Am Ende verliert man. Das liegt in der Natur der Sache. „Die Menschen müssen verstehen, dass der Misserfolg im Fußball viel häufiger ist und der Erfolg die Ausnahme“, dozierte Marcelo Bielsa. Wenn man ein Turnier nicht gewinnt, und bis auf einen einzigen Teilnehmer gewinnt niemand ein Turnier, endet es stets mit dem Ausscheiden. Das kann heroisch sein, einen bei aller Enttäuschung im ersten Moment stolz über das Erreichte zurücklassen. So wie bei den ÖFB-Frauen im EM-Halbfinale 2017 und im EM-Viertelfinale von 2022.
Es gibt, um einen Ausflug zum Tennis zu machen, den unglaublichen Vier-Stunden-Krimi gegen Rafael Nadal im US-Open-Viertelfinale, den man im Tie-Break im Fünften verliert, was einen auslaugt, aber mental stärker macht. Und es gibt das sang- und klanglose Dreisatz-Aus im Melbourne-Achtelfinale gegen Grigor Dimitrov, wo der letzte Satz 0:6 in die Binsen geht. Oder eben ein 0:1 nach Verlängerung im schottischen Scheiß-Wetter von Glasgow, bei dem einem 120 Minuten lang so gut wie nichts gelingt, und mit der man die riesige Chance auf die erstmalige WM-Teilnahme sprichwörtlich versenkt, schon im ersten von bis zu drei Playoff-Spielen.
Wer bleibt an Bord?
„Wir haben uns das selbst zuzuschreiben“, seufzte Teamchefin Irene Fuhrmann am Tag nach der Niederlage, die wohl den endgültigen Schlusspunkt unter die große Generation der Zehner-Jahre setzt, jenes Team, das man als die „2017er“ bezeichnen kann. Die, die den internationalen Durchbruch bei der EM damals geschafft haben, die den Aufschwung in Österreichs Frauenfußball getragen haben. Fuhrmann: „Wir haben an unsere Leistungen im Sommer bei der EM in England leider nicht anschließen können!“
Die Kader waren 2017 und 2022 noch relativ deckungsgleich, aber: Nina Burger und Nadine Prohaska hatten vor der letzten EM schon aufgehört, Viktoria Schnaderbeck und Lisa Makas danach. Katharina Schiechtl hat ihren Stammplatz verloren, Gini Kirchberger kämpft sich nach schwerer Verletzung mühevoll zurück. Das nächste Turnier, für das sich Österreich qualifizieren kann, ist in drei Jahren. Dann wird Carina Wenninger 34 Jahre alt sein, Sarah Puntigam sowie Sarah Zadrazil und Laura Feiersinger 32 Jahre, Verena Hanshaw 31 Jahre. Letztere hat am spätesten aus diesem Quintett debütiert, das ist elfeinhalb Jahre her. Da sind schon viele Kilometer auf dem Tacho.
Zwischen Ruhm und Ehre liegt die Nacht
Wenn alles vorbei ist, schreibt Andrea Petkovic in ihrer großartigen Autobiographie „Zwischen Ruhm und Ehre liegt die Nacht“, wenn das Ausscheiden bei einem großen Turnier feststeht, „herrscht eine wüstenhafte Leere in meinem Inneren. Ein gewaltiges, weitläufiges Nichts gefangen in einem Körper, der morgens zum Training aufbrechen müsste, aber nur im Bett Schokoladeneis essen will.“
Eine solche Leere herrschte auch im ÖFB-Lager, als man in die weiß-hellblauen Enter-Air-Boeing einstieg, welche die enttäuschte Truppe von Glasgow wieder nach Wien zurück brachte. „Das ist kein Spiel, wo man am Tag danach aufsteht, sich abputzt und einfach so weiter macht“, sinniert die Teamchefin. Das wird Zeit zum Verarbeiten brauchen und Zeit zu realisieren, dass dieses Spiel einen Einschnitt in der österreichischen Frauenfußball-Geschichte bedeutet.
Langer Weg
Die Probleme beim Match im Hampden Park von Glasgow waren für Österreich mannigfaltig. Die Schottinnen wurden zunächst hoch angelaufen, aber sie schienen sich nicht davon beeindrucken zu lassen. Im Gegenteil, schon nach wenigen Minuten etablierten sie ihren Ballbesitz im Mitteldrittel, rissen die Kontrolle an sich. Österreich war in die eigene Hälfte gedrückt. Nicht, dass die Schottinnen daraus große Gefahr erzeugten, aber Österreich hatte selbst einen langen Weg zum schottischen Tor vor sich.
Es gab genug Bellgewinne in der eigenen Hälfte. Das war etwa auch beim 0:2 gegen England in Wr. Neustadt Anfang September so, dort wurde aber erst einmal der Ballbesitz gesichert und versucht, gegen den vor Selbstvertrauen strotzenden Europameister das Tempo niedrig zu halten. In Glasgow war es anders: Hier wurde schnell der Diagonalpass gesucht, um rasch einen eigenen Angriff zu lancieren.
Hohe Fehlpassquote
Und hier manifestierte sich das auffälligste Feature in Österreichs Spiel: Die exorbitante Fehlpassquote. Die UEFA erhob, anders als bei der EM, die Pässe in diesem Match nicht, leider. Durch den weit hinten angesiedelten Ausgangspunkt erreichten kaum österreichische Vorwärts- oder Diagonalpässe die Empfängerin und damit Österreich auch nur selten gewinnbringend auch nur die schottische Hälfte.
Nici Billa, die ihrer Form spürbar hinterher läuft, konnte nicht viele Bälle festmachen, es gab aber auch kein so konsequentes Nachrücken, wie man das bei der EM vor allem aus den Spielen gegen Norwegen und Deutschland kannte. Da man die Bälle dennoch schnell nach vorne zu bringen versuchte, gelang es selten, Spielerinnen vor den Ball zu bringen: Die Passempfängerin stand oft schon in der eigenen Hälfte als vorderste Spielerin 60 Meter Spielfeld, vier bis sechs gegnerischen Feldspielerinnen und einer Torhüterin gegenüber.
Mit vielen Dingen beschäftigt
Die Österreicherinnen wunderten sich außerdem über die Bälle, die sich offenkundig recht schwer anfühlten. Das mag ein Grund gewesen sein, warum man im Zurücklaufen einen klärenden Pass zu (der mit dem Ball am Fuß nicht immer sicheren) Manuela Zinsberger scheute und – auch aus Angst, dass der Ball verhungern könnte? – lieber zum Einwurf oder gar zur Ecke für Schottland „klärte“. Das sollte sich in der zweiten Minute der Verlängerung rächen, als die eingewechselte Abi Harrison nach einem Eckball das einzige Tor des Abends erzielte.
Das alles, in Kombination mit dem heftigen Regen in der ersten Hälfte und dem böigen Wind, bremste jeden Versuch aus, einen Rhythmus zu finden. „Es gab nicht den einen großen Grund, warum es schief ging“, so Fuhrmann, „aber viele kleine, die sich addiert haben.“
Man war mit allerhand beschäftigt, auch mit sich selbst, und fand nie als Team zusammen. Laura Feiersinger arbeitete wie gewohnt viel und versuchte alles, aber es gab kaum zielgerichtete Impulse. Verena Hanshaw hatte Clelland 45 Minuten lang gut im Griff, bekam dann aber – als der Regen aufhörte – nach dieser harten Halbzeit mit Fiona Brown eine frische Gegenspielerin, die ihre Kräftevorteile nützte. Laura Wienroither wirkte defensiv gegen Claire Emslie etwas alleine gelassen und kam kaum dazu, Hickelsberger vor ihr zu unterstützen.
Viele kleine, aber vielsagende Szenen
Alle merkten, dass das nicht nach Plan lief und das wurde durch das robuste Anlaufen der Schottinnen noch verstärkt. Das System kollabierte nicht so spektakulär wie beim 0:4 in Mallorca vor fünf Jahren (auch damals im Herbst nach der starken EM), aber es gab viele große und kleine Szenen, die einem schon beim Zuschauen das Gefühl vermittelten, dass das an diesem Tag einfach nix mehr wird.
Wie in der 80. Minute, als Puntigam nach einem Ballverlust im Zentrum Weir mit angestrengtem Gesicht und allem, was noch im Tank war, nachlief, sie aber einfach nicht mehr stellen konnte. Wie in der 83. Minute, als die kurz zuvor für Billa gebrachte Wienerroither auf das schottische Tor zulief und einen so harmlosen Roller produzierte, dass selbst aus Anna Lallitsch und Lisi Tieber am ORF-Mikro jegliche Luft entwich.
Wie Carina Wenninger, die mit raumgreifenden Schritten bis jenseits der Mittellinie dribbelte, wie sie das gerne macht, und dann den Ball einer kaum fünf Meter entfernt stehenden Gegenspielerin direkt in die Beine legt. Und als Sarah Zadrazil in der 110. Minute auf Höhe der Mittellinie einen nach zehn Metern versandeten Querpass in den komplett leeren Raum spielte, konnte man das als Beobachter schon als Zeichen interpretieren: Wenn jetzt auch noch Zadi wegbricht, ist das Ding trotz allen österreichischen Willens und Einsatzes gelaufen.
Da Schottland acht der verbleibenden zehn Minuten an der österreichischen Eckfahne verbrachte, war das auch so. Die Schottinnen töteten das Match mindestens ebenso gekonnt ab wie England in den letzten Minuten des EM-Finales gegen Deutschland. Muss man anerkennen.
„Keine gute Situation“
Julia Hickelsberger war sichtlich stinkig, als sie nach einer Stunde für Kathi Naschenweng weichen musste. Man kann die Frage stellen, ob der Wechsel gescheit war oder nicht doch da schon die glücklose Laura Feiersinger eher eine Kandidatin für einen Wechsel war. Man kann aber auch die Frage stellen, ob es wirklich einen Unterschied gemacht hätte – zu sehr hatte sich die negative Energie des Matches schon da in die Köpfe eingefressen.
Ein wenig hadert Fuhrmann mit dem Modus: Nur ein Spiel, und das auswärts. Nix da mit Rückspiel – da kann eben so ein Abend passieren, man spielt einen schönen Mist, kriegt nichts auf die Kette, aber nimmt halt ein Auswärts-0:0 mit, you live to fight another day. „Das ist jetzt keine gute Situation“, hat Fuhrmann nach dem Match ins Ö3-Mikro von Daniel Kulovits gesagt, denn: „Es wäre wichtig, dass wir als Frauen-Nationalteam weiterhin sichtbar bleiben und das wäre mit einer WM-Teilnahme definitiv der Fall gewesen!“
Bilder, die bleiben
Die knapp über 10.000 Zuschauer – schottischer Rekordbesuch übrigens – machten phasenweise mehr Krach als die 68.000 im Old Trafford. Aber rein von der Optik her bleibt aus österreichischer Sicht das Bild von einem Hampden Park, der so richtig deprimierend trostlos aussah. Die patschnassen Asphaltflächen hinter den Toren, die im Flutlicht glänzten und 34.000 leere Plätze in einem, so cool ein Spiel in diesem altehrwürdigen Ground auch ist, doch für den Anlass viel zu großen Stadion.
Da kann man sich die blumigen Beschreibungen aussuchen: Österreich geht baden, Österreich schwimmen die Felle davon, Österreich versinkt in Tristesse, die Tränen vermischen sich mit dem Regen, der Himmel weint mit. So flach, das alles. Und doch so treffend.
Zudem drängt sich der Vergleich auf mit den beiden letzten und de facto bedeutungslosen Gruppenspielen Anfang September auf. Als an einem wunderschönen Spätsommertag der neue Europameister kam und niemand über die brave Leistung sprach, mit der man England bei einem 0:2 hielt, sondern jeder über die Rahmenbedingungen.
Eine Wasserrutsche als Symbolbild
Die Bilder von den Kids, die sich in der Wasserrutsche neben dem für diesen Anlass wiederum viel zu kleinen und dünn ausgestatteten Stadion stauten und dem Geschehen auf dem Rasen zuschauten, gingen um die Frauenfußball-Welt und machten den ÖFB in dieser zur absoluten Lachnummer.
Austria v England yesterday
From 80,000 at Wembley to a match at a leisure centre with a waterslide that has a transparent section so you can watch the match
That’s not growing the game#hergametoo@FreeLionesses@TheGangENG@Lionesses @Since71Blog pic.twitter.com/TvPCzRkAGq
— Chris Nicholls (@cnicholls7) September 4, 2022
From a packed Wembley final to…Wiener Neustadt Stadion in Austria. Only around 100 England fans will be here tomorrow and with no dedicated press room at the stadium, Sarina Wiegman will be in this tent for her press conference. pic.twitter.com/yZTipWh31R
— Natalie Pirks (@Natpirks) September 2, 2022
Das ist einerseits ein bisschen unfair, weil man den Austragungsort tatsächlich vor der EM melden musste und man mit Wr. Neustadt eben einen Vertrag hat, dass die Spiele hier ausgetragen werden. Bei den Heimspielen waren dort nie viel mehr als 1.500 Menschen – allerdings auch gegen Lettland, Luxemburg und Nordirland und bei einem Test an einem Sonntagmittag gegen Dänemark. Gegen England waren die 2.600 Leute drin, die dort Sitzplätze haben; drei Tage später beim 10:0 gegen Nordmazedonien immerhin 1.750 Menschen.
Es muss ja nicht gleich das Happel sein, aber ein etwas weniger abgelegenes und etwas größeres Stadion hätte man gegen England mit etwas weniger halbherziger Promotion schon auch vernünftig füllen können. Wenn alle EM-Stricke gerissen wären, wäre man halt mit 2.000 Leuten in St. Pölten dagestanden, es gab dort auch schon wichtige Länderspiele mit dreistelliger Zuseherzahl.
Immerhin war dem ÖFB die negative Presse zumindest offiziell angemessen peinlich. Ein Playoff-Heimspiel gegen Irland wäre tatsächlich in der NV-Arena über die Bühne gegangen.
Schottland, kein Jausengegner
Irene Fuhrmann verwies nach dem Match in Glasgow auf die Diskrepanz zwischen Eigenwahrnehmung und Fremdwahrnehmung. „Wer sind wir denn, dass alle sagen: Wir fahren nach Schottland und gewinnen dort locker auswärts?“, fragt sie, „die waren bei der EM 2017 und bei der WM 2019 dabei und jetzt wieder Zweite in ihrer Gruppe hinter Spanien. Ja, die haben dazwischen die Quali für die EM in England komplett verhackt – aber die haben schon auch gute Leute!“
Caroline Weir von Real Madrid, Claire Emslie von Angel City in der NWSL, Rachel Corsie war sieben Jahre ebenfalls in Amerika, Erin Cuthbert ist bei Chelsea unter Vertrag, Lisa Evans war bei Bayern und Arsenal. Aber halt eben auch drei in der Start-Elf aus der eigenen Liga (die nicht besser ist als die österreichische) dabei und die Torschützin Abi Harrison spielt 2. Liga in England. „Wir sind gut. Aber wir sind keine Spitzenmannschaft in Europa und können nur bestehen, wenn alle am Limit agieren und das waren wir in Schottland nicht“, so Fuhrmann, „auch die drei Spiele gegen Nordirland haben klar aufzeigt: Wir tun uns schwer, wenn wir müssen.“
Mental, womöglich. Spielerisch ganz sicher. DASS sich da was tun muss, ist unbestritten, denn Österreich lässt nicht viele gute Chancen liegen, spielt sich aber zumindest gegen gute Kontrahenten nicht besonders viele davon heraus. Ein wichtiger Teil des „Wie“ wird in den kommenden Monaten aber auch das „Wer“ sein.
Durchschnaufen. Nach vorne schauen.
Der Umstand, dass das halbe Team von 2017 ohnehin schon nicht mehr da ist, lässt das 0:1 von Glasgow als Schlusspunkt dastehen, aber eben nicht als völligen, sondern eher als Schlusspunkt und Durchgangsstation gleichermaßen.
Von denen, die 2017 nicht oder nur am Rande beteiligt waren, haben sich Barbara Dunst (25, Frankfurt) und Laura Wienroither (23, Arsenal) sich längst etabliert, Julia Hickelsberger (23) und Kathi Naschenweng (24, beide Hoffenheim) ebenso, Marina Georgieva (25) tritt die Nachfolge von Viktoria Schnaderbeck in der Innenverteidigung an und man kann nur hoffen, dass der Wechsel von Sand zu PSG nicht nur gut für’s Prestige, sondern auch mit Spielzeit verbunden ist. Maria Plattner (21, Potsdam) ist nur deshalb in Glasgow erst in der 100. Minute gekommen, weil sie nach ihrem Schlüsselbeinbruch kurz vor der EM noch nicht lange wieder zurück ist. Celina Degen (21), die sowohl für Carina Wenninger als auch für Sarah Puntigam als langfristige Nachfolgerin in Frage kommt, „hat jetzt in Köln gottlob vermehrt Spielzeit“, ist Fuhrmann froh.
Niemand sagt, dass schon beim nächsten Länderspieltermin im November alle Arrivierten plötzlich weg sind, natürlich nicht.
Kein konstruktiver Gemütszustand
Aber unter der emotionalen Leere, die nun über dem Team wabert, hat sich das Wissen breit gemacht: Die nächste EM ist erst 2025, die Qualifikation dafür startet erst in elf langen Monaten, es steht noch nicht mal fest, wo das Turnier überhaupt stattfindet (Kandidaten: Schweiz, Polen, Frankreich, Skandinavien). Die nächste WM-Endrunde ist in fünf Jahren, und ob man jemals wieder so eine gute Chance hat wie man sie jetzt vergeben hat, sich für ein Welt-Turnier zu qualifizieren, kann keiner sagen.
Es ist einfach im Moment alles noch so weit weg.
Das ist schlecht, weil die Gedanken in so einer Situation bei den Beteiligten im Kreis fahren und das oftmals kein besonders konstruktiver Gemütszustand ist. Das kann aber auch gut sein, weil es der jungen Generation die Gelegenheit verschafft, reinzukommen. Dass Irene Fuhrmann der Meinung ist, dass etwa Annabel Schasching oder Julia Magerl dringend den nächsten Schritt gehen und dafür in eine stärkere Liga als die österreichische müssen, sagt sie sicher nicht nur Ballverliebt, sondern auch den Beteiligten selbst.
Die un-exakteste Wissenschaft der Welt
„Vor einem Jahr oder so“, sagt Irene Fuhrmann im Gespräch mit Ballverliebt, „haben wir darüber gesprochen, ob eine Gruppe mit Lettland, Luxemburg und Mazedonien gut für uns ist.“ Die Frau hat ein gutes Gedächtnis. Schlecht für die Vorbereitung auf solche Alles-oder-Nichts-Spiele wie das im Playoff, aber gut für den Einbau neuer, junger Spielerinnen – das sagte sie damals, das sagt sie auch am Flughafen von Glasgow.
Ist es am Ende besser, sich in Graz mit Erfahrung im Spitzenkampf aufzumagazinieren (wie Schasching)? Oder sich von Armenhäusler Innsbruck in die deutsche Liga trauen und zu versuchen, sich dort über Wasser zu halten (wie Triendl)? Oder von einem guten Mittelständler wie Neulengbach in die 2. Liga in Deutschland zu wechseln (wie Felix)? Die Antwort muss jede für sich selbst finden. „Der Übergang vom Nachwuchs- zum Erwachsenenfußball ist die un-exakteste Wissenschaft der Welt“, formulierte es Kevin Bell, der beim ÖFB so vieles an Strukturen aufgebaut hat, um den Frauenfußball sichtbarer zu machen, vor einiger Zeit.
St. Pölten in der Champions League
Es darf aber spekuliert werden, ob etwa eine Carina Wenninger, die für die Roma am Weg in die Champions-League-Gruppenphase auch ein wichtiges Tor gegen Sparta Prag beigesteuert hat, mal eine Pause bekommt. Sie hat sechs Extra-Spiele im Europacup zwischen Anfang Oktober und Weihnachten, ebenso wie Zadrazil (Bayern), Zinsberger und Wienroither (Arsenal), Höbinger und Pinther (FC Zürich) sowie potenziell Marina Georgieva (PSG) und natürlich alle beim SKN St. Pölten.
Der SKN hat im Playoff für die Women’s Champions League mit dem finnischen Meister Kuopio ein vermeintliches Glückslos gezogen, ist dann aber drei Halbzeiten lang ziemlich deutlich das schlechtere Team gewesen. Erst Umstellungen in der zweiten Hälfte des Rückspiels in der NV-Arena ließen das Spiel kippen, Kuopio brachte kaum noch einen geraden Pass zu Stande, ganz ähnlich wie Österreich in Glasgow.
Mateja Zver hatte mit einem Kontertor 20 Sekunden nach einem finnischen Lattentreffer schon im Hinspiel für einen äußerst schmeichelhaften 1:0-Sieg für den SKN gesorgt, zwei wunderliche Weitschusstore – eines davon in der 118. Minute – hievten St. Pölten tatsächlich erstmals in die Gruppenphase des Frauen-Europacups. Dort geht es gegen Carina Wenningers AS Roma, den deutschen Meister VfL Wolfsburg und den tschechischen Titelträger Slavia Prag. Trainerin Liese Brancão gibt natürlich den Kampf um Platz zwei als Ziel aus, das muss sie auch sagen.
Realistisch betrachtet wäre jeder einzelne Punkte ein wunderschöner sportlicher Erfolg für den SKN. Wichtiger als das ist aber – wie es schon bei der EM galt – die öffentliche Sichtbarkeit, die der Frauenfußball in Österreich damit auch weiterhin haben wird, zumindest in den kommenden Monaten bis Weihnachten. Und Mateja Zver, wenn sie schon mit Slowenien das Playoff hauchdünn gegenüber Wales verpasst hat, darf nun auf ihre alten Tage noch UWCL spielen.
So wie Jasmin Eder, die eine Statue für Zver in St. Pölten gefordert hat und hinter den Kulissen seit vier Jahren als Projektmanagerin für Frauen- und Mädchenfußball beim ÖFB so unermüdlich arbeitet, um noch mehr Strukturen zu schaffen. Sie ist 55 Länderspiele alt, viele werden wohl nicht mehr dazukommen. Als unbestrittene Queen der Einwechslungen war Eder immer verlässlich für das ÖFB-Team da, wenn sie gebraucht wurde. Aber als Persönlichkeit abseits des Scheinwerferlichtes für den österreichischen Frauenfußball ist sie wahrscheinlich noch viel wichtiger.
Da ist so eine Teilnahme an der Champions League doch eine schöne Belohnung.