Eine ersatzgeschwächte Werder-Mannschaft musste im Giuseppe-Meazza-Stadion eine Erfahrung machen, die der von Salzburg gegen ManCity oder Rapid gegen Porto ähnelte: Der Titelverteidiger war vor Heimpublikum einfach eine Klasse zu stark für die Norddeutschen, bei denen Marko Arnautovic und Sebastian Prödl durchspielten und ohne starke Leistungen eher die besseren Noten unter den Werderanern verdienten.
Werder spielte mit einem flexiblen System, eine ins 4-3-3 tendierende 4-2-3-1-Variante, die defensiv zu einem 4-1-4-1 wurde. Arnautovicsollte über links, Marin über rechts kommen, vorne war Almeida der Brecher, Borowski war da doch schon einige Meter dahinter zu finden, und spielte in der Zentrale zusammen mit den besonders schwach spielenden Jensen und Bargfrede.
Inter zeigte ein 4-2-3-1, wobei die beiden Flügel oft auf einer Linie mit dem Stürmer waren und somit auch eine 4-3-3-Variante bildeten.
In den ersten 5 Minuten sah es so aus, als würden die Mannschaften uns einen offenen Schlagabtausch bieten. Doch dann bekam die italienische Mannschaft von Rafael Benitez die stürmischen Werderanern schnell in den Griff. Nach einem Seltsamkeits-Ausflug von Julio Cesar und dem dazugehörigen Heber von Hugo Almeida, konnte Werder Bremen bis zur einem Arnautovic-Schuss in der 90. Minute nicht mehr aufs Tor schießen.
Der Grund dafür schien relativ offensichtlich in der defensiven Strategie beider Mannschaften zu liegen. Werder Bremen wartete an der Mittellinie auf den Gegner, ließ ihn bis dorthin ungestört das Spiel aufbauen. Inter hingegen setzte schon die Verteidigung von Werder stark unter Druck, und erzwang damit zahlreiche Ballverluste in der Vorwärtsbewegung. Beim 1:0 durch Eto’o war eine solche Balleroberung entscheidend. Beim 2:0 entwischte der Kameruner Prödl, doch schon im Aufbau ließ man Inter zuviel Zeit – irgendwann tat sich eben der Weg für einen Steilpass auf den schnellen Superstürmer auf. Kurz darauf rettete Wiese bei einem Stankovic-Schuss, der ebenfalls aus einem frühen Ballgewinn entstand.
Die Werder-Abwehr machte unter diesem Druck keine gute Figur. Zu hoch war das Tempo des Starensembles. Das Problem setzte aber eben schon im Sturm ein und spitzte sich im defensiven Mittelfeld zu, das die nötigen Extra-Schritte nach hinten nicht machte. Immer wieder platzierten die großartigen Wirbler Coutinho, Biabiany, Snejder und Eto’o sich knapp hinter den Mittelfeldspielern im Zentrum und deutlich vor den Innenverteidigern. Der Effekt: Sie kamen mit Schwung auf die eher behäbigen Abwehrbrocken zu. Und einen Eto’o permanent in vollem Lauf abzufangen? Nicht lustig.
Das 3:0 war wieder eine Folge davon, dass Werder zu weit hinten attackierte. Inter klopfte die Mannschaft ohne großes Risiko auf Schwachstellen ab, zog sie auseinander und spielte schlussendlich den entsprechenden Pass. Snejder durfte diesmal ran. Damit war das Spiel eigentlich entschieden, es veränderte sich in der Folge auch nicht mehr wirklich, aber Inter geigte noch einige Zeit weiter. Thomas Schaaf dürfte geplant haben, mit Arnautovic und Marin in die Mitte hinter Almeida zu ziehen, die beiden Flügel kamen aber selten wirklich in eine passende Situation, weil Inters Pressing das Flügelspiel schon im Keim erstickte.
Auch die Pause und ihre Wechsel (Tormannwechsel bei Inter, Pasanen ersetzte bei Werder Borowski und ermöglichte Snejder in die Zentrale aufzurücken – Pasanen selbst erzielte rechts hinten keinerlei positiven Effekte) brachten keinen wesentlichen Spielwandel. Mit zunehemder Spielzeit ließ Inter die Zügel etwas lockerer. Wann immer Werder nun etwas früher attackierte schien es, als wäre etwas möglich. In dieser Phase versuchte vor allem Marko Arnautovic seine Mannschaft noch einmal aufzurichten. Er holte sich Bälle weit hinten ab und versuchte seine Spielmacherqualitäten auszuspielen. Das einzige Problem: Abgesehen vom eher glücklosen Marin spielte dabei niemand mit. Immer wieder verpassten Werderaner ihre Chance auf einen Lauf in den Raum und fielen stattdessen durch unmotiviertes Stehenbleiben auf.
Das dritte Tor von Eto’o zum 4:0 war eigentlich nur noch zum Drüberstreuen, war mit der Einleitung durch einen dramatischen Fehler im Spielaufbau aber zugleich symptomatisch.
Fazit: Werder vermochte die Klasse von Inter nicht zu bändigen und ließ einige Kompaktheit vermissen, schaffte es allerdings auch nicht auf offensichtliche Problemursachen zu reagieren. Die Bremer können ihre Ausfälle im Moment zumindest in so großen Spielen nicht kompensieren. Für die Mailänder war es ein wahrscheinlich unerwartet einfacher Europacup-Abend.
(tsc)