Das Feld ist bestellt, die 32 Teilnehmer an der WM-Endrunde 2014 in Brasilien sind nun alle bekannt – und man muss konstatieren: Anders als bei den letzten Turnieren ist keine einzige Überraschung dabei. Bei Debütant Bosnien ist eine Endrunden-Teilnahme seit Jahren überfällig, die aufstrebenden Belgier hatte auch jeder auf dem Zettel. Aber sonst: Kein Exot von einer Karibik-Insel, kein afrikanischer Glücksritter, kein asiatischer Emporkömmling.
Hier nochmal eine detaillierte Übersicht, wie es dazu gekommen ist: Die Qualifikation für Brasilien 2014, rund um die Welt.
EUROPA (13 Teilnehmer)
Deutschland, Italien und Holland radierten problemlos durch ihre Gruppen. Spanien ließ in Frankreich und gegen Finnland Punkte, kam aber sicher durch. Russland war gegenüber Portugal von Beginn an im Vorteil. England mühte sich heftig, kam aber durch. Die Schweiz nützte die Gunst der Stunde und gewann eine lächerlich leichte Gruppe, wird bei der WM sogar Gruppenkopf sein, ist aber längst nicht so gut wie sie dasteht. Dazu die Teams aus Belgien und Bosnien, deren Teilnahme keine Überraschung ist – im Gegenteil, es wäre eine mittlere Sensation gewesen, hätten sie sich nicht qualifiziert. Heißt: Mit allen neun Gruppensiegern aus Europa war zu rechnen.
Mit Island schaffte es ein Außenseiter zwar in die Playoffs (nach Estland vor zwei Jahren), gegen Kroatien war man aber zu harmlos. Griechenland setzte sich letztlich sicher gegen Rumänien durch. Frankreich drehte ein 0:2 gegen die Ukraine noch um und für Portugal waren vier Ronaldo-Tore genug, um die zwei Ibra-Tore von Schweden zu übertrumpfen.
SÜDAMERIKA (5 Teilnehmer + Brasilien)
Wie kaum anders zu erwarten war, kam Argentinien locker durch – Teamchef Sabella hat es geschafft, Messi auch im National-Trikot zum funktionieren zu bringen. Kolumbien ist, angeführt von Super-Stürmer Falcao, erstmals seit 1998 wieder mit dabei und ist bei der WM nicht zu unterschätzen. Ebenso wenig wie Chile, die vier Jahre nach der Bielsa-Mannschaft nun mit Jorge Sampaoli wieder einen aufregenden Teamchef mit einem tollen Team am Start haben.
Ecuador ließ sich vom Unfalltod von Chucho Benítez nicht aus der Bahn werfen, löste zum dritten Mal bei den letzten vier Turnieren das Ticket. Das alternde Team aus Uruguay schlingerte nach dem Copa-America-Titel 2011, kam aber ins Play-Off gegen Jordanien.
Die überraschenden Copa-America-Semifinalisten Venezuela und Peru schafften es nicht und Paraguay, Finalist von 2011 und WM-Dauergast, fiel ins Bodenlose. Letzter ist, fast schon wie gewohnt, das Team aus Bolivien.
NORD- und MITTELAMERIKA (4 Teilnehmer)
Haben die Südamerikaner den unkompliziertesten Modus, so gibt’s in der Concacaf-Zone erfahrungsgemäß den unübersichtlichsten. Insgesamt vier Runden gibt es, wobei in der ersten nur die wirklich chancenlosen ran mussten. Die Sieger der fünf K.o.-Duelle in der Vorquali kamen dann in die Vorrunde…
…in der die echten Hot Shots des Kontinental-Verbandes aber auch noch nicht zu finden waren. Aber immerhin: Für Trinidad, WM-Teilnehmer von 2006, war sogar diese Hürde schon zu hoch. Und die Bahamas zogen sich nach ihrem, nun ja, überzeugenden Vorquali-Sieg gegen die Turks-und-Caicos-Inseln schon vor dem Start der Vorrunde bereits wieder zurück. Für die sechs Gruppensieger ging’s dann in die Zwischenrunde.
Hier mussten dann auch die Großen ran. Die US-Amerikaner blamierten sich auf Jamaika und mussten bis zum letzten Spieltag warten, ehe alles klar war; Mexiko und Costa Rica hatten keine Probleme. Die hatte dafür Kanada: Mit einem unglaublichen 1:8 am letzten Spielten in Honduras fiel man noch aus dem „Hexagonal“, der Finalrunde, hinaus.
Dort war es das Team aus den USA, das nach einem holprigen Start (Pleite in Honduras) dann doch souverän als Erster durch’s Ziel ging, auch die Teilnahme von Costa Rica zeichnete sich früh ab. Ganz anders Mexiko: Praktisch keine Tore, damit fast keine Siege und große Probleme sorgten dafür, dass Honduras zum zweiten Turnier in Folge fährt.
Die Mexikaner aber brauchten alleine in den letzten vier Monaten ebenso viele Teamchefs und kamen nur ins Play-Off, weil die USA in der Nachspielzeit das Spiel gegen Panama gewannen. Ging also grade noch mal gut.
ASIEN (4 Teilnehmer)
Auch in Asien wurde kräftig ausgesiebt, ehe es in Gruppenspiele ging. In der ersten Runde mussten nur die echten Fußballzwerge ran, in der zweiten dann…
…hatten noch die vier WM-Starter vom letzten Mal und der damalige Playoff-Teilnehmer Bahrain frei. Der Oman ersparte sich 50 Minuten beim Rückspiel in Myanmar, weil die Zuschauer randalierten. Und der Steirer Hans-Peter Schaller, damals noch Teamchef von Laos, ersparte sich nach dem Aus gegen China – bei dem man im Hinspiel auswärts nach einer Stunde aber noch geführt hatte (!) – die weitere Qualifikation.
Zwei Teams haben sich beim Asien-Cup 2011 besonders negativ hervorgetan: China und Saudi-Arabien. So war es eigentlich keine Überraschung, dass beide Teams auch schon vor der Finalrunde hängen geblieben sind. China klar und deutlich, die Saudis dann doch eher peinlich gegen den kleinen Nachbarn Oman. Auch bei Nordkorea zeigte die Formkurve schon beim Asien-Cup klar nach unten; das Aus in einer starken Gruppen war zu erwarten.
Japan, die mit großem Abstand beste Mannschaft des Kontinents, machte nach der eher mit Halbgas betriebenen Zwischenrunde ernst und war die weltweit erste sportlich qualifizierte Mannschaft. Ordentlich kämpfen musste Australien nach schlechtem Start (Remis im Oman, Pleite in Jordanien), die Aufholjagd gelang aber. Südkorea war lange auf einem guten weg, schaltete dann aber beinahe zu früh ab. So konnte der Iran noch vorbeiziehen und sich sogar als Gruppensieger qualifizieren.
Usbekistan fehlten letztlich zwei Tore auf Platz zwei und denn im Entscheidungsspiel um den Playoff-Platz gegen Jordanien die Nerven im Elfmeterschießen. So durften sich die Jordanien mit Uruguay messen – was ein ziemlich ungleiches Duell werden sollte.
AFRIKA (5 Teilnehmer)
Den brutalsten Qualifikations-Modus gab’s in Afrika. Damit ist weniger gemeint, dass zu Beginn einmal die schwächsten Teams aussortiert werden. Sondern, dass die Sieger der zehn Vierergruppen in der Hauptrunde…
…dann noch in Playoff-Spielen gegeneinander antreten mussten. Dazu zogen sich die sechs Spieltage über 15 Monate mit einem Afrika-Cup mittendrin. Dazu mutierte es in vielen Gruppen zum Volkssport, Aufstellungsfehler bei den Gegnern zu suchen: Nicht weniger als sieben Spiele wurden wegen des Einsatzes gesperrter Spieler strafverifiziert. Kamerun etwa verdankt den Gruppensieg unfähigen Funktionären aus Togo, Tunesien solchen aus Kap Verde, Burkina Faso bekam selbst einen Sieg gestrichen und hatte Glück, dass den Kongolesen dasselbe passiert ist. Und auch Äthiopien wäre beinahe auch darüber gestolpert, gelbe Karten nicht zusammen zählen zu können.
Besonders hat war der Modus für Ägypten: Sieben der acht Spiele gewonnen, und trotzdem nicht qualifiziert – wegen eines rabenschwarzen Tages gegen Ghana. Afrikameister Nigeria spielte die größere internationale Erfahrung gegen das aufstrebende Team aus Äthiopien aus, Kamerun die individuelle Klasse gegen Tunesien. Die Côte d’Ivoire musste ganz kräftig zittern, ehe man in der Nachspielzeit des Rückspiels gegen den Senegals doch noch alles klar machte. Und Afrikacup-Finalist Burkina Faso war dem Druck im Rückspiel gegen Algerien nicht gewachsen. Womit sich die selben fünf Teams qualifiziert haben wie für die letzte WM.
OZEANIEN (kein Teilnehmer)
In der Ozeanien-Gruppe hat es im Endeffekt für kein Team gereicht, sich für die WM zu qualifizieren. Schon gar nicht für eine jener vier Mannschaften, die sogar dort in die Vorqualifikation mussten. Wo aber immerhin die wackeren US-Samoaner – wir erinnern uns an das 0:31 gegen Australien vor zwölf Jahren – ihren ersten Sieg in einem Bewerbsspiel einfahren konnten.
Als Vorrunde hielt der Ozeanien-Cup auf den Salomonen her. Dass sich Neuseeland dort in der Folge im Halbfinale gegen Neukaledonien verabschiedet hat und Tahiti dann den Turniersieg und damit die Teilnahme am Confed-Cup abgestaubt hat, war für die All Whites zwar unendlich peinlich, hatte auf die WM-Quali aber keine Auswirkungen.
Zumal man sich in der Finalrunde schadlos hielt und alle sechs Spiele gewann. Wiewohl auch das nicht immer souverän war: Gegen Neukaledonien gewann man erst in der Nachspielzeit, auch beim 3:0 gegen Tahiti fielen zwei Tore in der Überspielzeit, auf den Salomonen stand es bis Minute 88 nur 1:0. Egal: Man durfte gegen Mexiko in die Entscheidungsspiele um die Teilnahme in Brasilien spielen.
INTERKONTINENTALE PLAY-OFFS
Was haben sich in diesen Spielen in der Vergangenheit schon für Dramen abgespielt. Australien etwa setzte sich 2005 im Elferschießen gegen Uruguay durch. Der Iran setzte sich 1997 dank der Auswärtstorregel gegen die Australier durch. Vor vier Jahren zitterte sich Neuseeland gegen Bahrain zum WM-Ticket.
Diesmal aber war alles schon vor den Rückspielen entschieden. Uruguay ließ Jordanien nicht den Funken einer Chance, die ultra-defensiven Neuseeländer trauten sich in Mexiko erst bei 0:3 ein wenig aus dem Schneckenhaus. Die Rückspiele: Nur noch Formalitäten.
Womit es unter den 32 Teilnehmern für die WM-Endrunde in Brasilien nur einen einzigen Debütanten gibt (Bosnien) und keine einzige Überraschung. Kein Team, das sich qualifiziert hat, konnte man vorher nicht auf der Rechnung haben. Jeder der 31 Mannschaften, die sich auf sportlichem Weg qualifiziert haben, musste man das schon vor dem Quali-Start absolut zutrauen.
Anders als Nordkorea oder Honduras 2010, anders als Trinidad, Togo und Angola 2006, als Senegal und Ecuador 2002, als Jamaika 1998 – nein, den klassischen Underdog, den Exoten, den Noch-nie-Gesehenen gibt es 2014 in Brasilien nicht.
Das kann man jetzt gut oder schlecht finden – jedenfalls ist es aber so.
(phe)