Die Jagd nach einem WM-Ticket geht weiter: Vier Monate nach dem 0:4 in der WM-Quali in Spanien bzw. einen Monat nach dem Cyprus Cup stehen die ersten Pflichtspiele für die ÖFB-Frauen im neuen Jahr an. In der Südstadt warten Serbien (Donnerstag, 5. April) und Spanien (Dienstag, 10. April). Wir erklären, welche Bedeutung diese Spiele haben.
Eine Woche vor dem Länderspiel-Doppel hatte Sue Campbell von der englischen FA in der BBC erklärt, neben ihrem eigenen Verband würde sich auch der österreichische um die Ausrichtung der EM 2021 bemühen. Wir erklären, was es damit auf sich hat.
Und die U-17-Mädchen haben den Sprung zu ihrer Europameisterschaft verpasst. Wir erklären, warum das besonders ärgerlich ist.
Die Sache mit der EM-Bewerbung 2021
Baroness Sue Campbell tells @BBCSport that England are one of three countries bidding to host the Women’s European Championships in 2021.
Austria and Hungary the other bids.
A decision will made in December.
— Jo Currie (@JoCurrie) 28. März 2018
Österreich? Das war auch uns neu. Es war vor ein paar Jahren kurzzeitig überlegt worden, sich eventuell für die EM 2017 zu bewerben, aus dem Stadium „Grobe Idee“ ist dieses Vorhaben aber nie herausgekommen. Und jetzt soll sich Österreich praktisch aus dem Nichts um die Endrunde von 2021 bemühen?
Hier eine Einschätzung der Lage und der Wahrscheinlichkeit (or lack thereof), dass der nächste Europameister im Frauenfußball in Österreich gekürt wird.
Ist die Bewerbung schon offziell?
Nein. Die Einreichfrist läuft noch bis Sommer, selbst die englische Bewerbung (die intern schon letzten August fixiert wurde) ist noch nicht dokumentiert bei der UEFA eingegangen. Sehr wohl aber muss der ÖFB bei der UEFA irgendwann zwischen letztem Sommer und jetzt sein grundsätzliches Interesse deponiert haben, sonst hätte auch Sue Campbell diese Information nicht.
Schon letzten August aber, als England sich öffentlich meldete, war die allgemeine Wahrnehmung: Jetzt muss sich gar kein anderer mehr bewerben. Denn das Interesse der FA wirkte schon damals seriös, zumal es kam, bevor der Sampson-Skandal öffentlich wurde (wenn auch nur zwei Wochen).
Wie groß sind die Chancen, dass die EM 2021 in Österreich stattfinden?
Äußerst minimal. Wenn England es mit der Bewerbung ernst meint – und alle Anzeichen deuten darauf hin – wird England die Zuschlag mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch bekommen. Es sind laut Medienberichten schon 21 Städte an die FA herangetreten, die Spiele ausrichten wollen. Zwar hat England erst 2005 die EM ausgetragen, aber das war ein völlig anderes Zeitalter im europäischen Frauenfußball.
Was spricht gegen Österreich als Austragungs-Ort?
Nach dem katastrophalen Zuschauer-Zuspruch bei der EM 2009 in Finnland setzt die UEFA eher auf Sicherheit, um das mediale Wachstum des Frauenfußballs nicht mit Bildern gähnend leerer Stadien bei EM-Endrunden zu torpedieren. Schon Holland 2017 war ein kleines Risiko – die Niederlande sind kein klassisches Frauenfußball-Land – und bei aller Begeisterung, die hierzulande im letzten Sommer herrschte: Der Rekord bei einem Frauenfußball-Spiel in Österreich liegt immer noch bei 3.600 Zusehern (im Playoff-Heimspiel gegen Russland 2012).
Zum Vergleich: Der Schnitt bei den Matches OHNE finnische Beteiligung bei der so enttäuschenden EM 2009 lag bei 3.800 – vier Jahre später waren es 7.600 in Spielen ohne das schwedische Heimteam und voriges Jahr 6.800 in Partien ohne die Gastgeber aus den Niederlanden.
Was spricht gegen Ungarn als Austragungs-Ort?
Praktisch alles. Im Gegensatz zu Ungarn hat Österreich ein konkurrenzfähiges Team und seit letztem Jahr auch (zumindest relativ) bemerkbares Interesse am Frauenfußball. Beides hat Ungarn nicht, darum ist unser östlicher Nachbar vermutlich noch chancenloser bei der Vergabe des Turniers.
Könnte Österreich die EM infrastrukturell stemmen?
Selbstverständlich, so wie ungefähr 30 andere europäische Länder auch. Es braucht erfahrungsgemäß sechs bis sieben Stadien. Eines davon sollte zumindest rund 30.000 Leute für das Finale fassen – also selbst wenn man auf das längst nicht mehr zeitgemäße Happel-Stadion verzichtet, ist man dank Salzburg und Klagenfurt auf der sicheren Seite. Bei den restlichen Stadien reichen acht- bis fünfzehntausend Plätze locker aus.
Wie sieht der Zeitplan aus?
Bis Sommer läuft die Einreichfrist, im Dezember fällt die Entscheidung, im Februar 2019 werden die Qualifikationsgruppen ausgelosen.
Sollte sich der ÖFB offiziell bewerben?
Ansichtssache. Realistische Hoffnungen, die EM 2021 wirklich auszutragen, braucht sich der ÖFB nicht machen. Eine offizielle Bewerbung wäre eher ein Signal nach innen, dass man es mit dem Frauenfußball auch weiterhin ernst meint.
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Die WM-Quali gegen SRB und ESP
Also lenken wir die Konzentration auf die WM 2019 in Frankreich, denn hier geht für die ÖFB-Frauen ganz konkret, auf dem Platz, die Qualifikation weiter. Jeweils in der Südstadt kommt es zu Spielen gegen Serbien (Donnerstag, 19.00 Uhr) und Spanien (Dienstag, 20.30 Uhr).
In letzterem entscheidet sich, ob noch eine Chance auf den Gruppensieg und die Direkt-Qualifikation besteht. In ersterem muss ein Sieg her, um im Falle des zweiten Gruppenplatzes zumindest ins Playoff zu kommen.
Warum? Nun, Österreich hat im November das Auswärtsspiel in Spanien eben 0:4 verloren. Um aus eigener Kraft Gruppensieger werden zu können, müssten die ÖFB-Frauen Spanien also mit 5:0 besiegen – und, bei allem Respekt, das geht nicht. Spanien hat seit sechs Jahren nie höher als mit zwei Toren Differenz verloren. Österreich braucht mindestens ein Remis, um die theoretische Chance zu wahren und bei einem weiteren Patzer der Spanierinnen abstauben zu können.
Das alles gilt natürlich unter der Voraussetzung, dass man im ersten Match dieses Länderspiel-Doppels Serbien bezwingt. Das ist Pflicht, Punkt. Im Auswärtsspiel hat Österreich im September 4:0 gewonnen, ohne dabei übertrieben gut gespielt zu haben. Andererseits hat Spanien erst mit einem Last-Minute-Tor überhaupt 2:1 in Belgrad gewonnen.
Warum dieses Spiel für ein eventuelles Playoff so wichtig ist, verdeutlicht ein Blick auf das (zugegeben noch nicht wirklich aussagekräftige) der wahrscheinlichen Gruppenzweiten.
Die besseren vier der sieben Gruppenzweiten machen sich im K.o.-System einen verbleibenden WM-Platz aus. Island liegt in diesem Ranking nach einem Drittel der Qualifikation voran, mit einem Punkt mehr als erwartet (Auswärtssieg in Deutschland, aber nur Remis gegen Tschechien). Ansonsten hat sich noch nichts getan, was unerwartete Resultate angeht.
Allerdings: Wer gegen ein schwächer klassiertes Team Punkte hergibt, ist schnell (vor)-entscheidend im Hintertreffen. Darum ist es so wichtig, dass sich Österreich (Topf 2) gegen Serbien (Topf 4) und danach in den beiden Spielen gegen Finnland (Topf 3) keine Blöße gibt.
Worauf es ankommen wird? Dass man die Serbinnen nicht unterschätzt und ihr Aufbauspiel gar nicht erst erlaubt – Serbien stellt sich nämlich eher nicht nur hinten rein, sondern will auch selbst etwas tun. Und, ob man Spanien nach drei Duellen seit letzten Sommer (Elferschießen-Sieg bei der EM im Juli, 0:4-Debakel in der WM-Quali im November, 0:2 in einem Testspiel beim Cyprus Cup vor einem Monat) noch mit etwas überraschen kann.
Und, dass man Spanien nach 300 diesbezüglich erfolglosen Minuten auch mal ein Tor schießt.
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Das bittere Scheitern der U-17
Der 1997er-Jahrgang gilt als der bisher beste im österreichischen Juniorinnen-Fußball, er qualifizierte sich sowohl für die U-17-EM im Winter 2013/14 als auch für die U-19-EM im Sommer 2016. Katharina Naschenweng, Barbara Dunst, Viktoria Pinther und Marina Georgieva sind aus diesem Team schon zu A-Einsätzen gekommen; zumindest im Kader bei den Großen waren auch Kathi Aufhauser, Sandy Sobotka, Adina Hamidovic und Isabella Kresche schon.
Der 2001er-Jahrgang, also die aktuelle U-17, wird ähnlich großes Potenzial bescheinigt, wenn nicht sogar noch größeres. Und zwar auch von außerhalb des ÖFB, von den Trainern und Beobachtern der heimischen Bundesliga. Es waren sich eigentlich alle sicher, dass sich die Truppe ohne größere Schwierigkeiten für die EM im Mai qualifzieren würde und auch dort eine gute Rollen spielen kann.
Und dann das: Nur 0:0 trotz 25 Torschüssen gegen die Türkei, dem ein mühsames 3:0 gegen Bosnien folgte. In der letzten Partie gegen Polen brauchte es einen Sieg, es stand lange 1:1. Man drückte auf das nötige Tor, fing sich kurz vor Schluss einen Konter ein, verlor. Ernüchterung.
Sicher, es war auch Pech dabei: Vier Pfostenschüsse gegen die Türkei und eine Gemeinheit von einem Platz, der nicht vom Schnee geräumt war und somit viel Kraft gekostet hat. Das Tempo vor allem einer Linda Mittermair konnte auf den schlechten Plätzen in Nordost-Bosnien nicht ausgespielt werden. Unter dem Druck des Gewinnen-Müssens wirkte das Team vor allem beim Sieg gegen Bosnien (den es auf YouTube gibt – besonders urig war der halb zerfallene Traktorschuppen hinter dem Tor und der Handwerker, der in der Halbzeit deutlich hörbar die Flex ausgepackt hat) fahrig.
Das Team, das fast durchgängig aus Stammspielerinnen der heimischen Bundesliga besteht – und im Falle des Quartetts von Union Kleinmünchen aus Linz sogar absoluten Leistungsträgern – kann aus diesem unerwarteten Scheitern lernen. Und wenn es nur ist, wie man mit Erwartungsdruck und Misserfolg umgeht.
Die U-19 als klarer Außenseiter
Nachdem die 17er-Mädchen ebenso gescheitert sind wie die 17er-Burschen und die 19er-Burschen, kann nun nur noch das U-19-Team der Mädchen ein zweites Endrunden-loses Jahr für den ÖFB-Nachwuchs verhindern. Die Chancen dafür sind aber eher gering.
Zum einen, weil es in der Eliterunde (neben Irland und Georgien) gegen Spanien geht. Dieser spanische Jahrgang war vor zwei Jahren Vize-Europameister in der U-17, die letzte U-19-EM voriges Jahr wurde von Spanien gewonnen. Und zum anderen, weil die Leistungsdichte im zur Verfügung stehenden Kader lange nicht so groß ist wie etwa bei den 97ern oder auch den 2001ern.
Jenny Klein, die noch U-19 spielen dürfte, ist beim A-Team; Julia Hickelsberger von Neulengbach fehlt verletzt, Sandra Mayrhofer (St. Pölten) ist nach einer Knieverletzung seit Sommer out, Laura Krumböck (St. Pölten) und Jana Scharnböck (Neulengbach) waren auch lange verletzt und ihnen geht Matchpraxis ab.
Platz zwei vor Irland und Georgen muss der Anspruch sein. Aber um vor Spanien zu landen, dafür braucht es – realistisch betrachtet – eine größere Überraschung.
KADER A-Nationalteam: Tor: Jasmin Pal (21 Jahre, Wacker Innsbruck 0 Länderspiele/0 Tore), Jasmin Pfeiler (33, Landhaus, 22/0), Manuela Zinsberger (22, Bayern/GER, 43/0). Abwehr: Verena Aschauer (24, Sand/GER, 52/6), Marina Georgieva (20, Potsdam/GER, 3/0), Gini Kirchberger (24, Duisburg/GER, 58/1), Sophie Maierhofer (21, Univ. of Kansas/USA, 21/1), Kathi Naschenweng (20, Sturm Graz, 11/0), Katharina Schiechtl (25, Bremen/GER, 36/4), Viktoria Schnaderbeck (27, Bayern/GER, 63/2), Carina Wenninger (27, Bayern/GER, 78/3). Mittelfeld: Barbara Dunst (20, Duisburg/GER, 18/0), Jasmin Eder (25, St. Pölten, 39/1), Laura Feiersinger (25, Sand/GER, 60/10), Jenny Klein (19, St. Pölten, 4/0), Nadine Prohaska (27, St. Pölten, 82/7), Sarah Puntigam (25, Freiburg/GER, 82/12), Sarah Zadrazil (24, Potsdam/GER, 57/7). Angriff: Nici Billa (22, Hoffenheim/GER, 41/14), Nina Burger (30, Sand/GER, 100/52), Stefanie Enzinger (27, St. Pölten, 14/1), Simona Koren (25, Sunderland/ENG, 9/0), Viktoria Pinther (19, St. Pölten, 16/0). Teamchef Dominik Thalhammer.
KADER U-19-Nationalteam: Tor: Vanessa Kuttner (Landhaus), Milena Zink (Neulengbach). Abwehr: Lena Kovar (Landhaus), Julia Mak (Sturm Graz), Maileen Mössner (Schott Mainz/GER), Jana Sachs (Vorderland), Johanna Schneider (LUV Graz), Yvonne Weilharter (Sturm Graz), Carina Widauer (Bergheim), Laura Wienroither (St. Pölten, 1 A-Länderspiel). Mittelfeld: Melanie Brunnthaler (Landhaus), Katharina Fellhofer (Kleinmünchen), Jasmin Fiebiger (Landhaus), Laura Krumböck (St. Pölten), Miriam Grgic (Neulengbach), Besi Pireci (Sturm Graz), Chiara Schaub (Altenmarkt). Angriff: Magdalena Bachler (Neulengbach), Jana Scharnböck (Neulengbach), Stefanie Schneeberger (Altenmarkt). Teamchef: Michael Steiner.