Was den Entwicklungsstand der ÖFB-Frauen angeht, waren in diesem Herbst zwei Spiele besonders interessant: Das bei EM-Teilnehmer Finnland (wo man mindestens auf Augenhöhe war) – und das in Ungarn, dem Topf-4-Team der Sechsergruppe. Um die Frage zu beantworten, wie es dem Team auswärts gegen einen Gegner mit halbwegs Qualität gelingt, das Spiel zu gestalten. Nach dem nie gefährdeten 3:0 in Budapest steht fest: Mannschaften wie diesen ist man schon meilenweit enteilt. Erst, als das Spiel entschieden war, ließ man es ein wenig schleifen.
Stamm-Goalie Kristler fehlte verletzt und Sarah Zadrazil, die zuletzt in Finnland eine starke Partie als Nina Burgers Sturmpartnerin ablieferte, bekam von ihrem US-Uni-Team keine Freigabe. Eine andere Spielanlage bedeuteten diese Änderungen (Makas zurück statt Zadrazil, Zinsberger statt Kristler mit dem Startelf-Debüt) nicht: Wille zum Gestalten, weit abkippende Sechs, einrückende Mittelfeld-Außen und aktive Außenverteidiger.
Österreichischer Sieg früh auf Schiene
So weit nichts Neues, und tatsächlich war die Spielanlage jener vom Spiel in Finnland praktisch identisch. Unterschied: Der Gegner hatte weniger Niveau als in Turku. Auch das erlaubte es der österreichischen Dreierkette, die sich im Aufbau bildete, deutlich weiter nach vorne zu schieben. Das allzu große Loch, dass dabei gegen Belgien und in Finnland davor aufgerissen wurde, verkleinerte sich dadurch; außerdem standen die nominellen Mittelfeld-Außen diesmal nicht auf einer Höhe mit den Sturmspitzen, sondern bearbeiteten dahinter den Platz zwischen den Reihen.
Das 1:0 für Österreich fiel schon in Minute 7: Eine Freistoß-Flanke von Puntigam (die diesmal als tieferer der beiden zentralen Mittelfeld-Leute begann) beförderte Burger in ihrem 50. Länderspiel der Ball an die Latte, die ungarische Abseitsfalle schnappte nicht zu und Carina Wenninger konnte völlig mühelos zu ihrem zweiten Tor im Nationalteam einköpfeln. Was allerdings nicht dafür sorgte, dass die Ungarinnen aktiver wurden.
Das „Problem Jakabfi“ ist keines
Die mit sehr viel Abstand beste Spielerin Ungarns ist Zsanett Jakabfi, Stammkraft bei Triple-Sieger Wolfsburg. Wenn sie denn fit ist. Denn das war sie in den letzten Monaten nicht, und das merkte man. Hastig einberufen und ohne mit der Mannschaft trainiert zu haben, war sie auf dem rechten Flügel im 4-4-2 von Teamchef Attila Vágó postiert. Potentiell ein extremer Gefahrenherd – vor allem ob der teilweise recht weit innen agierenden Prohaska – aber das Spiel lief komplett an Jakabfi vorbei, sie hatte kaum Ballkontakte und sie brachte Verena Aschauer nur sehr selten in Verlegenheit.
Bei Ungarn versuchten die Mittelfeld-Außen Jakabfi und Kaján, im Aufbau weit nach vorne zu schieben – vor allem Jakabfi – aber umso nahmen sie sich selbst aus dem Spiel, weil Österreich da geschickt die Passwege zustellte. Andererseits aber ließ sich Boglárka Szabó aus dem Zentrum zwischen Innenverteidiger fallen, wenn es hinten gefährlich wurde. So ergab sich ein Wall aus drei eng stehenden Verteidigierinnen im Zentrum.
Aber durch die Assymetrie auf den ungarischen Flügeln – Kaján links rückte gegen den Ball deutlich weiter zurück als Jakabfi rechts – und drm in der Defensive vertikal statt horizontal gestaffelten Duo im zentralen Mittelfeld waren auf dieser Seite deutlich mehr Optionen zur Spieleröffnung für Österreich, weil Ungarn da große Räume offen ließ. Darum war es auch Carina Wenninger, die rechte Innenverteidigerin, die oftmals mit dem Ball nach vorne in den freien Raum ging.
Man muss sich schon fragen, warum die Ungarn das ÖFB-Team dreimal beobachtet haben (gegen Belgien, gegen Bulgarien und in Finnland), wenn sie dann im Positionsspiel gegen den Ball erst recht alles falsch machen. Gefährlich wurde Ungarn jedenfalls nur aus Ecken: In Minute 9 streicht eine solche einen Meter am österreichischen Tor vorbei, und in Minute 42 kratzte Heike Manhart (die ja in der ungarischen Liga spielt) einen Schuss von Vágó wiederum nach einem Eckball von der Linie. Letzteres war die einzige echte Schrecksekunde im ganzen Spiel.
Klare Sache und Billa-Debüt
Durch die Mitte, wo sich die Ungarinnen in der Abwehrkette verdichtete, kam Österreich nicht so oft durch, und wenn, war meist Lisa Makas mit ihrem Tempo und ihrer Technik daran beteiligt (wie etwa auch schon bei ihrer sensationellen Vorarbeit im Europacup-Spiel gegen Sassari Torres). Nur im Abschluss haperte es. Die gefährlichsten Szenen kamen aber zustande, wenn es gelang, über die Außen mit Tempo in den Rücken der ungarischen Abwehr zu kommen.
Wie beim 2:0, als Aschauer durchging, flankte, und die ungarischen Innverteidigerinnen Demeter und Tóth beide den Ball klären wollten, dabei übereinander stolperten und den Ball dabei ins eigene Tor beförderten. Undwie beim 3:0, als Nina Burger steil geschickt wurde und ebenso zur Grundlinie durchging, zurücklegte, und Lisa Makas nach einer Stunde doch noch ihr Tor machte.
Was die Gelegenheit gab, Nicole Billa ihr Teamdebüt zu ermöglichen. Die 17-Jährige, die Kapitänin vom U-19-Team ist, startete zuletzt mächtig durch, nach einer Saison in Innsbruck ging sie im Sommer zu St. Pölten und fällt auch dort durch eine Eiseskälte vor dem Tor auf.
Dass sie ihre größte Chance auf den ersten Treffer im ersten Spiel in der Nachspielzeit vergab, indem sie halb im Fallen aus zwei Metern über das Tor schoss, kann da schon mal passieren. Ungarn war zu diesem Zeitpunkt im Übrigen schon nur noch zu zehnt: Zsanett Jakabfi, im ganzen Spiel weitgehen unsichtbar, hatte in der 87. Minute angeschlagen das Feld verlassen, das Wechselkontingent war aber schon erschöpft.
Da wird sich Wolfsburg schön beim ungarischen Verband bedanken, der Jakabfi völlig unvorbereitet in die Schlacht warf.
Fazit: Nicht glanzvoll, aber problemlos
Mit dem 2:0 und dann dem 3:0 im Rücken franzte das österreichische Spiel ein wenig aus, es wurde zu eng, es fehlte ein wenig die Genauigkeit. Aber bis die Partie entschieden war, agierte Österreich konzentriert, umsichtig und bis auf wenige Ausnahmen souverän. Der Sieg stand nie in Frage. Es wurde versucht, die Schwächen von Ungarn anzubohren, man hatte immer das Heft des Handeln in der Hand und Schnitzer von Ungarn wurden ausgenützt. Kein ultimativ glazvoller Sieg, aber ein souveräner Erfolg gegen einen passiven und defensiven Gegner.
So leicht wird’s am Donnerstag in Ritzing gegen Frankreich natürlich nicht werden.
(phe)