Für den WAC ist es eine Premiere: Erstmals gehen die Lanvanttaler im Europacup an den Start. Erster Gegner in der zweiten Europa-League-Qualirunde ist Shachtior Soligorsk aus Weißrussland – beinahe schon ein alter Bekannter für Österreich. Zumindest der Klub, denn 2012 gegen Ried war keiner mehr von den Matches 2008 gegen Sturm dabei – und nun ist fast keiner mehr von den Partien vor drei Jahren im Kader.
Die Wolfsberger selbst haben sich inhaltlich gegenüber der letzten Saison kaum verändert, diese Vermutung legt ein Blick auf die Generalprobe nahe. Beim 3:1-Sieg gegen Schalke 04 am Freitag wurde – wie bei Kühbauer üblich – das Hauptaugenmerk auf eine kompakte Defensive gelegt.
Natürlich hat weder Soligorsk noch die Konkurrenz in der heimischen Liga die Qualität von Schalke – gegen jeden Kontrahenten wird sich der WAC also nicht so deutlich mit zwei Viererketten hinten stehen und nach dem Umschalten den starken Hellquist suchen. Und natürlich ist es für Soligorsk nicht das erste Testspiel gegen einen halbwegs ernst zu nehmenden Gegner unter einem neuen Trainer, wie es das bei Schalke war. Der aktuelle Vierte der weißrussischen Liga ist im vollen Ligabetrieb (Weißrussland spielt nach Kalenderjahr) und hat am Wochenende 2:0 beim Vorletzten, dem FK Slutsk, gewonnen.
Außerdem war Soligorsk schon in der ersten Runde aktiv und hat dort den FC Glenavon aus Nordirland mit 2:1 (auswärts) und 3:0 (daheim) aus dem Weg geräumt.
Shachtiors Trainer Sergej Nikiforenko setzt auf ein 4-4-2, in dem die Außenspieler weit nach vorne aufrücken und so im Angriffsfall flink ein 4-2-4 hergestellt wird. Der Aufbau erfolgt dabei, soweit aus den im Internet verfügbaren Quellen ersichtlich wird, über die Mitte, wobei die Bälle sehr gerne auf die nach vorne rückenden Außenspieler abgelegt wird. Durch die hohe Positionierung dieser beiden könnten auch alle vier Spieler der gegnerischen Abwehrkette angepresst werden.
Auffällig ist aber vor allem, dass die Außenspieler das Spielfeld extrem breit machen, wenn der Aufbau über die Mitte erfolgt. Damit soll die Viererkette auseinander gezogen werden, das macht aber gleichzeitig den Raum zwischen Zentrum und Flügelspielern groß – eine solide Abwehr kann sich darauf sicherlich einstellen.
Soligorsk war wohl in beiden Spielen gegen Glenavon das klar dominierende Team, das legen die Zahlen nahe – 23:16 und gar 23:4 Torschüsse, 5:2 und 11:3 Ecken. Doch im Hinspiel scorte man nur nach zwei richtig katastrophalen individuellen Schnitzern der Nordiren (das Gegentor resultierte aus einem missglückten Ausflog von Goalie Kotenko), das frühe 1:0 im Rückspiel fiel aus einem direkten Freistoß.
Kurz gesagt: Shachtior Soligorsk ist sicherlich ein Team mit grundsätzlicher Qualität, das einen recht klar strukturierten Plan nach vorne hat. Gerade auswärts wird der WAC aber mit der bekannten Taktik, solide zu stehen und auf schnelle Gegenstöße zu setzen, gut fahren – vor allem, wenn man es so gut macht wie gegen Schalke. Wolfsberg ist nicht der klare Favorit, aber darf sich durchaus Chancen ausrechnen.
Schon zweimal gegen Österreicher
Der amtierende Cupsieger aus der 100.000-Einwohner-Stadt rund 200 ziemlich holprige Bus-Kilometer südlich von Minsk hat schon zwei Aufeinandertreffen mit heimischen Teams hinter sich. Im Juli 2008 waren die Weißrussen der erste Pflichtspiel-Gegner von Sturm Graz nach den Abgängen von Prödl, Säumel, Salmutter und Krammer. Im UI-Cup waren die Grazer im Hinspiel die tonangebende Mannschaft, taten sich aber schwer, gegen die sich etwas einbunkernden Gäste wirklich zu Chancen zu kommen. Ein Feldhofer-Tor nach einem Eckball kurz vor der Pause sorgte für das verdiente 1:0, ehe Kienzl von Hölzl und Haas freigespielt wurde und kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit den 2:0-Endstand markierte.
Eine Woche später holte sich Sturm ein 0:0 in Weißrussland ab und sicherte sich so das Ticket für die Finalspiele, wo man knapp Honved Budapest eliminierte und damit für den UEFA-Cup qualifiziert war. In der ersten Runde scheiterte Sturm damals im Elfmeterschießen am FC Zürich.
Vier Jahre später traf die SV Ried unter dem damaligen Neo-Trainer Heinz Fuchsbichler auf Soligorsk, die Innviertler mussten erst auswärts antreten. Shachtior stellte vor allem den Körper rein und agierte recht hart, Ried versuchte mit spielerischen Mitteln dagegen zu halten. Osipenko brachte Soligorsk quasi mit dem Pausenpfiff 1:0 in Front, Anel Hadzic glich halb durch die zweite Hälfte per Elfmeter aus. Mit einem 1:1 im Rücken ging es eine Woche später ins Innviertel.
Zwei Tage nach dem peinlichen CL-Aus von Salzburg gegen Düdelingen waren die Rieder merklich bemüht, nicht ebenso gegen einen No-Name-Gegner die Segel zu streichen. So wurde vor allem darauf geachtet, die robusten Weißrussen in Schach zu halten und ließ sich auf ein Geduldsspiel ein. Letztlich zitterte man ohne zu überzeugen ein 0:0 über die Zeit und rettete sich somit in die nächste Runde. Dort war dann aber gegen Legia Warschau Schluss. Es waren bis heute die letzten Europacup-Auftritte von Ried.
Bilanzen:
Österreicher gegen Soligorsk: 2:0 für Österreich, 1:0 in offiziellen Europacup-Bewerben.
Österreich gegen Weißrussland im Europacup: 2:1 für Weißrussland.
2012/13, EL, 2. Quali-Rd.: Soligorsk – Ried 1:1 und 0:0
2011/12, CL-Play-Off-Rd.: BATE Borisov – Sturm 1:1 und 2:0
1995/96, Uefa-Cup, 1. Rd.: Austria – D. Minsk 1:2 und 0:1