Mit einem souveränen 5:0 erledigte der ÖFB-Team die Pflichtaufgabe Liechtenstein. Ein überzeugender Sieg, der vor allem auf drei Punkte zurückzuführen ist: Konsequentes hohes Pressing, Durchhalten der Spielidee ohne Nachlassen bis zum Schluss, und die Tatsache, dass man nach 16 Minuten schon 2:0 in Front lag.
Dass die Liechtensteiner ihr 4-1-4-1 sehr defensiv anlegen würden, war klar. Darum lautete das Rezept der Österreicher früh: Mit langen Diagonalpässen und hohen Seitenwechseln die Kompaktheit der Gastgeber aufreißen. Zudem kippte Alaba zu Beginn zwischen die Innenverteidiger ab, die Außenverteidiger schoben nach vorne. So hatte Alaba als Quarterback viele Anspielstationen.
Harnik rückt oft ein, Arnautovic weniger
Während Arnautovic eher auf seiner Seite außen blieb, rückte Harnik von der rechten Seite oft in Richtung Zentrum, im Gegenzug agierte Junuzovic deutlich horizontaler als gewohnt. So war Harniks Gegenspieler Oehri immer wieder versucht, seine Position zu verlassen, für Klein wurde so Platz geschaffen. Genau durch diese oft eher zentrale Positionierung war auch der Doppelpass mit Junuzovic möglich, den Harnik zum 1:0 abschloss.
Dennoch: Das Verteidigen an sich haben die Liechtensteiner eigentlich ganz gut drauf. Womit die Ländle-Kicker überhaupt nicht umgehen konnten, war allerdings das aggressive, hohe Pressing. Wann immer der Ball in der Verteidigung der Gastgeber rotierte oder über Goalie Jehle versucht wurde, einen Spielaufbau zu starten, stürmen Janko und Co. auf die Ballführenden zu.
Konsequentes Pressing
Besonders auffällig war dabei der Unterschied zwischen Angriffs- und Gegenpressing. Wenn gleich nach Ballverlust Druck ausgeübt wurde, verstanden es die Österreicher in der zweiten Pressing-Reihe hervorragend, die Passwege für den ballführenden Liechtensteiner zuzustellen. Gerade Baumgartlinger fiel immer wieder durch extrem umsichtiges und gedankenschnelles Positionsspiel auf. Kaum ein Pass des Außenseiters fand aus diesen Situationen heraus halbwegs sinnvoll einen Mitspieler.
Im Angriffspressing verzichtete das Mittelfeld allerdings oftmals auf eine zweite Pressingwelle. Janko, Junuzovic, Harnik und Arnautovic stürmten da auf die Liechtensteiner Abwehrspieler zu, ohne dass konsequent aus dem Mittelfeld mitaufgerückt worden wäre. Was aber nichts machte: Die Liechtensteiner waren von dem aggressiven Spiel der Österreich schon früh so entnervt, dass die Ruhe am Ball bald fehlte.
Konzentration
Nach dem 2:0 ließen die Österreicher die Zügel etwas schleifen, indem die Konzentration merklich nachließ. Die Fehlpässe häuften sich, vor allem bei David Alaba. Aber auch die anderen tendierten nun dazu, sich vorschnell in einem Spielrausch zu wähnen. Zudem verschoss Alaba einen Elfmeter, der ein schönes Geschenk war – Goalie Peter Jehle, 33 Jahre und 108 Länderspiele alt, war aus seinem Tor gestürmt wie ein U-16-Keeper, der noch nie in der Anfangsformation gestanden hat, und räumte Junuzovic völlig sinnlos ab.
Nach der Pause war die Konzentration wieder zurück. Es wurde wieder konsequenter der Weg nach vorne gesucht, vor allem über die linke Seite waren Fuchs und Arnautovic bis zum Schluss sehr aktiv. Unterstützt wurden sie dabei auch immer wieder von Alaba, der schon im Laufe der ersten Hälfte die Rollen mit Baumgartlinger getauscht hatte.
Biedere Gastgeber
Natürlich spielte den Österreichern auch in die Karten, dass es schon nach 16 Minuten 2:0 gestanden hat und man immer wieder merkte, dass Oldboy Mario Frick gelernter Stürmer ist und nur wegen seiner Routine als Innenverteidiger spielt, und weil man da nicht mehr so viel rennen muss. Hätte es länger 0:0 gestanden, hätten sich die Liechtensteiner weiterhin geschickt am eigenen Sechzehner eingebunkert.
So aber waren sie alsbald gezwungen, ab und an auch mal etwas nach vorne zu versuchen. Die Spielzüge wirkten aber zumeist statisch: Eröffnungspass von hinten auf einen Achter, der legt quer entweder auf den Außenspieler oder Sechser Polverino, der dann den nächsten Vertikalpass spielt oder selbst nach vorne geht. Das war äußerst durchschaubar und wurde von der aktiv gegen den Ball verteidigenden österreichischen Zentrale fast immer schnell unterbunden.
Aggressiv bis zum Schluss
Sehr auffallend und sehr positiv anzumerken ist, dass Österreich vom aggressiven Spiel gegen den Ball, oft schon am gegnerischen Strafraum oder sogar darin, bis zum Schluss kaum einen Schritt nachließ. Die Tore zum 3:0 (Alaba-Weitschuss) und zum 4:0 (wunderbare One-Touch-Kombination) waren die logische Folge. Ebenso wie die Tatsache, dass Liechtenstein von einer Ecke und einem Torschuss aus dem Spiel heraus (der an den Pfosten klatschte) nie ernsthaft vor Almers Tor kamen.
Ebenso positiv anzumerken ist auch die Leistung von Marko Arnautovic. Er zerreißt sich für das Team, war bis zum Schluss extrem aktiv, versuchte sich immer anzubieten und wurde in der Nachspielzeit auch noch mit seinem längst überfälligen achten Länderspieltor belohnt.
Fazit: Demonstrativer Wille bis zum Schluss entscheidender als Taktik
Natürlich war das Spiel nach 16 Minuten entschieden, um den Sieg musste man zu keinem Zeitpunkt fürchten. Wichtig ist aber zu vermerken, dass – von einer Schwächephase gegen Ende der 1. Hälfte abgesehen – bis zum Abpfiff konsequent und aggressiv gegen den Ball agiert wurde und der Gegner nie wirklich zur Entfaltung kam. Viele Mannschaften würden nach einer Viertelstunde auf Verwalten-Modus umschalten.
Großartige spielerische oder taktische Erkenntnisse sind aus diesem Spiel nicht herauszulesen, es ging eindeutig mehr um die Ernsthaftigkeit und die willige Einstellung, die auch gegen einen sowohl auf dem Papier als auch auf dem Rasen deutlich unterlegenen Gegner an den Tag gelegt wurde.
Der Lohn: Der höchste Auswärtssieg in einem Bewerbsspiel seit 1931 und einem 8:1 in der Schweiz im Europapokal für Nationalmannschaften (später „Dr.-Gerö-Cup“).