Im Schongang, ohne Mühe, mit Halbgas – alles Attribute, die auf den souveränen 2:0-Sieg von Kolumbien gegen die erschreckend harmlosen Bolivianer zutreffen. Unnötiger Kräfteverschleiß wurde erfolgreich vermieden.
Hoch stehen und dem kolumbianischen Mittelfeld den Platz zum Lenken nicht gewähren – das war die Marschroute des bolivianischen Teams in der ersten Phase des Spiels. Teamchef Quinteros war nach den beiden Ausschlüssen beim Kollaps gegen Costa Rica zu personellen Umstellungen gezwungen, aber am 4-4-2 änderte er nichts.
Bei Kolumbien startete die erwartete Stammelf, mit dem einzigen sichtbaren Unterschied, dass Ramos und Moreno höher standen als in den Spielen zuvor und aus dem 4-1-4-1 somit eher ein 4-3-3 wurde. Fredy Guarín und Radamel Falcao kennen das ja, unter André Villas-Boas bei Porto wurde ja genauso gespielt, und auch dort haben diverse Gegner versucht, hoch zu stehen (sehr eindrucksvoll ist etwa Villarreal im EL-Semifinale daran gescheitert).
Auch Dayro Moreno beherrscht den Lochpass
Dem kolumbianischen Team fehlte es zunächst am Tempo vor allem im Umschalten nach Ballgewinn, aber auch an der Bewegung, um die beiden bolivianischen Viererketten in Verlegenheit zu bringen. Somit plätscherte das Spiel eine Viertelstunde lang vor sich hin, ehe nicht der eigentlich dafür vorgesehene Guarín, sondern Dayro Moreno aus der Tiefe einen sensationellen Lochpass auf Falcao spielte, der alleine acht Bolivianer aus dem Spiel nahm. Falcao musste nur noch den vielen Raum im Rücken der Viererkette nützen und schob mühelos zum 1:0 ein.
Womit wiederum die Bolivianer gefragt waren, schließlich brauchten sie einen Sieg, um noch ans Viertelfinale denken können zu dürfen. Aber wie schon gegen Costa Rica zu sehen war, können die Männer aus dem Hochland ein Spiel nicht selbst gestalten – und was gegen die U23 von Costa Rica nicht geht, funktioniert gegen das abgebrühte Team aus Kolumbien noch viel weniger.
Elfmeter entscheidet Spiel…
Den Kolumbianern boten sich nun etwas mehr Räume, vor allem über die Flügel, weil Bolivien dort am ehesten versuchte, nach vorne zu kommen. So war es fast logisch, dass sich mit Zuñíga und Armero die beiden bisher wohl besten Außenverteidiger dieser Copa genüsslich nach vorne einschalteten, und es Armero war, der im gegnerischen Strafraum recht plump von Amador gelegt.
Falcao verwandelte sicher, womit die Bolivianer natürlich endgültig geschlagen waren. Das Tempo wich nun merklich aus dem Spiel, weil beide Teams wussten, dass der Leistungsunterschied viel zu groß war, um noch ernsthaft von einer radikalen Wende träumen zu können.
…und beendet es
Und so verwundert es nicht, dass die verbleibende Stunde zu einem tempo- und einsatzarmen Freundschaftsspiel mutierte. Die Kolumbianer verteidigten nicht mehr allzu konsequent am Mann, konnten aber mit geschicktem Stellungsspiel die vielen Ungenauigkeiten im bolivianischen Aufbau nützen, um die Partie zu jedem Zeitpunkt ohne jede Mühe im Griff zu haben.
Die Bolivianer versuchtes es ihrerseits sehr wohl, mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln noch für so etwas wie Torgefahr zu sorgen, aber dazu fehlte es an der Präzision und an der Durchschlagskraft. So konnte es sich Hernán Dario Gómez erlauben, die gelbvorbelasteten Guraín und Moreno vom Platz zu nehmen, ohne die geringsten Befürchtungen haben zu müssen.
Fazit: Bolivien einfach zu schwach
Von den zehn südamerikanischen Teams ist jenes aus Bolivien, dem beachtlichen 1:1 zum Auftakt gegen Argentinien zum Trotz, schon mit einigem Abstand das Schwächste. Es fehlt jeglicher Plan, wie auf eine halbwegs durchdachte Art und Weise die Stürmer ins Spiel gebracht werden sollen, und ist der Ball doch einmal vorne, verstümpert vor allem Marcelo Moreno. Bolivien hat in 270 Minuten Copa América ein einziges Tor zu Wege gebracht, und das war ein über die Linie genudeltes halbes Eigentor aus einer Ecke. Das ist kein Zufall.
Die Kolumbianer mussten sich wirklich nicht anstrengen, um zu einem extrem kräfteschonenenden und nie auch nur im geringsten gefährdeten 2:0 im Schongang zu kommen. Nun warten für den damit feststehenden Sieger der Gruppe A allerdings fünf freie Tage, ehe es gegen einen Gruppendritten ins Viertelfinale geht – genug Zeit also, um nach diesen 90 Minuten Bewegungstherapie den Rhythmus zu verlieren. Als Gradmesser für den weiteren Turnierverlauf kann diese Partie natürlich nicht herhalten, weil man auf kein so schwaches Team mehr treffen wird.
(phe)