Wir machen den Weg frei

Rapid holt mit dem 2:0 in Sofia den ersten Europacup-Auswärtssieg in einer Hauptrunde* seit dem 7. März 1996 (dem 1:0 bei Dinamo Moskau). Für diesen Erfolg reichte eine höchst durchschnittliche Leistung, weil ZSKA an einem Sieg offenbar gar nicht interessiert war.

ZSKA Sofia - Rapid 0:2

Die Bulgaren von ZSKA Sofia, das war vorher schon allen klar, ist sicherlich der Leichteste der drei Rapid-Gruppengegner. Und der bulgarische Vizemeister machte es Rapid auch wirklich leicht, die drei Punkte aus dem Vassil-Levski-Stadion mitzunehmen – weil vor allem die Verteidiger ganz offensichtlich keinerlei Interesse daran hatten, das Spiel tatsächlich zu gewinnen.

Peter Pacult stellte sein Team in der bei internationalen Spielen gewohnten Formation auf, also mit einem 4-4-1-1 mit Hofmann als hängender Spitze, genau wie beim Heimspiel gegen Besiktas. Kayhan und Katzer sollten die an sich gefährlichen Flügel der Bulgaren ausschalten, Kavlak und Saurer über die Flanken für Schwung nach vorne sorgen. Und im Zentrum wartete Angriffshüne Jan Vennegoor of Hesselink auf Zuspiele.

Die zu Beginn allerdings nicht kamen, weil im Spielaufbau bei Rapid sehr wenig funktionierte. Hofmann stand völlig neben der Kette und brachte so gut wie gar nichts zusammen, Saurer rieb sich zunächst gegen Minev auf, und vor allem Pehlivan verlor in der Spieleröffnung wahnsinnig viele Bälle, die er sich vorher vorbildlich erkämpft hatte. Der stumpfe und langsame Rasen tat sein Übriges, viele Pässe (bzw. Passversuche) blieben zu kurz. So war es ZSKA zu Beginn ein Leichtes, das Spiel zu kontrollieren.

Schwaches Spiel, dann Doppelschlag

Der mazedonische Trainer von ZSKA, Gjorgi Jovanovski, stellte seine Mannschaft in einem 4-2-3-1 auf, wobei Spitze Cillian Sheridan (ein von Celtic gekommener Ire) oftmals zurück in die offensive Mittelfeldreihe orientierte. Diese zeigte sich in den Anfangsminuten durchaus agil und willig: Der Brasilianer Marquinhos deckte die komplette Zentrale ab, war Ballverteiler und Anspielstation in einem, quasi der Offensiv-Hub. Die Flügelspieler Spas Delev und Gregory Nelson wechselten oftmals die Seiten, damit sich die Rapid-Außenverteidiger schwerer auf sie einstellen konnten. Zudem wurde gegen den Ball der Ballführende gedoppelt. So hatten die Gastgeber in den ersten 20 Minuten das Spiel auf überschaubarem Niveau im Griff.

Die beste Chance resultierte allerdings aus einem Freistoß von Marquinhos, denn Soma/Sonnleitner in der Zentrale und davor Heikkinen und Pehlivan machten zumindest defensiv einen guten Job. Nach etwa 20 bis 25 Minuten tauchten aber die bulgarischen Flügelspieler Nelson und Delev völlig ab. So konnten Saurer und vor allem Kavlak nun etwas befreiter nach vorne Spielen und das Geschehen deutlicher in die Hälfte der Bulgaren verlegen. Echte Gefahr aus dem Spiel heraus konnte sie aber nicht erzeugen.

So musste ein Eckball herhalten. Kavlak brachte den Ball vor das Tor, und alle Bulgaren (allen voran Pavel Vidanov) blieben so weit wie möglich von Vennegoor of Hesselink weg. Der hatte, zwei Meter vor dem Tor und völlig allein gelassen, nicht die geringste Mühe den Ball über die Linie zu schieben und auf 1:0 zu stellen. Nur vier Minuten später spielte sich Rapid über die linke Seite in den Strafraum, der Ball kam zu Hofmann – und mit Vidanov, Aquaro und Stojanov blieben so lange von Hofmann weg, bis er zum 2:0 verwandelt hatte.

Ähnliches Bild nach der Pause

Mit diesem unverhofften Doppelschlag im Rücken fiel es Rapid nun leicht, das Spiel selbst sicher in der Hand zu haben und die Bulgaren bis zur Pause nicht mehr selbst gefährlich werden zu lassen. Mit Beginn der zweiten Hälfte stellte Jovanovski sein System auf 4-1-4-1 um: Er brachte mit Christian Tiboni einen zentralen Mittelfeldspieler für Rechtsverteidiger Minev (also den einzigen, der bei den Gegentoren nicht demonstrativ geschlafen hatte), Stojanov ging von links nach rechts und mit Trifonov rückte einer der Sechser auf die LV-Position. Auswirkungen? Keine.

ZSKA Sofia - Rapid 0:2 (Zweite Hälfte)

Das Spiel dümpelte ähnlich wie vor der Pause auf mäßigem Niveau vor sich hin. Hinten ließ Rapid lange nichts anbrennen, nach vorne aber gelang es auch gegen die sichtlich nicht gerade vor Elan sprühende Hintermannschaft von ZSKA nicht, sich wirklich in Szene zu setzen. Zu weit hinkt Hofmann seiner Form hinterher, zu farblos blieb Saurer auf der linken Seite, zu ungenau blieben die Zuspiele von Pehlivan – der mangels Arbeit im Mittelfeld immer wieder die Muße hatte, nach vorne zu gehen.

Nach etwa einer Stunde kam bei den Bulgaren mit Tonev (statt Nelson) ein neuer Mann für die linke Seite, er hielt nun den immer aktiver werdenden Kayhan besser in Schach. Auf der anderen Seite bekam Christopher Drazan (statt Saurer) wieder einmal einen Einsatz, mit einer guten Leistung konnte er das aber nicht zurück zahlen. Er vertendelte Bälle, er kam an Stojanov (und später an Detchev) kaum einmal vorbei und blieb genauso anonym wie Saurer zuvor.

Der einzige Spieler in Reihen der Bulgaren, der sich im Laufe der zweiten Hälfte wirklich ein Herz nahm und sich gegen die billige Niederlage stemmte, war Spas Delev. Er hämmerte eine Ball an den Pfosten, er trieb seine Mannschaftskollegen in der Schlussphase wieder weiter nach vorne. Und siehe da: Kaum war ZSKA wieder ein wenig aus der beängstigenden Lethargie erwacht, sah das plötzlich deutlich gefährlicher aus als das, was die komfortabel führenden Rapidler anboten; so klatschte etwa ein weiterer Ball an den Querbalken.

Fazit: Rapid nicht gut, aber gut genug

In einer Partie, die man nicht gerade zu den Highlights des Fußballsports zählen kann, holt sich Rapid im Endeffekt verdient die drei Punkte. Zwar war die Leistung in der Offensive alles andere als beschauschend, zu weit agieren da die Akteure von der Bestform entfernt, aber hinten wurde gegen die nicht mit voller Kraft spielenden Bulgaren kaum etwas zugelassen.

Dass die ZSKA-Defensive bei den beiden Rapid-Toren den Eindruck erweckt hat, demonstrativ den Weg freizumachen und die Hütteldorfer nur ja nicht am Schuss zu hindern, ist nicht Rapid anzulasten. Sie haben die beiden Aktionen, in denen das Abwehrverhalten der Bulgaren besonders passiv war, gut ausgenützt. Und damit korrekterweise gewonnen.

(phe)

*Anm: Alle Auswärtssiege, die Rapid seither im Europapokal feiern konnte, waren in Qualifikationsrunden (4:2 in Kiew, 2:0 in Valletta, 4:0 in Durres, 1:0 in Borgo Maggiore, 3:0 in Kasan, 6:1 in Dudelange, 1:0 in Moskau, 3:0 in Tiflis, 3:0 ion Shkodra, 2:0 in Marijampole, 3:2 bei Aston Villa).

PPS: Nach der Partie wurde ZSKA-Trainer Jovanovski entlassen. Beim Rückspiel in zwei Wochen wird also schon ein anderer auf der Bank sitzen.

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.