Das Team aus den Staaten steht im Finale der Frauen-WM – gegen die spielstarken Französinnen war man aber nicht das bessere Team, sondern letztlich das Cleverere. Denn Frankreich war zwar lange überlegen, aber der Power des US-Teams war man noch nicht gewachsen.
Die einen sind der letzte im Turnier verblieben Weltmeister – die anderen erstmals überhaupt im Semifinale Und die US-Girls zeigten gleich einmal, warum die die Favoritinnen waren: Sie waren schneller am Ball, brachten ihre Pässe sicher an und begrenzten vor allem die Zeit, welche sie den Französinnen am Ball erlaubten. Also alles das, was das Team aus Frankreich zunächst verabsäumte – und nach einem zu nachlässig verteidigten Flankenlauf von O’Reilly fand die Flanke schon nach zehn Minuten Cheney, die zum 1:0 verwandelte.
Frankreich in jeder Hinsicht zu langsam
Das Team aus Frankreich war danach erst recht wie gelähmt. Viele auch leichte Pässe kamen nicht an, zudem war vor allem im Mittelfeld viel zu wenig Bewegung vorhanden, um die zahlenmäßige Überlegenheit im Mittelfeld auch auszunützen. Im Gegenteil: Durch gedankenschnelles Handeln im Positionsspiel waren Lloyd und Boxx dem französischen Spielaufbau immer einen Schritt voraus.
Auch kam vor allem von Lepailleur über die rechte Seite zu wenig Unterstützung für Camille Abily. Die wurde zwar vorne durchaus von Bussaglia und vor allem Necib gesucht, war aber oft gegen zwei Amerikanerinnnen auf sich alleine gestellt. Auf der anderen Seite war es umgekehrt: Zwar ging Bompastor durchaus mit nach vorne, dafür war vor ihr Gaëtane Thiney kaum ins Spiel eingebunden.
Allzu lässiges Verwalten
So verging eine halbe Stunde, in der sich die US-Girls kaum wirklich Sorgen machen mussten – die Französinnen waren dem konsequenten Spiel der Amerikanerinnen schlicht nicht gewachsen. Doch nachdem es bis zur 30. Minute allzu leicht ging, ließ die Intensität beim US-Team nach: Die Räume wurden nicht mehr so schnell zugestellt, es wurde den Französinnen nun etwas mehr Zeit gelassen und Louisa Necib konnte sich ein wenig aus der Umklammerung im Zentrum befreien.
Der erste wirklich fertiggespielte Angriff vor das Tor von Hope Solo bedeutete gleich höchste Gefahr, und dadurch erkannten die Französinnen nun auch, das wirklich etwas möglich war. Zwar schafften es die Französinnen in dieser Phase noch nicht, die vor allem im Mittelfeld erstaunlich offenen Flanken das US-Teams wirklich auszunützen, aber im Zentrum kamen sie nun mehr dazu, ihr Kombinationsspiel aufzuziehen, und mit einem Lattenschuss von Bompastor deuteten sie ihre Gefährlichkeit zusätzlich an.
Kurze Pässe durch die US-Zentrale
Nach der Pause übernahm das Team aus Frankreich dann endgültig die Kontrolle. Boxx und Lloyd vermochten nun nicht mehr, gegen die viel wachereren Gegnerinnen um Louisa Necib das Zentrum zu schließen, mit vielen kurzen Pässen und extrem gesteigerter Passgenauigkeit jagten die Französinnen das US-Team von einer Verlegenheit in die Nächste.
Und vor allem sahen sie nun auch die freien Stellen an den Flanken. So erreichte ein schneller Flankenwechsel die extrem fleißige Sonia Bompastor und ihr Versuch, halb Schuss, halb Flanke, drehte sich ins lange Eck zum Ausgleich. Doppelt verdient: Für Frankreich, weil man die Partie mit Spielkultur in den Griff bekommen hatte, für Bompastor, weil sie der Motor des Umschwungs war.
Umstellungen und Kondition retten die USA
Nach 65 Minuten stellte US-Teamchefin Pia Sundhage dann um, weil ihr der Platz im Zentrum zu viel wurde. Statt Amy Rodriguez kam mit Alex Morgan eine flinke Stürmerin, dafür ging die wuchtige Abby Wambach zurück ins Mittelfeld, um den eher zierlichen Französinnen mit ihrer Körperlichkeit entgegen zu stehen. Zudem ging die vielgeprüfte Carli Lloyd vom Feld und mit Morgan Rapinoe kam jedes Energiebündel, das schon gegen Brasilien den Umschwung gebracht hatte. Sie ging auf linkts, Cheney dafür in die Zentrale.
Die zwei frischen Spieler brachten die Kräftevorteile deutlich auf die Seite des US-Teams, das ohnehin über eine hervorragende Physis verfügt. Außerdem wurden den Französinnen im Zentrum der Platz abgeschnitten, in dem sich Necib und Co. zuvor ausgebreitet hatten – und so konnte das Team aus den Staaten die Partie wieder mehr vom eigenen Tor weghalten.
Und die Vorteile in der Physis zeigten sich dann auch bei Standardsituationen – mögen die US-Girls fußballerisch nicht das weltbeste Team sein, aber konditionell und vor allem bei hohen Bällen in den Strafraum gibt es kaum bessere. So wirkte das 2:1 von Abby Wambach (per Kopf nach einer Ecke) wie ein Nackenschlag, und als Alex Morgan zwei Minuten später aus einem Konter das 3:1 machte, war das Spiel entschieden.
Fazit: Die Erfahrung ist der Unterschied
Die Französinnen zeigten nach einer halben Stunde, als sie ihre Nervosität abgelegt hatten, dass sie technisch top sind und fußballerisch zweifellos eines der besten Teams der Welt. Nur mit der schieren Power der Amerikanerinnen und deren Effizienz vor dem Tor können sie (noch) nicht mithalten. Die klugen Umstellungen von Pia Sundhage halb durch die zweite Hälfte waren entscheiden, um das Spiel wieder unter Kontrolle zu bringen – den Rest erledigen die Routiniers wie Abby Wambach.
Der Unterschied zwischen Finalist USA und den unterlegenen Französinnen ist weniger einer von Niveau, sondern von Cleverness. Die Amerikanerinnen kennen die Situation von großen Spielen und haben nach dem Sieg gegen Brasilien viel Selbstvertrauen. Da kam Frankreich, obwochl technisch besser, in diesem Spiel noch nicht ganz mit.
(phe)