Ghana wäre der programmierte Finalist gewesen – aber nach Senegal in der Gruppenphase stolperte nun der nächste Favorit über die defensiv unglaublich gut organisierten Sambier. Die Chipolopolo zogen Ghana erst den Nerv und schlugen kurz vor Schluss entscheidend zu. Das 1:0 bedeutet den dritten Finaleinzug in der Geschichte Sambias.
Auf ein Geduldsspiel wie im Viertelfinale gegen Tunesien wollte sich Goran Stevanovic, Ghanas Teamchef, im Semifinale gegen das erstaunliche Team aus Sambia nicht einlassen – einmal das Glück zu provozieren ist genug. So waren die Black Stars deutlich aktiver als in den Spielen davor und waren sichtlich bemüht, das Spiel in die eigene Hand zu nehmen und sich nicht von Sambia einlullen zu lassen.
Ghana am Ball, aber nicht gefährlich
Die drei auffälligsten Spieler waren dabei die Außenverteidiger, Samuel Inkoom und Lee Addy, sowie der Sechser Derek Boateng. Letzterer lenkte das Spiel von hinten heraus und von den anderen beiden war es vor allem Inkoom, der im Grunde einen recht klassischen Rechtsaußen spielte. Das erlaubte André Ayew, sich von außen nach innen zu bewegen, im Versuch, die Gasse zwischen den beiden sambischen Viererketten zu bearbeiten. Addy blieb eher weiter hinten.
Ghana zeigte ein gepflegtes Passspiel und hatte dramatisch mehr Ballbesitz als der Gegner. Aber dennoch schaffte es der Favorit nicht so richtig, sich auch Torchancen zu erarbeiten: Sambias Torhüter Mweene musste nicht allzu oft eingreifen und Sambia hatte wenig Probleme, das 0:0 zu halten – vom frühen (und harten) Elfmeter für Ghana abgesehen, den Gyan nicht zur Führung nützen konnte.
Auf Gegner abgestimmte Defensive
Was vor allem am defensiven Viereck des Teams von Hervé Renard lag. Die zwei Innenverteidiger Himoonde und Sunzu sowie die beiden Sechser Kasonde und Sinkala verstanden es hervorragend, das Zentrum dicht zu machen. Ghanas Zehner Kwadwo Asamoah kam zwar immer wieder an den Ball, wenn sich die beiden aus dem Mittelfeld etwas herauslocken ließen, er bekam aber kaum Zeit, sich zu entfalten. So wurde das Spiel Ghanas auf die Außenbahnen gedrängt.
Hilfe bekamen die Innenverteidiger auch von den Außenverteidigern Sambias, die sich nach vorne extrem zurückhielten und hinten einrückten und den Strafraum absicherten. In diesen Fällen arbeiteten die Außenspieler aus dem Mittelfeld nach hinten. So war immer ein Spieler bei Inkoom bzw. Addy und ein Loch zwischen den Viererketten wurde geschickt geschlossen.
Sambia befreit sich etwas
Nach vorne machte Sambia vor allem in der ersten Hälfte recht wenig. Das Prinzip war aber das gleiche wie auch schon in den Spielen davor: Die Mittelfeld-Außen zogen nach innen und kreuzten vor den Sechsern, um bei Ghana Schwierigkeiten beim Übergeben zu provozieren. Die Klasse der Black Stars in der Arbeit nach hinten verhinderte aber, dass daraus Chancen entstanden.
Zu Beginn der zweiten Hälfte war Sambia dafür merklich bemüht, längere Phasen von Ballbesitz zu erreichen. Die Pässe wurden kürzer, aber schneller in der Abfolge. Zusätzlich ebbte der Schwung der ersten Hälfte bei Ghana merklich ab: Es fiel Ayew, Asamoah und Co. keine funktionierende Lösung ein, wie man die Defensive von Sambia knacken könnte.
Mayuka bringt Entlastung und das Siegtor
Und noch etwas hat dazu beigetragen, dass es im zweiten Spielabschnitt eine ausgeglichenere Angelegenheit wurde: Die Einwechslung von Emmanuel Mayuka. Der flinke und torgefährliche Spieler von den Young Boys Bern musste in der Startformation etwas überraschend dem statischeren Chamanga weichen. Aber als er frisch hinein kam, gab das Sambia gleich eine andere Note: Nun war es ihnen möglich, vorne auch mal einen Ball zu halten und mit dem hervorragenden Rainford Kalaba, der einmal mehr nach Belieben die Flanken wechselte, bekamen Boateng und Annan zunehmend Probleme.
Darum ist es auch kein Zufall, dass rund eine Viertelstunde vor Schluss genau Mayuka nach einer Vorlage von Chansa den Ball mit einem Schuss von der Strafraumgrenze zum 1:0 im ghanaischen Tor unterbrachte. Und auch nicht, dass wenig später Derek Boateng per Ampelkarte vom Platz gestellt wurde (wiewohl die zweite Gelbe schon sehr hart war). Ein Spielausgang, an dem auch die neu gekommenen Tagoe (für Gyan) und Muntari (für André Ayew) nichts mehr ändern konnten.
Fazit: Ghana kann sich zu wenig Chancen erarbeiten
Es war schon im ganzen Turnier das Problem dir Ghanaer, sich als spielbestimmende Mannschaft gegen einen defensiv gut organisierten Gegner Tormöglichkeiten herauszuarbeiten. Das brach ihnen in diesem Semfinale das Genick: Durch die Mitte gab es durch das sambische Defensiv-Viereck kein Durchkommen, den Flügelspielern wurde zwar Ballbesitz und Raumgewinn zugestanden, aber brauchbare Flanken konnten verhindert werden.
So gelang es Sambia, dass sich Ghana erst die Zähne an ihnen ausbiss und sich dann, in der Folge einlullen ließ und vom späten Schlag nicht mehr erholen konnte. Auch, wenn man individuell die bessere Mannschaft ist, ist dieses Semifinal-Aus des programmierten Finalisten Ghana nicht ganz unverdient.
Weil man selbst das Problem, sich Chancen zu erarbeiten und diese dann auch zu nützen trotz der aktivsten Vorstellung im ganzen Turnier nicht lösen konnte und Sambia sich hervorragend auf den Gegner eingestellt hat und mit der Einwechslung des frischen Mayuka hat sich Renard einen guten Joker bewahrt, was sich als goldrichtig herausgestellt hat.
(phe)