Offensiv wollte Peter Pacult spielen lassen. Doch das geplante Angriffsfeuerwerk entpuppte sich mehr als Lagerfeuer. Rapids Mittelfeld lud CSKA geradezu ein, dem reinen Konterspiel schnell Adieu zu sagen – und weil die Bulgaren ihre Chancen eiskalt verwerteten, gab’s eine 1:2-Heimpleite für Rapid.
Es hätte wunderschön beginnen können. 57 Sekunden nach dem Anpfiff landete ein Heber von Kavlak an der Latte. Die vorausgegangene Ecke sollte die letzte gefährliche Standardsituation für eine Stunde sein. Rapid hatte erkennbar das Ziel, von Beginn an Druck auf die Gäste auszuüben. Die prästentierten sich aber kompakt und kaum etwas erinnerte an die marode Vorstellung im Hinspiel. Und so endeten die ersten Attacken der Wiener nur selten im letzten Pass, dafür oft schon in der zweiten Reihe. Was zu akuter Kontergefahr führte.
Das Problem zeigte sich schnell: Im Mittelfeld fehlte die Organisation. Pehlivan, Heikkinen und Kavlak versuchten zwar, ihre Position auszufüllen, fanden dabei aber keine gemeinsame Ordnung. Mangels Unterstützung irrte Pehlivan in der Zentrale oft wirkunglos herum oder fand sich ohne Anspielstation nach vorne. Heikkinen war defensiver postiert, unterstützte Pehlivan kaum und blieb auch in seiner defensiven Rolle als Quasi-Abräumer blass.
Kavlak wurde von Pacult auf die rechte Seite gestellt. Da sich dort aber ausgesprochen selten ein Ball hinverirrte, orientierte er sich früh in die Mitte. Dort konnte er sich zumindest ein bisschen in die seltenen Rapid-Angriffe über die Zentrale einschalten und war sonst eben als Hofmann-Ersatz auch der Mann für die Standards. Druck nach vorne erzeugte Rapid ausschließlich auf der linken Seite, wo Katzer sich oft nach vorne traute und Drazan fleißig lief. Seine Flanken fanden aber keine Abnehmer, da Salihi und Nuhiu über weite Strecken abgemeldet waren.
Bei Sofia hingegen konnte man sich über zahlreiche Ballgewinne in der zweiten Reihe freuen und entdeckte schnell, dass gegen Rapid heute mehr drinnen war als ausschließlich Konterspiel zu betreiben. Ein erstes Resultat war der Stangenschuss von Tonev nach 17 Minuten. Trotzdem hatte man in der ersten halben Stunde das Gefühl, dass Rapid trotz aller Probleme das Spiel kontrollierte. So prüfte Drazan nach 21 Minuten CSKA-Goalie Mbolhi aus spitzem Winkel.
Dann passierte lange nichts – Rapid konnte weiterhin im zentralen Mittelfeld nichts bewirken und die weiten Bälle verfehlten ihre Abnehmer teilweise deutlich. Doch auch bei Sofia lief der Ball noch nicht flüssig und wechselte meist vor dem Rapid-Strafraum den Besitzer. Was trotzdem auffiel: Marquinhos und Michel schalteten nicht nur schneller, sondern liefen auch deutlich schneller als die Rapid-Verteidiger. Das sollte sich in der zweiten Halbezeit rächen – in der ersten passierte nichts Spannendes mehr (sieht man von einem fälschlich Abseits gegebenen Sololauf von Salihi ab).
Die Bulgaren nützen ihre Chancen
Rapid kam taktisch und personell unverändert aus der Kabine, CSKA Sofia hingegen spiele nun angriffslustiger. Das Rapid-Mittelfeld – ohnehin in zwei-gegen-drei-Unterzahl – wurde nun früher angegriffen und somit schwer unter Druck gesetzt. Als Folge ließ das Heimteam den Ball öfters ratlos im Rückraum zirkulieren und probierte es immer vermehrt mit weiten Bällen.
Marquinhos und Tonev zogen in der Vorwärtsbewegung nun mehr in die Mitte (über die Flanken lief bei den Bulgaren nur selten was). Damit gab es zwei neue, unmittelbare Anspielstationen, was die schon von der Geschwindigkeit von Spiel und Gegner irritierte Abwehr der Grünweißen vollends überforderte. Nach 50 Minuten krachte es dann schließlich im Kasten von Hedl. Platini brachte den Ball von der Seite zu Marquinhos, der legte auf Yantchev ab. Der fand die Lücke zwischen Soma und Sonnleitner und schnalzte einen Flachschuss in den Winkel.
Fünf Minuten später brachten sich die Gäste selbst um die Früchte ihrer Arbeit. Aquaro zog nach einem Kavlak-Freistoss etwas zu heftig an Nuhiu, und der walisische Referee Simon Lee Evans gab folgerichtig den Penalty. Salihi verwertete zum 1-1. Kurz darauf musste Mbolhi einen Nuhiu-Kopfball (Seltenheitswert!) parieren. So wirklich Schwung brachte der Ausgleich aber nicht ins Rapid-Spiel.
Das Mittelfeld verhielt sich weiterhin wie ein Hühnerhaufen, die Abwehr hatte nach wie vor ihre liebe Not mit den CSKA-Vorstößen. Trotzdem hätten die Bulgaren kein zweites Tor erzielt, hätte Sonnleitner in Minute 64 nicht einen rabenschwarzen Moment erwischt. Ein weiter Ball auf Marquinhos hätte eigentlich keine Gefahr dargestellt, jedoch unterlief der Innenverteidiger den Ball nach dem Aufprall. Im Laufduell gegen Marqinhos hatte er schließlich keine Chance, und der CSKA-Spieler konnte den Ball über Hedl lupfen und abschliessen. Aus drei großen Gelegenheiten machte CSKA zwei Tore.
Pacult reagierte. Für den erfolglosen Nuhiu kam Rene Gartler, Aussenverteidiger Katzer wurde für Trimmel geopfert. Rapid spielte nun ein 3-5-2 und der zusätzliche Mann im Mittelfeld machte sich bemerkbar. Trimmel arbeitete zudem besser nach hinten als Nuhiu, und so gelang es Rapid nun, ein wenig Druck zu entwickeln. Man sollte allerdings erwähnen, dass Sofia 20 Minuten vor Schluss in der Offensive einen Gang runterschaltete, und die letzten zehn Minuteneine reine Abwehrschlacht führte.
Das ohnehin ruppige Spiel wurde mit Verlauf der zweiten Halbzeit immer rauher, fallweise brutal. Acht gelbe Karten teilte der oft zu milde Referee insgesamt aus, davon nur zwei bei den Hausherren.
Rapid brachte den Ball nun öfter in den Strafraum, aber kaum zum Abschluss. In der Mitte gab es abseits von Gewaltschüssen (Heikkinen beförderte den Ball beinahe aus dem Happel-Oval) kein Durchkommen, Sofia präsentierte sich in der Rückwärtsbewegung und Defensivarbeit über 90 Minuten sehr diszipliniert. CSKA-Trainer Borisov reagierte auf die zunehmend verzweifelten Angriffe von Rapid mit der Verstärkung der Defensive, in dem er delev für nelson brachte. Auf der Gegenseite lief Dober für den blass gebliebenen und müde werdenden Pehlivan auf.
Rapid wurf nun alles nach vorne, besonders viel Hirn hatte der Brechstangen-Fußball aber nicht mehr. Womit die Bulgaren auch kein Problem hatten, den Sieg sicher über die Zeit zu retten.
Fazit: 4-4-2-System minus Hofmann = 1:2 gegen Sofia
Peter Pacult rechtfertigte das komplett unkreative Spiel seiner Mannschaft nach dem Spiel damit, „nun mal keine neun Messis im Team“ zu haben. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Ja, Steffen Hofmann fehlte der Mannschaft an allen Ecken und Enden und der nicht genug ins Spiel eingebundene Veli Kavlak konnte ihn nicht ersetzen. Aber dieses Spiel hat auch gezeigt, wie hilflos eine Mannschaft im 4-4-2 mit einer flachen Mittelfeldkette gegen einen Gegner ist, der drei Mann im zentralen Mittelfeld aufbietet.
Heikkinen und Pehlivan waren praktisch nur defensiv gebunden, dazu die Ignoranz Kavlak gegenüber – die Bulgaren hatten an diesem Abend sicher nicht die besser besetzte Mannschaft, aber den intelligenteren Matchplan und die nötige Kaltschnäuzigkeit vor dem Rapid-Tor. Somit hat die cleverere Mannschaft die hilflosere verdient geschlagen.
(gpi/phe)