Andreas Ogris als Bundesliga-Trainer: Nach der Trennung von Gerald Baumgartner war es nun soweit. Beim Spiel in Salzburg krempelte der einstige Klassestürmer so gut wie alles: Personal, System, Spielanlage. Was dabei herauskam: Eine Austria, die viel Willen zeigte, aber sonst recht vorsintflutlich agierte. Naiv gegen Pressing, primitiv im ersten Pass, chaotisch in der Abwehr. Am Ende stand eine klar verdiente 1:3-Niederlage.
Schnell auffällig: Neo-Austria-Coach Andi Ogris stellte das Pressing-Spiel von Vorgänger Gerald Baumgartner weitgehend ein. Neben personellen Änderungen (Salamon, Ortlechner, De Paula und Frank statt Koch/Stryger, Stronati/Sikov, Grünwald und Zulechner) stellte er auch vom Baumgartner’schen 4-2-3-1 auf ein 4-1-4-1 um, zumindest in diesem Spiel.
Hohe Achter, „natürliche“ Flügel
Darin agierten die beiden Achter, Holzhauser und De Paula, auffällig hoch. Auf den Außenbahnen drehte Ogris Royer und Meilinger um – statt die beiden wie Baumgartner als „inverted wingers“, also Linksfuß rechts und Rechtsfuß links spielen zu lassen, stellte Ogris die beiden auf ihre „natürlichen“ Seiten. Sie arbeiteten sehr viel nach hinten und standen oft näher an der eigenen Grundlinie als Holzhauser und De Paula in der Mitte. So wurde das Spiel der Salzburger – ansonsten ja gerne durch die Mitte aufgezogen – auf die Flanken gelenkt.
Das Pech nur: Dort fühlten sich die Salzburger ungewohnt wohl, vor allem über die Seite von Thomas Salamon. Er hatte Minamino überhaupt nicht im Griff, über seine Seite fiel auch das Salzburger 1:0 nach 18 Sekunden. Der aktive Benno Schmitz unterstützte Minamino zudem, immer wieder gelangen die Salzburger hinter Salamon in den Rücken der Abwehr.
Kein Plan gegen Salzburgs Pressing
Salzburg zeigte sich fast wie in alten Zeiten mit extrem aggressivem Gegenpressing, bei dem die Austria-Innenverteidiger immer von zumindest einem Salzburger angegangen wurden. Wegen des ob der hohen Achter nur mit Holland spärlich besetzten Zentrums musste der Ball auf die Außenbahn gespielt werden. Dort stürmen drei bis vier Salzburger auf Salamon bzw. Suttner zu. Zudem war es den Salzburgern so ein leichtes, im Strafraum Überzahl herzustellen und Chaos zu stiften.
Gerade auf den Außen gab es für den angelaufenen Austrianer außerdem keine Option im Zentrum, weil die Achter zu weit weg standen und die Außenspieler sofort lang gingen um auf Anspiele zu lauern. Kaum einmal war der Ball lange bei der Austria. Nach neun Monaten unter Baumgartner, der vor allem aggressives Anlaufen als Spielmaxime hatte, agierten die Austrianer, als wären sie noch nie mit Pressing konfrontiert gewesen:
Anstatt den angepressten Spieler zu unterstützen, wurde der arme Teufel aktiv im Stich gelassen.
„Spielaufbau“ verdient die Bezeichnung kaum
Was nicht heißt, dass die Austria keine Chancen gehabt hätte. Vor allem die vertikale Staffelung im Salzburger Zentrum, wo Ramalho relativ tief auf der Sechs spielte (die Rolle, die er in Lieferings Aufstiegssaison gespielt hat) und Naby Keita sehr viel höher und offensiver, eröffnete der Austria die Halbräume, in denen sich Holzhauser und De Paula auch positionierten.
Wenn es also gelang, die erste Salzburger Welle zu umspielen, waren durchaus Räume offen, durch die die Austria zügig vor das Salzburger Tor zu kommen. So kamen die Wiener in der 6. Minute auch zum zwischenzeitlichen Ausgleich. In der zweiten Hälfte, als die Aggressivität der Salzburger nachließ, wurden auch die Angriffe der Austria etwas konkreter.
In der Regel – vor allem in der ersten Hälfte – gab es aber bei der Austria keinen Spielaufbau, der dieses Wort auch nur im weitesten Sinne rechtfertigen wurde. So gut wie jeder Ball wurde, wenn er nicht Opfer einer Salzburger Pressingfalle wurde, blind nach vorne gedroschen. Die Anzahl der 20-Meter-plus-Pässe, die die Austria ins Angriffsdrittel spielte, die auch ankamen, geht stramm gegen Null.
Fazit: Anders – aber nicht besser
Was man der Austria nicht vorwerfen kann: Dass sie zu irgendeinem Zeitpunkt aufgesteckt hätte, bis zum Schlusspfiff versuchte man stets, zumindest noch das 2:3 zu erzielen. Und man muss noch abwarten, wie sich die Mannschaft unter Ogris präsentiert, wenn es nicht gerade gegen Salzburg geht und man selbst das Spiel gestalten muss.
Was man über dieses Spiel aber sagen kann ist, dass der Mannschaft der Spielkultur weitgehend beraubt zu worden sein schien. Blindes Bälledreschen über 50 Meter in die grobe Richtung des bemitleidenswerten Alexander Frank in der Spitze. Es gab nicht den geringsten Plan, wie man mit dem Salzburger Pressing umgehen sollte. Und die Wechsel von Ogris waren zutiefst unispiriert: Statt Holzhauser und De Paula kamen Mader und Grünwald, beide übernahmen die Positionen direkt – da gab’s kein Stellen einer tiefer stehenden Anspiel-Alternative. Erst nach dem 1:3 kam mit Zulechner eine zweite, gelernte Spitze.
Und dass die beiden Achter auch gegen den Ball zu wenig konsequent die Reihen schlossen, machte Salzburg das Leben nicht schwieriger – ein nicht vorhandenes Umschaltspiel von Offensive auf Defensive gab es auch unter Baumgartner nicht, mit dem Unterschied, dass da die Abwehrreihe viel höher stand als in diesem Spiel unter Ogris. Dennoch kam Salzburg zu vielen Chancen. Umso erstaunlicher ist es, dass Salzburg dennoch jede Menge Chancen des Gegners zuließ.
Der Rückstand auf Platz fünf und die damit verbundene wahrscheinliche Europacup-Qualifikation beträgt zwar nach dem 1:4 des WAC bei Rapid immer noch „nur“ sechs Punkte. Aber wie diese Austria das aufholen will, bleibt ein Rätsel.