Nun stehen sie also fest: Unsere Herausforderungen für die Qualifikation der Fußball-WM 2010 in Südafrika. Und es gibt, aus heutiger Sicht, keinen gleichwertigen Gegner. Hicke’s Einschätzung, dass es egal sei, ob man in Topf 4 oder Topf 5 gesetzt wäre, erwies sich in dieser Konstellation als Blödsinn. Nun will ich aber auf jeden Gegner einzeln eingehen, und schaffe dafür ein paar Bewertungsvoraussetzungen.
Die Bewertung erfolgt unter dem Gesichtspunkt, dass sich die Mannschaft bis zur EM noch steigert (nicht aber, dass sie zwingend das Viertelfinale erreicht) . Zudem setze ich voraus, dass Hicke sie auch in der WM-Quali betreuen wird. Letzteres ist zwar nicht sehr wahrscheinlich, da aber ein eventueller Nachfolger noch in den Sternen steht, und man Seitens des Verbandes nicht verpflichtend einen „besseren“ Kandidaten erwarten kann, ist das die einzige sinnvolle Alternative für eine halbwegs realistische Prognose.
Jeder Gegner bekommt ein wenig Text gewidmet, und zwei Punkteprognosen (jeweils Hin- plus Rückspiel). Dabei gibt das Minimum die Anzahl an Punkten an, die man vom Team auf jeden Fall erwarten muss, weil alles andere eine Enttäuschung wäre. Das Maximum gibt die Anzahl der Punkte an, die möglich sind, wenn unser Gegner zwei mal einen schlechten und die ÖFB-Elf einen guten Tag erwischt. Alles was das Minimum erreicht, ist daher als akzeptables Abschneiden zu werten, wenngleich deutlich mehr nötig sein wird, will man zumindest das Play-Off erreichen.
Färöer Inseln
Selten habe ich bei Josef Hickersberger ein derart gequältes Lächeln gesehen, als die Kamera bei der Zulosung von Österreich in die Gruppe 7 ihn und Friedrich Stickler einblendete. Das blamable Null zu Eins aus dem Jahre 1990 darf jedoch auch 2007 keine Ausrede sein, auch wenn der Bundestrainer in beiden Jahren derselbe ist. MIN: 6 Pkt. / MAX: 6 Pkt.
Litauen
Der Ausflug ins Baltikum ist ein bisschen wie eine Reise uns Unbekannte. Den Litauern kann man nicht absprechen, bemüht zu spielen, Großes erreicht haben sie seit dem Bestehen ihres eigenen Verbandes jedoch noch nicht. Sie sind zwar über die Färöer zu stellen, sollten aber immer noch klar unter unser Nationalteam einzuordnen sein. MIN: 6 Pkt. / MAX: 6 Pkt.
Rumänien
Der Gewinner seiner EM-Qualigruppe straft Pepi Hickersberger Lügen. Mit schnellem, dynamischen Spiel zeigen die EU-Neulinge aus Osteuropa, dass sie zumindest in Sachen Fußball hervorragenden Anschluß an den Westen gefunden haben. Ab und an war zwar auch ein bisschen Glück dabei, bei der EM wird sich schließlich zeigen, wie der Aufwärtstrend bei den Rumänen wirklich zu bewerten ist. Für Österreich hätte man sich an ihrer Stelle wohl eher die Iren oder Schotten gewünscht. Doch auch diese sind nicht zu unterschätzen, denn das Land des Kiltes stand in der Euroquali knapp vor dem Aufstieg ins Turnier. Fraglich aber, betrachtet man die vergangenen Jahre, ob die Schotten dieses Niveau gehalten hätten. Für Ivanschitz und Co ist’s ohnehin egal, denn der Gegner heisst nun einmal Rumänien und wird sich als schwerer Prüfstein erweisen. MIN: 1 / MAX: 3
Serbien
Nachdem man sich in den letzten Jahren gut präsentierte folgte bei der WM 2006 Ernüchterung mit null Punkten. Bei der EM Quali landete man mit 24 Zählern punktgleich mit den Finnen auf Rang drei, einen Sieg von den zweitplatzierten Portugiesen entfernt. Die Tendenz ist jedoch als eher absteigend zu bewerten, so gelang der 1-0 Sieg im letzten Spiel gegen die Kasachen nur durch ein Eigentor der Gäste. In ihrer derzeitigen Verfassung würde ich sie unter Rumänien stellen, die Entwicklung bis zur WM Qualifikation ist schwer abschetzbar. MIN: 2 / MAX: 4
Frankreich
Der Weltmeister von 1998 und Euro-Gewinner 2000 konnte sich nach den folgenden Rückschlägen gut erfangen, und stand 2006 immerhin im Finale gegen Italien. Etwas holprig gestaltete sich für die Franzosen dann die Euro-Quali, wo man sich neben Highlights wie einem drei zu eins gegen Weltmeister Italien auch Aussetzer wie eine Heimniederlage gegen Schottland leistete. Letztlich reichte es – auch aufgrund einer Schlußschwäche der Schotten – doch noch zu Platz zwei. Auch wenn die Elf von Raymond Domenech dazu neigt, inkonstante Performance zu bieten, so bietet sie selbst diese meist auf hohem Niveau. Für Österreich sollte da selbst bei einer Steigerung kaum etwas zu holen sein. MIN: 0 / MAX: 1
FAZIT:
15 Punkte sollten wir also mindestens von der österreichischen Nationalelf erwarten müssen. 20 Zähler könnten es werden, wenn wir „Opfer“ einer glücklichen Verkettung von Zufällen werden. Angesichts der Lostöpfe ist die Gruppe 7 als moderat schwer einzuschätzen und hat mit Frankreich nur einen echten Favoriten auf den Sieg. Rumänien, Serbien sind heisse Anwärter auf einen möglichen Play-Off Platz, Österreich bei Steigerung ein möglicher Geheimtipp. Damit lässt sich auf Rang zwei spekulieren, denn der Gruppensieg wäre wohl nur dann drinnen, wenn sich Rumänien und Frankreich (warum auch immer) vom Turnier zurückziehen.
In den Sechsergruppen der 2006er Qualifikation waren 20 (Frankreich) bis 25 (England) Punkte genug für den Gruppensieg. 18 (Schweiz, Norwegen) bis 24 Wertungspunkte (Polen) genügten für Platz zwei. Da mit Ausnahme der 5er Gruppe alle Zweiten das KO-Playoff bestreiten, dürften 18 Punkte auch diesmal genügend sein. Will der ÖFB also eine ernsthafte Chance auf WM-Teilnahme via Zwischenrunde haben, muss man sich näher am Maximum orientieren, und dazu wird „ein bisschen steigern“ definitiv zu wenig sein. Die Chancen, in der Gruppe 7 wenigstens bis dorthin zu kommen sind zwar als eher gering zu bewerten, aber durchaus intakt.
Ob wir sie nützen, wird sich zeigen. Hoffen darf man.