So spielte Europa 2025 – Teil 1: Die Plätze 55 bis 33

Österreich ist bei der WM! Und wo steht das ÖFB-Team am Ende dieser Qualifikation im inner-europäischen Vergleich? Wie schon vor zwei Jahren stellen wir auch nach diesem beendeten Quali-Zyklus die Mannschaften des europäischen Verbandes vor. Wie sind die Nationalteams in diesem Jahr aufgelaufen, mit welchen Spielern von welchen Klubs, in welcher Grundformation – und was lässt sich zu ihnen sagen?

Wie bei uns üblich, orientieren wir uns am Elo-Rating, um die Mannschaften nach ihren tatsächlichen Resultaten unter Berücksichtigung der Stärke der Gegner in den letzten Jahren zu sortieren. Hier der ersten von drei Teilen unserer Bilanz, die Plätze 55 bis 33. Spoiler: Österreich ist in diesem Bereich nicht dabei. Dafür drei der vier Gruppengegner.

Platz 55 (gleich wie 2023): San Marino

Den sensationellen Aufstieg in die C-Liga der Nations League mit den ersten Siegen seit 20 Jahren zum Trotz: San Marino ist und bleibt das schlechteste Team auf dem Kontinent, auch wenn nun die halbe Mannschaft bei einem nahegelegenen Fünftligisten in Italien zusammen spielt – was immer noch stärker sein dürfte als die eigene Liga. Immerhin hat das Team aus dem Kleinstaat mit etwa so vielen Einwohnern wie Bregenz nun im weltweiten Ranking jenes des 240-Millionen-Staates Pakistan überholt.

Platz 54 (=): Liechtenstein

Apropos Bregenz, beim aktuellen Zweitliga-Letzten spielt auch Simon Lüchinger und damit gehört er im Kader von Liechtenstein schon deutlich zu den höherklassigen. Die Bilanz von 0:31 Toren und wie schon vor zwei Jahren null Punkten ist sehr ernüchternd und letztes Jahr in der Nations League hat die Truppe beide Matches gegen San Marino verloren. Vor 14 Jahren hat Liechtenstein als 48. im europäischen Ranking immerhin fünf Teams hinter sich gelassen. Setzt sich der aktuelle Trend fort, hängt am Rheinpark bald die rote Laterne.

Platz 53 (=): Gibraltar

Mit gleich vielen Punkten – nämlich null – wie Liechtenstein und San Marino steht Gibraltar da, immerhin gelangen aber vier Tore. Drei Stammkräfte spielen beim nationalen Liga-Primus Lincoln und damit in der Conference League im Europacup, der Rest bewegt sich überwiegend im Regional- oder Jugendfußball. In EM-und WM-Qualifikationen wartet die Truppe vom Affenfelsen auch nach dem sechsten Anlauf noch auf einen Punktgewinn.

Platz 52 (=): Andorra

Für den Pyrenäen-Kleinstaat ist die letzte Nullrunde hingegen schon ein Jahrzehnt her und auch diesmal konnten die Mannen von Teamchef Koldo Álvarez und dessen Sohn Iker im Tor wieder anschreiben – es gab ein 2:2 in Lettland, England hielt man bei 0:1 und 0:2, sehr respektabel das alles. Vor allem, wenn man bedenkt, dass auch hier so gut wie alle im deutlich unterklassigen Liga-Betrieb unterwegs sind.

Platz 51 (-2): Litauen

Im Basketball gehört Litauen als ehemaliger Europameister und mehrfacher Olympia-Medaillist zur erweiterten Weltspitze, im Fußball hat man in seiner ganzen Geschichte kaum mehr als eine Handvoll Spieler von internationalem Format hervorgebracht. Einer davon ist der ehemalige FC-Porto-Stürmer Edgaras Jankauskas, der seit drei Jahren mit überschaubarem Erfolg das Team verwaltet. Auffällig: Die litauische Liga ist nicht gut, aber selbst aus dieser gibt spielt niemand als Stammkraft im Nationalteam, das auf einem historischen Tiefpunkt steht und hinter Malta ins Ziel gekommen ist. Besser als das sollte der Kader dann doch sein.

Platz 50 (+1): Malta

Die Mannschaft von der Mittelmeer-Insel hat mit einem Sieg über Finnland im letzten Spiel eben die Litauer überholt. Nach dem Salto Nullo von 2023 ist Malta damit nun wieder zurück im Bereich dessen, was in den Jahren davor auch möglich war: Bis auf eine Ohrfeige in Holland hielt man alle Spiele knapp und schrieb eben auch wieder diverse Male an. Die Conference-League-Teilnahme von Meister Ħamrun ist sicher durchaus hilfreich.

Platz 49 (-3): Lettland

Nachbar Litauen ist ein Basketball-Land, in Lettland dreht sich alles ums Eishockey. Der EM-Teilnehmer von 2004 ist nach vorne erschütternd harmlos (nur fünf Tore, davon drei gegen Andorra), beendete die Gruppe aber immerhin relativ souverän als Vierter. Im Gegensatz zu Litauen fällt auf, dass hier die überwiegende Mehrheit in der eigenen Liga spielt, nämlich bei den beiden Spitzenklubs aus der Hauptstadt Riga. Eine baldige Rückkehr in ein EM-Feld bleibt wohl noch länger ein unerfüllbarer Traum.

Platz 48 (-1): Moldawien

Von einer Überraschung wie dem Sieg in Polen vor zwei Jahren war Moldawien weit entfernt – es gab vier überwiegend deutliche Heimniederlagen und, vor allem, dieses fürchterliche 1:11 in Norwegen, das Teamchef Serghei Cleşcenco seinen Job gekostet hat. Wie die meisten Teams aus dem hinteren Feld des Rankings setzte auch Moldawien auf einen Fünfer-Abwehrkette und darauf, dass man möglichst den Gegner bremst. Mehr ist nicht möglich.

Platz 47 (+1): Zypern

Ein defensiv ausgesprochen zäher und widerstandfähiger, im Vorwärtsgang aber zumeist recht harmloser Gegner war Zypern. Es gab dennoch zwei 2:2-Remis gegen Rumänien und Bosnien und man machte Österreich das Leben zweimal ziemlich schwer. Das war schon ein Schritt nach vorne nach den schwachen letzten Quali-Durchgängen, aber ein großer Sprung scheint weiterhin nicht möglich: Die eigene Liga ist von mittelguten Spaniern und Brasilianern geflutet, für eigene Kicker bleibt da kaum Platz.

Platz 46 (-9): Aserbaidschan

Fünf Niederlagen in den sechs Spielen in der Vierergruppe mit Frankreich, der Ukraine und Island sehen nicht schön aus, muss man als Aserbaidschan aber irgendwie einplanen. Der Grund für den dramatischen Rückfall von 2023 (als es ein 3:0 gegen Schweden gegeben hatte), war eher der desaströse Nations-League-Herbst 2024. Dort stieg man sang- und klanglos hinter Estland ab. Der relativ finanzkräftigen Liga und dem Kurzzeit-Engagement von Portugals Titel-Trainer Fernando Santos zum Trotz wartet man in Baku seit zwei Jahren auf einen Pflichtspiel-Sieg.

Platz 45 (=): Estland

In der Nations League hielt man sich mit vier Punkten vor Aserbaidschan, nun in der WM-Quali hielt sich Estland mit vier Punkten vor Moldawien: Das ist angesichts der geringen Möglichkeiten im deutlich kleinsten der drei baltischen Staaten sehr respektabel. Der junge Trainer Jürgen Henn hat auch wirklich eine Handvoll Spieler aus vernünftigen Ligen zur Verfügung, wie Mattias Käit vom Schweizer Sensations-Tabellenführer Thun.

Platz 44 (+6): Färöer

Wer gegen Färöer verliert, empfindet das immer noch als Blamage, aber eine Lachnummer ist die Mannschaft von den Schafsinseln längst nicht mehr. Tatsächlich hatte man dank Siegen gegen Montenegro und Tschechien bis zum letzten Match die rechnerische Chance, sogar ins Playoff einzuziehen! Auch hier dürfte der Umstand, dass Meister KÍ Klaksvík in zwei der letzten drei Jahre Conference-League-Gruppenphase gespielt hat, zur internationalen Routine und Konkurrenzfähigkeit beigetragen haben.

Platz 43 (-1): Armenien

Einem recht ordentlichen Durchgang in der C-Liga der Nations-League folgte für Armenien eine harte Zeit in der Vierergruppe mit Portugal, Irland und Ungarn. Man kam zu einem Achtungserfolg gegen Irland, aber von der Klasse der Tage mit Henrikh Mkhitaryan – als man an eine EM-Teilnahme anklopfte – ist die Kaukasus-Republik schon ein schönes Stück entfernt, einen Spieler von auch nur annähernder internationaler Relevanz hat Armenien nicht zu bieten.

Platz 42 (-7): Luxemburg

Wenn man als Luxemburg eine Vierergruppe erwischt und damit nicht gegen eines der schwachen Länder vier bis sechs Punkte auf das Konto zu bringt, dann geht’s eben ein Stück weit runter. Der Wirbel um Gerson Rodrigues, der von Langzeit-Teamchef Luc Holtz trotz großem Protest dagegen einberufen wurde, obwohl er häuslicher Gewalt und tätlichen Angriffs schuldig gesprochen worden war, schwebte über dem Team. Nach Holtz‘ Ratzfatz-Abgang nach Mannheim im August übernahm Ex-Gladbach-Verteidiger Jeff Strasser, Luxemburg machte es den Gegnern aus Deutschland, der Slowakei und Nordirland schwer – aber Punkte gab es keine.

Platz 41 (-1): Kasachstan

Vor zwei Jahren spielte das östlichste UEFA-Mitglied noch um eine EM-Teilnahme mit und zog nur knapp gegen Slowenien den Kürzeren. Das war aber eine Eintagsfliege, wie der krachende Abstieg aus der B-Liga der Nations League unter Stanislav Tchertchessov und auch nun die WM-Quali zeigten. Man fuhr die Pflichtsiege gegen Liechtenstein ein und knöpfte Belgien am Plastikrasen von Astana ein 1:1 ab, sonst brachte aber wenig zustande. Nach einem 0:6 in Belgien wurde auch die Besetzung der Trainerbank getauscht – einmal mehr.

Platz 40 (-6): Montenegro

Wie Kasachstan war auch der kleinste Nachfolge-Staat von Jugoslawien vor zwei Jahren drauf und dran, ein EM-Ticket zu holen, und zwar auf Kosten von Serbien. Nun gab es die harte Landung auf dem Boden der Realität, Niederlage gegen die Färöer inklusive. Statt der kroatischen Legende Robert Prosinečki brachte die montenegrinische Legende Mirko Vučinić die kaputte Quali zu Ende. Erstaunlich: In den acht Spielen startete Montenegro mit fünf verschiedenen Systemen.

Platz 39 (+5): Bulgarien

Bis zum 2:1-Sieg im für beide bedeutungslosen letzten Spiel gegen Georgien hatte Bulgarien alle sieben Pflichtspiele des Jahres 2025 verloren – fünf gegen Spanien und die Türkei (okay, ist vertretbar) und gegen Georgien. Dazu kamen die beiden Pleiten wiederum gegen Georgien in der Nations-League-Relegation. Im C-Zug der Nations League hatte Bulgarien mit dem Ex-Sturm-Angreifer Despodov als Kapitän nämlich einen vorzeigbaren Herbst 2024 gespielt, darum ging’s auch gegenüber 2023 ein paar Plätze hoch. Dennoch: Das Fehlen von modernen fußballerischen Strukturen und Spitzenklubs, die praktisch ohne Bulgaren spielen, lässt keinen raschen Aufschwung des WM-Halbfinalisten von 1994 erwarten.

Platz 38 (+5): Weißrussland

Seit Weißrussland ob der kriegsbedigten Sperre von echten Heimspielen letztes Jahr im westungarischen Zalaegerszeg eine neue Heimat gefunden hat, verlor die Truppe dort nur zwei ihrer sechs Pflichtspiele – gegen Schottland und Dänemark. Dennoch war natürlich in der WM-Quali-Gruppe nicht viel zu machen, außer die Dänen mit dem 2:2 in Kopenhagen ordentlich in Troubles zu bringen. Viele Spieler haben sich etwa in die bulgarische oder die kasachische Liga begeben, zumeist steht die Defensive ganz gut. An einem schlechten Tag ist aber stets auch ein kräftiges Debakel drin.

Platz 37 (-9): Finnland

Gegen Polen gewinnen, gegen Malta verlieren: Finnland ist der Inbegriff des Teams aus der breiten, qualitativ mäßigen Mittelklasse Europas. Eine schwache heimische Liga, viele Spieler versuchen ihr Glück bei quer über die Welt verstreuten Vereinen, vereinzelt kommen auch wirklich gute Spieler heraus, aber eine nachhaltige Positiv-Entwicklung auf breiter Basis ist nicht drin. Das ist gerade in Finnland aber erstaunlich generell so: Bis auf das Eishockey-Team sind die Finnen selbst in klassisch-finnischen Disziplinen weit ab vom Schuss. Skispringer gibt es praktisch gar keine, Langläufer nur vereinzelt, Leichtathleten wie die Speerwerfer sind keine Weltklasse mehr.

Platz 36 (+5): Island

Den Tiefpunkt dürfte der EM-Viertelfinalist von 2016 wohl durchtaucht haben: Zwar stieg man aus dem B-Zug der Nations League ab, aber in der WM-Quali punktete man so gut, dass das letzte Spiel zum echten Finale um die Playoff-Teilnahme wurde. Das ging zwar gegen die Ukraine verloren, aber eine neue, talentierte, junge Generation von Isländern – darunter Eiður Guðjohnsens Söhne Andri und Daniel – hat das Team übernommen. Man darf durchaus mit einem gewissen Optimismus in die unmittelbare Zukunft blicken

Platz 35 (+4): Bosnien-Herzegowina

Angesichts des sehr starken Jahres wirkt das bosnische Team mit Rang 35 etwas unterbewertet – das zeigt aber nur, dass dieses auch wirklich recht unerwartet kam. Die letzte EM-Qualifikation war ein chaotischer Clusterfuck mit drei Teamchefs, in der folgenden Nations League war man in der A-Gruppe komplett überfordert (0:7 in Deutschland, 2:5 in den Niederlanden). Aber Sergej Barbarez, der dem Team einen sehr deutschsprachigen Touch verpasst hat (6 Deutsche, 6 Österreicher und 2 Schweizer kamen in seiner Amtszeit zum Einsatz), machte eine kompakte, eingeschworene Truppe daraus. Eine Viertelstunde fehlte nur zum WM-Ticket.

Platz 34 (-1): Nordmazedonien

Eigentlich, nimmt man das zur Verfügung stehende Personal zum Maßstab, dürften die Nordmazedonier nicht auch diesmal eine starke Qualifikation gespielt haben. Das haben sie aber. Man ging als Gruppenzweiter in das letzte, entscheidende Match, das man zwar verloren hat (ähem, 1:7 im direkten Duell gegen Wales), ob des Gruppensiegs im C-Zug der Nations League letztes Jahr ist der EM-Teilnehmer von 2021 aber immerhin noch im Playoff mit von der Partie. Sehr respektabel.

Platz 33 (+5): Nordirland

Mit fußballerischer Klasse können die Ulster-Kicker nicht mithalten. Mit Einsatz, Kampfgeist und Hingabe sehr wohl – und mit diesen Attributen gelang 2024 der Aufstieg in die B-Liga der Nations League und auch in diesem Herbst war Nordirland besser unterwegs, als es die Papierform eigentlich hergäbe, vor allem daheim. Im Windsor Park besiegte man die Slowakei, verlangte Deutschland bei der knappen 0:1-Niederlage alles ab und blieb auch gegen Luxemburg siegreich. Jetzt geht’s im WM-Playoff nach Italien, und die Italiener haben ein schweres WM-Playoff-Trauma. Geht da noch was?

Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.