2:2 auswärts gegen Spanien – das Resultat im ersten Test des Jahres für die ÖFB-Frauen kann sich sehen lassen. Vor allem, wenn man bedenkt, dass es vor drei Jahren gegen den gleichen Gegner noch ein 1:4 gesetzt hatte und Spanien sich souverän für die WM im Sommer qualifiziert hat. Für Österreich war es aber nicht nur ein gutes Ergebnis, sondern auch der Versuch, sich inhaltlich weiter zu verbessern. Und für eine wichtige Spielerin war’s das Comeback nach über einem Jahr Verletzungspause.
Nach Platz 2 in der starken WM-Quali-Gruppe liegt nun schon der Fokus auf die im Herbst startende EM-Qualifikation. Das Testspiel gegen Spanien war der Abschluss eines Kurz-Trainingslagers in der Nähe von Murcia, das Match fand in der Küstenstadt San Pedro del Pinatar statt.
Das Spiel
Für EM-Viertelfinalist Spanien war dies der erste Test in der Vorbereitung für die WM im Sommer, im FIFA-Ranking (das bei den Frauen deutlich realistischer berechnet wird als bei den Männern) liegt Spanien auf Rang 15, innerhalb von Europa auf Platz acht – also durchaus ein Gegner von Qualität. Prunkstück ist die Offensive mit Veró Boquete, einer der besten Offensiv-Allrounderinnen weltweit.
Spanien ging recht flott in Führung, hatte auch in der Folge mehr vom Spiel und einige Chancen, aber kurz vor der Pause nützte Nina Burger eine Schlafmützigkeit in der spanischen Abwehr bei einem von der Mittellinie in den Strafraum geschlagenen Freistoß zum 1:1. In der zweiten Hälfte gelang Spanien erneut die Führung, aber nach einer schlecht geklärten Ecke drosch Sophie Maierhofer den Ball zum 2:2 über die Linie.
„Spanien hatte mehr Spielanteile, aber je länger das Spiel dauerte, desto weniger zwingend wurden sie“, resümierte Innenverteidigerin Carina Wenninger, „wir hatten auch einige gute, gezielte Aktionen vor das spanische Tor.“ Wie etwa eine Chance von Lisa Makas kurz vor Schluss, die fast sogar den Sieg bedeutet hätte. „Dafür, dass wir fünf Monate nicht zusammen waren, haben wir recht okay gespielt“, sagt auch Kapitänin Viktoria Schnaderbeck, „wiewohl noch Luft nach oben war. Schön, wenn man das nach einem 2:2 gegen einen so guten Gegner sagen kann.“
Der taktische Schwerpunkt
„In dem einen Jahr, das ich nicht dabei war, ist vor allem im Bereich Pressing, Gegenpressing und Vertikalspiel vieles besser geworden“, vergleicht Wenninger, die ja wegen eines Kreuzbandrisses seit Dezember 2013 außer Gefecht war. Dennoch war Teamchef Thalhammer da, allen Fortschritten zum Trotz, nicht ganz zufrieden.
Gerade bei den Auswärtsspielen in Finnland und Frankreich, also den starken Gruppengegnern, wurde vorne zwar mit ziemlichem Furor angepresst. „Aber die Zahl der im Angriffsdrittel gewonnenen Bälle war dennoch viel zu gering“, so Thalhammer, der in diesem dreitägigen Kurz-Trainingslager in der Nähe von Murcia darauf den Schwerpunkt legte: „Das Anlaufen des Gegners muss noch kompakter und noch konsequenter werden.“
Dazu wird weiter auch an Varianten bei ruhenden Bällen gearbeitet, was etwa vor einem Jahr beim Algarve-Cup schon mit erstaunlich vielen Toren aus Eckbällen belohnt wurde. Nicht selten auch mit eher eigenwillig anmutenden Varianten wie dieser hier:
Diesmal versuchte man sich an einer Anstoß-Variante, ähnlich jener, die Zdenek Zeman im Herbst, als er noch Cagliari-Coach war, mit Erfolg gegen Inter Mailand probierte: Anstoß, eine ganze Horde an Spielern rennt nach vorne, der Ball zurück zur Innenverteidigung, und dann hoher Ball in die Zone mit Überzahl.
Das führte in diesem Fall zwar nicht zum Erfolg, zeigt aber, dass man weiterhin gewillt ist, auch bei Standards mit innovativen bzw. alternativen Ideen arbeiten zu wollen.
Die Rückkehrerin
Carina Wenninger war erstmals seit ihrem Kreuzbandriss am 7. Dezember 2013 wieder dabei. „Ich hab‘ mich mega gefreut, die ganzen Leute wieder zu sehen“, so die Bayern-Innenverteidigerin. Die das Jahr, das sie ausfiel, aber nicht als verlorenes Jahr sehen will: „Ich habe die Gelegenheit genützt, mich im athletischen Bereich zu verbessern. Das betrifft ganz generell die Kraft, aber auch die Stabilität des Körpers von Kopf bis Fuß.“
„Die stundenlangen Sessions in der Reha kann man auch als Lernprozess sehen, der einen von der Psyche her stärker machen kann“, so Wenninger. Sofern fit, ist die 24-jährige Steirerin im ÖFB-Team gesetzt, beim FC Bayern könnte es ob der im Herbst auch ohne ihr extrem stabilen Defensive kurzfristig schwer werden: „Gerade im Defensiv-Verbund wird nicht so leicht gewechselt, wenn dazu keine Not besteht.“
Die Debütantin
Sophie Maierhofer, 18-jährige Steirerin in Diensten von Bundesliga-Tabellenführer St. Pölten, vertrat auf der Linksverteidiger-Position Verena Aschauer (die Freiburg-Legionärin laboriert an einer zähen Schambein-Verletzung – dass das dauern kann, weiß man spätestens seit Steffen Hofmann). „Ihr Einsatz war eigentlich nicht geplant, aber ich hab’s ihr schon zugetraut“, so Teamchef Thalhammer, „und wie unerschrocken sie ihre Gegenspielerin Corredera im Griff hatte, war imponierend.“ Außerdem erzielte sie eben das Tor zum 2:2-Endstand.
Maierhofer, die im Nationalen Zentrum für Frauenfußball in St. Pölten ausgebildet wird, kann daher auch mittelfristig durchaus ein echtes Thema für das Team sein – im April beim Test gegen den Weltranglisten-Zehnten Australien wird sie aber so gut wie sicher nicht dabei sein. Die EM-Quali des U-19-Teams hat da Vorrang.
Die Vielseitige
Eigentlich ist Viktoria Schnaderbeck ja im Mittelfeld-Zentrum vorgesehen, in Abwesenheit der verletzten Wenninger wurde sie 2014 aber im Team zur Innenverteidigerin umfunktioniert und machte das mit ihrer Routine und ihrem Spielverständnis sehr gut. Beim 2:2 gegen Spanien war Wenninger wieder da, dafür fehlte die kurzfristig erkrankte Gini Kirchberger, und Schnaderbeck wurde wieder hinten gebraucht. Eine längerfristige Lösung? „Möglich“, sagt der Teamchef.
Im starken Herbst bei den Bayern etablierte sich die 24-Jährige als Rechtsverteidigerin – was im ÖFB-Team ja eine Position ist, auf der seit längerer Zeit nach der richtigen Besetzung gesucht wird. „Warum nicht“, kann sich Schnaderbeck einen Einsatz auch im Team auf der RV-Position vorstellen, „ich kenn’s ja mittlerweile vom Verein und ich hab‘ ja auch in der Vergangenheit schon auf vielen Positionen gespielt.“
Der Istrien-Cup
Anfang März absolvieren die ÖFB-Frauen vier Spiele beim Istrien-Cup, der zeitgleich zu den etwas renommierteren Test-Turnieren an der Algarve und in Zypern abgehalten wird. Dass es dort nicht gegen Teams aus der tatsächlichen bzw. erweiterten Weltklasse geht, sondern „nur“ gegen die Mittelklasse-Teams Slowakei, Ungarn und Irland, ist dabei nicht einmal ein Nachteil.
„Das ist genau das Richtige“, bestätigt Schnaderbeck: „Wir müssen lernen, gegen solche Gegner noch mehr zu dominieren und sie noch mehr mit den spielerischen Mitteln, die wir mittlerweile haben, in Schach zu halten.“ Gerade gegen die schwächeren Gegner in der WM-Quali (Ungarn, Kasachstan, Bulgarien) ließ man es an genau diesen Attributen vermissen. „Wie wir gegen diese Teams spielen, wird ziemlich sicher den Ausschlag darüber geben, ob wir uns für die EM 2017 qualifizieren oder nicht“, ist Schnaderbeck sicher.
Die EM-Quali
Nach den vier Testspielen in Kroatien und dem Freunschaftsspiel gegen WM-Viertelfinalist Australien geht der Blick zur Auslosung für die EM-Qualifikation. Im Rennen um die 15 freien Plätze für die Endrunde, die 2017 in Holland stattfinden wird, hat sich Österreich dank der zweiten Plätze in den letzten beiden Quali-Kampagnen erstmals in den 2. Topf nach vorne gearbeitet. Neben den acht Gruppensiegern sind auch die sechs besseren Zweiten direkt qualifiziert, die beiden restlichen Zweiten spielen im Play-Off um das letzte Ticket.
„Aus dem 1. Topf brauch ich nicht wieder Frankreich“, sagt Wenninger, „auch nicht zwingend Deutschland“. „Lieber ein Team wie Italien oder Island, das eher in unserer Reichweite liegt“, lautet auch der Wunsch von Schnaderbeck. Mindestens ebenso wichtig wird aber sein, wer aus dem 3. Topf kommt. „Aber egal, wer da kommt – die müssen wir alle schlagen“, betont Wenninger, „wir sind ja nicht durch Zufall im zweiten Topf“. Gelost wird am 13. April.
Die Bundesliga
Die Liga in Österreich (in der St. Pölten klar auf Meisterkurs ist, Abo-Meister Neulengbach wird wohl abgelöst werden) startet erst in einem Monat in die Rückrunde, jene in Deutschland schon an diesem Wochenende. Damit auch für viele ÖFB-Teamspielerinnen – also neben dem Bayern-Quartett (Schnaderbeck, Wenninger, Feiersinger, Zinsberger) auch für Mittelfeld-Spielerin Puntigam und LV Aschauer (beide Freiburg) und für IV Gini Kirchberger (Duisburg). Dazu startet Bremen-Legionärin Katharina Schiechtl in der 2. Liga ins Frühjahr.
Kirchberger hat beim Vorletzten Duisburg eine neue Trainerin bekommen (Ex-DFB-Stürmerin Inka Grings) und wurde zur Kapitänin befördert, der Kampf um den Klassenerhalt wird aber sehr schwierig. Freiburg wird im gesicherten Mittelfeld ankommen und die Bayern haben es im Herbst geschafft, in die Phalanx aus Wolfsburg, Potsdam und Frankfurt einzubrechen.
„Es hat im Herbst sensationell funktioniert, das Team hat schnell zusammengefunden“, so Schnaderbeck, „wenn wir das halten können, darf man damit schon echt zufrieden sein. Wolfsburg hat weiter eingekauft, ist auch noch in allen Bewerben mit dabei. Frankfurt und Potsdam darf man dazu nie abschreiben. Potsdam ist körperlich immer sehr stark und Frankfurt hat eine sehr hohe individuelle Klasse.“
Erst einmal ein paar Wochen nicht mitwirken kann bei Bayern aber Laura Feiersinger. Sie hat sich zwar von ihrem Schien- und Wadenbeinbruch vor einem Jahr erholt, fällt nun aber mit einer Muskelverletzung aus. „Bitter, es sind ja nur noch neun Spiele für uns“, so Wenninger. Für den Istrien-Cup wird Feiersinger vermutlich auch ausfallen.