Auch ohne diverse Verletzte wie Lampard oder Drogba kommt Chelsea zu einem nie ernsthaft gefährdeten 2:0-Erfolg beim russischen Vizemeister Spartak Moskau. Womit die offene Rechnung mit dem Lushniki-Stadion zumindest zum Teil beglichen wurde…
Denn vor zweieinhalb Jahren verlor Chelsea in genau diesem Stadion das Champions-League-Finale gegen Manchester United. Aber auch, wenn Spartak in roten Trikots auflief: Der aktuelle Tabellenvierte aus Russland ist nicht Manchester United. Denn war Spartak beim 3:0 gegen Žilina war Spartak Moskau am vergangenen Spieltag als klarer Favorit ins Spiel gegangen, stand diese Partie gegen Chelsea natürlich unter ganz anderen Vorzeichen: Hier waren es die Gäste, auf denen alle Erwartungen ruhten. Obwohl Spartak nach zwei Siegen zum Start eine recht komfortable Ausgangsposition hatte, aus der man kaum etwas zu verlieren hat.
Und so stellte sich auch das Spiel rasch dar: Chelsea ließ den Ball in den eigenen Reihen zirkulieren, durchaus gefällig, ballsicher, aber auch mit recht wenig echtem Zug zum gegnerischen Tor – und erstaunlicherweise praktisch ganz ohne Flügelspiel. Dem Auftritt von Chelsea mangelte es komplett an der Breite – obwohl auf dem Papier das 4-3-3 ja eigentlich zwei echte Außenstürmer vorgibt. War aber nicht.
Stoßstürmer Anelka war natürlich im Zentrum postiert, aber Malouda (links) und Kalou (rechts) kamen nicht über die Flanken, sondern aus dem Halbfeld; die beiden offensiveren Männer im Dreier-Mittelfeld (Shirkov links und Essien rechts) aber ebenso. Spartak versuchte das auszunützen, indem die Mannschaft sehr weit verschob, um Chelsea den Raum durch die Mitte noch enger zu machen, was auch recht gut gelang. Und nach zehn Minuten kamen die Russen dann selbst zu zwei guten Möglichkeiten, die Chelsea-Goalie Čech allerdings parieren konnte.
Spartak musste mit Alex auf den Taktgeber im Mittelfeld verzichten, für ihn kam Ibson in die Mannschaft – ein Brasilianer, der zwar grundsätzlich offensiv denkt, aber sich diesmal diszipliniert zwischen defensivem und offensivem Mittelfeld im 4-1-4-1 von Spartak-Trainer Karpin bewegte. War Sheshukov neben (oder zumeist hinter) ihm der echte Sechser, schloss Ibson oftmals auch in die offensivere Reihe auf, somit hatte das Chelsea-Mittelfeld recht wenig Platz, sich nach vorne zu manövrieren.
Vorentscheidung schon vor der Pause
Die besten Szenen hatte Chelsea somit, wenn es gelang, Spartak etwas herauszulocken und mit Steilpässen auf Anelka schnell in die Spitze zu kommen. Auf diese Weise legte der Franzose Landsmann Malouda eine wunderbare Chance vor, eine weitere verhudelte er (bereits nach dem 1:0) leichtfertig. Und jenes 1:0 fiel auch auch so einem direkten Pass in die Spitze: Innenverteidiger Pareja klärte nicht besonders überlegt, und mit Juri Shirkov hämmerte ausgerechnet der Russe in Diensten von Chelsea den Ball aus 20 Metern zur Führung unhaltbar ins Tor.
Was dem Plan der Blues natürlich in die Hände spielte. Sie konnten nun den Ballbesitz mehr Spartak überlassen und pressten dafür schon hoch auf den Ballführenden, wodurch die Gastgeber nicht in der Lage waren, selbst Angriffe aufzuziehen. Zudem war zwar das Flügelspiel von Chelsea inexistent, aber die wachsamen Außenverteidiger Ferreira und Cole verhindern, dass die starken Außenspieler von Spartak, vor allem Dmitri Kombarov (der gegen Žilina ein hervorragende Leistung ablieferte) zur Geltung kommen.
Spartak fehlen die Mittel
Im Gegenteil, kurz vor der Pause brachte Essien einen weiteren dieser schnellen Steilpässe zu Anelka, der diesen aufnahm und zum 2:0 traf. Ein Nackenschlag, von dem sich Spartak nach dem Seitenwechsel allerdings gut erholt zeigte, denn die Russen kamen mir deutlich mehr Elan aus der Pause – befeuert auch dadurch, dass vor allem Kombarov auf seiner linken Angriffsseite nun deutlich besser zur Geltung kam. Sofort flogen einige gefährliche Bälle durch den Chelsea-Strafraum.
Das Manko dabei: Es gelang praktisch nie, aus geringerer Distanz als etwa 20 Metern zum Abschluss zu kommen. Terry und Ivanović hatten den Strafraum selbst gut unter Kontrolle, und Čech entschärfte die Weitschüsse, welche auf sein Tor abgefeuert wurden. So hatte Spartak nun zwar die Koltrolle über den Ball übernommen und kam auch zu einigen Halbchancen, Chelsea war dadruch aber nicht alarmiert oder auch nur übermäßig beunruhigt. Im Gegenteil, es schien den Blues ganz gut zu passen, und Anelka (nach einem Konter) sowie Kalou (nach einem Čech-Abschlag) hatten ihrerseits die Chancen, mit einem dritten Tor das Spiel endgültig zu entscheiden.
So plätscherte das Spiel so ein wenig vor sich hin: Spartak spielte etwas umständlich den Ball Richtung Strafraum, wo den Russen allerdings die Ideen ausgingen. Weitschüsse waren das eine Mittel; der Versuch, innerhalb des Strafraums für Verwirrung zu sorgen, das Andere. Und weil Chelsea so das 2:0 verwaltete, ohne in existentielle Nöte zu kommen, hatte Ancelotti die Gelegenheit, Josh McEachran für Kalou zu bringen. Der 17-Jährige ging auf die linke Offensivposition, Malouda wechselte dafür die Seiten – und wurde wenige Minuten später eben dort vom auch erst 19-jährigen Gaël Kakuta ersetzt. Und auch Patrick van Aanholt (20) durfte noch ein paar Minuten schnuppern…
Fazit: Die Blues gewinnen souverän
Mit Chelsea gewann das bessere Team verdient, ohne wirklich an die Leistungsgrenze gehen zu müssen. Die Blues nützten den Vorteil aus, den das 1:0 durch Shirkovs Tausendgulden-Schuss ihnen bereitet hatte und brachten den Sieg letztlich schon mit dem zweiten Tor kurz vor der Halbzeitpause in trockene Tücher. Spartak bemühte sich zwar redlich, es fehlte aber schlicht und einfach die Klasse, Chelsea wirklich in Bedrängnis zu bringen.
(phe)