Die Gegner von Salzburg und Altach: Nichts zum fürchten

Salzburg und Altach sind die beiden österreichischen Vertreter im Europa-League-Playoff. Ihre Gegner sind weder besonders attraktiv, noch sind sie Grund zum Fürchten: Dinamo Minsk ist eine solide und vom Positionsspiel interessante Truppe, den Weißrussen fehlt es aber an individueller Qualität. Belenenses aus Lissabon kommt mit der Empfehlung von Platz sechs in Portugal, ist aber auf dem Feld stückwerklerisch unterwegs.

Kurz gesagt: Nichts, wovor man sich wirklich fürchten müsste. Hier unsere Scouting-Berichte der Gegner von Salzburg und Altach.

Dinamo Minsk – Salzburg (Do., 18.00 Uhr)

Der Klub: Über Jahrzehnte war Dinamo Minsk der Vorzeigeklub aus der weißrussischen SSR, als einziger Klub der Teilrepublik wurde man 1982 sogar sowjetischer Meister. Nach der Unabhänigkeit dominierte Dinamo die neue, nationale Liga, ehe man vor allem hinter BATE Borisov zurückfiel. Die Lücke soll nun mit dem Geld von Juri Tshish, einem schwerreichen Unternehmer mit enger Bande zum diktatorischen Lukaschenko-Regime, geschlossen werden. In der aktuellen Saison (Weißrussland spielt nach Kalenderjahr) ist Dinamo wiederum klar hinter BATE Zweiter, obwohl der Leader zuletzt auswärts 1:0 geschlagen wurde.

1995: Austria - D. Minsk 1:2 (0:2)
1995: Austria – D. Minsk 1:2 (0:2)

Der Österreich-Bezug: Im September 1995 spielte Dinamo in der 1. UEFA-Cup-Runde gegen die Wiener Austria. Weil das bestellte Video mit einem Spiel nie in Wien ankam und die letzte Liga-Partie vorm Hinspiel abgesagt wurde, hatte man bei der Austria – die unter dem neuen Trainer Hrubesch schlecht in die Saison gestartet war – keine Ahnung vom Gegner.

Hrubesch war in Österreich ein Viererketten-Pionier, seine Austria spielte in einem 4-1-3-2 mit Rashid Rachimov als Staubsauger, Ballverteiler und Taktgeber auf der Sechs. Rachimov legte sein Spiel nur so dermaßen quälend langsam an und hielt den Ball so lange, dass sich die Weißrussen problemlos stellen konnten. Zudem patzten die jungen Außenverteidiger zweimal (erst René Glatzer, 18 Jahre, dann Jürgen Leitner, 19) und Dinamo führte zur Pause 2:0. Das Tempo wurde weiterhin nicht erhöht, vor allem von Rachimov nicht. Nur Ogris warf alles in die Waagschale und legte Mons Ivar Mjelde ein paar gute Chancen auf, es reichte aber nur noch zum 1:2 durch Toni Pfeffer.

Bei der Austria (und ORF-Co-Kommentator Manfred Zsak) rechtfertigte man die Niederlage damit, dass für die junge Mannschaft der Europacup noch zu früh käme, was angesichts von vier Ü-30-Spielern und nur drei U-23-Spielern besonders putzig war. Dinamo gewann das Rückspiel 1:0 und bekam dann vom deutschen Vizemeister Bremen den Hintern versohlt. Spannend: Stürmer Valentin Bialkevitch und Libero Alexander Khatskevitch waren vier Jahre später als Mittelfeld-Duo die eigentlichen Schlüsselspieler bei Dynamo Kiew mit Shevchenko und Rebrov, als man 1999 beinahe ins CL-Finale eingezogen wäre.

Für die Austria war es das letzte Europacup-Duell für sieben Jahre.

Dinamo Minsk - FC Zürich 1:1 n.V. (0:1, 0:1)
Dinamo Minsk – FC Zürich 1:1 n.V. (0:1, 0:1)

Dinamo Minsk aktuell: Vor zwanzig Jahren war Dinamo eine technisch versierte und flotte Truppe, die schnell umschalten konnte. Dinamo heute ist ein eher unspektakuläres, aber nicht uninteressantes Team.

Grundsätzlich agiert Trainer Vuk Rasovic (in Dortmund geboren, weil sein Vater damals beim BVB gespielt hat) mit einem 4-4-2, in dem praktisch nicht gepresst wird. Die beiden Ketten stehen extrem eng, aber durchaus relativ hoch – so nahm man dem FC Zürich in der letzten Quali-Runde die Option des Vertikalpasses von hinten heraus, weil dieser fast zwangsläufig im engmaschigen Netz hängen blieb. Die Außenverteidiger gehen nicht konsequent nach vorne, sondern agieren sehr passiv. Dafür waren zwei andere Aspekte erwähnenswert.

Zum einen, dass Vladimir Koritko (Nr. 10) von der linken Seite oft in die Spitze ging und sich dabei mit Stürmer Gleb Rassadkin (Nr. 8) abwechselte. So testete man die Schnittstelle zwischen der Dreier-Abwehr des FC Zürich und dessen rechtem Wing-Back, Philippe Koch. Zum anderen aber, und das sieht man praktisch nie: Nenad Adamovic (Nr. 88) geht immer wieder vom rechten Flügel auf den linken, ohne dass dabei Koritko mit ihm die Seiten tauscht.

Nein, wenn der glatzköpfige Serbe auf links ging, rückten alle anderen im Mittelfeld eine Position nach rechts. Also mit Koritko und Korsun im Zentrum und Tigorev an der Außenbahn. In diesen Fällen wird aus einem Team mit zwei Sechsern (die zwar konsequent aufrücken, wenn der Ball vorne ist, aber selbst wenig Vertikales von hinten heraus anbieten) eines, das über einen klassischen Zehner im Zentrum verfügt.

Spieler zum Beachten: Bei Dinamo spielen mit Torhüter Khutar, Innenverteidiger Politevitch und Außenverteidiger Veretilo drei Spieler, die 2011 im Halbfinale der U-21-EM standen und dort beinahe die Spanier um Thiago Alcantara, Javi Martinez und Juan Mata eliminiert hätten (und in der Quali auch Österreich mit Alaba und Arnautovic hinter sich ließen). Vorne ist der bullige Montenegriner Fatos Beciraj ein Spieler der von seine Spielstil ein wenig an Markus Rosenberg erinnert. Auch beachtenswert: Zwar verfügt man über eine Vielzahl an Legionären aus Nigeria, Kap Verde bis zu Liyben, aber nur drei (Beciraj, Adamovic und Bangoura) auch auch tatsächlich Stammspieler.

Prognose: Salzburg ist schon Favorit, sollte sich aber vorsehen.

Altach – Os Belenenses (Do., 20.30 Uhr)

Der Klub: Neben Boavista Porto ist der Klub aus dem Lissaboner Stadtteil Belem der einzige Nicht-Big-3-Verein, der jemals portugiesischer Meister wurde. Das ist aber schon schlanke 69 Jahre her. Der Club de Futebol Os Belenenses ist heute so etwas wie die Admira in Österreich: Den Verein gibt’s halt, aber es gibt kaum jemanden, der sich wirklich für ihn interessiert. Letzte Saison, als Belenenses immerhin Fünfter wurde, lag der Zuschauer-Schnitt bei 1.500, beim Saisonauftakt am Wochenende gegen Rio Ave verirrten sich kaum 400 Leute in das nicht gerade kleine Stadion.

Der Österreich-Bezug: Belenenses war im Herbst 2014 der bislang letzte Klub von Roland Linz. Der einstige Teamstürmer brachte es immerhin auf fünf Einwechslungen (dreimal in der Liga, zweimal im Cup). Das war’s aber auch schon: In der handvoll Europacup-Spiele, die der Klub in seiner langen Geschichte hinter sich hat, traf man nie auf ein Team aus Österreich.

Os Belenenses - Rio Ave 3:3 (1:1)
Os Belenenses – Rio Ave 3:3 (1:1)

So spielt Belenenses: Unüblich für Portugal gibt es keinen einzigen Brasilianer im Kader, und überhaupt nur einen einzigen Legionär (Stürmer Abel Camará aus Guinea-Bissau). Trainer Ricardo Sá Pinto, einstiger Teamstürmer, stellte gegen Rio Ave ein 4-3-3 aufs Feld. Sechser Rúben Pinto agiert dabei sehr tief, die offensive Dreierreihe sehr hoch, die beiden Achter André Sousa und Carlos Martins verschoben in erster Linie horizontal.

Auffällig war, wie schlecht die Raumaufteilung im Zentrum war: Routinier Carlos Martins (einst bei Sporting und Benfica) machte was er wollte, Sousa glich die Laufwege nicht adäquat aus. Die Spielanlage ist in erster Linie auf lange Bälle und Einzelaktionen aufgebaut. Ein koherentes Zusammenspiel war nicht erkennbar, die verschiedenen Mannschaftsteile greifen nicht ineinander. Zudem war das Tempo extrem überschaubar, das mag aber auch an den hohen Temperaturen gelegen haben. Rio Ave ging nach einem Fehlgriff von Belenenses-Goalie Ventura (der ein großer Unsicherheitsfaktor ist!) in Führung, aus einer Ecke gelang dem Altach-Gegner das 1:1.

Nach der Pause zog Sá Pinto seinen Mittelfeld-Routinier nach vorne. Was in der Theorie wohl ein 4-2-3-1 mit Carlos Martins als Zehner sein sollte, war in der Praxis ein 4-2-4 mit weiterhin riesigen Abständen zwischen den Mannschaftsteilen. Mit Martins in der Spitze gelang es aber besser, die Bälle vorne zu halten und Rio Ave (in einem 4-4-2 gestaffelt) fand keinen gewinnbringenden Weg an dem Quartett vorbei. Nach einer Ecke erzielte Belenenses das 2:1, wenig später aus einem berechtigten Foul-Elfmeter das 3:1.

Rio Ave erhöhte das Risiko und rückte weiter auf, Belenses machte aber weiterhin nichts anderes als hinten auszuputzen und die Bälle nach vorne zum Offensiv-Quartett zu schlagen. Ein Eigentor (nach Ecke) brachte Rio Ave auf 2:3 heran, in der Nachspielzeit fiel auch noch das 3:3. Das Match fühlte sich aber nicht nur von der Kulisse ein wenig an wie Kapfenberg gegen Lustenau, sondern auch vom Spielniveau. Das waren der Fünfte und der Zehnte der laut UEFA-Ranking fünftbesten Liga Europas, aber es war erschütternd schlecht.

Prognose: Altach muss sich nicht fürchten, Vitória Guimarães wirkte deutlich stärker als Belenenses beim Liga-Start gegen Rio Ave. Unterschätzen wird der Lissaboner Klub, anders als Vitória, die Vorarlberger aber nicht.

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.