Exakt ein Jahr nach ihrem Kreuzbandriss kehrt Barbara Dunst ins österreichische Frauen-Nationalteam zurück. Dieses absolviert in Andalusien ein Trainingslager mit zwei Testspielen gegen Finnland (27.11., wegen des zeitglichen U-17-WM-Finales der Burschen nicht im TV) und die Ukraine (1.12, live auf ORF Sport plus).
Am 3. Dezember 2024 verpasste Österreich nicht nur im Playoff gegen Polen die EM-Endrunde, nein, bei diesem Spiel zog sich kurz vor der Halbzeitpause auch Dunst die erste echte Verletzung ihrer Karriere zu. Seither ist sie von Eintracht Frankfurt zu Bayern München gewechselt, die ÖFB-Frauen haben einen neuen Teamchef bekommen und die Steirerin hat sich zurückgekämpft. Im Interview spricht sie über Francesco, Verantwortung und das „verheerende Verpassen der EM“.

FOTO: ÖFB/JASMIN WALTER
Wie geht’s Francesco? Laura Wienroither hat nämlich vor einiger Zeit in einem Interview gesagt, dass sich ihr Knie nach ihrem Kreuzbandriss nicht mehr so angefühlt hat, wie sie es vorher gewohnt war und dass sie das durchaus verunsichert hat.
Barbara Dunst: Man muss wissen, dass jedes Knie anders ist. Jeder hat einen anderen Heilungsverlauf, ich selbst habe im März auch noch mal einen kleinen Eingriff gehabt. Jetzt ist es sehr gut… aber klar, wenn ich jetzt in der Früh aufstehe, ist es sicher nicht mehr so wie früher. Es ist ein bisschen steifer, man muss es viel pflegen und es hört auch nicht auf. Ich muss weiterhin regelmäßig zur Physio gehen und schauen, dass die Streckung gut passt. Es ist eine Verletzung, die ein gewisses Risiko für die nächsten Karrierejahre birgt. Umso wichtiger ist es, dass du wirklich einen gezielten Plan hast, dass du gewisse Sachen ausbalancieren kannst und es gilt der klassische Spruch: „Der Muskel schützt das Gelenk.“ Das hat mir der Dr. Christian Fink auch so eingetrichtert und deswegen muss ich einfach mehr machen als davor.
Hattest du Probleme, die Verletzung zu aktepzieren?
Barbara Dunst: Ich hatte noch nie ein Training oder ein Spiel wegen Verletzung verpasst, deshalb war es für mich spannend, wie sich so etwas wirklich anfühlt. Aber mein Kopf hat das von Anfang an zu 99 Prozent gut weggesteckt. Nur: Ich habe erst vor drei Wochen wieder zum ersten Mal gespielt und muss noch aufpassen, dass ich das selbst nicht ganz vergesse und nicht zu schnell zu viel will. Ich muss auf die Belastungssteuerung achten.
Inwieweit hat das hat dieses Jahr jetzt mit dir persönlich etwas gemacht? Hat sich da was verändert in der Art und Weise, wie man da den Sport angeht?
Barbara Dunst: Man macht gewisse Erfahrungen, wenn man erwachsen wird – sei es jetzt privat oder im fußballerischen Bereich mit Verletzungen oder anderen Dingen. Ich hatte davor schon eine gewisse Resilienz entwickelt, aber diesen Verletzungsfaktor habe ich nicht gekannt. Ich habe es bei Lisa Makas mitbekommen oder bei Viki Schnaderbeck – aber auch wenn man es mitbekommt, man kann es nicht nachvollziehen, wenn man es nicht selbst erlebt hat, einfach weg zu sein. Man sieht, dass es am Anfang dann heißt „Gute Besserung“ und „Come Back Stronger“ – aber wer meldet sich dann wirklich nach fünf Monaten noch bei dir? Welche Freunde bleiben dann, welches Umfeld, wenn du in dieser Fußball-Bubble gerade nicht präsent bist?
„Man muss einfach sagen: Das Business wird dreckiger. Entweder, du hältst das aus oder du hältst es nicht aus.“
Wie war das bei dir?
Barbara Dunst: Mein Umfeld hat mich unterstützt bis zum letzten Tag in meiner Reha. Das war für mich die schönste Erfahrung: Dass ich ein Umfeld habe, wo ich nicht nur die Fussball-Dunsti bin, sondern das auch den Mensch sieht. Man muss einfach sagen: Das Business wird, wenn ich das so ausdrücken darf, dreckiger. Entweder du hältst das aus oder du hältst es nicht aus, du überlebst oder du überlebst es nicht. Und da ist es dann doch dein ehrliches und offenes, direktes Umfeld, das dir hilft.
Es gibt vom Cupspiel in Ingolstadt zuletzt, wo du erstmals von Beginn gespielt und auch gleich ein Tor geschossen hast, ein Bild von deinem emotionalen Torjubel. War das in dem Moment für dich eher ein Abschluss dieser Verletzungs-Zeit oder mehr ein Aufbruch nach vorn nach dem Motto „Ich bin wieder da“?
Barbara Dunst: Ich hab von Anfang an irgendwie diese Verletzung nicht schlimm gesehen oder gedacht, „ich bin jetzt weg“. Es war für mich eine Chance, mich neu zu sortieren, auch mit dem Wechsel nach München. Das war ein krasser Neuanfang, weil ich eine sehr prägende Zeit in Frankfurt gehabt habe. Ich bin da groß geworden, ich habe da Erfolge feiern dürfen. Aber ich habe mir gesagt: „Okay, passt, ich bin jetzt in München, ich bringe mich ein, ich verstecke mich nicht, bin einfach ich selbst“ – und die Mädels haben das auch voll zugelassen. Ich fühle mich sehr sehr wohl in der Mannschaft und ich habe die nötige Sicherheit bekommen, auch vom Trainer, der sich ab Tag 1 immer erkundigt hat, wie es mir in der Reha geht. Und das Tor gegen Ingolstadt war die Kirsche auf der Torte nach der ganzen Arbeit.
„Es hat sich bei mir etwas verändert, dass ich mich das jetzt aussprechen traue: Ich kenne meinen Wert und hinter dem werde ich stehen. Das lasse ich mir auch nicht nehmen.“
Jetzt fehlen beim ÖFB-Team viele Stammkräfte auch mit Kreuzbandrissen, Laura Feiersinger ist zurückgetreten. Spürst du da für dich auch die Notwendigkeit, dich als Führungsfigur mit deiner Erfahrung noch mehr in diese Position einzubringen?
Barbara Dunst: Ich traue mich heute zu sagen: Ich bin 28 Jahre alt, habe 87 Länderspiele und ich durfte mit einer Generation wachsen, die den österreichischen Frauenfußball groß gemacht hat. Das war wirklich für mich sehr besonders und das weiß ich jetzt umso mehr zu schätzen. Man macht eine gewisse Entwicklung von zwanzig bis dreißig, ich werde immer versuchen, meine Identität und meine Erfahrungen einzubringen. Ich fühle mich auch bereit, Verantwortung zu übernehmen. Es hat sich bei mir etwas verändert, dass ich mich das jetzt aussprechen traue. Ich kenne meinen Wert und hinter dem werde ich stehen. Das lasse ich mir auch nicht nehmen.
Wie war die Rückkehr zum Nationalteam?
Barbara Dunst: Für mich war spannend, wenn man weg war und dann zurück kommt: Wie wird man abgeholt? Wie wird man mitgenommen? Da spreche ich jetzt nicht nur vom Trainer, sondern auch von Spielerinnen. Es wäre jetzt leicht zu sagen „Ja, Dunsti, jetzt bist du zurück, wir brauchen dich.“ Wie sind die letzten Monate abgelaufen? Wie bin ich in den Prozess integriert worden? Das ist, glaube ich, ganz wichtig. Ich werde Verantwortung übernehmen, das ist mir mittlerweile auch sehr wichtig, weil mir das Nationalteam sehr wichtig ist. Und ich will jetzt zu dieser Weltmeisterschaft! Ich glaube nämlich, dass das nicht jedem bewusst ist – aber dass wir bei der EM jetzt nicht dabei waren, ist für unseren Namen und für die ganz jungen Spielerinnen, die jetzt nach Deutschland gehen, verheerend gewesen. Verheerend für unseren Marktwert, generell für unsere Außendarstellung. Verheerend! Deswegen müssen wir zu einer WM.
Die präferierte Spielformation von Alex Schriebl ist die Raute – ein System, das du aus Frankfurt sehr gut kennst. Macht das die Re-Integration für dich auch bei dem für dich neuen Teamchef ein bisschen leichter?
Barbara Dunst: Ja, es ist mein absolutes Lieblingssystem und habe das ganz, ganz lange in Frankfurt gespielt. Es ist aber defensiv sehr anspruchsvoll, weil sehr weite Wege zu gehen sind, wenn Seitenverlagerungen vom Gegner eintreten. Für dieses System muss vieles passen, vor allem defensiv. Und das hat man leider schon gesehen, dass wir gegen gute Mannschaften – oder selbst jetzt auch gegen Tschechien – Probleme haben, gewisse Räume zu schließen. Da ist dieser Lehrgang sehr wichtig, um den Schwerpunkt auch darauf zu legen.
Vielen Dank und alles Gute!