Südafrika 2010 – Achtelfinals 7 und 8 | Spanien gewinnt eine hochinteressante Partie gegen Portugal, weil die Schlüsselspieler in entscheidenden Phasen präsenter waren. Am Samstag geht’s gegen Paraguay – die Südamerikaner knackten Japan nach 120 langweiligen Minuten im Elfmeterschießen
Paraguay – Japan 0:0 n.V., 5:3 i.E.
Was können die Japaner am Besten? Genau, extrem diszipliniert hinten die Räume eng machen und den Gegner vom eigenen Tor weghalten. Und genau das gelang den Asiaten mit Fortdauer der ersten Hälfte immer besser. Paraguay versuchte es zu Beginn hauptsächlich über die Seiten, zunächst vor allem über die rechte (Santa Cruz), dann eher über die linke (Benítez), aber wirklich gefährlich wurde das alles nicht.
Und weil die Japaner (wieder in ihrem 4-1-4-1) gesehen haben, dass den Paraguayern nicht so richtig etwas einfällt, haben sie sich in ihrem Spiel natürlich bestätigt gesehen. Immer weiter verlagerte sich das Spiel der Paraguayer zurück in die eigene Hälfte. Was das Spiel im Ballbesitz zu beginn noch ein 2-3-5 (mit den AV Bonet und Morel als Außenstürmer), schob sich spätestens nach einer Viertelstunde die Albiroja den Ball hin und her und es war absolut unmöglich, durch die zugestellten Räume einen auch nur halbwegs sinnvollen Angriff aufzubauen. Nur zwei Mal verloren die Japaner hinten kurzfristig ihre Ordnung, Paraguay konnte das aber nicht ausnützen.
Gegen Ende der ersten Hälfte schoben dann bei den Japanern Matsui und Okubo aus dem Mittelfeld etwas weiter nach vorne und pressten schon deutlich früher – mit Erfolg: War Paraguay davor zwar spielbestimmend, aber harmlos, taten sie sich in den Minuten vor der Pause dann sogar mit dem „spielbestimmend“ zunehmend schwer. Angesichts des Schneckentempos, welches die Abliroja an den Tag legte, auch kein Wunder.
Dramatisch änderte sich das Bild nach der Pause nicht. Bei den Japanern ging Hasebe zurück in eine defensivere Position, und das 4-2-3-1 ermöglichte den Japanern nun mehr Kontrolle im Mittelfeld. Das Team aus Paraguay, das sich zuvor schon schwertat, brachte nun in die Spitze gar nichts mehr zu Stande. Als dann Valdéz als neuer Linksaußen für Benítez kam, wurde duch das körperliche Spiel des neuen Mannes die Partie aus Sicht der Paraguayer auch noch zunehmend linkslastig – Santa Cruz rechts war nun komplett auch der Partie. Das änderte sich bis zum Ende der regulären Spielzeit auch nicht mehr.
Auch die Japaner ließen sich nicht mehr dazu hinreißen, das letzte Risiko zu suchen – und je näher es in Richtung Ende ging, desto weniger Risiko gingen die Teams naturgemäß, um nicht doch noch den entscheidenden Fehler zu machen. Das logische Resultat war natürlich ein 0:0 und ein Nachschlag von einer weiteren halben Stunde. In welcher dann, natürlich auch kräftebedingt, das Laufpensum weiter nach unten geschraubt wurde und gefährliche Aktionen nur noch über Flanken zu Stande kamen.
Was logisch ist: Schließlich haben beide Teams kopfballstarke Spieler in den eigenen Reihen. Zudem spielten nun die Paraguayer wieder vermehrt über die Seiten, eben um kopfballgerechte Flanken in den Strafraum zu bringen. Aber für wirklich sinnvolle Kombinationen fehlte schlicht die Kraft und, man konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, auch die letzte Bereitschaft. Darum ging’s nach 120 wenig spektakulären Minuten ins erste Elfmeterschießen dieser WM. In welcher mit Yasuhito Endo der dritte Schütze der Japaner nur die Querlatte traf – und Paraguay somit ins Viertelfinale einzieht.
Fazit: Paraguay zeigte massive Schwächen im Spielaufbau, aber auch die Japaner wurden über die gesamte Spielzeit zu wenig gefährlich. Von den gezeigten Leistungen in der Vorrunde entsprachen die Japaner, die hinten fast immer sicher standen, den Erwartungen sicher eher; von Paraguay durfte man sich im Spielaufbau fraglos mehr Esprit erwarten. Alles in allem war es eine enttäuschende Partie, Paraguay hat die Elferlotterie gewonnen. In dieser Form ist im Viertelfinale aber garantiert Schluss.
————————
Spanien – Portugal 1:0 (0:0)
Wenn man die Spanier den Platz für ihr schnelles Kurzpass-Spiel gibt, hat man schon verloren – das wussten die Portugiesen und darum versuchten sie sofort, dem Nachbarn die Luft im Mittelfeld so dünn wie möglich zu machen. Das gelang zwar erst nach ein paar Minuten, dann aber dafür umso besser. Zu Beginn nämlich funktionierte das Zusammenspiel zwischen Sechser Pepe und der Innenverteidigung noch nicht allzu gut, David Villa ging zwei Mal durch diese Schnittstelle durch.
In der Mitte ließen die Portugiesen aber gar nichts zu. Im Extremfall rückte Pepe aus dem defensiven Mittelfeld zwischen die Innenverteidiger und machte komplett zu, weswegen Zentrumsstürmer Torres immer mehr auf die linke Seite ausweichen musste. Weil dort aber Bruno Alves kompromisslos agierte und Fabio Coentrão ein weiteres Mal sehr sicher agierte, war dort auch wenig Platz. Überhaupt Coentrão: Der Linksverteidiger von Benfica Lissabon hat seinen Marktwert auch mit diesem Spiel wieder deutlich nach oben getrieben und gezeigt, warum Benfica deutlich mehr als die bislang gebotenen 20 Millionen Euro für den Jungspund haben will.
Denn nicht nur, dass er defensiv nichts anbrennen lässt, war er auch der Antreiber schlechthin auf der linken Seite – welche einmal mehr die deutlich stärkere bei den Portugiesen war. Coentrão und Cristiano Ronaldo waren deutlich aktiver und deutlich gefährlicher als Ricardo Costa und Simão auf der anderen, was auch dazu führte, dass der starke Rechtsverteidiger der Spanier, Sergio Ramos, komplett aus dem Spiel war. Damit fiel den Spaniern die ganze rechte Seite aus. Auf der linken war David Villa aber allzu viel auf sich alleine gestellt, weil Xabi Alonso und Xavi eben hauptsächlich die Mitte beackerten und Villa an der Flanke schlicht die Unterschützung fehlte.
Umso mehr musste eben über Xabi Alonso und Xavi gehen, ihnen war aber durch das sehr resolut agierende und hoch pressende Dreiermittelfeld der Portugiesen (Tiago, Pepe und Meireles) die Wirkung genommen. Und sogar die Stürmer beteiligten sich am Spanier ärgern, auch Sturmspitze Hugo Almeida ließ sich desöfteren zurückfallen. Nach vorne ging es bei den Portugiesen in erster Linie über steile Pässe in die Spitze oder gar Weitschüsse, zumindest aus dem Spiel heraus gelang Cristiano Ronaldo nicht allzu viel. Durch seine starke Freistoßtechnik blitzte vor allem bei Standards die Gefährlichkeit des Kapitäns auf.
Nach der Pause wechselte Cristiano Ronaldo von der linken auf die rechte Seite, Simão machte es vice versa. So versuchten die Portugiesen, auch die andere Flanke etwas besser ins Spiel zu bringen, was aber nicht so richtig gelang – Simão ist und bleibt eine der Enttäuschungen bei diesem Turnier. So brachte Queiroz eine Viertelstunde nach der Pause Danny für den fleißigen Almeida; dafür ging Cristiano Ronaldo ins Zentrum, Simão wieder auf „seine“ rechte und Danny auf die linke Seite. Was genauso viel zum spanischen 1:0 beigetragen hat wie der zeitgleiche Wechsel der Spanier (Brecher Llorente für den einmal mehr glücklosen Torres) – denn während der Bilbao-Stürmer sofort mehr Gefährlichkeit vor das Tor von Eduardo brachte, schlief Simão beim Gegentor fürchterlich: Für den (zu weit) eingerückten RV Ricardo Costa hätte er sich um Villa kümmern müssen, wenn es schon Tiago im Halbfeld nicht macht. Letztlich machte es keiner und Villa hatte freie Bahn.
Was den Portugiesen sichtlich einen Schlag verpasste, denn nun wackelte auch Coentrão gegen den nun deutlich offensiveren Sergio Ramos; wie nun generell der Europameister das Spiel mit der Führung im Rücken gut im Griff hatte. Darum kam nun mit Liédson bei Portugal ein neuer Stürmer, der aber seltsamerweise auf die rechte Seite ging. Der Zentrumsstürmer bliebt dort, out of position, wirkungslos – ähnlich wie jene von Danny, der von Coentrão nun keinerlei Unterschützung mehr bekam. So hatte man nach der Führung nie mehr wirklich den Eindruck, als könnten die Portugiesen das Spiel tatsächlich noch ausgleichen. Zu sicher agierten die Spanier jetzt im Mittelfeld, zu wenig brachte das eher halbherzige Pressing der Porugiesen im Mittelfeld.
Und zu wenig brachte nun auch Cristiano Ronaldo. Der ließ sich nicht etwa ins Mittelfeld zurückfallen, um dort Bälle zu erkämpfen und die schnellen Danny und Liédson zu bedienen, sondern wartete vorne auf Zuspiele und versuchte mit überbordender Theatralik, Freistöße heraus zu holen. Das ist für einen Kapitän im Allgemeinen und einen Superstar wie Cristiano Ronaldo im Speziellen gerade in einer solchen Notsituation schlicht und einfach zu wenig. Dass Ricardo Costa kurz vor Schluss noch vom Platz musste, als die Portugiesen nur noch panisch alles nach vorne warfen, hatte letztlich keine echten Auswirkungen mehr.
Fazit: Die Spanier ziehen verdient ins Viertelfinale ein, weil sie ihre höhere Dichte an echten Weltklassespielern nützen konnten, und vor allem die Schlüsselspieler sich in entscheidenden Phasen nicht hängen ließen. Vor allem Cristiano Ronaldo muss sich fragen lassen, wo er war, als seine Mannschaft ihn gebraucht hat. Nach der Führung spielten die Spanier das Spiel recht sicher herunter und hätten sogar noch nachlegen können – wenn nicht gar müssen.
(phe)