Villas-Boas besteht die Meisterprüfung

33 Jahre alt, und schon ein europäischer Champion: André Villas-Boas, der sich selbst als Nachfolger von Sir Bobby Robson sieht, feiert mit dem 1:0-Arbeitssieg in einem unspektakulären Finale gegen Braga seinen endgültigen internationalen Durchbruch. Untypisch für Porto mit sehr kontrollierter Offensive.

FC Porto - Sporting Braga 1:0

Gianluca Vialli war der jüngste Trainer, der einen Europacup gewann – als Chelsea 1998 im Cupsieger-Finale von Stockholm durch ein Tor von Gianfranco Zola Stuttgart mit 1:0 besiegte, war er ein paar Monate älter als André Villas-Boas. Der in Anlehung an seinen Lehrmeister José Mourinho auch „The Special Two“ genannt wird. Sich selbst aber eher in den Fußstapfen seines Entdeckers Sir Bobby Robson sieht. Und gegen den unangenehmen Underdog aus Braga mit seiner Mannschaft vor der Drucksituation stand, als haushoher Favorit eigentlich nur verlieren zu können.

Die beiden Spieler mit dem größten Einfluss auf das Spiel waren die beiden, die wohl am wenigsten aufgefallen sind: Vandinho und Custódio im defensiven Mittelfeld von Braga. Diese beide schafften es beinahe im Alleingang, das sonst so spielstarke und im Spielaufbau der Flügel von Porto so wichtige Mittelfeld im 4-3-3 von Porto völlig zum erliegen zu bringen. Moutinho und vor allem der seit Monaten in einer Traumform agierende Guarín waren über weite Strecken der ersten Hälfte überhaupt kein Faktor, Fernando fand somit kaum Anspielstationen und das Angriffsspiel von Port war praktisch vollständig auf lange Bälle reduziert.

Álvaro Pereira und Christian Sapunaru konnten zudem oft nicht wie gewünscht nach vorne marschieren, weil die Außenspieler von Braga – vor allem Alan, aber auch Paulo César – über die Flügel eine ständig drohende Gefahr waren und Bälle gut abschirmten, sodass die Mitspieler Zeit hatten, aufzurücken. So war der einzige Spieler, der Braga in der ersten Hälfte dauerhaft Probleme bereitete, Hulk.

Hulk, die zentrale Anspielstation

Denn nur der Brasilianer blieb als tauglicher Emfpänger für die hohen Bälle über das Mittelfeld hinweg in Frage. Silvestre Varela bemühte sich zwar redlich, ihm fehlt es aber an der körperlichen Statur, und Falcao war bei Paulão und Alberto Rodríguez in guten Händen. Hulk aber spielte, was er am besten kann: Den schnellen und bulligen Flügelstürmer mit Zug zum Tor, gegen den oft nur überharter Einsatz hilft. So holten sich schon in der ersten halben Stunde mit Viana und Sílvio zwei Gegenspieler von Hulk die gelbe Karte ab – Sílvio hätte sich für seine rüde Attacke sogar über Rot nicht beschweren dürfen.

Defensiv stand Braga vor allem dank Vandinho und Custódio also hervorragend, nach vorne brachte der Außenseiter aber wenig auf die Kette. Alan und Paulo César drückten die Porto-AVs zwar gut nach hinten, ihre Pässe in die Mitte auf Lima wurden aber entweder verhindert oder kamen nicht an. So verharrte das Spiel über weite Strecken der ersten Halbzeit in einer Art gegenseitiger Würgegriff: Das Mittelfeld wurde defensiv zwar von Braga dominiert, kreativ wurden die Roten aber nicht; und auf den Flügeln stand man sich gegenseitig auf den Füßen.

Erste Schlampigkeit sofort bestraft

Bis kurz vor der Pause Viana und Vandinho  für einmal Fredy Guarín doch entwischen ließen. Seine präzise Flanke aus dem Halbfeld verwandelte Landsmann Falcao per Kopf zum 1:0 für Porto, weil auch die Innenverteidigung von Braga in dieser Szene mal nicht im Bilde war. Bitter für den Außenseiter, denn so wurde die erste Schlampigkeit in einer bis dahin defensiv extrem stark geführten Partie sofort bestraft.

Und die zweite große Schlampigkeit folgte unmittelbar nach Wiederanpfiff: Der für Viana eingewechselte Mossoró luchste Rolando den Ball ab, lief alleine auf Helton zu – aber anstatt überlegt zum Ausgleich einzuschieben, schoss er den schon halb am Boden liegenden Porto-Goalie mehr oder weniger an.

Änderungen bei Braga verpuffen

Domingos Paciênca wechselte eben in der Pause zweimal innerhalb seines Systems: Neben dem Innenverteidiger-Tausch Kaká für Rodríguez kam Mossoró für den unauffälligen Viana – der ehemalige Jungstar, der auch bei Newcastle und Valencia spielte, brachte nach vorne nur sehr wenig und hatte defensiv schon die Hypothek einer gelben Karte zu tragen. Mossoró interpretierte die Rolle etwas offensiver und orientierte sich noch mehr als Viana auf die Seite von Paulo César.

Aber Porto spielte nicht, wie im Verlauf der Saison schon so oft, weiter voll auf Angriff, um das Spiel vorne zu entscheiden, sondern machten nun das Mittelfeld ähnlich zu wie Braga das in der ersten Hälfte gemacht hat. Das hieß, dass Vandinho und Custódio defensiv kaum mehr gebraucht wurden, der nun immer mehr aufrückende Cuostódio kam aber gegen Fernando und dann auch gegen den eingewechselten Belluschi kaum durch.

Durch das Zenturm Standards schinden

Und auch der dritte Wechsel bei Braga – Meyong-Zé ersetzte Lima – brachte nicht viel. Über die Flügel kam beim Außenseiter immer weniger, je näher er zum Schlusspfiff ging; Alan rückte immer weiter ein, und so konnte auch Álvaro Pereira immer mehr nach vorne gehen. Große Ideen hatte Braga nicht, es ging immer mehr durch das Zentrum, und am Ende versuchte man nur noch, Strandardsituationen zu schinden. Zumeist ohne Erfolg.

Brechstangenfußball brachte Braga in diesem Finale aber nicht mehr zum Erfolg, und darum gab es auch keinen Ausgleich mehr. Und Porto war der Sieger.

Fazit: Braga einfach nicht gut genug

Es war kein Offensivfeuerwerk, das Porto da abbrannte. Im Gegenteil: Anders als in den Runden zuvor wartete das Team von André Villas-Boas geduldig auf die Chance, nützte diese eiskalt, und verwaltete in der zweiten Hälfte den Vorsprung. So ist es nicht das Spiel, an das man sich noch lange erinnern wird – sondern die Tatsache, dass dies das Finale war, in dem Villas-Boas seinen ersten Europacup gewann, als jüngster Trainer überhaupt. Braga fehlte es gegen die kompakte und kontrolliert spielende Über-Mannschaft der portugiesischen Liga ganz einfach an der Klasse.

(phe)

Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.