Irland schwindelig spielen, wie beim Istrien-Cup vor einem Monat, schön und gut – aber wie gut greift das aggressive Pressing-Spiel der ÖFB-Frauen gegen eine Mannschaft aus den Top-10 der Weltrangliste? Zumindest beim Testspiel gegen Australien in Villach gab es darauf eine eindeutige Antwort, denn die „Mathildas“ standen dem österreichischen Spielanlage völlig hilflos gegenüber und mussten froh sein, nur mit 1:2 verloren zu haben.
Zuletzt gab’s gegen Spanien schon ein erfreuliches 2:2, beim Istrien-Cup blieben Österreichs Frauen ungeschlagen und traten gegen weniger starke Gegner als Bully auf. Beim Spiel gegen Australien konnte man den aggressiven Ansatz gegen ein Team aus der tatsächlichen erweiterten Weltklasse testen. Die „Mathildas“ waren bei den letzen beiden WM-Turnieren 2007 und 2011 jeweils im Viertelfinale.
Australien kam in einem 4-2-3-1 daher und versuchte, das Spiel auf die Flügel zu verlagern. Alleine kamen die Gäste überhaupt nicht dazu. Weil Österreich sich traute, schon sehr hoch den Gegner anzugehen – vor allem direkt nach Ballverlusten. Mit einem Gegenpressing dieser Aggressivität hatte Australien im Leben nicht gerechnet. Das wurde schnell klar, weil zum einen die jeweils angepresste Spielerin selbst rasch in Panik verfiel und zum anderen, weil die Mitspielerinnen keine Anstalten machten, irgendwie zu helfen.
So schuf Österreich schnell in fast jeder Situation Überzahl in Ballnähe. Das Mittelfeld verschob gut und mit den zentralen Spielerinnen (Puntigam in ihrem 50. Länderspiel und Zadrazil in ihrem 25.) gelang es gut, die ballführende Australierin im Mittelfeld oft sogar zu dritt anzulaufen (ZM, AV, AM). Auch Katharina Schiechtl, die vor einem Jahr noch äußerst zaghaft agierte, rückte couragiert auf.
Aber nicht nur das Gegenpressing wurde mit extremem Furor vollzogen. Wenn es die Situation hergab, wurde auch die Spieleröffnung angelaufen. Australien kam nie auf die Idee, in der eigenen Spielanlage etwas umzustellen. Zu einem geordneten Aufbau kamen die Gäste erst in der Schlussphase, als bei Österreich die Kräfte schwanden.
Dabei half es auch nicht, dass die australische Offensivreihe sehr hoch stehen blieb und sich nicht am Defensiv-Spiel beteiligten. Gleichzeitig aber versuchten sich die AV – vor allem Hayley Raso rechts – oft in die Offensive einzuschalten. Dadurch entstanden vor allem auf den Außenbahnen massive Räume für die schnellen Prohaska und Feiersinger (die ihr Team-Comeback nach dem Schien- und Wadenbeinbruch im März 2014 gab), zudem spielte Makas vorne ihr Tempo ebenso aus.
Das 1:0 resultierte aus einer kurz vor den ersten Pfosten gezogenen Eckball, das 2:0 aus schnellem Umschalten nach einem Ballgewinn im Mittelfeld.
Dass Australien die Nummer 10 der Weltrangliste ist, war nie ersichtlich – erst, als das Team mit verwirrten Gesichtern nach dem Spiel das Feld verließ. Dass sogar die Torhüterin von zwei Spielerinnen in hohem Tempo angepresst wurde und permanent australische Panik-Bälle von hinten heraus irgendwo im Nirwana landeten, hat auch die Beobachterin vom schwedischen Verband registriert – sie beobachtete den WM-Gruppengegner vom fünfen Kontinent.
Als rund zwanzig Minuten vor Schluss Tameka Butt und Kate Gill (statt Van Egmond und Heyman) ins Spiel kamen und gleichzeitig bei Österreich die Kräfte ob des intensiv geführten Spiels schwanden, kam Australien aus dem Würgegriff heraus. Mit der gerineren Intensität und dem in der Schlussphase zunehmend ungenauer werdenden Forechecking Österreichs kam Australien noch zum Anschlusstreffer, aber nicht mehr zum Ausgeich. Der wäre auch nicht verdient gewesen.
Fazit: Nummer 10 der Welt war hilflos
Zugegeben: Australien hat einen massiven Generationswechsel hinter sich. Dennoch ist dies ein Team aus der erweiterten Weltklasse, hat das Finale der Asienmeisterschaft gegen Weltmeister Japan erst in der Verlängerung verloren und rechnet sich bei der WM im Juni auch wieder gute Chancen auf das Viertelfinale aus (wiewohl das vermutlich eher schwierig wird, ob der schweren Gruppe mit den USA und Schweden).
Umso erstaunlicher ist es, wie völlig hilflos diese Mannschaft dem österreichischen Team 75 Minuten lang entgegen stand. Ein Pressing über den kompletten Platz, bei dem aber dennoch so gut wie nie die Kompaktheit verloren geht, ist in der Aggressivität und der fast schon bösartigen Konsequenz, wie es Österreich zeigt, selbst bei den absoluten Chefs wie USA und Deutschland kaum zu sehen.
Nach dem 3:1 gegen Dänemark 2012 – dem ersten Sieg gegen ein europäisches Klasseteam – und dem 3:1 gegen EM-Stammgast Finnland im letzten Jahr ist der erste Sieg gegen ein Welt-Top-10-Team der nächste Meilenstein in der 25-jährigen Geschichte der ÖFB-Frauen. Und ein Zeichen, dass man für die EM-Quali (die am 13. April ausgelost wird), absolut gerüstet ist.