Österreich – Deutschland: Spielbericht

Langsam find’t der Tag sei End und die Nacht beginnt
In der Kärtnerstrass’n do singt aner „Wunder von Wien“
Hat a rotes Kapperl an, steht da ganz verlor’n
Und der Steffl der schaut owa auf den oarmen Kickerbuam
Der hat woll’n a Wunder seg’n im Ernst Happel Oval,
Hat glaubt a Sieg führt uns aus dem großen Fußball-Jammertol
Aus der Traum zerplatzt wia Seifenblos’n nix is blieb’n
Ois wia a paar Fahndl’n in seiner Jockentosch’n drin.

(Textanleihe an „STS – Fürstenfeld“)

Das „Wunder von Wien“ ist nicht eingetreten. Man mag mich schelten, mir vorwerfen ich würde jetzt groß reden, aber ich hatte es im Bauchgefühl. Den ganzen Tag schon wusste ich irgendwie, dass es wohl das wahrscheinlichste aller Ergebnisse sein würde, dass nach den 90 Minuten die Videowand des Hannapel-Stadions ziert. Österreich hat verloren, nicht ganz unverdient.

Zu Beginn: Die pure Angst

Aus terminlichen Gründen konnte ich weder die Vorberichterstattung noch die ersten vier Spielminuten sehen. Meine Mitzuseher bestätigten mir aber, dass diese nicht wesentlich anders verliefen als die folgenden 20. Entgegen der mutigen Feststellung Martin Harniks, die Deutschen hätten die Hosen voll, grassierte die nackte Angst unter den Mannen in den roten Dressen. Verunsichert wurde der Ball hin und her gespielt, verschenkt und kaum zurückerobert. Als erste Reminiszenz an das Kroatienspiel machten die Deutschen wahnsinnigen Druck, und im Grunde verdanken wir es einer Menge Glück, Gomez‘ Janko-Einlage und zuletzt auch Jürgen Macho, dass man bis Mitte der Halbzeit nicht schon im Rückstand war.

Dann: Ein Schiri ausser Rand und Band

So langsam stabilisierte sich dann das Spiel unserer Mannen. Der Ball wurde nicht mehr dauernd in sinnlosem Mittelfeldgeplänkel verschenkt, und auch die Quote erfolgreicher Pässe stieg rapide an. Dazu kamen die Deutschen immer seltener zu wirklich brenzligen Vorstößen, waren aber weiter spielbestimmend. Positiv überraschte mich der für Prödl einspringende Martin Hiden, der eine durchaus akzeptable Leistung lieferte. Ganz im Gegensatz zum spanischen Referee. Fragwürdige gelbe Karten und eine eigenwillige Foulpolitik brachten ihm weder unter den Spielern noch unter den Trainern große Sympathien ein, und die Stimmung drohte bisweilen gefährlich aggressiv zu werden. Während beide Mannschaften sich einen offenen, wenngleich behäbigen Schlagabtausch am Feld lieferten, mussten Josef Hickersberger wie sein deutsches Gegenüber Jogi Löw auf der Tribüne Platz nehmen. Auslöser, so Hicke nach dem Spiel im Interview, war wohl ein etwas übermotivierter vierter Mann. Ob man jetzt dem Referee einen Vorwurf machen kann, dass aufgrund dessen Weisung die Co-Trainer das Zepter übernahmen, weiß ich nicht. Er dürfte mit dem ruppig geführten Spiel schon genug zu tun gehabt haben, und erwies sich da schon häufig als überfordert.

Hop und Drop und Ballack

Wie das Ende der ersten Halbzeit ließ sich dann die zweite Spielhälfte an. Ein etwas bedächtiger gewordener Schiedsrichter leitete ein Match, das ein österreichisches Team mit Vorteilen im defensiven und offensiven Mittelfeld aufzeigte, dessen Abwehr jedoch nicht 100%ig sattelfest war, während der Sturm weitgehend harmlos war. Schafften es die deutschen erst einmal über die Mitte des Feldes, wo sich ihre Kicker mit dagegenhaltenden Österreichern redlich abmühten, so waren sie das deutlich gefährlichere Team. Auf der anderen Seite schien vor dem Strafraum so etwas wie ein eiserner Vorhang zu hängen. Einzelaktionen sah man nur drei, zwei erfolglose von Ümit Korkmaz, eine von Ivanschitz. Pässe in den Strafraum erfolgten wenig präzise, die Organisation des Angriffs war an dem 16er gelinde gesagt eine Katastrophe. Die wenigen Weitschüsse, die einem Lehmann im Formtief gefährlich geworden wären, blieben immer an jemanden hängen oder fielen einfach zu schwach aus. Es war schließlich Michael Ballack, der mit einem gut gezirkelten Freistoß auf Rechts, vorbei an einer suboptimal platzierten Mauer und einem herausgekommenen Jürgen Macho, in die Maschen beförderte.

Das Kroatien Revial

Ab da verlief das Spiel ein wenig wie ein Dejavue. Bis in die letzten 10 Minuten beschlossen die Löw-Kicker nur noch das Allernötigste zu tun, kamen ein paar mal harmlos nach vorne, beschränkten sich ansonten aber darauf, ihr letztes Spielfelddrittel zu verteidigen. Österreich rannte an, kam regelmäßig bis nach vorne, um dort den Ball vor lauter Offensivplanlosigkeit wieder zu verschenken. Mit Leitgeb und Säumel wurde das nur unwesentlich besser, schon vorher hatte das Spiel etwas daran gekrankt, dass Harnik unter bisher gezeigten Leistungen geblieben war. Die Hereinnahme von Kienast brachte einen letzten kleinen Schwung und zwei eher zufällig entstandene Möglichkeiten, auf der Gegenseite lief die aufgeknöpfte Defensive jedoch in mehrere Konter, die den Deutschen gut und gerne ein bis zwei Goals hätte bescheren können. Letztlich war es diese zu Beginn und am Schluß des Spiels latente Gefährlichkeit unserer Kontrahenten, die sie zu einem verdienteren Sieger machten, als es die Kroaten gewesen waren.

Fazit

Die Performance von Verteidigung und Mittelfeld war mit kleineren Abstrichen okay (zumindest gegen Deutsche, die – so drückte es Beckenbauer aus – ergebnisorientiert gespielt hatten), doch die Leute für die letzten Meter gehen uns ab. Hier sehe ich Zukunft, wenn etwa Kavlak, Junuzovic, Okotie und vielleicht auch Janko ihren Weg ins Team schaffen. Maierhofer ist und bleibt maximal ein Brecher für Ausnahmesituationen. Viel Kampf, wenig Effizienz ist das wiederum zwiespältige Fazit dieses Abends. Cordoba wird uns wohl noch ein Weilchen begleiten. Aus diesem Team jedenfalls kann noch etwas werden, und die erfolgreiche Quali für Südafrika 2010 ist ein realistisches Ziel. Unter wessen Federführung das ÖFB Team sich auf diesen Weg begibt, wird sich in den nächsten Tagen weisen.

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Über Georg Pichler

Journalist und zumindest digitaler Superkicker. In echt hütet er meistens das Kastl und das recht gut. Zukünftiger ÖFB-Präsident. Kein Fan, mag aber Sturm Graz.