball ja auch gar nicht – und genau das ist die wahrscheinlich größte Schwäche der ÖFB-Frauen. Eine andere Schwäche aus vergangenen Tagen konnte man zu einer Stärke machen, aber dazu später mehr.
Lisa Makas, nach einem im ersten Spiel erlittenen Nasenbeinbruch mit Maske unterwegs, erzielte kurz nach Wiederanpfiff das 1:0, bei dem blieb es auch. Immerhin. Nun ist die Bilanz gegen Ungarn nach dem 13. Duell (gegen kein anderes Team spielte Österreich so oft) erstmals positiv (6 Siege, 2 Remis, 5 Niederlagen). Die letzten vier Spiele gegen den Nachbarn gewann Österreich dabei allesamt.
Das Schlüsselspiel – 2:0 gegen Irland
Bislang hatten die ÖFB-Frauen Irland in schlechter Erinnerung – beim bisher einzigen Duell in Dublin vor zwei Jahren verschwand das ganze Gepäck auf dem Flug, man musste sich eine komplette Ausrüstung vor Ort neu besorgen, und dann gab man auch noch eine 2:0-Führung her und spielte nur 2:2. Nun aber steht „Irland“ für ein weiteres, positives Schlüsselerlebnis.
Anstatt nämlich den Gegner hoch anzupressen, wie es auch Irland erwartete, überließ man den Irinnen den Ball, stellte sich in zwei Viererketten in der eigenen Hälfte auf, und agierte mit einem sehr tiefen Pressing. Sprich: Man ließ Irland in die eigene Hälfte und presste die Ballführende erst dort an. Die gewonnen Bälle wurden dann im flinken Umschaltspiel auf die schnelle Prohaska rechts oder die noch schnellere Makas links gegeben, um die Unordnung beim Gegner auszunützen. Irland war schon mit diesem überraschenden Zugang einigermaßen überfordert.
Ebenso wie – und damit zur einstigen Schwäche Österreichs – vom körperlich ungemein robusten Zugang des ÖFB-Teams. Das ging sogar so weit, dass sich Irlands Teamchefin Sue Ronan während des Spiels über die harte Gangart von Österreich beschwerte („Kommt mal runter, das ist doch nur ein Testspiel!“) und sich danach beeindruckt zeigte („Sehr scharf, sehr athletisch, große und starke Mädels„).
2:1 gegen Frankreich B
Das Finale verpasste man wegen der Tordifferenz, so ging’s im Spiel um Platz drei gegen die B-Auswahl von Frankreich – das A-Team holte zeitgleich Platz zwei beim Algarve-Cup. Dieses B-Team bestand, grob gesagt, aus den besten Spielerinnen vom Rest der französischen Liga hinter den Top-Teams Lyon und PSG.
In diesem Spiel switchte Österreich dann zweimal. Es wurde mit dem gewohnten hohen Pressing begonnen, was aber nicht den gewünschten Erfolg hatte. Darum wurde auf das gegen Irland erprobte Abwehrpressing umgestellt, bekam das Spiel so in den Griff und ging auch 2:0 in Front, am Ende wurde wieder vermehrt die französische Spieleröffnung angegangen.
Zudem kamen für die zweite Halbzeit vier Spielerinnen, die (wenn’s drauf ankommt) eher zum Stamm gehören dürften – also RV Maierhofer, LV Aschauer, ZM Zadrazil und RM Prohaska statt Tabotta, Tieber, Eder und Pöltl. Zadrzil und Billa sorgten per Doppelschlag in den Minuten 59 und 61 für das 2:0, Billa hatte danach sogar das 3:0 auf dem Fuß, ehe Pauline Crammer per Hand-Elfer den 2:1-Endstand parierte.
Auch Jean-François Niemezcki, der die Französinnen betreute, maulte im offiziellen Statement über die aggressive Spielweise von Österreich. Thalhammer: „Diese Körperlichkeit ist der größte Unterschied von Frankreich B zu Frankreich A. Denn technisch sind auch die Spielerinnen der B-Mannschaft ausgesprochen gut ausgebildet.“
Fazit: Repertoire wieder erweitert
Genau gegen solche Gegner wie Ungarn, Slowakei oder Irland muss Österreich in der anstehenden EM-Qualifikation – die im April ausgelost wird – alle Spiele gewinnen, um sich für die Endrunde 2017 in Holland möglichst ohne den Umweg Play-Off zu qualifizieren. Dass man es drauf hat, Teams aus der zweiten Reihe (Finnland) und der dritten (Irland), die gerade über ihre Körperlichkeit kommen, auf diesem Gebiet zu überholen, ist dabei ein gutes Zeichen.
Dennoch wird es mit erhöhtem Standing immer mehr so werden, dass sich Topf-3-Teams wie Ungarn und Topf-4-Teams wie die Slowakei gegen Österreich nur hinten reinstellen und den Strafraum zumachen. Weil sie eben wissen, dass sie weder spielerisch, noch körperlich und schon gar nicht taktisch in der Lage sind, Österreich beizukommen, sondern nur dadurch, indem man den Bus parkt.
„Nur mit einer Aggressivität und einer Intensität, wie sie vor allem gegen Irland zu sehen war, können wir uns Hoffnungen auf ein EM-Ticket machen“, insistiert Thalhammer. Und sicher ist auch: Österreich gehört mittlerweile zu den Topf-2-Teams, die Mannschaften aus den anderen Töpfen (von den echten Top-Teams Deutschland, Frankreich und Schweden mal abgesehen) eher lieber nicht ziehen möchten.