Das Österreicher-Duo Prödl-Arnautovic hätte beim Pokalgipfel in München fünf Tore machen müssen. Eines galt nicht, und so wurde das Bayern-Notteam von Kapitän Schweinsteiger in die nächste Runde manövriert.
Beide Mannschaften wurden von den Trainern in 4-2-3-1 Systemen aufs Feld geschickt, allerdings mit unterschiedlichen Überlegungen. Während bei Werder Bremen der in Hochform spielende Pizarro als Anspielstation für die Tempobrescher aus dem Trickser-Mittelfeld (Arnautovic, Wesley, Marin) sein sollte, sollte bei den Bayern über die Flügel Gomez angespielt werden.
Schon nach zwei Minuten machten die Bremer die Ausgangslage kaputt. Schöne Aktion über die linke Seite, wo Arnautovic mit dem Gefühl des Ausnahmetalents den mittigen Pizarro ausmachte, anschoss und gar keine andere Wahl ließ, als ein Tor zu erzielen. Tymoschuk ließ den Stürmer entkommen und deutete an, dass er kein gelernter Innenverteidiger ist. Perfekter Start für die Werderaner, die in der Folge allerdings zu wenig für das Spiel taten und sich auf der Führung ausruhten.
Es dauerte, aber die bayrische Not-Elf konnte so Fuß im Spiel fassen. Die Feldüberlegenheit war ein bewusstes Geschenk der Bremer an die Münchner. Aber erst nach 20 Minuten erarbeiteten die Gastgeber sich eine erste Halbchance, als Arnautovic-Bewacher Lahm bei einem seiner bekannten Vorstöße über die rechte Seite einen Flankenschuss anbrachte. Der junge Keeper Mielitz passte auf, ansonsten neutralisierten sich die Mannschaften.
Nicht aufgepasst hat die Bayern-Abwehr bei einem Eckball für Bremen fünf Minuten später. Sebastian Prödl wurde am Fünfer komplett alleingelassen, setzte den Kopfball aber neben das Tor. Ein absoluter Sitzer für den kopfballstarken Innenverteidiger. Abgesehen von dieser Aktion verließ Werder sich auf Konter, und rotierte erfolglos in der offensiven Mittelfeldachse. Marin, Arnautovic und Wesley waren jeweils mal links, mal rechts, mal in der Mitte. Abgesehen von den letzten 15 Minuten der ersten Hälfte war die in der Ausgangsgrafik gezeigte Variante allerdings Standard – und eigentlich funktionierte das Spiel auch nur in dieser Konstellation einigermaßen.
In der 27. Minute hatte ein Bayern-Vorstoß dann einmal Erfolg. Auf der rechten Seite konnte Wesley eine Altintop-Flanke erst nicht verhindern und hob dann das Abseits auf. Kroos verstolperte in der Mitte eigentlich, doch der Ball gelangte zu Schweinsteiger, der hellwach einnetzte. Es war also auch die erste echte Chance der Bayern, die zum Tor führte. Schweinsteiger verteilte einerseits die Bälle im Mittelfeld (wo Ottl den offensiv unambitionierten Abräumer gab) an die Flanken und trat hier eben auch als Vollender auf. Bezeichnend war, dass Stümer Gomez bei dieser Aktion ebenso tatenlos herumhüpfte wie er in der gesamten Spielzeit unsichtbar blieb.
Sofort legte Bremen einen Gang zu und beendete die bayrische Überlegenheit im Mittelfeld. In der Vorwärtsbewegung – vor allem im Konter – blieb das Spiel der Grünen allerdings viel zu unpräzise. Insbesondere Marin fiel mit vielen Fehlpässen auf. Allgemein war das Niveau auf dem Feld eher mäßig und von vielen Fehlpässen geprägt. Und so ging es auch ohne weitere Ereignisse in die Pause.
Zu Beginn der zweiten Hälfte entwischte Altintop wieder einmal dem in vielen Belangen zu schwachen Silvestre, zögerte aber so lange, dass dieser doch noch einmal klären konnte. Sieben Minuten später sollte in einer ähnlichen Konstellation (Altintop vs. Silvestre) eine weitere Aktion der Bayern vergeben werden. Bis zur 55. Minute gab es eher leichte Vorteile für die Gastgeber, weil Bremen nach wie vor etwas zu ängstlich agierte.
Arnautovic spielte nun wieder links, wo er sich sichtbar wohler fühlt. Vor allem dort presste Bremen auch, allerdings lange Zeit mit zu wenigen Spielern. Die vier Offensivkräfte konnten immer mehr oder weniger problemlos von den 5-6 defensiven Bayern umschifft werden. Im Zweifelsfall blieb immer noch Butt zum Anspielen.
Dann erzielte Prödl plötzlich doch noch sein Tor. Butt verschätzte sich bei einer Ecke völlig, der Ball kam zum großen Österreicher und der nickte am Fünfer ein. Der Schiedsrichter aber hatte ein Foul gesehen und erkannte den Treffer nicht an (59.). Pizarro vergab drei Minuten später einen weiteren freien Kopfball aus kurzer Distanz nach einem Eckball.
Werder-Trainer Schaaf stellte nun um: Die ganze Mannschaft rückte etwas auf, stand höher – Bargfrede ging weiter nach vorne, und besonders Arnautovic war nun deutlich weiter vorne zu finden. Mit einem offensiv linkslastigen 4-1-3-2 übermannten die Bremer die ebenfalls hoch stehenden Bayern, erzeugten einige frühe Ballgewinne und wandelten sie in schnelle Vorstöße um. Bayern begann zu wackeln wie ein Jenga-Turm im Endstadium.
In nur fünf Minuten hätte Arnautovic zum absoluten Bremer Publikumsliebling avancieren können. In der 64. scheiterte er allein vor Butt. Eine Minute später hämmerte er einen Freistoß aus 25 Metern an die Querlatte. In der 69. schummelte er sich erfolgreich an Tymoschuk vorbei, schlenzte wieder alleinstehend an Butt aber auch knapp am langen Ecke vorbei. Es war die beste Bremer Phase, die alle klar machen hätte müssen.
In der 74. Minute riss der Faden dann allerdings jäh. Die Bayern konnten sich einmal befreien, stießen über rechts nach vorne, verlagerten dann schnell zurück ins linke zentrale Mittelfeld, wo Schweinsteiger vergessen wurde. Der deutsche Teamspieler bekam den Ball, schaute, legte ihn vor, und zerstörte aus 25 Metern die Motte, die im rechten Bremer Kreuzeck ihre Kreise zog.
Ab diesem Zeitpunkt ging auf beiden Seiten kaum noch was. Schaaf reagierte abermals, brachte in den nächsten Minuten Almeida und Hunt für den diesmal blassen Marin und den oft blassen Bargfrede, während Van Gaal mit Van Buyten (staat Kroos) die Defensive stärkte (Tymoschuk rückte ins defensive Mittelfeld) und Olic für den weiterhin nicht wirklich am Platz präsenten Gomez brachte. Die Bayern verlegten sich aufs kontern, wo Olic zwei Minuten nach seiner Einwechslung seine Chance nicht zu nutzen vermochte.
Mit Wagner (statt dem nicht konkurrenzfähigen Silvestre) gab Schaaf seine Verteidigung dann komplett auf (85.). Wenn man bei seinem Team nun noch ein System feststellen wollte (was man nicht unbedingt tun muss – man stelle sich eine Wuslerei vor, wo sich alle auf die Zehen steigen), spielte es eine Art 2-1-5-2 ohne jeden Rückhalt, was die Bayern immer wieder gefährlich werden und über Altintop noch zu einer Chance kommen ließ (87.), die dieser allerdings nicht zu nutzen vermochte. Arnautovic dribbelte nur eine Minute davor in der Mitte vor dem Strafraum quer nach rechts und wurde gelegt. Der Schiedsrichter gab allerdings zurecht Vorteil für die Bremer, denn der Ball erreichte Wagner, doch der traf ihn bei seinem Schuss nicht voll.
Bremen brachte der „All Out“-Ansatz keinerlei Möglichkeiten mehr ein. Niemand konnte noch einen Spielaufbau in die Hand nehmen. Die hektische, spannende aber fußballerisch nicht hochklassige Schlussphase fand ihr komödiantisches Ende, als zwei Bayern sich bei einem Vorstoß ohne jeden Gegenspieler knappe zehn Sekunden selbst im Weg standen.
Fazit: Für die Bayern darf man den Sieg als glücklich bezeichnen. Zu wenig konnten sie aus ihrer Feldüberlegenheit machen, zu viel des Sieges muss auf die Bremer Abschlussschwäche zurückgeführt werden. Angesichts der engen personellen Situation der Münchner ist der Aufstieg aber sicher ein nicht gering zu schätzender Erfolg. Für die Bremer war die Neuauflage des Finales der letzten Saison Endstation. Sportlich sicher bitter, personell aber vielleicht nicht schlecht, ein paar Spiele weniger bestreiten zu müssen. Für die Qualifikation zu den internationalen Bewerben sollte es nach dem Aufwind der letzten Wochen auch so genügen.
(tsc)