Das Erfreuliche zuerst: Das Schnabelholz in Altach wird sehr gut gefüllt sein, Laura Wienroither ist zumindest wieder im Training, St. Pölten steht wie letztes Jahr in der Gruppenphase der Women’s Champions League, die U-17 des ÖFB versetzte Deutschland eine 3:0-Ohrfeige und die U-19 könnte doch noch zur WM fahren.
Weniger erfreulich: Portugal, nun zweimal Gegner der ÖFB-Frauen, hat überraschend gegen Norwegen gewonnen – am Weg zum Klassenerhalt in der A-Gruppe der Nations League wird es für Österreich also realistischerweise vier Punkte aus diesen beiden Matches brauchen.
Und erstaunlich in der Welt des Frauenfußballs: Nordkorea ist zurück – viereinhalb Jahre nach dem letzten offiziellen Länderspiel tritt das auf dem Papier des FIFA-Rankings zweitbeste Team Asiens in der Olympia-Qualifikation tatsächlich wieder an und der Auftritt wird sehr aufschlussreich über den Fortschritt des Sports in den letzten Jahren sein.
Entscheidendes Nations-League-Doppel
4.800 Plätze können in Altach für das zweite Nations-League-Heimspiel maximal verkauft werden. Fast 90 Prozent der Tickets waren vier Tage vor dem 27. Oktober weg. Das ist schön, weil es heißt, dass das Interesse auch nach dem 0:1 gegen Frankreich vor über 10.000 Zusehern im Viola Park von Wien hoch bleibt.
Als dort, im Austria-Stadion, eine halbe Stunde nach Spielschluss der Sieg von Portugal gegen Norwegen durchsickerte, war das Unbehagen darüber schon spürbar. Ändern kann man’s eh nicht, war der Tenor, aber natürlich wäre es ihnen im ÖFB-Lager anders lieber gewesen – aus dem Bonus-Punkt von Oslo wurde ein Netto-Minus von zwei Zählern gegenüber dem vermeintlich schwächsten Gruppengegner.
„Norwegen hat ohne Caroline Hansen gespielt, Sophie Roman-Haug musste verletzt früh raus, Portugal hat zwei Elfmeter zugesprochen bekommen“, sagt Teamchefin Irene Fuhrmann, „aber ja, wir wissen, wie unangenehm Portugal sein kann.“ Keine herausragenden Einzelspielerinnen, aber ein gutes Kollektiv, lange eingespielt, aggressives Forechecking, mit langfristigem Plan aufgebaut von Teamchef Francisco Neto – alles ganz ähnlich wie in Österreich vor acht, zehn Jahren.
Das Heimspiel gegen Portugal am Freitag und das folgende Auswärtsspiel in Varzim vier Tage danach kommen einem Playoff schon ziemlich nahe. Vier Punkte, und man liegt wegen des gewonnen Direktvergleiches vor Portugal. Weniger als vier Punkte, und es wird ganz schwierig, den letzten Platz und damit den Abstieg in die B-Gruppe zu vermeiden.
„Das ist jetzt nicht als großes Thema angesprochen worden“, sagt Verteidigerin Celina Degen zwar, die – anders als im Frühjahr – nun auch bei Köln wieder regelmäßig spielt („neues Trainerteam, völlig umformierter Kader, ich kann jetzt auch eine gewisse Führungsposition einnehmen“), aber: „Man hat die Lage in der Gruppe natürlich schon ein bisschen im Blick.“ Denn in Rennes am 30. November wird es wohl nicht viel zu holen geben und obwohl Österreich gegen Norwegen in den letzten drei Matches unbesiegt ist: Mit Siegzwang am 5. Dezember ins Abschlussspiel in der NV-Arena von St. Pölten zu gehen, wäre unangenehm.
Apropos Spielort: Auch das neue Donaupark-Stadion von Linz war ein Thema, aber da Blau-Weiß dort direkt davor (gegen Sturm) und direkt danach (gegen Wattens) Heimspiel hat und man nicht sicher ist, wie der Rasen im neuen Stadion reagiert, verschiebt man den ÖFB-Erstauftritt in der Arena auf dem Möbellager lieber auf Frühjahr 2024. „Aufgeschoben ist aber nicht aufgehoben“, kündigte ÖFB-Sprecher Jonas Dormann an.
Mehr Kampf als Glanz
Die letzten Duelle gegen Portugal datieren vom Algarve Cup 2014 (ein 3:2 für Portugal und ein 2:1 für Österreich), zuletzt in Pflichtspielen trafen die Teams im Rahmen der EM-Qualifikation für 2013 aufeinander. Zweimal gewann damals Österreich mit 1:0 – auswärts dank Heldentaten der für die verletzte Anna-Carina Kristler eingewechselten Bibi Reischer in ihrem letzten Länderspiel, daheim im strömenden Gründonnerstags-Regen von Wr. Neustadt durch ein spätes Tor von Laura Feiersinger an ihrem 19. Geburtstag.
Feiersinger und Sarah Puntigam sind von aus diesen Spielen vor zwölf Jahren noch dabei (Sarah Zadrazil, Verena Hanshaw und Gini Kirchberger hatten schon im A-Team debütiert, spielten aber jeweils zeitgleich wie Kathi Schiechtl U-19-EM-Quali). Seither war Portugal 2017 und 2022 bei der EM und vor einem halben Jahr auch bei der WM dabei, wo man nur ein paar Zentimeter davon entfernt war, die USA zu eliminieren. „Niemand von uns unterschätzt Portugal, das werden zwei richtige Fights“, kündigt Fuhrmann an, und sie sagt: „Es wird nicht darum gehen, spielerisch zu glänzen, sondern wahrscheinlich eher wie beim letzten Spiel in Altach gegen Serbien sein.“
Damals, im Dezember 2020 vor coronabedingt leeren Rängen, brauchte man für die EM-Teilnahme einen Sieg, man spielte krampfig und fehlerhaft und Sarah Zadrazil erzwang den 1:0-Sieg, nachdem sie in der zweiten Hälfte das Spiel komplett an sich gerissen hatte. Eine Steigerung an Mut und Vertrauen nach der Halbzeitpause war auch in Norwegen und gegen Frankreich erkennbar. „Das müssen wir gegen Portugal das ganze Spiel so hinbekommen, nicht nur das halbe“, weiß Stürmerin Viki Pinther.
Zurück, am Weg, außen vor
Lisa Kolb ist zumindest zurück im Kader, das hatte Fuhrmann schon nach dem Frankreich-Spiel erhofft („Sie und Julia Hickelsberger wären immens wichtig, wenn es darum geht, mehr Geschwindigkeit in die letzte Linie zu bringen“), bei Hickelsberger ging es sich nicht aus. Rechtsverteidigerin Laura Wienroither ist nach ihrem Kreuzbandriss im April wieder zurück im Lauftraining, immerhin.
Marie Höbinger hat sich bei Liverpool schnell festgespielt und auch schon zwei Tore erzielt. Und Celina Degen – die mit ordentlich Vertrauensvorschuss, aber wenig Spielpraxis die beiden Matches in Norwegen und Frankreich durchspielen durfte – ist nun in Köln eben wieder Stamm. „Beim letzten Termin war genau ein Meisterschaftsspiel absolviert, da hat mich die Trainerin natürlich nicht wegen der Liga-Form aufstellen können“, sagt die 22-jährige Steirerin, „aber jetzt ist es natürlich schon was ganz anderes als im Frühjahr, weil ich mit Spielpraxis zum Team kommen kann!“
Vorläufig kein Thema ist ein Comeback von Maria Plattner, für die mit der Verletzung kurz vor der EM 2022 ein Leidensweg begann – den Abstieg mit Potsdam hat sie quasi komplett als hilflose Zuseherin erleben müssen, nun geht es daheim beim (nach sieben Runden immer noch punktelosen) FC Wacker Innsbruck darum, sich wieder an den Fußball heranzutasten und den Spaß daran zu finden. Die große Karriere, zu der ihr Talent sicher gereicht hätte, dürfte nach den letzten 18 Monaten keine Priorität mehr haben. Schade, aber verständlich.
KADER ÖSTERREICH: Tor: Andrea Gurtner (22, OFI Kreta/GRE, 0 Länderspiele/0 Tore), Bella Kresche (24, Sassuolo/ITA, 6/0), Jasmin Pal (27, Köln/GER, 3/0), Manuela Zinsberger (28, Arsenal/ENG, 91/0). Abwehr: Michela Croatto (21, Leipzig/GER, 1/0), Celina Degen (22, Köln/GER, 11/2), Marina Georgieva (26, Fiorentina/ITA, 29/0), Verena Hanshaw (29, Frankfurt/GER, 100/10), Gini Kirchberger (30, Frankfurt/GER, 95/3), Jennifer Klein (24, St. Pölten, 18/1), Julia Magerl (20, Leipzig/GER, 3/1), Kathi Schiechtl (30, Austria, 66/9). Mittelfeld: Chiara D’Angelo (19, Hoffenheim/GER, 0/0), Barbara Dunst (26, Frankfurt/GER, 71/10), Laura Feiersinger (30, Roma/ITA, 108/19), Marie Höbinger (22, Liverpool/ENG, 30/7), Kathi Naschenweng (25, Bayern/GER, 44/6), Sarah Puntigam (31, Houston/USA, 136/18), Annabel Schasching (21, Freiburg/GER, 12/1), Sarah Zadrazil (30, Bayern/GER, 111/15). Angriff: Nici Billa (27, Hoffenheim/GER, 93/47), Eileen Campbell (23, Altach, 7/2), Lisa Kolb (22, Freiburg/GER, 17/1), Viktoria Pinther (25, FC Zürich/SUI, 33/1), Lilli Purtscheller (20, Essen/GER, 3/0). Teamchefin Irene Fuhrmann (43).
Europacup, WM-Chance, Prestige-Sieg
Gelänge es, Portugal vier Punkte abzuknöpfen, würde sich das in den erfreulichen Herbst einfügen, den Österreichs Frauen-Fußball abseits des Nationalteams bisher erlebt. Zum einen hat sich Meister St. Pölten zum zweiten Mal in Folge für die Gruppenphase der Champions League qualifiziert, Basis dafür war der in dieser klaren Form nicht zu erwartende 4:0-Auswärtssieg im Playoff-Hinspiel bei Islands Meister Valur Reykjavík.
Das 0:1 im Rückspiel tat nichts zur Sache und die Auslosung brachte eine Gruppe mit dem Europacup-Rekordsieger Olympique Lyon sowie dem norwegischen Meister Brann Bergen und Slavia Prag – eben jenes Team aus Tschechien, das der SKN schon letzten UWCL-Saison hinter sich gelassen hat (1:0 in Prag, 1:1 daheim).
Österreicherinnen in der Champions League
Winkt das Viertelfinale? Vorsicht ist geboten. Besieht man die Gegner, die Sarah Zadrazil mit Bayern München bzw. Laura Feiersinger mit der AS Roma gezogen hat, hätte es St. Pölten aber schon erheblich schwerer treffen können. Auch das ÖFB-Trio in Frankfurt (Hanshaw, Dunst, Kirchberger) darf sich Hoffnungen auf das Viertelfinale machen.
Die Gruppenphase startet wegen der späten WM erst am 15. November – vier Tage, nachdem für St. Pölten, Brann Bergen (nur auf Kurs zu Platz vier in der fast beendeten norwegischen Liga) und Slavia Prag (klarer Leader in Tschechien) die jeweilige Liga-Herbstsaison endet. Vier Spieltage werden bis Weihnachten dann noch durchgepeitscht, die zwei verbleibenden Ende Jänner – fast zwei Monate, ehe die Ligen Tschechien (9. März), Österreich und Norwegen (jeweils 16. März) wieder starten. Für das Trio wird die Champions League quasi zum Winterpausen-Füller.
Für großen Unmut hat indes der Quali-Modus gesorgt: Im Verfolgerpfad sind Vorjahres-Finalist VfL Wolfsburg und Vorjahres-Halbfinalist Arsenal gescheitert (beide an Paris FC), Juventus ist gegen Frankfurt auf der Strecke geblieben, Manchester United gegen Paris St. Germain. Vor allem Man-United-Coach Marc Skinner mokierte sich lautstark darüber, dass man Meistern aus kleinen Ligen den roten Teppich ausrollt, während sich die großen Namen aus den großen Ligen gegenseitig kanibalisieren.
Chelsea-Coach Emma Hayes schoss nach dem Motto „Chantal, heul leise“ zurück: „Bis vor drei Jahren gab es gar keine Gruppenphase, wir waren immer ungesetzt, sind nie weit gekommen und haben halt ein paar Mal gegen Große gewinnen müssen, damit wir irgendwann gesetzt waren!“ Äußerungen wie die von Skinner „sind arrogant und ignorant.“
…und um das WM-Ticket und mit 3:0 in Deutschland
Nochmal kurz zurück zu Island. Nach dem Sommer-Testspiel des A-Teams gegen die Kickerinnen von der Insel im Nordatlantik (0:1) und dem Europacup-Duell der jeweiligen Meister (das eben St. Pölten klar gewann) wird es vermutlich Anfang Dezember noch ein weiteres, unverhofftes Duell mit Island geben – nämlich von der letztjährigen U-19, die bei der EM ja hauchdünn am Halbfinal-Einzug gescheitert ist und damit auch am Ticket für die U-20-WM, die im September 2024 in Kolumbien stattfindet.
Für dieses hat die FIFA nun aber das Teilnehmerfeld von 16 auf 24 Teams aufgestockt, womit Europa einen fünften Startplatz bekommt. Diesen spielen sich die beiden Gruppendritten der U-19-EM vom Sommer 2023 aus, eben Österreich und Island. U-19-Teamchef Hannes Spilka kündigte im TV-Interview beim SKN-Playoff-Rückspiel an, dass das Entscheidungsspiel wohl „am 5. Dezember in der Nähe von Barcelona“ stattfinden solle, offiziell ist das aber noch nicht.
Zunächst tritt Spilka in den kommenden Tagen in Wr. Neustadt mit der neuen U-19 in der Quali-Vorrunde für die kommende EM gegen Dänemark, Polen und Montenegro an, der für das Erreichen der Eliterunde im Frühjahr nötige dritte Platz sollte eine Formalität sein. Aus dem EM-Kader sind mit Mädl, Natter, Ojukwu, Purtscher, Aistleitner und Laura Spinn sowie Zweier-Torhüterin Schönwetter mehr ein halbes Dutzend wieder dabei – sie haben als 2005er schon beim U-19-Jahrgang 2004 mitgespielt.
Die neue U-17 hat diesen Schritt in die Eliterunde schon geschafft, und wie: Als Gruppensieger vor Deutschland, der Ukraine und Rumänien.
Vor allem das 3:0 gegen Deutschland, Gastgeber des Mini-Turniers in Duisburg, ist ein Statement. Das Ergebnis sieht klarer aus, als das Spiel war: Das beklagte DFB-Trainerin Sabine Loderer („Wir haben das Spiel gegen einen sehr intensiven und aggressiven Gegner kontrolliert, aber die Österreicherinnen waren maximal effektiv. Nach der Halbzeit haben wir dann die Ruhe verloren.“) und das gestand auch Trainer Patrick Haidbauer ein („Das hätte in beide Richtungen ausgehen können… aber wir wussten, dass wir auch Deutschland fordern und an einem guten Tag schlagen können, dieses Selbstvertrauen haben wir gehabt.“).
Der Lohn ist, dass man in der Eliterunde nicht auf Frankreich treffen kann, auch andere starke Gruppensieger (wie man das von Spanien, England oder Schweden erwarten kann) kommen nicht in Frage. Das ist zumindest kein Nachteil.
Kims geheimnisvolle Töchter sind zurück
6. März 2019: Nordkorea spielt im Finale des Cyprus Cups 3:3 gegen Italien und gewinnt danach das Elfmeterschießen. Keine Überraschung, Nordkorea war immer gut. Bei WM und Olympia wurde zwar selten die Vorrunde überstanden und wenn, dann wurde nie ein K.o.-Spiel gewonnen. Aber Nordkorea war aber immerhin dreimal Asienmeister, zudem sicherte man sich 2016 die WM-Titel bei der U-17 und der U-19. Man war nicht China und nicht Japan, konnte sich aber mit Fug und Recht als Nummer drei am Kontinent fühlen.
Um das Team aus dem Land von Kim Jong-Un, um das schon alleine aus Staatsdoktrin immer ein großes Geheimnis gemacht wurde, herrschte aber schon in den Jahren davor immer wieder Unruhe. Bei der WM 2011 lieferte man fünf positive Dopingtests ab und versuchte die mit einem mysteriösen Blitzeinschlag im Trainingszentrum zu erklären. Für die WM 2015 blieb man wegen der Doping-Vergehen gesperrt, für 2019 scheiterte man schon in der Vorqualifikation hauchdünn ausgerechnet an Südkorea.
Bei Olympia in London 2012 weigerte man sich vor dem Auftaktspiel gegen Kolumbien eine Stunde lang anzutreten, weil die Veranstalter die südkoreanische Flagge auf der Spielstands-Vidiwall zeigten. Für Olympia 2016 qualifizierte man sich nicht, die Quali-Teilnahme für Tokio 2020 ließ man aus ungeklärten Gründen schon Monate vor Corona-Ausbruch sausen, jene für die WM 2023, weil man sich nicht dem Corona-Risiko aussetzen wollte.
Nordkorea als Zeitkapsel
In den viereinhalb Jahren seit dem Italien-Spiel ist Nordkorea wegen Inaktivität offiziell aus dem FIFA-Ranking genommen worden, die Punktzahl würde aktuell für Platz elf reichen – hinter Japan, aber vor Australien. Nur: Wie viel ist das Wert? Seit 2019 hat der Frauenfußball enorm angezogen, was Athletik, Tempohärte und Robustheit angeht. Sogar jene asiatischen Teams, die sich in den letzten vier Jahren nicht vor der Welt versteckt haben, hatten damit große Probleme – wie es bei Südkorea, Vietnam und nicht zuletzt China bei der WM überdeutlich wurde.
Jahrelang hat keine nordkoreanische Spielerin hat für irgendeine Form von Fußballspiel das Land verlassen. Wie der Ligabetrieb aussieht – oder ob es überhaupt einen geregelten solchen gibt – ist unklar. Im Grunde ist das Team eine Zeitkapsel, stehengeblieben im Frühling 2019. Beim Mini-Turnier in China geht es gegen den Gastgeber, dazu gegen Südkorea und Thailand, nur der Gruppensieger ist fix im Play-Off um einen der beiden asiatischen Paris-Plätze.
Der Probegalopp bei den Asienspielen vor ein paar Wochen sah mit dem Final-Einzug gut aus, es gibt aber Vorbehalte. Zum einen ist fast kein Gegner mit dem vollen A-Team angereist, Japan etwa – klarer 4:1-Finalsieger gegen Nordkorea – mit einem C-Kader praktisch ohne jegliche Nationalteam-Erfahrung. In der Gruppe hatte Nordkorea nach der Absage von Kambodscha nur Singapur besiegen müssen, im Viertelfinale gegen Südkorea war man 50 Minuten in Überzahl und entschied das Spiel erst in der Schlussphase für sich, im Halbfinale war Usbekistan kein Gegner.
Sechs Übriggebliebene
Bei den Asienspielen waren vier Stammkräfte von vor der Auszeit dabei, sie alle waren U-20-Weltmeisterinnen (das ZM-Duo mit Wi Jong-Sim und Jo Hyo-Sim, Linksverteidigerin Son Ok-Ju sowie Stürmerin Sung Hyang-Sim, die auch beim U-17-WM-Titel dabei war), dazu zwei Reservistinnen von 2019. Sonst waren alle Spielerinnen neu.
Es ist auch gut möglich, dass die drei Matches in Xiamen, zwischen Shanghai und Hongkong gelegen, die einzigen drei ernstzunehmenden Auftritte für zwei weitere Jahre bleiben – dann erst startet nämlich die Qualifikation für die WM 2027 in Asien. Zumindest gegen Südkorea und Thailand kann Nordkorea in Xiamen übrigens auf Heimspiel-Atmosphäre bauen: Beim Finale der Asienspiele in Hangzhou (ebenfalls in China) musste Japan nicht nur gegen die elf Gegnerinnen am Feld, sondern auch gegen die 37.000 chinesischen Zuseher anspielen.
Und die WM veränderte nichts, Jamaika Edition
Die Art und Weise, wie Außenseiterinnen bei der WM aufgemuckt haben, ließ Spannung aufkommen: Würde der Schwung dort halten? In Jamaika jedenfalls nicht, wo der Verband traditionell kein Geld für die Frauen ausgeben will. Vor der WM schrieben wir hier über die Reggae Girlz:
In Jamaika setzte die Mutter von Mittelfeldspielerin Havana Solaun eine Fundraising-Kampagne auf, um die Nachlässigkeiten des Verbandes auszugleichen. […] Der Verband richtete aus: Das Geld nimmt man gerne, aber die Fundraising-Kampagne soll bitte aufpassen, dass beim Betteln keine Markenrechte verletzt werden. Kein Witz.
Bei der WM eliminierta Jamaika sensationell Brasilien und erreichte so das Achtelfinale. Nun, für die anstehenden Spiele in der Goldcup-Qualifikation (in Panama und daheim gegen Guatemala) verweigern die Spielerinnen aus dem WM-Kader ein Antreten. „Es war eine der schwierigsten Entscheidungen, die wir jemals zu treffen hatten. Aber wir denken, es ist ein notwendiger Schritt, um der ständigen schlechten Behandlung ein Ende zu setzen, die der Verband uns zuteil werden lässt“, so Vize-Kapitänin Allyson Swaby, die auch im Podcast mit Tobin Heath und Christen Press direkt nach der WM schon ziemlich offen über die „Wand, gegen die wir beim Verband laufen“ gesprochen hat.
Erfolgs-Trainer Lorne Donaldson – ein ausdrücklicher Fürsprecher der Spielerinnen – erhielt nach der WM-Sensation keinen Helden-Empfang, sondern den Rauswurf (das JFF-Präsidium entschied sich mit 7:1 gegen eine Vertragsverlängerung – und der eine Funktionär, der für Donaldson stimmte, wurde umgehend suspendiert). Er wartet ebenso wie die Spielerinnen noch auf die Auszahlung von Prämien aus dem Jahr 2022, von denen der WM ganz zu schweigen.
Über die Personalie des neuen Teamchefs (Donaldsons Co-Trainer Xavier Gilbert macht es vorläufig, weil der Verband keinen anderen gefunden hat) erfuhren die Spielerinnen aus den Medien – drei Tage vor der geplanten Zusammenkunft. Gilbert fährt nun mit einem Rumpf-Kader zu den beiden Partien, sie fallen also zumindest nicht aus.
All das kommt nicht überraschend und ist gerade deshalb umso bestürzender. Und es relativiert das sportliche Risiko der ÖFB-Spiele gegen Portugal umso mehr: Selbst wenn man die Klasse in der Nations League nicht halten würde – es wäre unangenehm, aber jamaikanische Verhältnisse muss man hierzulande auf so vielen Ebenen nicht befürchten.