Unglaublich aber wahr: Das letzte Pflichtspiel des ÖFB-Teams gegen die Schweizer Nati liegt 58 Jahre zurück. Seit dem Spiel im Gerö-Cup 1957 wurden 33 Turniere und die dazu gehörenden Qualifiaktionen ausgelost, nie kamen Österreich und Schweiz zusammen. Am Dienstag kommt es dafür zum 15. Mal in diesem Zeitraum zu einem freundschaftlichen Aufeinandertreffen der Nachbarn.
Die Bilanz der letzten 15 Jahre spricht dabei klar für die Schweiz, da verlor Österreich vier der fünf Spiele. Und zwar immer hochverdient: Auf Augenhöhe, wie es aktuell der Fall ist, befand sich das ÖFB-Team mit der Schweiz schon lange nicht mehr. Hier ein kleiner Rückblick auf diese fünf Spiele.
1:2 in Wien, August 2001
Im August 2001 traf man sich beim Debüt von Köbi Kuhn als Nati-Coach. Für Österreich war es ein Probelauf für die letzten drei Spiele für die WM-Quali für Korea/Japan, im Speziellen für das Spiel in Spanien zweieinhalb Wochen danach. Als ob das Flutlicht die grausame Leistung des ÖFB-Teams verhindern wollte, fiel es pünktlich drei Minuten vorm Anpfiff aus.
Es half nichts, eine halbe Stunde später ging es doch los mit dem Trauerspiel. Mehr als eine Handvoll Spieler aus dem ohnehin nicht besonders grandios besetzten Team von Otto Baric trugen nur lässig ihr Trikot spazieren, der Endstand von 1:2 sah deutlich besser aus, als die österreichische Vorstellung tatsächlich war. „So verlieren wir in Valencia wieder mit 0:9“, war Kapitän Andi Herzog bedient. „Ich brauche nur Spieler, die auch in einem Testspiel mit maximalem Einsatz spielen, ich werde einige eliminieren“, kündigte Baric an.
Vor dem Spiel in Spanien eliminierte er aber nur Muhammet Akagündüz. Den einzigen Spieler, der gegen die Schweiz gar nicht gespielt hat. Das Spiel in Spanien endete 0:4.
2:3 in Basel im August 2002
Ein Jahr später war Hans Krankl der Bank-Angestellte beim ÖFB und im letzten Testlauf vor dem Start in die EM-Quali für 2004 ließ er erstmals überhaupt ein österreichisches Nationalteam in einer Vierer-Abwehrkette ohne Libero aufs Feld – zumindest nominell. Denn Michael Baur stürmte in alter Gewohnheit schon in der 3. Minute in Libero-Manier aus der Innenverteidigung bis in die gegnerische Hälfte durch.
Gerd Wimmer und Jürgen Panis bekamen recht offensich nicht gesagt, was sie als Außenverteidiger tun sollten – sie agierten so eng als zusätzliche Innenverteidiger, als wollten sie die eigene Innenverteidiger decken. Die Abstimmung war eine Katastrophe. Und das Spiel nach vorne war holprig bis eindimensional. Die Schweizer merkten das, darum brachte sie das frühe Tor von Roman Wallner auch nicht aus der Ruhe.
Aber Hauptsache, Hans Krankl gab Minuten vor dem Spiel jenes Interview, in dem er berüchtigterweise ankündigte, dass Österreich mal von ganz Europa um das Sturm-Duo Linz/Wallner beneidet werden würde.
Die Schweiz war 2004 bei der EM und 2006 bei der WM. Österreich war bei beiden nicht dabei.
2:1 in Innsbruck im Oktober 2006
Ein paar Tage nach einem besonders betrüblichen Auftritt in Vaduz, bei dem Österreich als klar schlechtere Mannschaft mit mörderisch viel Dusel das Team aus Liechtenstein 2:1 besiegt hat, dachter Teamchef Hickersberger laut darüber nach, eine Dreier-Abwehr zu installieren. Das war bei der EM dann auch tatsächlich der Fall (und es hat dort auch wirklich exzellent funktioniert, als einziger Mannschaftsteil), beim dem Vaduz-Desaster folgenden Spiel in Innsbruck gegen EM-Co-Gastgeber Schweiz aber noch nicht.
Statt der zwei Legionäre in Vaduz (Ivanschitz und Linz) liefen nun derer sieben auf (Macho, Stranzl, Ivanschitz, Prager, Weissenberger, Kuljic und Linz) und das merkte man auch. Die Brust war nicht mehr ganz so schmal, nach einer durchaus sehenswerten ersten Hälfte führte Österreich bereits 2:0. Wie überhaupt die Abwehr (in Vaduz spielten noch Standfest, Eder, Feldhofer und Plassnegger) eine recht sichere Figur machte, Prager setzte im Zentrum mehr Akzente als Leitgeb, Weissenberger auf der Außenbahn mehr als Mörz.
Die Schweizer, vor der Pause sichtlich überrascht vom forschen österreichischen Auftreten, fingen sich nach dem Seitenwechsel und erhöhten das Tempo auf ein Maß, mit dem das ÖFB-Team merklich Probleme hatte. Es reichte aber nur noch zum Anschlusstreffer. Für Österreich war es (gemeinsam mit dem 1:1 gegen Ghana) die beste Leistung der ganzen Länderspiel-Saison
1:3 in Zürich im Oktober 2007
Ein Jahr später waren die Leistungen bei Österreich immer noch nicht besser. So wurde im Vorfeld des Eröffnungs-Spiels des frisch renovierten Letzigrunds in Zürich sogar ein 5:0-Sieg in einem Trainingsspielchen gegen die U-19 der Vorarlberger Akademie mit Erleichterung zu Kenntnis genommen.
Dass die Schweizer, immerhin Achtelfinalist bei der vorangegangenen WM in Deutschland, Österreich meilenweit überlegen waren, war auch ein dreiviertel Jahr vor der gemeinsamen EM unübersehbar. Martin Hiden gewann im Abwehrzentrum genau null Prozent seiner Zweikämpfe in der ersten Hälfte, Christian Fuchs (der bei Mattersburg in der Liga der taktisch Blinden einen Wing-Back neben einer Dreierkette gab) hatte defensiv nicht viel zu melden und Joachim Standfest hatte eine Streuung bei der Richtung seiner Flanken, auf die jede Schrotflinte stolz wäre.
Die Schweiz nahm das Spiel, anders als jenes ein Jahr davor, tatsächlich ernst und spielte Österreich souverän aus. Mit der ersten Aktion nach vorne durfte Marco Streller schon alleine auf Manninger zulaufen, der schnelle Ausgleich durch René Aufhauser brachte das diesmal in einem 4-2-3-1 spielnde ÖFB-Team nur resultatsmäßig auf Augenhöhe. Die Schweizer gewannen locker mit 3:1, Österreich rehabilitierte sich (wie genau ein Jahr zuvor) mit einer braven Leistung im zweiten Spiel des Länderspiel-Doppels (einem Sieg gegen Drogbas Ivorer).
Bei der Heim-EM schieden beide Gastgeber schon in der Vorrunde aus. Die Schweizer als Gruppenletzter, aber mit einem Sieg. Die Österreicher ohne Sieg, aber immerhin als Gruppendritter. Die Schweiz qualifizierte sich danach als Gruppensieger für die WM 2010, Österreich war trotz eines Sieges gegen Frankreich meilenweit selbst vom Playoff-Platz entfernt.
0:1 in Klagenfurt im August 2010
Direkt nach der WM durften sich die Schweizer einen Spaß aus dem haarsträubenden, steinzeitlichen inhaltichen Nichts machen, das das ÖFB-Team unter Constantini darstellte. Internationalen Klasse-Spielern wie Stephan Lichtsteiner, Gökhan Inler und Xherdan Shaqiri stellte er, weil er grade lustig war, Patrick Wolf entgegen.
Dazu eine Doppel-Sechs, die defensiv nur Abschirmdienste verrichtete, nach vorne die Mittellinie (ganz offensichtlich) nicht überqueren durfte und so letztlich völlig nutzlos war. Die Schweizer spielten mit Halbgas und hatten trotzdem alles im Griff, aber im Abschluss haperte es ein wenig. Österreich hatte nur aus Standard-Situationen so etwas wie Torgefahr zur bieten, dazu einen geschenkten Elfmeter in der zweiten Hälfte, den Christian Fuchs, ein fairer Sportsmann, recht kläglich verschoss.
Eine Viertelstunde vor Schluss bestrafte Joker Moreno Costanzo (mit seinem einzigen Länderspiel-Tor) die an taktischer Stupidität kaum zu überbietende Darbietung der Österreicher mit dem 1:0.
Die Schweiz blieb in der Quali für EM 2012 ausnahmsweise mal hängen, cruiste aber souverän zur WM 2014. In Österreich dauerte die lähmende Amtszeit von Constantini noch etwas mehr als ein Jahr, ehe Marcel Koller endlich anfing, aus dem Team etwas rauszuholen.
Position der Stärke im November 2015
Nun trifft Österreich erstmals seit dem 4:2 in St. Gallen im Februar 1999 (damals als WM-Teilnehmer und EM-Qualigruppen-Führender) wieder aus einer Position der Stärke heraus auf die Schweizer. Mit einem Schweizer Teamchef.