Eine neue Ära hat begonnen. Gegen die Weltmeister aus Italien fand in Nizza Karel Brückners erstes Länderspiel mit der österreichischen Nationalmannschaft statt. Im Vorfeld wurden da natürlich ziemlich große Erwartungen aufgebaut. Wie sich das Ganze dann aber wirklich gestaltet hat, wage ich einmal kurz zu analysieren.
Der tschechische Trainer ließ das ÖFB-Team mit einem ungewohnten 4-1-4-1 auflaufen – mit der Rekordzahl von 10 Legionären.
Ob die Aufstellung bereit Rückschlüsse darüber gibt, was Brückner mit der Mannschaft in Zukunft plant, darf im Moment noch bezweifelt werden. Zum Einen ist mit Ümit Korkmaz ein wichtiger Spieler noch verletzt, der eher in eine andere Formation passen würde, zum anderen kannte Brückner die einzelnen Spieler noch nicht so gut.
Das Spiel war insgesamt nicht besonders gut. Das dürfte der Hitze geschuldet sein, und dass doch einige Spieler auf dem Platz noch nicht richtig oder gar nicht in der Saison drin waren – übrigens nicht nur bei den Italienern.
Trotzdem kamen die Gastgeber zu ein oder anderen Chance. Die aufwändigste Rolle im Österreichischen Spiel kam Paul Schaner zu, der als Vorstopper zwischen den Ketten agierte und alle sich auftuenden Räume schließen sollte. Das erledigte der England-Lgeionär in seinem Comeback ausgezeichnet. Aber die ÖFB-Elf zeigte im horizontalen Verschieben in den Viererketten des Mittelfelds und der Verteidigung so viele Schwierigkeiten, dass das nicht ausreichte. Immer wieder konnten schnelle Seitenwechsel die entscheidende Lücke vor der Verteidigung öffnen.
Freilich ist das auch darauf zurück zu führen, dass es eben ein gänzlich neues System für die Mannschaft war. Insbesondere das Mittelfeld musste sich als Ganzes an neue Rollen gewöhnen. Während Scharner (mit zwei Assists bester Mann am Platz – auch wenn die ORF-Kommentatoren es tunilchst vermieden, das zu sagen) das schnell gelangt, hatten Ivanschitz und Fuchs damit einige Probleme. Die beiden spielten ein grässliches Spiel, fielen mit vielen Fehlern auf und setzten keine Akzente.
Mark Janko mühte sich als alleinige Spitze ordentlich ab, wurde allerdings ziemlich abgeklopft. Sein Tor war das eines Stürmers in toller Form. Etwas glücklich freilich, aber mit dem Mut da aus der Drehung überhaupt draufzuschießen. Die Szene kurz davor war allerdings in meinen Augen kein schlechter Stanglpass von Harnik (der heute bemüht war, aber auch in einem offensiven Vierermittelfeld etwas zu wenig Raum hatte), sondern ein Schritt zu wenig von Janko.
Sein Ersatz Maierhofer konnte nicht überzeugen. Immer wieder musste er von Brückner zum defensiven Mithelfen angefeuert werden. Eine große Chance hat er stümperhaft vergeben (nein, da war kein Foul, sorry Thomas König). Aber man muss ihm wenigstens immerhin zugestehen, dass er weniger Zeit als Janko hatte, um sich zu beweisen.
[ad#bv_test]In der zweiten Hälfte habe ich nach all den Wechseln und Umstellungen ein wenig den Überblick verloren – vor allem aber auch die Lust noch genau zuzusehen. Das Spiel war denkbar unattraktiv, die Aufstellung bei all den Ausfällen für Rückschlüsse längst nicht mehr zukunftsweisend. Einen ganz guten Eindruck hat noch Christoph Leitgeb gemacht, der sich in diesem Jahr aus seiner zeitweiligen Krise anscheinend wieder rausspielen kann.
Dass Manninger sich verletzte (gut gespielt) und Özcan beim Einstand so unglücklich agierte (ansonsten auch gut) war schlussendlich Pech, sonst hätten die Italiener heute noch 120 Minuten lang spielen können und kein Tor geschossen. Alle vier Tore haben also Österreicher geschossen.
Nach dem Spiel ist man irgendwie so klug wie davor: Die besten Leute waren dieselben wie immer. Prödl, Pogatetz, Garics und Scharner. Um eine Pause bettelten Gercaliu, Fuchs und Ivanschitz (der wohl zum letzten Mal Kapitän war).
Insgesamt blieb bei mir der Eindruck, dass Österreich mit einem 4-2-3-1 nach Ümit Kormaz Rückkehr besser bedient wäre. Mit dieser Variante könnten sich die Außenverteidiger besser einschalten und mehr Druck über die Flügel erzeugt werden, während hinten weniger Löcher aufreissen würden.
Kommentar Georg
Wenn ich etwas aus diesem Spiel gelernt habe, dann dass ich nichts gelernt habe. Eine schlüssige Bewertung ließ dieses Spiel mit einer an wichtigen Positionen neu- und umbesetzten Mannschaft gegen wenig motivierte Italiener nicht zu. Das am Ende ein 2:2 steht mag schön sein, verdient ist es nicht. Schon gar nicht, wenn man weiß wie es zustande gekommen ist. Praktisch durchgehend erzeugten die Italiener Druck, schafften aber den finalen Schritt in den Strafraum nicht, oder vergaben ihre Chancen. Im Gegenzug verwertete Österreich dank einem engagierten Pogatetz und einem sonst verloren wirkenden Janko zwei Halbchancen zu Toren. Knapp vor der Pause stand es also 0:2, und keiner wusste so wirklich warum, da es mit dem Spielverlauf absolut gar nichts zu tun hatte.
Ganz speziell das Mittelfeld reagierte zu zögerlich, und in der Abwehr wurde mangelhaft kommuniziert und es fehlte die Organisation. Erschwerend kam dazu, dass einzelne Spieler trotz des für internationale Verhältnisse langsamen Tempos mit ihren Gegnern klar überfordert waren. Das traf z.B. für Fuchs phasenweise, für Gercaliu – der meiner Ansicht nach dringend eine Nationalteampause braucht, bis er sich wieder fängt – über die volle Distanz zu. In Summe gab es das überfällige 1:2 noch vor der Pause, und später den hochverdienten Ausgleich. Dass der Weltmeister von 2006 bei „seinen“ beiden Toren rotweißrote Hilfe benötigte sagt nicht viel aus, spielte doch nicht gerade die A-Formation. Zudem hätte Gilardino den Ball auch ohne Stranzls Intervention im Tor untergebracht. Weh tut da eher der überflüssige Patzer des Debutanten Özcan, dem man es angesichts seiner folgenden Weltklasseparade aber nachsehen kann. Hätte Italien seine Großchancen verwertet – wir hätten mit mindestens 2 Toren Unterschied verloren.
Auch wenn er Janko schon von der taktischen Anlage her vorne ziemlich einsam stehen ließ, rechne ich Brückner durchaus an. dass er ihn und Scharner von Beginn an gebracht hat. Konfus dafür, dass er keine ganze Minute nach Einwechslung von Linz als zweite Sturmspitze die ganze Mannschaft zur Abwehrschlacht nach hinten beorderte.
Hinsichtlich folgender Spiele lassen sich wie gesagt kaum Lehren ziehen. Mit geänderter Formation, neuem Personal und ungewohnter Spielanlage waren keine Wunder zu erwarten. Die werden vermutlich auch in den nächsten 17 Tagen nicht bewirkt werden, doch haben die Kicker dann das eine oder andere Pflichtspiel in ihren Ligen in den Beinen. Ich mag allerdings Brückners Art Interviews zu geben: Eloquent, Lob und Tadel ans Team wohl dosiert, ein bisschen wie der gute Ivica Osim. Auch wenn ich fürs Erste gerne Untertitel dazu hätte.
Frankreich wird, trotz Behalt der Skandalnudel Domenech, heiß auf die WM Quali sein. Die Bleus sind den Fans nach der komplett verpatzten EM einiges schuldig. Es bleibt zu befürchten, dass wir das nachträglich ausbaden werden, ergo rechne ich bestenfalls mit einem Punkt am 6. September. Dafür werden wir nach dem ersten „ernsten“ Match um einiges schlauer sein, hinsichtlich unserer Chancen auf die Endrunde in Südafrika.