Beide Teams brauchten einen Sieg. Aber keine der beiden Mannschaften spielte auch so – Juventus Turin und die Salzburger Bullen trennen sich mit einem 0:0, das keinem weiterhilft. Das Spiel mutete seltsam an, weil bis zum Schlusspfiff keines der beiden Teams den Eindruck erweckte, mit aller Macht den Erfolg anzustreben.
Systematisch gab’s keine Unterschiede zum Hinspiel: Juve agierte auch im heimischen Olimpico mit einem 4-4-2, in dem die Mittelfeldreihe ziemlich auf einer Linie agierte und mit Del Piero als mitunter hängender Spitze hinter Amauri. Dafür musste der gelernte Außenstürmer Simone Pepe, wie zuletzt schon in der Serie A, als Linksverteidiger aushelfen. Zum einen aus der Not geboren – De Ceglie ist nicht fit – und zum anderen natürlich, um über diese Seite nach vorne aktiv werden zu können.
War nur in der ersten halben Stunde nicht. Die Turiner ließen den Salzburgern über weite Strecken den Ball, pressten auch nicht wirklich, sondern empfingen die Bullen hinter der Mittellinie mit der doppelten defensiven Viererreihe. Bei den Salzburgern spielte Jantscher statt des verletzten Dusan Svento, ansonsten war es das gewohnte Personal. Schiemer agierte als Sechser vor allem gegen den Ball extrem defensiv und ließ sich beinahe auf die Höhe der Innenverteidiger fallen, sobald Juve in Ballbesitz kam – und sei es 40 Meter vor ihm. Die Folge war, dass Krasic links und Marchisio rechts, sobald sie die Situation erkannte hatten, immer wieder kurz nach der Mittellinie nach innen zogen und sich des vielen Platzes bedienten. Somit wurden nachtürlich Schwegler bzw. Hinteregger immer wieder weit in die Mitte gezogen, was für Motta und vor allem Pepe Räume hätte schaffen können. Wenn diese ihn auch ausgenützt hätten.
Passives Juve, kontrolliertes Salzburg
Denn Juve wirkte wie schon beim 1:1 im Hinspiel gerade in der ersten halben Stunde extrem passiv, als ob man einen Salzburger Sturmlauf erwartet hätte. Der junge Manuel Giandonato (der 19-Jährige gab seine Startelf-Premiere) und Mohamed Sissoko im Zentrum agierten recht defensiv und schalteten sich nur zögerlich in die Offensive ein.
Bei den Bullen wechselten Zárate und Jantscher im Laufe der ersten Hälfte mitunter die Seiten, was sich allerdings kaum auswirkte. Der Chef im Salzburger Mittelfeld war ohnehin David Mendes da Silva: Der Holländer war nominell auf halblinks postiert, war aber im Grunde überall zu finden, wo es defensiv Löcher gab oder es offensiv nicht über die Flanken ging. Pokrivac indes war der Enforcer im Mittelfeld, er eroberte viele Bälle.
Nach einer halben Stunde (der gute Marchisio-Freistoß war wohl ein Weckruf) stieg Juve allerdings dann doch ein wenig auf’s Gas, nachdem die Bullen zwar das Spiel offen hielten, aber keine wirklich gefährlichen Aktionen vor das Tor bringen konnten. Hier passten Pepe (unterstützt von Marchisio) und Motta hervorragend auf, Wallner machte gegen Bonnucci und Legrottaglie keinen Stich.
Kurz nach der Pause reagierte Del Neri auf das nach vorne nicht überzeugende Spiel seiner Mannschaft und nahm mit Giantonato einen defensiven Mittelfespieler raus; dafür ging Marchisio nach halblinks, Pepe rückte ins Mittelfeld und der eingewechselte Liviero machte nun den Linksverteidiger. Das Signal war klar: Mehr Zug nach vorne im Mittelfeld, die Bullen mit mehr Offensivspielern weiter hinten binden. Juve machte die Räume im Mittelfeld nun wesentlich besser eng als vor dem Seitenwechsel; die Turiner versuchten nun vermehrt, den ballführenden Salzburger quasi einzukesseln.
Die Italiener (ja, bei Juve waren immerhin neun solche auf dem Platz) konnten nun das Spiel schon auf Höhe der Mittellinie kontrollieren und kamen mit schnellen Steilpässen auch vermehrt vor das Salzburger Tor – ohne allerdings viel damit anfangen zu können. Andererseits aber versuchten nun auch die Bullen den vermehrten Platz hinter der Juve-Mittelfeldreihe auszunützen, vor allem Schiemer traute sich vermehrt in den offenen Raum.
Del Neri bringt die Kindergarten-Fraktion
Nach einer Stunde nahm Del Neri dann den recht wirkungslosen Krasic vom Platz und brachte mit ÖFB-Junior Marcel Büchel (das ist der, den Andi Heraf vor der U19-EM öffentlich zur Sau machte) eine frische Kraft für die linke Seite; Simone Pepe wechselte auf rechts. Der Wuschelkopf fügte sich recht ordentlich ein. Stevens reagierte auf die aufgerückte Mittelfeldreihe der Turiner, indem er Christoph Leitgeb für Pokrivac einwechselte. Er sollte als offensiv stärkerer Spieler diese Räume ausnützen; der Blondschopf war auch gleich viel unterwegs – links, rechts, zentral, aber Zug zum Tor war nicht sofort zu erkennen.
Doch je näher sich das Spiel seinem Ende näherte, desto mehr legten die Bullen ihre Angst vor einem Gegentor ab, Leitgeb und Jantscher suchten und fanden sich nun häufiger, und gegen den offensiv unsichtbaren Pepe traute sich auch Hinteregger immer mehr nach vorne – Salzburg kontrollierte das Spiel ab der 70. Minute (wenn auch immer noch mit nicht ganz gelöster Handbremse), Juve fand kaum mehr statt. Weshalb Del Neri mit Giannetti einen weiteren Jungspund vor die Spitze brachte und im Mittelfeld auf eine Dreierkette umstellte (Sissoko, Marchisio, Büchel), mit Del Piero zentral hinter den Spitzen Giannetti und Amauri – also auf ein 4-3-1-2.
Juventus versuchte in der Nachspielzeit noch, das goldene Tor doch noch zu erzielen, aber mehr als eine schaumgebremste Schlussoffensive war auch das nicht. Seltsamerweise schienen beide Teams mit der torlosen Punkteteilung nicht ganz unzufrieden zu sein. Zu der es letztlich auch kam.
Fazit: Ein 0:0 mit zwei Verlierern
Angesichts der Ausgangsposition in der Gruppe – beide Mannschaften brauchten einen Sieg – mutet dieses Spiel äußerst seltsam an. Denn beide Mannschaften schienen über weite Strecken des Spiels kein allzu großes Problem damit zu haben, mit einem 0:0 aus der Partie zu gehen – bei Salzburg war das Bemühen noch etwas mehr zu erkennen. Aber das Signal, das Juve-Coach Del Neri mit dem Einwechseln seiner Kindergarten-Fraktion setzte, war schon etwas seltsam. Wenn man keine echten Optionen mehr auf der Bank hat (so wie etwa die Bayern in Cluj), dann lässt man Wechsel halt bleiben.
So gab’s beiderseitige Kontrolle im Mittelfeld, wenige sprühende Ideen nach vorne, mehr Handwerk als Glanz. Die Vorteile im Spielverlauf pendelten immer wieder leicht, letztlich konnte sich aber keine Mannschaft als die Bessere etablieren. Womit das 0:0 im Endeffekt zwar korrekt ist, aber keinem auch nur irgendwas weiterhilft.
(phe)