Südafrika 2010 – Tag 14 – Gruppe E | Mit einer äußerst disziplinierten Leistung zermürbt das Team aus Japan auch Dänemark und zieht mit einem 3:1-Erfolg ins Achtelfinale ein. Holland gewann das bedeutungslose Freundschaftsspiel gegen Kamerun mit 2:1 – allerdings ohne die Stars draußen zu lassen.
Dänemark – Japan 1:3 (0:2)
Das Spiel über die Flügel, vor allem den rechten, war für Dänemark gegen Kamerun der Schlüssel zum Erfolg. Kein Wunder also, dass es Morten Olsen wieder über diese Marschrichtung probierte. Kein Wunder aber auch, dass die Japaner das wussten, und weil die Asiaten deutilch disziplinierter antraten, hielten sie vor allem dort dagegen. Vor allem Dennis Rommedahl, der im zweiten Spiel der entscheidende Mann war, wurde komplett ausgeschaltet. So war das dänische Spiel zunächst extrem linkslastig, über LV Simon Poulsen und den fleißigen Jon Dahl Tomasson. Zudem schob auch Martin Jørgensen, der eigentlich im rechten Halbfeld aufgestellt war, oft sogar noch weiter links als Sechser Christjan Poulsen postiert war.
Das machte das dänische Spiel natürlich ziemlich ausrechenbar, weswegen sich die Japaner, angeführt vom umsichtigen Hasebe, mit zunehmender Spieldauer immer besser damit zurecht ram. Gab es in der Anfangsphase noch einige gefährliche Flanken von der linken dänischen Seite, aber der Rückstand (per Freistoß) brachte die Dänen völlig aus dem Konzept. Die Japaner schafften es nun auch, den ballführenden Dänen schnell zu doppeln oder gar mit drei Mann draufzugehen. Nach dem 2:0, wieder aus einem direkten Freistoß, versuchte nun Rommedahl endlich mehr über seine Seite zu machen. Oft war er dabei aber auf sich alleine gestellt, weil RV Jacobsen nicht allzu gerne mit nach vorne geht und das Mittelfeld weiterhin sehr links-orientiert war.
Die Japaner indes verteilten ihr Spiel gut über die ganze Breite des Platzes, die Fünfer-Reihe im Mittelfeld stand sehr diszipliniert und entnervte die Dänen zusehens. An diesem Bild änderte sich auch in der zweiten Hälfte nichts: Die Japaner waren gegen den Ball immer einen Schritt schneller und einen Gedanken frischer als die Dänen, die nun auch nicht mehr ganz frisch wirkten. Zudem war von durchdachtem Angriffsspiel, wie es noch gegen Kamerun zum Erfolg geführt hatte, wenig zu sehen: Die Offensivkräfte Tomasson (der extrem weite Wege ging, dabei aber uneffektiv blieb) und Bendtner standen sich vorne nicht selten auf den Füßen, Kahlenberg (der nun vermehrt die Linksaußen-Position von Tomasson einnahm) und Rommedahl fanden selten einen Weg an den hervorragend postierten Japanern vorbei.
Nach einer Stunde brachte Olsen dann Stoßstürmer Larsen für Innenverteidiger Krøldrup und stellte auf ein 3-4-3 um, dem es aber massiv an Konsistenz fehlte. Hinten sicherten nur noch die AV Simon Poulsen und Jacobsen, sowie der zurückrückende Sechser Christian Poulsen ab, davor versuchten sich der junge Eriksen (für Kahlenberg gekommen) und Jakob Poulsen (früh für Jørgensen) als Einfädler, Daniel Agger gab nun den Linksaußen (!), nur Rommedahl blieb von A bis Z seiner rechten Seite treu. Vorne verloren sich Larsen, Bendtner und der von seinem Körper zunehmend im Stich gelassene Tomasson oft im Getümmel und blieben so harmlos – dass Tomasson den Elfmeter, den ihm der sonst gute Hasebe rempelderweise geschenkt hatte, erst im Nachschuss über die Linie drückte, passte ins Bild.
Doch die Japaner kamen nie wirklich in die Gefahr, den Sieg noch aus der Hand zu geben. Der Sechser Abe rückte gegen Ende immer mehr in die zentrale Verteidiger-Position, wodurch gegen die drei Stoßstürmer der Holländer wieder ein Gleichgewicht herrschte, Komano und Nagatomo machten hervorragend die Flanken dicht. Äußerst diszipliniert fanden die Japaner auf jede Maßnahme der Dänen sofort die richtige Antwort, zu wenig durchdacht waren die Angriffsbemühungen der Nordeuropäer, zu müde letztlich die Beine der zahllosen älteren Herren in Reihen der dänischen Mannschaft. Dass am Ende die Japaner sogar noch das 3:1 erzielten, war letztlich aber nur noch Kosmetik.
Fazit: Schon die beiden Freistoß-Gegentore in der ersten Hälfte brachen den forsch beginnenden Dänen das Genick. Nie fanden sie in der verbleibenden Stunde, ein taugliches Mittel gegen die Asiaten zu finden, weswegen deren Sieg auch absolut in Ordnung geht.
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Holland – Kamerun 2:1 (1:0)
Wenig Tempo, kaum ernsthafte Zweikämpfe, ohne den letzten Einsatz – dieses Spiel war, wie angesichts der Ausgangslage kaum anders zu erwarten war, ein Freundschaftsspiel; ein Test unter Wettkampfbedingungen. Allerdings mit der besten Formation der Holländer, lediglich Boulahrouz spielte RV statt Van der Wiel. Die Elftal war sehr auf Ballkontrolle bedacht, vor allem nach dem schwungvollen Beginn der Kameruner, und mit Fortdauer des Spiels, also etwa aber der 15. Minute, hatten die Holländer alles recht locker im Griff, ohne sich wirklich anzustrengen.
Nach vorne ging es in erster Linie it langen Bällen, die allerdings höchst selten auch bei Van Persie ankamen. In der ganzen ersten Halbzeit gab es nur zwei Aktionen, in denen sich die Holländer mit gesteigertem Tempo vor das gegnerische Tor kombinierten; erst bei der guten Chance für Kuyt, wenige Minuten später beim Treffer zum 1:0 (wieder über die Seite mit Dirk Kuyt). Die Kameruner fingen wie erwähnt bemüht an, spielten vor allem über die Seiten. Im 4-4-2 spielte Eto’o die Sturmspitze und Choupo-Moting den Arbeiter um den Star herum; Chedjou (statt Alex Song) und Makoun in der defensiven Zentrale; Geremi und Nguemo über die rechte und Assou-Ekotto mit Bong auf der linken. Vor allem Benoît Assou-Ekotto, der gegen Dänemark ein alleingelassener armer Hund war, tat sich Unterstützung von Bong sichtlich gut, die besseren Aktionen nach vorne kamen aber von der anderen Seite, über Geremi.
Nach einer Stunde stellte Le Guen auf 4-1-4-1 um, indem er Aboubakar statt Bong brachte. Das Offensivspiel der Kameruner war nun etwas variabler, das hatte aber mit der Entstehung des 1:1 (aus einem Handelfmeter) noch nichts zu tun. Die Afrikaner waren nun sichtlich gewillter, zumindest nicht zu verlieren, als die Holländer es waren, die Partie zu gewinnen. Dass Oranje dennoch als 2:1-Sieger vom Platz ging, liegt an zwei Wechseln: Einerseits durfte bei de Holländern Arjen Robben noch einen 20-minütigen Fitnesstest absolvieren. Zum anderen durfte Kameruns Abwehr-Denkmal Rigobert Song bei seiner vierten WM noch einen Einsatz mitnehmen. Und wie ein Denkmal spielte der alte Song dann auch: Langsam und unbeweglich. So wurde der 33-Jährige, der älter als das aussah und auch so spielte, vom schnellen Robben versetzt, der Ball klatschte an die Latte, und Huntelaar staubte ab.
Fazit: Ein vernachlässigbares Spiel. Das Team aus Kamerun hätte gegen gelangweilte Holländer wohl ein 1:1 mitgekommen, wenn nicht Arjen Robben gekommen wäre. Kamerun fährt mit dieser eher unglücklichen Niederlage mit drei Pleiten nach Hause. Die Holländer haben Kräfte gespart, die noch wichtig sein könnten.
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Das war die Gruppe E: Mit Geduld auf die Fehler des Gegners warten, hinten nichts zulassen – Gruppensieger Holland setzte in der Vorrunde auf Ergebnis statt Erlebnis. Das mag vor allem angesichts der Erfahrungen bei den letzten Turnieren (also mörderische Vorrunde, raus in der ersten K.o.-Runde) keine schlechte Lösung sein. Gefordert wurde Holland nur, wenn es das Team allzu ruhig angehen ließ, wie in der zweiten Hälfte gegen Japan. Was das Team leisten kann, wo jetzt auch Arjen Robben zurück ist, lässt sich aber ebenso wenig abschätzen bei bei den bislang genauso unterforderten Argentiniern.
Erstmals überhaupt außerhalb des eigenen Landes schaffte Japan als Gruppenzweiter den Einzug ins Achtelfinale. Vor acht Jahren in der Heimat war man nach dem verschlafenen 0:1 gegen die Türken mit dem Abschneiden schon eher enttäuscht, das wäre bei einem Aus gegen Paraguay diesmal sicherlich anders. Die Erwartungen wurden schon jetzt bei weitem übertroffen, vor allem dank der extremen Disziplin und des funktionierenden Teamgeistes, aber auch wegen der individuellen Klasse eines Keisuke Honda.
Im Endeffekt verdient gescheitert ist dafür Dänemark. Die schon leicht angerostete Truppe genügte den hohen Ansprüchen einer WM zu selten; die Skandinavier waren gegen Japan klar unterlegen, schossen sich gegen Holland selbst auf die Verliererstraße und konnten nur in einem Spiel, dem gegen Kamerun, wirklich als gesamte Mannschaft überzeugen – zu wenig. Deutlich zu wenig ist auch, was das Team aus Kamerun zeigte. Von der Qualität im Kader hätten die Afrikaner ins Achtelfinale einziehen müssen, nicht alle drei Spiele verlieren. Verspielt haben es Eto’o und Co. mit massiver interner Unruhe aber vor allem neben dem Platz, die enttäuschenden Leistungen waren die logische Folge. Von den sechs afrikanischen Teilnehmern hat Kamerun fraglos am meisten enttäuscht.
(phe)