Es klingt wie ein Märchen – aber es kann wahr werden: Der Wüstenstaat Katar, so groß und so viele Einwohner wie das Bundesland Oberösterreich, möchte die WM 2022 austragen. Mit 12 Stadien, bei denen „hypermodern“ ein Hilfsausdruck ist. Mit aggresivem Lobbying. Und mit ganz vielen Petro-Dollars.
Die Bewerbung aus dem kleinen Wüstenstaat geht als haushoher Favorit in die Abstimmung – aus praktisch allen Gründen, die nichts mit der sportlichen Lage des Nationalteams zu tun haben. Es wäre die erste globale Großveranstaltung überhaupt auf der arabischen Halbinsel, die vor wirtschaftlicher Macht ja nur so strotzt. Die Scheichs haben sich nun dafür entschlossen, auf die Fußball-WM loszugehen – und das mit voller Kraft. Es wäre in jedem Fall eine einzigartige WM, mit zehn Stadien in einem Umkreis von gut 30 Kilometern, klimatisierten Arenen um der brütenden Hitze entgegen zu wirken, und mit einem guten Plan, um dem Problem der nicht vorhandenen lokalen Nachnutzung umzugehen: Die meisten Teile der Stadien werden nach der WM in Entwicklungsländer gebracht…
Hier würde gespielt
Losail – Iconic Stadium | 86.000
Doha – Khalifa | 70.000
Doha – Sports City | 47.500
Al-Shamal – Al-Shamal Stadium | 45.500
Al-Khor – Al-Khawr Stadium | 45.000
Al-Wakrah – Al-Wakrah Stadium | 45.000
Um-Slal – Um-Slal Stadium | 45.000
Doha – Education City | 45.000
Doha – Doha Port | 45.000
Doha – Al-Gharafa | 44.500
Al-Rayyan – Al-Rayyan | 44.500
Doha – Qatar University | 43.500
Das Team des Gastgebers
Katar ist, was das Sportliche angeht, ein absoluter Fußballzwerg. Nicht mal in der Asien-Gruppe, in der die potente Konkurrenz ja nicht extrem dicht ist, kann das derzeit von Senegals 2002er-Trainer Bruno Mestu betreute Team nicht einmal an einer erfolgreichen Qualifikation schnuppern. In anderen Sportarten, wie etwa der Leichtathletik, kaufte man mit einigem Erfolg Sportler aus anderen Ländern ein – dem hat die FIFA aber schon einen Riegel vorgeschoben. So dümpelt das Team jenseits von Platz 100 in der Weltrangliste und wäre mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr als Kanonenfutter.
Positiva
– Finanzierung ist kein Problem – Geld spielt keine Rolle.
– Die Stadien. Eines moderner als das andere, architektonisch absolute Weltklasse.
– Die Idee, weite Teile der Stadien nach der WM in Entwicklungsländer zu verfrachten, kommt bei der FIFA sehr gut an.
– Ebenso wie das Konzept einer Athletenstadt nach dem Vorbild Olympischer Dörfer.
– Von allen Kanidaten ist die Zeitverschiebung zum wichtigen europäischen Markt noch am Geringsten (zwei Stunden).
– Hinter den Kulissen ist, wie man hört, die Lobby-Arbeit weit gediehen.
Negitiva
– Die Hitze! 40 Grad im Schatten sind das Minimum – selbst in den klimatisierten Stadien wird’s heiß.
– Die Kleinheit des Landes. Zehn der zwölf Stadien befinden sich in einem Umkreis von nur 30 Kilometern. Logistisch eine extreme Herausforderung.
– Leere Ränge sind vorprogrammiert – Katar hat keine 2 Millionen Einwohner.
– Sportlich ist der Gastgeber nicht konkurrezfähig.
Chancen
Katar gilt als der ganz große Favorit – es wäre eine Überraschung, sollte eine andere Bewerbung den Zuschlag erhalten. Zu erfolgreich dürfte das Lobbying gewesen sein; zu verlockend die wirtschaftliche Power der Region, die noch nie ein solches Ereignis ausrichten durfte; zu überzeugend das Konzept, zu sensationell die Pläne für die Stadien.
und außerdem…
…könnte Blatter in Katar aufgrund der kurzen Wege wohl tatsächlich bei jedem Spiel dabei sein und Beckenbauers Rekord von 2006 brechen. Wenn das kein gutes Omen ist!
(phe)