Cech, Kadlec, Suchy, Rosicky, Hübschman, Plasil, Necid – die internationalen Spieler ließ Tschechiens Teamchef Pavel Vrba allesamt draußen. Die Mischung aus den nationalen Top-Teams Sparta Prag und Viktoria Pilsen hatte gegen ein seltsam passives und erschreckend konfuses österreichisches Team das Spiel weitgehend im Griff, machte aber die entsprechenden Tore nicht. So kam die ÖFB-Elf im letzten Test vor der EM-Quali zu einem extrem schmeichelhaften 2:1-Sieg. Bei dem bis auf die Chancenverwertung so gut wie nichts funktionierte.
Kein Pressing
Hatte das Pressing bei Österreich zuletzt gegen Island nicht geklappt, weil aus dem Mittelfeld zu wenig nachgerückt worden war, gab es diesmal erst gleich gar keines. Die Mittelfeld-Kette im 4-1-4-1 verschob im Verbund horzitonal und auch Sturmspitze Sabitzer lief die ballführenden Innenverteidiger nicht an. Bei den Tschechen hingegen wurde gut variiert: Zum einen mit längeren, halbdiagonalen Bällen in Richtung der offensiven Mittelfeldreihe, zum anderen – vor allem am österreichischen Strafraum angekommen – mit kurzen Pässen. Dabei rückten auch beide defensiven Mittelfeld-Leute der Tschechen weit über die Mittellinie auf, wodurch Österreich nach Ballgewinnen die Räume für einen schnellen Aufbau genommen wurden.
Damit taten sich die Österreicher dann auch extrem schwer, weil – ebenfalls wie gegen Island – komplett die Bewegung fehlte, nicht selten lief nur der Ballführende, und die anderen schauten ihm zu. So als ob es eintrainierte Angriffs-Spielzüge gar nicht gäbe. Oft wurden dann auch längere Vertikalbälle eingestreut (vor allem von Garics), was das Tempo dann vollends rausnahm. Junuzovic agierte mehr vertikal, womit sich Garics und Weimann schwer taten, ihn einzubeziehen. Die Partnerschaft von Arnautovic mit Ivanschitz auf der rechten Seite klappte deutlich besser.
Schwächen in der Abwehr
Vor allem Emanuel Pogatetz war in der österreichischen Hintermannschaft ein ständiger Gefahrenherd. Das sahen natürlich auch die Tschechen: Stürmer Vydra tendierte in den Zweikämpfen dazu, eher auf Prödl zu gehen, lief aber Pogatetz voll an, wenn dieser den Ball führte. Dazu ließ sich der Nürnberg-Legionär oft viel zu billig aus der Position ziehen, wodurch in seinem Rücken Lücken entstanden. Hinzu kam, dass die Viererkette oft im Strafraum tief stand und Ilsanker alleine den Platz davor abdecken musste, wodurch die Tschechen den Raum vor dem gegnerischen Strafraum weitgehend im Griff hatten.
Dass auch Robert Almer, der nicht mal beim abgeschlagenen Letzten der 2. deutschen Liga zu Einsätzen kam, keine Sicherheit ausstrahlte, half da natürlich auch nicht weiter. Zu sagen, Gyuri Garics wäre der bessere Torhüter gewesen, wäre wohl ein wenig hart, aber Garics klärte zweimal in höchster Not, Almer nur einmal – dafür ließ Letzterer einige Bälle unnötig fallen bzw. prallen. Dazu war er im Aufbau völlig nutzlos, weil er stur die Bälle einfach blind nach vorne drosch.
Keine Balance, kaum ein Nachrücken, viel Ungenaues
Hauptproblem war aber, dass im Vorwärtsgang keine Balance, keine Kompaktheit und kaum ein Nachrücken erkennbar war. Viele Bälle wurden leicht verloren, auch von Stefan Ilsanker, der zwar wusste, wann er mal ein taktisches Foul machen musste, wann er wohin verschieben musste und wann er wo welche Lücken schließen musste, aber ebenso eine erstaunliche Fehlpass-Quote an den Tag legte.
Wie eklatant die Schwäche der Österreicher nach vorne war, wurde in der Aktion deutlich, die zur völlig unverdienten 1:0-Führung führte. Es war das erste Mal, dass mal ein Angriff schnell und direkt und vertikal über Ivanschitz und Arnautovic nach vorne getragen wurde, Sabitzer (oder Innenverteidiger Prochazka) vollendete die Hereingabe von Arnautovic. Eine Aktion als völliges Gegenteil zu so ziemlich allem, was davor gewesen ist.
In der Folge versuchte Österreich auch deutlich mehr als davor, direkter in die Spitze zu kommen, aber kurz vor der Pause gelang Hořava der hochverdiente Ausgleich – fast logischerweise in einer der vielen Situationen, in denen Österreich den Raum vorm eigenen Sechzehner nicht im Griff hatte und Hořava per Fernschuss traf.
Darum spielt Alaba im zentralen Mittelfeld
Für die zweite Hälfte blieb der völlig indisponierte Junuzovic – er half weder dem Duo auf der rechten Seite, noch brachte er nach vorne etwas, wirkte ein wenig überspielt – in der Kabine, für ihn kam Julian Baumgartlinger und mit ihm eine Änderung des Systems auf ein 4-2-3-1. Defensiv passte die Raumaufteilung da deutlich besser, aber offensiv passte es immer noch nicht. Oder, genauer gesagt: noch viel weniger.
Weil nämlich Ivanschitz weiterhin seine halblinke Seite bearbeitete und nicht von der Seite von Arnautovic und Suttner wich, klaffte auf der anderen Seite eine Lücke und er blieb auch dann noch im ballfernen Halbfeld, wenn Garics und Weimann auf der rechten Seite eigentlich seine Hilfe benötigt hätten. So blieben den beiden oft nur Quer- oder Rückpässe, aber keinerlei Impulse nach vorne.
Anders gesagt: Genau jene Räume, die sonst ein David Alaba bearbeitet (oder stopft, je nachdem), blieben nun leer und Österreich damit harmlos. Wie überhaupt einer im Mittelfeld fehlte, der das Spiel antreibt. Das ist Ilsanker nicht, schon von seinem Typ her, das ist Baumgartlinger nicht nach einem halben Jahr Verletzungspause.
Und das ist auch der Grund, warum Alaba im Nationalteam eben im zentralen Mittelfeld spielt und nicht, wie bei den Bayern, als Linksverteidiger.
Unwucht erkannt, aber auch Neue ändern wenig
Koller erkannte die Unwucht und nahm Ivanschitz nach einer Stunde ebenso wie den einmal mehr alles andere als beeindruckenden Andi Weimann vom Feld. Michael Liendl spielte von nun an den Zehner tatsächlich zentral.
Was aber auch nichts daran änderte, dass die tschechische Mannschaft defensiv einen sehr organisierten Eindruck machte, selten in Panik verfiel und technisch sicherer agierte. Inhaltlich ist es eine typische Pavel-Vrba-Mannschaft: Wie schon bei Viktoria Pilsen lässt er auch beim Nationalteam ein sehr klar strukturiertes 4-2-3-1 spielen, mit einem Pressing mittlerer Intensität, mit konsequentem Nachrücken, aber ohne echte Überraschungen.
Überwunden wurde Torhüter Štěch dann aber doch, weil seine Vorderleute den Ball nicht wegbrachten und Baumgartlinger aus 18 Metern abzog und traf. Einmal mehr entgegen dem Spielverlauf, und auch in der verbleibenden Spielzeit drückten die Tschechen auf den Ausgleich. Ohne Erfolg, teils wegen eigener Unfähigkeit, teils wegen guten Defensiv-Stellungsspiels von Garics, und auch teils wegen des Referees, der ein Tor nicht gab, von dem keiner so genau wusste, warum er es nicht gab.
Fazit: Ein Rückschritt nach dem anderen
Es war fraglos eines der schlechteren Spiele unter Marcel Koller, die Probleme waren mannigfaltig, aber auch keineswegs neu. Es fehlte wieder das Tempo und die Genauigkeit im eigenen Aufbau, es gab zu wenig Nachrücken im Mittelfeld, es wurde die Kompaktheit im mannschaftstaktischen Verschieben (vor allem in den diesmal äußerst spärlichen Pressing-Situationen) vermisst. Die rechte Seite funktioniert nicht, egal ob dort Garics oder Klein als RV spielen.
Die beiden größten Problemstellen waren aber Robert Almer und Emanuel Pogatetz. Als vor rund zwei Jahren an dieser Stelle Pogatetz recht deutlich kritisiert wurde, hagelte es Kritik an der Analyse – nun kann es aber keine zwei Meinungen mehr geben, dass Pogatetz nicht mehr das nötige Niveau mitbringt. Es kann ja auch kein Zufall sein, dass er in den letzten zwei Jahren unter den Trainern Magath, Allardyce und Verbeek wenig bis gar nicht spielte.
Von Koller waren diesmal keine Reaktionen auf einen sich adaptierenden Gegner gefordert, weil die Tschechen inhaltlich nicht umstellten. Dass es ein Glückssieg war, räumte er dann auch selbst ein, und in der EM-Quali wird sich vieles bessern müssen, was in der Vergangenheit schon deutlich besser funktioniert hat. Das Mannschaftsgefüge beim Pressing klappt überhaupt nicht, und bis auf Arnautovic gibt es kaum einen, der wirklich Verantwortung übernimmt.
Kurz: Im Herbst muss so ziemlich alles anders werden. Denn in den letzten Spielen, so okay die Ergebnisse auch waren, macht man einen Rückschritt nach dem anderen.
(phe)