EM 2020 – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Sun, 13 Jun 2021 21:53:44 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 3:1 zum EM-Start: Sabitzer bei Österreichs Arbeitssieg stark https://ballverliebt.eu/2021/06/13/31-zum-em-start-sabitzer-bei-oesterreichs-arbeitssieg-stark/ https://ballverliebt.eu/2021/06/13/31-zum-em-start-sabitzer-bei-oesterreichs-arbeitssieg-stark/#comments Sun, 13 Jun 2021 21:52:52 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=17536 3:1 zum EM-Start: Sabitzer bei Österreichs Arbeitssieg stark weiterlesen ]]> Ein Spiel mit altbekannten Schwächen, guten individuellen Leistungen und einer funktionierenden Adaptierung des Plans in der zweiten Hälfte bringt dem ÖFB-Team den erhofften – und erwarteten – Pflichtsieg zum EM-Auftakt. Zwar machte man sich das Leben gegen Nordmazedonien zuweilen selbst schwer, aber die höhere Qualität bei Österreich setzte sich letztlich durch.

Österreich – Nordmazedonien 3:1 (1:1)

Die Formation

Besonders auffällig bei Österreich war die Formation. Das Personal legte das aus den letzten Spielen bekannte 4-4-1-1 nahe, das gab man auch bei der UEFA so an, in der Praxis aber ließ Foda ein sehr spezielles 3-5-1-1 aufs Feld. Zum ersten Mal überhaupt im Nationalteam begann Alaba als Innenverteidiger – und zwar als zentraler Mann zwischen Dragovic und Hinteregger.

Xaver Schlager sollte vor der Abwehr für die defensive Stabilität sorgen, der Clou war aber die Position von Marcel Sabitzer. Er war im linken Halbfeld als Achter in der Regel tiefer postiert als Linksverteidiger Ulmer, der extrem hoch stand – aus gutem Grund, wie sich zeigen sollte.

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Der stehende Aufbau

Mit welchem Hintergedanken diese Formation aufs Feld geschickt wurde? Die Vermutung liegt nahe, dass man damit Alaba und Hinteregger die Absicherung gibt, dass jeweils einer von ihnen nach vorne aufrückt – so wie sie das gerne machen. Das passierte in der ersten Halbzeit jedoch nur situativ und brachte keinen echten Mehrwert. Aus dem Mittelfeld rückte keiner zurück, alle versteckten sich gekonnt im Deckungsschatten – das war ein durchgängiges Motiv, auch eine Etage weiter vorne.

Bis auf den Ballführenden bewegte sich bei Österreich praktisch niemand. Das Spiel war extrem statisch, niemand bot sich an, keiner suchte sich den Ballführenden, um Optionen zu geben. Marcel Sabitzer hob schon nach 12 Minuten halb fragend, halb hilflos die Hände, weil sich so gar keiner in irgendeine Position bewegen wollte, die einigermaßen sinnvoll anspielbar gewesen wäre.

Geschicktes Freispielen von Sabitzer

Überhaupt, Sabitzer. Oft durfte er im Nationalteam noch nicht auf der Acht in einem Dreiermittelfeld spielen – also jener Position, die er in Leipzig mit hoher Klasse einnimmt. Diesmal durfte er, und er war der mit einigem Abstand beste Spieler auf dem Feld.

Durch die auffällig weit vorgezogene Rolle von Andreas Ulmer wurde der mazedonische Rechtsverteidiger Nikolov hinten festgenagelt. Sabitzer zog es permanent in Ulmers Rücken in Richtung Außenbahn, weg vom rechten mazedonischen Achter Bardhi – dieser war in der Doppelmühle: Ging er mit Sabitzer mit, öffnete er Räume für Schlager und den zurückfallenden Baumgartner. Blieb er im Halbfeld, hatte Sabitzer viel Platz.

Bardhi entschied sich in der Regel dafür, im Halbfeld zu bleiben, und Sabitzer freute sich über ungeahnte Räume. Im Laufe der ersten Halbzeit riss Sabitzer das Spiel zunehmend an sich. Dass seine Hereingabe von Lainer nach 18 Minuten zum 1:0 für Österreich verwertet wurde, belohnte die geschickte Taktik.

Wie zentral Sabitzer eingebunden war, wird auch dadurch verdeutlicht, dass er von drei Spielern zehnmal oder öfter angespielt wurde (Ulmer, Hinteregger, Alaba) – ansonsten hat nur Alaba mehr als einen Spieler, der ihn zehnmal oder öfter angespielt hat.

Gute Absicherung im Gegenpressing…

Anders als in den letzten Spielen war auch die Absicherung in Gegenpressing-Situationen recht gut. Bei Ballverlusten im Angriffsdrittel gingen konsequent zwei bis drei Österreicher auf den Gegenspieler, dieser wurde damit gut daran gehindert, gezielt von hinten herausspielen zu können. Die hohe Position von Ulmer half dabei ungemein. Wenn sich die Mazedonier doch aus diesen Situationen befreien konnten, zog sich Österreich zurück und erwartete den Gegner in der eigenen Hälfte.

Vom Tor abgesehen, kreierte der Turnier-Debütant praktisch nichts von Belang – und selbst der Treffer war eigentlich keine herausgespielte Torchance, sondern eine zu riskante Entscheidung von Hinteregger beim Klären einer Flanke zwischen die Linien, wodurch der Ball in den Strafraum flipperte, wo ihn Bachmann wiederum nicht festmachen konnte.

Je nach xG-Modell kam Nordmazedonien auf 0,5 (Between The Posts) bzw. 0,7 (Caley Graphics) oder 0,8 (xGPhilosophy) – alleine das Tor sind rund zwei Drittel davon. Österreich beendete das Match mit 2,1 (BtP) bzw. 2,2 (Caley) oder 2,6 (xGP).

…aber wieder großes Loch beim Aufrücken

Sehr wohl deutlich zu erkennen war allerdings wiederum das große Loch zwischen aufgerücktem Mittelfeld und zumeist wieder maximal bis zur Mittellinie aufrückender Abwehr. Wie schon in den beiden Qualifikationsspielen (4:1 in Skopje und 2:1 in Wien) bespielten die Mazedonier dieses Loch nicht mit großem Erfolg: Die Dreierkette ermöglichte es Österreich, sich unter der Regie von Alaba passender zu staffeln und letzlich fehlte es den Mazedoniern auch einfach an der Qualität.

Sich darauf zu verlassen, dass solche potenziellen Kontersituationen aber auch gegen Holland und die Ukraine so wegverzögert werden wie gegen Nordmazedonien, ist aber wohl ein gefährliches Spiel. Dänemark hat’s im März gezeigt.

Adaptierung von Alabas Rolle

Ab ca. Minute 65

Sabitzer genoss seine Freiheiten in der ersten Hälfte zwar, aber ansonsten war nicht viel zu sehen, was Laufwege anging. Nicht nur, dass sich selten Mitspieler für kurze Pässe anboten, es wurden auch keine anderen Räume mit geschickten Laufwegen aufgemacht, der Verbund der Mazedonien getestet oder sich gar in den Strafraum kombiniert.

Nach etwa einer Stunde wurde bei Österreich die Rolle von David Alaba adaptiert. Er wechselte mit Martin Hinteregger die Plätze: Hinteregger war damit der zentrale Mann in der Dreierkette, Alaba der linke. Somit konnte Alaba in den extrem offenen freien Raum vor ihm beinahe nach Belieben vorstoßen – Mazedoniens Trainer Angelovski hatte zu diesem Zeitpunkt Bardhi von Sabitzer abgezogen und mit Kostadinov einen neuen, defensiveren Spieler zum Leipzig-Legionär gestellt.

Schwächen der Mazedonier angebohrt

So hatte Österreich nun einen Spieler mehr, der mit Tempo aus der Tiefe in die Räume stoßen konnten; mit Arnautovic und Gregoritsch waren auch zwei frische Spitzen auf dem Feld. Das ÖFB-Team hatte seit Kalajdzic‘ von Dimitrievski pariertem Schuss in der 22. Minute keinen einzigen Torschuss mehr abgegeben. Mit diesen vorgenommenen Umstellungen brachte man wieder Schwung in das kontrollierte, aber ohne Torgefahr vor sich hin plätschernde Spiel zu bringen.

Man kam nun zwar immer noch nicht in den Strafraum, bohrte aber eine markante Schwäche bei den Mazedoniern an: Obwohl drei Innenverteidiger vor Torhüter Dimitrievski lauerten und die Box verbarrikadierten, waren sie erstaunlich anfällig bei weiten Hereingaben von den Außenbahnen. Das 1:0 durch Lainer war schon so entstanden, Kalajdzic‘ Chance kurz danach ebenso, und in der 78. Minute fand sich auch niemand, der Gregoritsch nach Alabas Flanke entscheidend am Treffer hinderte.

Rückzug und Konter zur Entscheidung

Mit dem 2:1 im Rücken zog sich Österreich wie gewohnt weit zurück und erwartete die Mazedonien in der eigenen Hälfte – so weit hinten stand Andi Ulmer im ganzen Spiel nicht wie in der Schlussivertelstunde. Was schon in einer Phase nach Beginn der zweiten Halbzeit so gewirkt hatte, war nun auf jeden Fall so: Mazedonien musste kommen, es ergaben sich Räume für Österreich.

In der 89. Minute schloss Arnautovic einen solchen Gegenstoß zum 3:1-Endstand ab. Der erste Sieg für Österreichs Herren bei der dritten EM-Teilnahme war in trockenen Tüchern.

Fazit: Zunächst zäh, aber Umstellungen wirkten

Das durchdachte Freispielen von Sabitzer war in einer recht zähen ersten Hälfte das einzige, was bei Österreich wirklich gut funktionierte. Der Aufbau war statisch, produktive Laufwege kaum Vorhanden; wieder mussten sich die Ballführenden die Mitspieler suchen anstatt umgekehrt. Das 1:0-Führungstor fiel praktisch aus dem Nichts und danach kam auch 40 Minuten lang wieder so gut wie Nichts. Nordmazedonien war bemüht, aber zumeist harmlos.

Anders als gewohnt war es diesmal aber Franco Foda, der nach einer Stunde an den Stellschrauben drehte und damit das Spiel in Österreichs Richtung kippen ließ – es wurde nicht gewartet, dass der andere was macht, sondern selbst agiert. Die Belohnung war eine deutliche Steigerung in der Schlussviertelstunde, die mit dem verdienten Arbeitssieg belohnt wurde.

Da Holland das Abendspiel gegen die Ukraine nach einer turbulenten Schlussphase doch noch gewonnen hat und die Ukraine damit eben nicht den Bonuspunkt gegen den Gruppenfavoriten geholt hat, kann das ÖFB-Team nun am Donnerstag in Amsterdam ohne den ganz großen Druck auflaufen. Das ist ein Luxus, den man nach dem 0:2 vor fünf Jahren gegen Ungarn nicht hatte, als gegen Portugal im zweiten Match schon „Verlieren Verboten“ galt.

Der 3:1 über Nordmazedonien ist dabei der erste Endrunden-Sieg für Österreich nach neun sieglosen Spielen (vier Remis, fünf Niederlagen). Beim letzten Erfolg, dem 2:1 über die USA in Florenz im letzten Gruppenspiel der WM 1990, gab es den nunmehrigen Gegner noch gar nicht als eigenständiger Staat.

Der letzte Sieg Österreichs bei einer Endrunde: Der 2:1-Erfolg über die USA bei der WM 1990.
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Rechenspiele: Wie gut war Österreich wirklich in der EM-Quali? https://ballverliebt.eu/2019/12/23/rechenspiele-wie-gut-war-oesterreich-wirklich-in-der-em-quali/ https://ballverliebt.eu/2019/12/23/rechenspiele-wie-gut-war-oesterreich-wirklich-in-der-em-quali/#comments Mon, 23 Dec 2019 08:13:56 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=16584 Rechenspiele: Wie gut war Österreich wirklich in der EM-Quali? weiterlesen ]]> Für die EM qualifiziert – es muss also alles super sein. Oder? Der mediale Jubel nach dem gelösten EM-Ticket für Österreich wirkte krampfhaft aufgesetzt. Nur: Wie verhält es sich tatsächlich mit dem Verhältnis zwischen tatsächlicher und zu erwartender Leistung? Wir versuchen uns an einer quantifizierbaren Einordnung.

Die Topfeinteilung fand anhand der Ergebnisse der Nations League im Herbst 2018 statt. Dadurch war Polen im ersten Topf, Österreich im zweiten, Israel im dritten, Slowenien im vierten, Mazedonien im fünften und Lettland im sechsten Topf.

Wäre es nach dem FIFA-Ranking (mit Stand November 2018) gegangen: Polen und Österreich aus dem zweiten Topf, Slowenien und Mazedonien aus dem vierten, Israel und Lettland im fünften – dafür niemand aus dem ersten und auch niemand aus dem dritten Topf.

Wäre es nach dem ELO-Rating (mit Stand vor einem Jahr) gegangen: Polen aus dem ersten, Österreich aus dem zweiten, niemand aus dem dritten, dafür Slowenien, Mazedonien und Israel aus dem vierten Topf.

Tatsächliche Stärke? Ein Versuch.

Was diesen drei Bewertungskriterien gemeinsam ist: Sie werden nach vergangenen Leistungen erstellt und berücksichtigen nicht zwingend die aktuelle Leistungsstärke. Polen ist ohne Lewandowski viel schwächer – reißt er sich das Kreuzband oder tritt er zurück, schwächt das sein Team deutlich mehr als ein langfristiger Ausfall von, sagen wir, Sechser Mateusz Klich von Leeds United.

Einen gleichwertigen Ersatz für Klich treibt Polen auf. Einen für Lewandowski eher nicht.

Darum haben wir versucht, die tatsächliche, aktuelle Stärke der 55 EM-Quali-Teilnehmer zu erheben und  diese mit dem auf dem Platz erreichten zu vergleichen. Zugegeben, besonders wissenschaftlich ist das nicht, aber es zeigt zumindest ein Bild.

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Unterschiedlich stark besetzt

Von jedem Team haben wir die EM-Quali-Stammelf ausgearbeitet – grob gesagt: Jene elf Spieler, die in den acht bzw. zehn Spielen die meiste Spielzeit absolviert haben. Das sieht bei Österreich so aus:

Fast das komplette Team spielt bei deutschen Vereinen, die in der Champions League oder der Europa League aktiv sind – also bei guten Teams einer guten Liga. Dass dieses Team relativ stark ist oder zumindest sein sollte, liegt auf der Hand. Vergleichen wir dies mit dem finnischen Team, welches ebenfalls als Gruppenzweiter zur EM fährt:

Da gibt es den Torhüter eines deutschen Champions-League-Starters, einen Stürmer aus der englischen Premier League, einen Linksverteidiger vom belgischen und einen Sechser vom dänischen Meister. Und sonst nicht besonders viel. Dieses Team würde man wohl eher auf Platz vier hinter Italien, Bosnien und Griechenland einschätzen – nicht als Zweiter vor den Griechen und den Bosniern.

Also: Eine EM-Qualifikation von Österreich konnte man erwarten. Eine von Finnland nicht. Eh klar.

Eine Rangliste

Wir haben also die elf Spieler der Stamm-Elf mit dem Koeffizienten aus der Fünfjahres-Wertung der jeweiligen Liga mit Abstufungen bewertet: Volle Punkte für Spitzenklubs der Liga, mit Abzügen bis runter über Mittelständler (willkürlich 80%), Abstiegskandidaten (75%), Zweitligisten (30%) und Drittligisten (10%). Bei Teams wie San Marino mussten sogar noch größere Quotienten her. Die Handvoll Spieler aus Übersee (MLS, Asien) wurden wie Zweitligisten von Top-Ländern bewertet.

Zusätzlich haben wir Extra-Punkte (also 115%) für Spieler von europäischen Superklubs gegeben: Barcelona, Real Madrid, Liverpool, Man City, Bayern und Juventus. Noch einmal der Hinweis: Es geht nur um einen groben Vergleich.

Rot: Für die EM qualifiziert. Blau: Im Playoff. (Zum vergößern Klicken)

Das nicht ganz überraschende Bild: Es gibt aktuell eine Handvoll Top-Teams (Spanien, Frankreich, Deutschland, Belgien und England), nach den erweiterten Titelkandidaten kommt noch eine Stufe und die Mittelklasse-Länder liegen eng zusammen.

Und ja: Finnland hat tatsächlich deutlich mehr erreicht, als der Kader objektiv hergibt. Wahrscheinlich wird selbst der Qualifikant, der aus der vierten NL-Leistungsstufe in die EM-Gruppe Österreichs kommt (vermutlich Mazedonien oder Kosovo), eine Stamm-Elf mit Spielern von besseren Klubs haben als die Finnen.

Enge Mittelklasse

„Es ist nicht so, dass die Erweiterung des Turniers von 16 auf 24 Teams einen größeren Haufen von minderbemittelten Teams zum Turnier brachte {…}, aber eben mehr, die ihr Heil vornehmlich in der Abwehr-Arbeit suchen. Die Teams 17 bis 24 ziehen das Niveau nicht dramatisch runter.“ So stand es in unserer Abschluss-Bilanz zum EM-Turnier von 2016. Diese Rangliste scheint die These zu bestätigen.

So beträgt der Abstand von Polen (Platz 16) zum besten Mittelklasse-Team Dänemark (als Zehnter) genauso viel wie zwischen Polen und Platz 27 (Schottland, in diesem Fall).

Die Abstufung verläuft in etwa so:
1., die erweitere Spitze (vgl.: Topf 1)
2., die volatile zweite Reihe (vgl.: Töpfe 2 und 3)
3., das hintere Mittelfeld (vgl: Töpfe 4 und 5)
4., die Hoffnungslosen (vgl: Topf 6)

Klasse 1 qualifiziert sich zu 95 Prozent, Klasse 2 rittert um die restlichen Startplätze und Teams aus der Klasse 3 (wie Finnland) haben nur eine Chance, wenn die Sterne günstig stehen.

Erwartungen übertroffen/unterboten

Die Erwartung für Spanien und Frankreich ist, mehr oder weniger alles zu gewinnen. Die Erwartung für San Marino ist, alles zu verlieren. Spannend ist diese Rechnung eher nur dazwischen.

Also: Wie sehr muss sich Bosnien für Platz vier hinter Finnland und Griechenland schämen? (Antwort: schon relativ). Oder ist es wirklich eine Überraschung, dass der Kosovo bis zuletzt die Chance auf Platz zwei hatte? (Antwort: zumindest keine große).

Eine Möglichkeit zur Messung ist es, die Prozentzahl der erzielten Punkte (vom Maximum 24 bzw. 30) mit der Prozentzahl der Kaderstärke (mit dem Wert Spaniens, dem Top-Wert, als Referenzpunkt) gegenzurechnen. Hier belegt Österreich Platz 38 von 55. Mit einem Sieg in Lettland am letzten Spieltag wäre es Platz 28 gewesen. Besser, aber auch nicht gerade beeindruckend.

Gratuliere, Andorra: Das wohl mit einem spanischen Dritt- bis Viertligisten vergleichbare Team erzielte vier Punkte. Gratuliere auch, Island: Zwar reichte es nicht auf direktem Wege für die dritte Turnier-Teilnahme in Folge, aber angesichts der überwiegend mäßigen Klubs, bei denen die Insel-Kicker unter Vertrag stehen, ist man immer noch sehr gut dabei und hat im Playoff eine realistische Chance.

Israel ist so mittendrin: Das von den Vereinen der Startelf-Spieler zweitschlechteste Team der Gruppe steht dank des Heimsieges gegen Österreich recht okay da, obwohl das direkte EM-Ticket sehr deutlich verpasst wurde. Ohne diesen Erfolg jedoch würde das Team von Andi Herzog bei dieser Berechnungsmethode im hinteren Drittel rangieren – was auch verdeutlicht, wie klein die Sample Size ist und wie sehr jeder Punkt hier einen großen Unterschied machen kann.

Dies ist auch bei Bulgarien zu sehen (ohne den Sieg im für beide bedeutungslosen letzten Spiel gegen Tschechien: Platz 49 statt 29) und bei Spanien (das Team ist so stark besetzt, dass die beiden Remis gegen Schweden und Norwegen das Ranking extrem nach unten reißen). Also: Alles ein wenig mit Vorsicht zu genießen.

Aber auf jeden Fall: Oje, Nikola Jurčević. Der ehemalige Salzburg-Star hat in Aserbaidschan einen gut bezahlten, aber ziemlich ambitionslosen Job ausgefasst. Die Liga ist nicht besonders stark, zahlt aber gut. Ohne Anreiz, die Liga zu verlassen, kocht alles im eigenen Saft. Ein einziger Punkt in acht Spielen ist aber selbst dafür ein bissi gar wenig. Bosnien, in der Nations League noch verdienter Gruppensieger vor Österreich, hat trotz Pjanić und Džeko einen dramatischen Bauchfleck hingelegt, was Teamchef Prosinečki auch bereits den Job gekostet hat.

In Relation zur Gruppenstärke

Nun spielte nicht jeder gegen Spanien, manche – auch Österreich – hatten eine leichtere Gruppe (tatsächlich war nur die Belgien-Gruppe noch schwächer als die des ÖFB-Teams). Wenn man die erzielten Punkte in Relation mit dem eigenen Stärkewert und jenem der Gruppengegner setzt, belegt Österreich auch nur den 30. Platz. Mit einem Sieg über Lettland wäre es immerhin Platz 21 gewesen.

Die 19 von 30 möglichen Punkten als objektiv stärkstes Team der Gruppe sind etwa vergleichbar mit den den acht Punkten von Georgien (mit zwei Remis und vier Niederlagen gegen stärkere Teams und zwei Siege gegen Gibraltar) oder den 13 Punkten der gestolperten Bosnier. Es ist deutlich schwächer als etwa Armenien (wo zwischendurch sogar der Teamchef zurückgetreten ist), aber auch klar besser als etwa bei Wales, wo Ryan Giggs eigentlich nie bis zum letzten Match zittern hätte dürfen.

In dieser Rechnung haben sämtliche Gruppengegner von Österreich mehr aus ihrem Potenzial gemacht als das ÖFB-Team selbst.

Dass natürlich auch diese Rechnung ihre Schwächen hat, zeigen die Positionen von Italien (18.) und Belgien (33.), denn mehr als alles gewinnen geht nicht. Ihr Ranking zeigt aber auch, dass ihre Gruppen in der Tat recht schwach waren.

Österreich: Vergleich mit Quali zu 2016

Wie man es auch dreht und wendet: Trotz der erreichten EM kratzte Österreich in der Qualifikation eher an der Blamage als am Heldentum. Nur: Wie sieht die Performance im Vergleich zu jener in der Quali für die EM 2016 aus?

Nun: Österreich war auch damals – obwohl nur aus dem dritten Topf gezogen – das nach den Klubs der Spieler stärkste Team der Gruppe, allerdings nicht ganz so stark wie jetzt. Die Gruppengegner waren Russland (recht klar schwächer als Polen jetzt), Schweden (vergleichbar mit Slowenien) und Montenegro (vergleichbar mit Mazedonien) sowie Moldawien (etwas schwächer als Israel) und Liechtenstein (damals sogar etwas stärker als Lettland jetzt).

Damals holte Österreich 28 von 30 möglichen Punkten – in einer vergleichbaren Gruppe und einer vergleichbar starken Mannschaft zu jetzt, als es 19 Punkte gab. In beiden vorhin erklärten Wertungen hätten aber selbst diese 28 Punkte nur für Plätze knapp außerhalb der Top-10 gereicht.

Das zeigt wiederum, wie schwach die damalige Gruppe war – aber auch, wie schwach die Performance des ÖFB-Teams in dieser EM-Quali war.

Die österreichische EM-Gruppe 2020

So trifft es sich gut, dass die EM-Gruppe C mit Österreich die schwächste der sechs Vorrunden-Staffeln ist. Der Aufschwung der Niederländer ist mit dem Final-Einzug bei der Nations League und dem Beinahe-Gruppensieg gegen Deutschland gut dokumentiert, dennoch gibt es in jeder anderen Gruppe zumindest eine stärkere Mannschaft.

Die Ukraine hat die Erwartungen klar übertroffen. Die hauptsächlich mit Akteuren der nationalen Top-Klubs Schachtar Donetsk und Dynamo Kiew ausgestattete und von Legende Andriy Shevchenko trainierte Mannschaft hat trotz der relativen Jugend auch bereits internationale Erfahrung und qualifizierte sich deutlich vor Titelverteidiger Portugal.

Wer der dritte Österreich-Gegner wird, entscheidet sich im Playoff Ende März.

Apropos Playoff

Hier das beste Team (Spanien) und Österreich im Vergleich zu den 16 Teams, welche die verbleibenden vier EM-Teilnehmer ausspielen. Österreich bekommt entweder den Sieger aus dem grau markierten Quartett oder Rumänien.

Nordmazedonien war zweimal ziemlich chancenlos gegen Österreich, punktete aber gegen alle anderen Teams der Gruppe und hätte auch im Quali-Modus für 2016 im Playoff antreten dürfen. Selbiges gilt für den Kosovo, der bis zum vorletzten Spiel (dem direkten Duell gegen Tschechien) alle Chancen auf ein direktes EM-Ticket hatte.

Das ist kein Zufall, obwohl das Land selbst weniger Einwohner hat als die Stadt Wien. Aber mit dem Ex-Salzburger Berisha, dem in Bremen groß aufspielenden Milot Rashica sowie den großgewachsenen Fenerbahce-Top-Torjäger Muriqi verfügt man über durchaus ernst zu nehmendes Talent.

Ähnlich wie das große bosnische Team der frühen 10er-Jahre und die albanische Mannschaft, die sich bei der EM 2016 wacker schlug, besteht auch dieser Kader überwiegend aus Auswanderer-Kindern. Aus der Stamm-Elf sind vier Spieler in der Schweiz geboren und/oder aufgewachsen (Muric, Kololli, Aliti und Hadergjonaj), zwei in Norwegen (Berisha und Celina), einer in Belgien (Vojvoda) und einer in Deutschland (Halimi), dazu kommt der dritte Stürmer, Ex-Rapidler Atdhe Nuhiu, aus Wels.

Georgien hat, wenn man die sechs Pflichtpunkte gegen Gibraltar wegrechnet, noch zwei Pünktchen geholt (jeweils 0:0 daheim gegen Dänemark und Irland). Weißrussland hat nicht einmal beide Spiele gegen Estland gewonnen, dafür 2:15 Tore und null Punkte gegen Nordirland, Holland und Deutschland eingefahren.

Es sind dies die vier Sieger der D-Klasse-Gruppen in der Nations League 2018. Der Kosovo hatte sich dort u.a. gegen Aserbaidschan durchgesetzt, Mazedonien gegen Armenien, Georgien deutlich vor Kasachstan und Weißrussland relativ knapp gegen Luxemburg.

Wenn sich Rumänien als Auffüller im A-Klasse-Playoff durchsetzt, käme die Mannschaft wegen des EM-Spielortes Bukarest in der Österreich-Gruppe. Der Kosovo und Mazedonien befinden sich im Stärke-Ranking vor Rumänien; in der Quali gegen Spanien, Schweden und Norwegen wurde man entsprechend der Qualität Vierter.

Es gab keinen Sieg und 5:14 Tore gegen die besseren Gegner (zwei Remis gegen Norwegen, vier Niederlagen gegen Spanien und Schweden). Im Herbst 2018 sicherte Rumänien in der C-Gruppe der Nations League den zweiten Platz am letzten Spieltag gegenüber Montenegro ab.

Was heißt das nun?

Wie auch immer man es betrachtet: Österreich hat mit Platz zwei das absolute Minimum erreicht. Die Quali-Gegner waren ungefähr auf Augenhöhe (Polen) bzw. deutlich schwächer (alle anderen), einen ernsthaften Anwärter selbst auf einen Kampf um Platz zwei hat es nicht gegeben. Das ÖFB-Team hat geschafft, was man erwarten konnte und angesichts der im Kader vorhandenen Qualität sogar eher enttäuscht.

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Glanzloser Sieg, dann dreckiger Murks: EM mit – oder trotz? – Foda und Schöttel https://ballverliebt.eu/2019/11/20/glanzloser-sieg-dann-dreckiger-murks-em-mit-oder-trotz-foda-und-schoettel/ https://ballverliebt.eu/2019/11/20/glanzloser-sieg-dann-dreckiger-murks-em-mit-oder-trotz-foda-und-schoettel/#comments Tue, 19 Nov 2019 23:45:20 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=16528 Glanzloser Sieg, dann dreckiger Murks: EM mit – oder trotz? – Foda und Schöttel weiterlesen ]]> Die EM-Teilnahme Österreichs ist gesichert. Dennoch wirkte die Euphorie, die vor allem ORF und Krone (als Medienpartner) sowie Kleine (als nibelungentreue Foda-Freunde) krampfhaft zu verbreiten versuchen, künstlich aufgesetzt und findet – wenn man sich die Kommentarspalten und die Stimmung in den sozialen Medien betrachtet – wenig Resonanz. Das war schon vor der Blamage in Lettland so.

2:1 gegen Mazedonien

Österreich – Nordmazedonien 2:1 (1:0)

Das ÖFB-Motto war „Kontrolle ja, Druck nur bedingt“. Mazedonien stellte sich mit sieben absolut und zwei tendenziell defensiven Feldspielern auf. Man ließ Österreich gewähren und versuchte, die Räume eng zu machen. Das ging nicht lange gut, schon nach sieben Minuten ging Österreich 1:0 in Führung.

Wenn das ÖFB-Team Ballbesitz hatte, war das Tempo nicht hoch und es wurde versucht, mit Chip-Bällen aus dem hinteren Mittelfeld Arnautovic anzuspielen, über die massierte Defensive hinweg. Was es nicht gab: Schnelle Seitenwechsel, Tempoverschärfungen, gegenläufige Laufwege, unerwartete Passwege. Es wurde nichts dafür getan, den Abwehrblock auseinander zu ziehen.

Wenn die Mazedonier im Ballbesitz waren, sah man den Instinkt zum Pressing, den die Spieler haben. Bei Laimer reichten oft zwei, drei Schritte, um für unkontrollierte Abspiele der Mazedonier zu sorgen. Auch Sabitzer und Alaba zeigten gute Anlaufbewegungen. Bei Ballverlusten in der gegnerischen Hälfte wurde schnell in den Gegenpressing-Modus geschaltet. Die Österreicher stellten schnell und geschickt Überzahl in Ballnähe her, kontrollierten den harmlosen Gegner problemlos und hätte nach einer Stunde trotz der zurückhaltenden Offensive schon höher als 2:0 führen können.

Nach 60 Minuten stellte der mazedonische Trainer Igor Angelovski auf ein 4-1-4-1 um, in dem Mazedoniens Achter Bardhi und Avramovski die beiden österreichischen Sechser Laimer und Baumgartlinger in Manndeckung nahmen. Damit nahmen sie dem ÖFB-Team die Ruhe in der Ballzirkulation und die Kontrolle im Mittelfeld. Das österreichische Spiel stockte und es wurde auch nichts unternommen, um sich aus der Mannorientierung zu befreien oder drumherum zu spielen.

Das war eine alarmierende Kopie der EM 2016, wo dies als die größte taktische Schwäche der Ära Koller offenbart wurde. Das mazedonische Tor in der Nachspielzeit war letztlich bedeutungslos, angesichts der fehlenden Reaktion in der Schlussphase aber folgerichtig.

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0:1 in Lettland

Lettland – Österreich 1:0 (0:0)

Mit der nun endgültig fixierten EM-Teilnahme sparte Franco Foda dem halben Team die Reise nach Riga und schickte eine Experimental-Elf ins Match gegen das punktelose Schlusslicht. Besonders viel überlegt hat man sich im Lager des ÖFB für diese Pflichtaufgabe aber offenbar nicht.

Es wurde heftig aneinander vorbei gespielt. Das System war eher ein 4-3-3, das Zentrum zeigte keinerlei Abstimmung. Ilsanker wich zuweilen auf die Linksausßen- und die Zehnerposition aus, Grillitsch fand keine Räume und keine Mitspieler. Weil die linke Hand nicht zu wissen schien, was die rechte macht, ergaben sich immer wieder Löcher. In diesen stießen die Letten oft durch.

Die Stürmer – allesamt eher auf der wendigen, nicht auf der robusten Seite – wurden vornehmlich hoch angespielt. Maximilian Wöber ließ nach dem Spiel durchklingen, dass er dies für den Blödsinn hielt, der es war. Es kam praktisch kein vernünftiger Schuss auf das Tor der Letten, die nach einer Stunde nach einem Eckball in Führung gingen. Bei Österreich kamen Onisiwo, Hinterseer und Ranftl für Baumgartlinger, Goiginger und Ilsanker ins Spiel, wodurch das Chaos noch größer wurde. Sie wirkten planlos und panisch aufs Feld geworfen. Es gab hilflose Weitschüsse und viele Einzelaktionen, aber keine Idee und wenig Input.

Der Murks von Riga verbreitete das Gefühl, dass sich niemand ernsthaft mit diesem Spiel beschäftigt hat, entsprechend hilflos spielte die umformierte Truppe aneinander vorbei. Das ist menschlich verständlich, es ist aber auch unprofessionell und vor allem den in Riga eingesetzten Spielern gegenüber unfair. Einfach elf Leute auf den Spielbericht schreiben und das Match absolvieren, weil man’s halt muss, reicht selbst gegen dieses wertlose lettische Team nicht.

Gut wenn aktiv, schlecht wenn passiv

Die Pflicht in Form des zweiten Platzes in einer sagenhaft schlechten Gruppe wurde erreicht. Wie vom Kollegen Tom Schaffer schon dargelegt: Alles andere wäre angesichts der individuellen Klasse und der grundsätzlichen Stärke des ÖFB-Kaders eine Blamage annähernd auf Landskrona-Niveau gewesen. Von Potenzial und Kaderbreite her ist Österreich mit großem Abstand das beste Team der Gruppe gewesen.

Was diese Qualifikation gezeigt hat: Seine besten Momente hat dieser Kader mit diesen Spielern, wenn er agiert, wie es den Stärken und den Fähigkeiten entspricht: Nach vorne, hohes Pressing, schnelles Umschalten. Das war beim 4:1 in Skopje zu sehen, auch in der ersten halben Stunde in Israel, ebenso in beiden Spielen gegen Polen – es wurde zwar nur ein Punkt, aber gemessen an den Leistungen wären mindestens vier korrekt gewesen.

Andererseits wurde vor allem im Heimspiel gegen Israel extrem deutlich, dass sich den Spielern innerlich alles sträubt und es ihnen eine greifbare Seelenqual bereitet, eine ganz offensichtlich gegen ihren Willen und noch offensichtlicher gegen ihre Fähigkeiten ein Passiv- und Defensivspiel umgehängt wird. Und bei der sichtlich unvorbereiteten Horror-Show von Riga gab’s, wie es aussah, nicht einmal das.

Dem Pragmatiker Koller folgte der Dogmatiker Foda

Marcel Koller ließ jenen Fußball spielen, der das ÖFB-Team in diesem Jahrzehnt prägte: Pressing, Eigeninitiative, nach vorne denkend. Er leitete ab dem Frühjahr 2012 diese Entwicklung ein, unterstützt ab dem Sommer 2012 von der zu diesem Zeitpunkt installierten Red-Bull-Pressingphilosophie. Letztlich ist Marcel Koller in seiner schweizerischen Seele aber kein Draufgänger, kein Risiko-Apostel – sondern ein ganz nüchterner Pragmatiker.

Das ist der Fußball, der zu diesen Spielertypen passt. Das ist der Fußball, mit dem die größte Chance auf Erfolg besteht. Also wird dieser Fußball auch gespielt.

Franco Foda hingegen ist – obwohl im Zusammenhang mit seinem Stil oft von Pragmatik die Rede ist – gerade das nicht. Er denkt Fußball nicht als Spiel, in dem es darum geht, Fehler beim Gegner zu provozieren. Sondern als Spiel, in dem eigene Fehler zu vermeiden sind. Das Sicherheits-Denken steht bei ihm ganz oben und so lässt er sein Team auch spielen.

Das ist NICHT der Fußball, der zu diesen Spielertypen passt. Dies ist der Stil, den Foda haben will, und er presst ihn der Mannschaft auf, ob es nun passt oder nicht. Das macht ihn eher zum Dogmatiker.

Die Spieler können sicher. Aber Foda und Schöttel?

Wenn ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel im Standard-Interview sagt, das ÖFB-Team könne gar nicht wie Salzburg oder der LASK spielen, weil die gemeinsame Zeit dafür zu knapp ist, ist das nichts anderes als 1.) eine glatte Lüge und 2.) eingestandene Inkompetenz.

Schöttel tut so, als hätten er und Foda bei Null anfangen müssen. Dabei müssten sie, was den Stil von Salzburg und dem LASK angeht, praktisch gar nichts etablieren. Es ist alles schon da. DREIZEHN aktuelle oder ehemalige Leute von Red-Bull-Klubs bzw. dem LASK sind im Kader. Dazu kommen Namen wie Alaba (der bei Guardiola gelernt hat), Arnautovic und Baumgartlinger (die das bei Koller schon exzellent gespielt haben) sowie Grillitsch und Posch, die unter Nagelsmann spielten.

Fast der ganze Kader presst auch im Klub ständig. Die einzigen, die Pressing-Fußball österreichischer Stärke nicht kennen, sind Franco Foda und Peter Schöttel.

Der jahrelang bei Sturm Graz zuletzt solide, aber zumeist phantasielose Foda und der einstige Manndecker Schöttel, der in seiner Trainerlaufbahn u.a. bei Rapid dazu beitrug, dass die heimische Bundesliga in vorsichtiger Passivität erstarrte und die Rieder unter dem gerissenen Paul Gludovatz zweimal Herbstmeister werden konnten, passen so gesehen gut zusammen.

ÖFB-Präsident Leo Windtner wurd schon gewusst haben, warum er nach dem Heimsieg gegen Israel im ORF-Interview gemeint hat, er hebe noch ein paar graue Haare für die verbleibenden Spiele auf.

Irland-Dänemark 1:1 (0:0)

Einen Tag vor dem ÖFB-Match in Riga spielten Irland und Dänemark im direkten Duell um ein EM-Ticket. Das Spiel fand in Dublin statt, den Dänen reichte ein Punkt.

Sie spielten aber nicht auf Abwarten und versuchten das Remis zu halten. Nein: Es gingen stets drei Spieler vorne aggressiv auf den irischen Ballführenden, selbst Torhüter Randolph wurde gedoppelt. Irland bekam nicht mal die Zeit, um lange Bälle nach vorne schlagen zu können.

Dänemark ist personell nicht stärker besetzt als Österreich, aber die Herangehensweise könnte nicht unterschiedlicher sein. Die Iren kamen zwar nach dem Seitenwechsel besser ins Spiel, aber die Dänen gingen in Führung. Kurz vor Schluss glichen die Iren noch aus, aber die Dänen hatten auswärts mit hoher Aktivität das Heimteam lange vor große Probleme gestellt und sich verdientermaßen die EM-Teilnahme gesichert.

Österreich hingegen war in einem Heimspiel gegen Israel, das gewonnen werden musste, so dermaßen passiv unterwegs, dass die Herangehensweise die eigenen Spieler verunsicherte und einen kaputten Gegner stark machte. Warum?

Und glaubt man wirklich, dass dies der Weg ist, um das Team weiter zu entwickeln – oder sollte man nicht vielleicht doch einmal schauen, was sich auch innerhalb des ÖFB an praktischer Weiterentwicklung einer über Jahre entwickelten Spielidee machen lässt? Man kann davon ausgehen, dass Foda und Schöttel die Telefonnummer (und die Büro-Nummer) von Dominik Thalhammer kennen.

Die Gruppen, die Auslosung, das Playoff

Tatsächlich könnten – obwohl Andi Herzog mit Israel die erstaunliche Leistung vollbracht hat, selbst in dieser wirklich nicht guten Gruppe G mit Israel Vorletzter zu werden – am Ende VIER Teams aus der Österreich-Gruppe bei der EM dabei sein. Die Auslosung findet Ende nächster Woche in Bukarest statt. Es ist aber gut möglich, dass man beim ÖFB bis März nur zwei der drei EM-Gegner kennt.

In den vier Playoff-Zügen, die sich aus den Ergebnissen der Nations League im Herbst 2018 ergeben, ist noch nicht alles klar. Fix ist aber, dass Bosnien, Irland, Nordirland und die Slowakei um einen Platz in der EM-Gruppe E mit Spanien spielen. Klar ist auch, dass einer aus dem Quartett Nordmazedonien, Georgien, Weißrussland und Kosovo bei der Endrunde dabei sein wird.

Aber dann wird es kompliziert. Schottland, Norwegen und Serbien sind auf jeden Fall im selben Playoff-Ast, ein Team kommt noch dazu. Island ist das einzige Team aus der Nations-League-Topgruppe, das die Playoffs braucht. Die vier verbleibenden Playoff-Teilnehmer sind Ungarn, Rumänien, Bulgarien und Israel. Diese müssen per Auslosung am Freitag, dem 22. November, aufgeteilt werden.

Für die Haupt-Auslosung am 30. November stehen die Gruppenköpfe bereits fest – mit Italien (A), Belgien (B), Ukraine (C), England (D), Spanien (E) und Deutschland (F). Die weiteren Töpfe:

Zwei: Russland (fix B), Holland (fix C), Frankreich, Polen, Schweiz, Kroatien
Drei: Dänemark (fix B), Portugal, Türkei, Österreich, Schweden, Tschechien
Vier: Wales, Finnland und die vier Playoff-Sieger

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Kurze Vorschau: EM-Auslosung und Playoff https://ballverliebt.eu/2019/10/16/kurze-vorschau-em-auslosung-und-playoff/ https://ballverliebt.eu/2019/10/16/kurze-vorschau-em-auslosung-und-playoff/#respond Wed, 16 Oct 2019 11:26:22 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=16481 Kurze Vorschau: EM-Auslosung und Playoff weiterlesen ]]> Das Ende der EM-Quali rückt näher und damit auch die Auslosung am 30. November. Sechs Teams haben ihr Ticket schon fix, acht weitere können mit einiger Wahrscheinlichkeit auch bereits von einer Teilnahme ausgehen. Damit lässt sich zumindest schon einiges erahnen, was die Aufteilung der Gruppen bei der Endrunde angeht.

Spanien, Italien, Belgien, Russland, Polen und die Ukraine haben die EM-Teilnahme schon fix. Auch Titelverteidiger Portugal (braucht noch Siege gegen Luxemburg und Litauen), Weltmeister Frankreich, England, die Türkei, Holland, Deutschland, Österreich und erstmals Finnland müssen nur noch die Pflichtpunkte gegen Nachzügler am letzten Doppelspieltag einfahren.

Welche Plätze sind noch offen?

In Gruppe A geht es noch zwischen Tschechien (12 Pkt.) und dem Kosovo (11) um einen Platz. Das direkte Duell in Prag folgt noch, der Kosovo hat zudem noch das Heimspiel gegen England. Tschechien schließt auswärts in Bulgarien.

In Gruppe D kommen zwei aus dem Trio Irland (12), Dänemark (12), Schweiz (11) direkt zur EM. Die Schweizer haben noch die Spiele gegen Georgien und Gibraltar und sie sind auf jeden Fall dabei, wenn sie beide gewinnen. Dänemark spielt noch gegen Gibraltar, ehe am letzten Spieltag das direkte Duell Irland-Dänemark ansteht.

In Gruppe E haben sogar noch vier Teams Chancen. Kroatien (14) spielt noch daheim gegen die Slowakei, Ungarn (12) auswärts in Wales. Die Verfolger haben noch jeweils zwei Spiele: Slowakei (10) in Kroatien und Aserbaidschan; Wales (8) in Aserbaidschan und gegen Ungarn.

In Gruppe F gibt es ein Rennen um Platz zwei hinter Spanien. Schweden (15) spielt noch in Rumänien und gegen die Färöer; Rumänien (14) gegen Schweden und in Spanien.

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Was das für die Auslosung heißt

Bei der Endrunde gibt es bekanntlich 12 Spielorte in ganz Europa, von Dublin bis Baku und von St. Petersburg bis Rom. Wenn sich ein „Host Country“ für die EM qualifiziert, kommt es automatisch in die Gruppe, in der sich der eigene Austragungsort befindet.

Gruppe A: Italien (Rom) und Aserbaidschan (Baku)
Gruppe B: Russland (St. Petersburg) und Dänemark (Kopenhagen)
Gruppe C: Holland (Amsterdam) und Rumänien (Bukarest)
Gruppe D: England (London) und Schottland (Glasgow)
Gruppe E: Spanien (Bilbao) und Irland (Dublin)
Gruppe F: Deutschland (München) und Ungarn (Budapest)

Fett markiert sind die Teams, die schon fast oder ganz fix dabei sein werden. Bis auf Aserbaidschan sind noch alle weiteren Host Countries zumindest mit einigermaßen realistischen Teilnahme-Chancen dabei (Schottland allerdings nur noch über das Playoff). Die Töpfe teilen sich im Übrigen nach den Punkten aus der EM-Qualifikation ein, die Zähler gegen die Gruppensechsten kommen dabei nicht in die Wertung. Der aktuelle Stand mit den derzeitigen Gruppenersten und -zweiten wäre:

Topf 1: Italien (A), Holland (C), England (D), Spanien (E), Ukraine, Belgien
Topf 2: Russland (B), Irland (E), Frankreich, Kroatien, Polen, Türkei
Topf 3: Deutschland und Ungarn (F), Dänemark (B), Österreich, Tschechien, Finnland
Topf 4: Portugal, Schweden und die vier Playoff-Sieger

Weil wahrscheinlich die Schweiz noch entweder Dänemark oder Irland verdrägt, wird sich daran noch einiges ändern. Auch Portugal wird punktemäßig noch aufrücken. Und sollten Deutschland und Ungarn tatsächlich im selben Topf bleiben (eher unwahrscheinlich), würde von der UEFA nach eigenem Gutdünken eines der beiden Teams in einen anderen Topf verfrachtet.

Die Playoffs

Das Playoff, welches sich durch das Ranking in der Nations League im Herbst 2018 ergibt, ist „ein Sicherheitsnetz im Hinterkopf“, wie wie es vor einem Jahr ausgedrück haben: Wer sich direkt qualifiziert oder gegebenenfalls nachrückt, „wird man bis weit in den Herbst hinein nicht belastbar vorhersagen können.“

Jetzt ist Herbst 2019. Schauen wir mal.

Der Modus nochmal kurz erklärt: Aus jeder der vier Leistungsstufen der Nations League spielen die besten vier Teams, die sich 2019 nicht regulär qualifizieren, je einen weiteren Teilnehmer aus. Wenn man von einer Qualifikation der Schweiz ausgeht, wären das aktuell:

Tier 1: Island
Tier 2: Bosnien, Dänemark/Irland, Wales, Slowakei
Tier 3: Schottland, Norwegen, Serbien, Bulgarien
Tier 4: Georgien, Nordmazedonien, Kosovo, Weißrussland

Dass sich aus der Top-Gruppe keine vier Teams ausgehen werden, die sich nicht qualifizieren, war abzusehen. In diesem Fall wird aus den unteren Gruppen aufgefüllt. Stand jetzt wären die Gegner von Island: Nordirland, Israel und Rumänien.

Natürlich kann (und wird vermutlich) sich am letzten Doppel-Spieltag im November noch das eine oder andere verschieben, aber so sieht es zumindest mal grob aus.

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Vieldeutiges 0:0 in Polen für gutes ÖFB-Team https://ballverliebt.eu/2019/09/09/vieldeutiges-00-in-polen-fuer-gutes-oefb-team/ https://ballverliebt.eu/2019/09/09/vieldeutiges-00-in-polen-fuer-gutes-oefb-team/#respond Mon, 09 Sep 2019 20:49:39 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=16429 Vieldeutiges 0:0 in Polen für gutes ÖFB-Team weiterlesen ]]> Österreich kommt in Warschau mit einer überwiegend recht starken Vorstellung zu einem 0:0. Das Spiel ist ebenso ambivalent wie das Ergebnis: Einerseits war das ÖFB-Team die bessere Mannschaft, andererseits ist kein Tor und damit auch kein Sieg gelungen. Einerseits ist es ein Remis auswärts beim Gruppenkopf – andererseits ist durch den verpassten Sieg das kommende Match in Slowenien zum Pflichtsieg geworden.

Polen – Österreich 0:0

Franco Foda hatte vor dem Spiel angekündigt, nicht ganz so hoch pressen zu wollen wie beim 6:0 gegen Lettland. Das waren die Worte. Tatsächlich machte Österreich vom Anpfiff an genau das – nämlich hoch vorne drauf gehen. Innerhalb weniger Sekunden wurde Polen das erste Mal hinten reingedrängt und die erste Torchance kreiert.

Österreich klar dominant

In dieser Tonart ging es weiter. Drei Österreicher blieben hinten und sicherten ab (Posch und Dragovic, dazu mit Lainer der etwas defensivere der Außenverteidiger), während sich alle anderen oft tief in die polnische Hälfte begaben. Auffällig war in der Anfangsphase, dass die ÖFB-Flügelspieler Lazaro und Alaba deutlich näher an den Außenlinien agierten als gegen Lettland, als vor allem Alaba eher einen Achter spielte.

Dies hatte zwei Effekte. Zum einen konnten durch die doppelte Besetzung auf der Außenbahn der polnische Außenspieler in 2-gegen-1-Situationen verwickelt werden. Da die polnische Abwehrkette sehr eng einrückte, waren oft die Mittelfeld-Außen Grosicki und Kownacki die eigentlichen Außenverteidiger. Gerade Grosicki war defensiv gegen Lazaro und situativ Lainer bzw. den nach außen rückenden Sabitzer völlig überfordert. Nach einer halben Stunde durfte er mit Kownacki die Seiten wechseln.

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Österreich hoch und aggressiv

In den ersten 20 Minuten traute sich die Polen kaum aus dem Schneckenhaus. Oder: Konnten sie gar nicht herauskommen. Denn bei Ballverlusten schalteten die ÖFB-Spieler ungemein schnell, gingen ins Gegenpressing und ließen die in der Eröffnung bzw. beim offensiven Umschalten langsamen Polen keinerlei Zeit am Ball.

Und wenn die Polen doch einmal etwas Zeit am Ball hatten, fehlte jeglicher Plan im Aufbau. Selbst der eine Konter, bei dem Grosicki den Pfosten traf, hatte eine Abseitsstellung. Diese Situation zeigte den Gastgebern aber, dass die Restverteidigung der sehr hoch stehenden Österreicher etwas luftig war. So versuchten sie in der Folge, die Bälle gleich schnell nach vorne zu bringen.

Kurze polnische Druckphase

Das brachte eine gute polnische Chance in der 26. Minute und einen gefährlichen Kopfball von Lewandowski nach Grosicki-Zuspiel in der 29. Minute, kurz darauf musste ÖFB-Torhüter Stankovic nach einem Eckball einen Versuch von Glik parieren. Nach dieser rund zehnminuten Druckphase zog sich Polen aber wieder ganz weit hinten zurück.

Wiederum wurde der Strafraum mit allen Spielern der Viererkette verbunkert, die Mittelfeld-Außen rückten nach hinten und bildeten eine Sechserkette. Mit Alaba, der zunehmend wieder ins Halbfeld einrückte, kontrollierte Österreich den polnischen Sechserraum, hatte extrem viel Ballbesitz, tat sich aber schwer, gegen die ungemein dichte Abwehr in aussichtsreiche Abschlusspositionen zu kommen.

Polnische Adaption für Halbzeit zwei

Nach dem Seitenwechsel gab Polen die Sechser-Abwehr auf und stellte sich wieder im 4-4-1-1 auf. Das hieß auch, dass Kownacki und Grosicki (bzw. später Błaszczykowski und Szymański) höher agierten. Auch dies hatte wiederum zwei Effekte: Zum einen standen die beiden Ketten nun kompakter und mit passenderen Abständen zueinander. Und zum anderen waren die Mittelfeld-Außen in einer besseren Position, um das Spiel in Richtung österreichisches Tor zu tragen.

So konnte sich Polen nicht nur aus der österreichischen Umklammerung lösen, sondern mitunter auch gefährlich in den ÖFB-Strafraum eindringen. Österreich spielte immer noch den deutlich kultivierteren Fußball und vor allem Laimer zwang die Polen mit seinem unermüdlichen Anlaufen zu Ungenauigkeiten im Aufbau. Spielerisch war Polen weiterhin schwach, aber die Hausherren hielten das Geschehen halbwegs vom eigenen Tor weg.

Obwohl der alte Błaszczykowski keine 20 Minuten geschafft hat, ehe er mit einer Zerrung wieder raus musste (oder gerade deswegen?): Polen schien am Ende das Team mit den größeren Kraftreserven zu sein. Bei Österreich hingegen ging der enorm starke Laimer erst auf die weniger laufintensive Außenbahn (77.) und dann ganz aus dem Spiel (89.). In der Schlussphase war Polen dem Siegtreffer sogar noch näher als Österreich.

Fazit: Weder gut noch schlecht – oder sowohl als auch

Das ÖFB-Team hat mit diesem Auftritt einen lange althergebrachten Blödsinn als solchen entlarvt: Dass man auswärts mit einem guten Team vorsichtiger agieren soll als daheim, eben weil es ein Auswärtsspiel ist. Hätte Österreich dies getan, hätten sie ein nach dem 0:2 in Slowenien verunsichertes und in der Heimat ob der biederen Spielweise schwer in der Kritik stehendes polnisches Team stark gemacht. Es sagt einiges über den Gemütszustand der Polen aus, dass sie sich lange bei Referee Kassai darüber beschwerten, dass er auf Krychowiaks plumpen Versuch, in der 84. Minute einen Elfmeter zu schinden, nicht eingegangen war.

So aber hat Österreich alles getan, um den Auswärtssieg beim Gruppenkopf zu erringen. Die Spielanlage war aktiv, das Gegenpressing stark, es gab auch Chancen und die gelegentlichen Aktionen von Lewandowski – den man kaum über 90 Minuten ausschalten kann – hat man auch überstanden. Man war im Auswärtsspiel beim Topf-1-Team die bessere Mannschaft und hat sich wenig vorzuwerfen – vom Auslassen der handvoll Chancen abgesehen.

Das ist die eine Lesart dieses 0:0. Die andere ist: Polen ist der vermutlich schlechteste Gruppenkopf, gegen den Österreich in einer EM- oder WM-Qualifikation seit Jahrzehnten gespielt hat, und doch hat es in zwei Spielen zu keinem Tor und nur zu einem Punkt gereicht. Der Last-Minute-Heimsieg von Slowenien gegen Israel lässt das Auswärtsspiel in Ljubljana am 13. Oktober für Österreich zu einem Pflichtsieg werden – wegen des eigenen Aussetzers in Israel.

Die Leistung des ÖFB-Teams in Warschau war sehr in Ordnung und der Punkt ist das mindeste, was es verdient hat. Und doch hat dieses 0:0 das Leben der österreichischen Mannschaft eher nicht erleichtert.

 

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EM-Quali: Österreich vor dem Gipfel gegen Polen und dem Pflichtsieg gegen Lettland https://ballverliebt.eu/2019/09/05/em-quali-oesterreich-vor-dem-gipfel-gegen-polen-und-dem-pflichtsieg-gegen-lettland/ https://ballverliebt.eu/2019/09/05/em-quali-oesterreich-vor-dem-gipfel-gegen-polen-und-dem-pflichtsieg-gegen-lettland/#respond Thu, 05 Sep 2019 19:26:26 +0000 Das ÖFB-Team von Franco Foda steht in der EM-Qualifikation vor dem schwierigsten Spiel der Gruppe. Nein, nicht das Heimspiel gegen Lettland ist gemeint, sondern das Auswärtsspiel bei Topf 1-Team Polen, das am Montag stattfindet. Zu diesem Anlass haben sich Tom und Philipp Rado Zak in den Podcast geholt, um über das polnische Team und den polnischen Fußball im Allgemeineren zu sprechen. Natürlich geht es aber auch um den Zustand des Team Österreich und natürlich analysieren wir auch das kommende neue Nationalstadion in Bruck an der Leitha. Much fun!

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Israel lange sehr schlecht – dennoch 4:2 über Österreich https://ballverliebt.eu/2019/03/24/israel-oesterreich-foda-herzog-haifa/ https://ballverliebt.eu/2019/03/24/israel-oesterreich-foda-herzog-haifa/#comments Sun, 24 Mar 2019 20:17:00 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=15661 Israel lange sehr schlecht – dennoch 4:2 über Österreich weiterlesen ]]> Für Andi Herzog war es ein besonders süßer Triumph, für Österreich eine besonders dämliche Niederlage: Ein vor allem in der ersten Halbzeit erschütternd schlechtes Team aus Israel besiegt das ÖFB-Team mit 4:2. In der EM-Qualifikation steht Rot-Weiß-Rot damit nach zwei Spielen immer noch bei null Punkten – der schlechteste Start seit der EM-Quali für 1992.

Israel – Österreich 4:2 (2:1)

Die Aufstellungen

Franco Foda überraschte mit einem ungewöhnlichen System – einem 5-Raute-1. Vor der Fünferkette agierte Julian Baumgartlinger auf der Sechs, Xaver Schlager und Marcel Sabitzer auf den Halbpositionen, Peter Zulj auf der Zehn und Marko Arnautovic ganz vorne.

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Andi Herzog vertraute wie gewohnt ebenfalls einer Fünferkette, vor der Bibras Natcho und Dor Peretz den Sechser bzw. den Achter gaben. Davor spielte Beram Kayal einen offensiven Freigeist, Eran Zahavi den Halbstürmer und Salzburgs Munas Dabbur die vorderste Spitze.

Was bei Österreich auffiel

Anlaufen des Ballführenden. Aus der Mittelfeld-Raute heraus versuchte Österreich, den ballführenden Israeli mit jeweils einem Spieler anzulaufen. Zumeist geschah dies relativ frontal, ohne große Schnörkel und recht offensichtlich. Dennoch reichte dieses Anlaufen fast immer völlig aus, um einen überhasteten Pass zu provozieren, der sehr oft gut abgefangen wurde.

Etwas unseriös. Auch ohne eine besonders glanzvolle Leistung zu zeigen, war das ÖFB-Team in der ersten Halbzeit das um Lichtjahre bessere Team, auch wenn die Führung mit 1:0 immer noch recht knapp war. Das ging dann wohl alles ein wenig gar zu einfach – denn im Spiel gegen den Ball wurde Österreich zunehmend sorglos. So sind vor allem die beiden Gegentore vor der Pause zu erklären. Dass Maximilian Wöber bei allen drei Gegentoren, bei denen er am Feld war, auch ursächlich beteiligt war, wird seinem persönlichen Selbstvertrauen sicher auch nicht helfen.

Zu wenige Tore. Ja, Israel hat deutlich gewonnen. Und ja, Österreich hat nicht so besonders gut gespielt – wenn auch, zumindest in der ersten Halbzeit, nicht so schlecht wie das Resultat nahelegen würden. Und auch mit vier kassierten Toren hätte das ÖFB-Team eigentlich noch gewinnen müssen. Die Eckballserie vor der Halbzeit und der auf der Linie geklärte Ball kurz nach Wiederanpfiff waren nur zwei der zahlreichen Situationen, in denen die israelische Abwehr alles andere als eine gute Figur gemacht hat. Gegen dieses Team mit dieser Abwehr nur zwei Tore zu erzielen, ist einfach viel zu wenig.

Was bei Israel auffiel

Null Präsenz im eigenen Strafraum. Es war schon im Herbst in der Nations League zu erkennen, und in diesem Spiel ebenso: Zwar ist bei Israel eine Fünferkette auf dem Feld, deren mittlere drei Spieler im Spiel gegen den Ball relativ eng verdichten, aber dennoch wird keinerlei Präsenz im eigenen Strafraum geschaffen. Das war nicht nur in der Eckball-Serie kurz vor der Halbzeit zu sehen. Die eigentlich recht routinierten Spieler – Yeini ist 32, Dgani ist 30 und Taha 29 – ließen sich etwa auch beim frühen Tor durch Arnautovic wie Schulbuben aus der Position ziehen. Erst, als man Österreich mit acht defensiven Feldspielern hinten erwartete, stand Israel sicherer.

Der Plan im Spiel nach vorne war kaum erkennbar. Weil viele Bälle schon früh relativ billig verloren wurden, wurden viele Sololäufe angezogen – zumeist mit dem Kopf durch die Wand und nicht selten mitten hinein ins österreichische Getümmel. Auch lange Bälle waren ein Mittel, um Dabbur und Zahavi in Szene zu bringen – fast immer ohne Erfolg. Dennoch nützte man Nachlässigkeiten in der österreichischen Defensive zu einem äußerst schmeichelhaften 2:1 zur Pause.

Geordneter Rückzug. Mit dieser Führung im Rücken zog sich Kayal zur zweiten Hälfte etwas weiter ins Mittelfeld zurück, womit sich ein 5-3-2 bildete. Israel zwang Österreich so, selbst vermehrt Aufzubauen. Die Löcher zwischen den Linien, die man zuvor noch selbst offenbarte, rissen nun bei Österreich auf, was Israel zum 3:1 und zum 4:1 nützte.

Umstellungen

Nach einer Stunde vollzog Foda einen Doppelwechsel mit Systemtausch, indem Janko und Onisiwo für Wöber und Schlager ins Spiel kamen – bevor die Umstellung irgendeine Wirkung zeigen konnten, erzielte Israel aus einem Konter gar das 4:1.

Was wohl auf dem Papier als 4-4-2 oder 4-2-3-1 gedacht war, stellte sich in der Praxis als eher planlose Brechstangen-Formation heraus. Die vier Offensiven – Onisiwo, Janko, Arnautovic und Sabitzer – knubbelten sich oft im Zentrum zusammen. Dies geschah jedoch ohne erkennbare Idee und ohne jegliche Abstimmung aufeinander, das mit Almog Cohen (für Kayal) aufmagazinierte israelische Zentrum stellte die Versuche zumeist recht gut.

Neben den vier Gegentoren wird vor allem diese Phase vom 2:4 in Israel in Erinnerung bleiben: Als man außer panischem Nach-vorne-Werfen aller möglichen Spieler keinerlei inhaltliche Antwort auf einen unglücklichen Spielverlauf hat. Und dabei auch noch mehr gelbe Karten kassiert als ordentliche Torschüsse zusammen bringt – denn mit dem vierten Gegentor war Österreich tot.

Daran änderte auch das Tor, das Arnautovic zum 2:4-Endstand markierte, nichts.

Fazit: Fehlstart bestätigt Nations-League-Herbst

Null Punkte nach zwei Spielen – so schlecht ist Österreich zuletzt im Herbst 1990 in eine Qualifikation gestartet. Damals gab es das 0:1 gegen die Färöer in Landskrona und danach ein 1:4 in Belgrad gegen Jugoslawien. Anders als damals, wo nur der Gruppensieger ein EM-Ticket löste, ist jetzt noch längst nicht alles verloren. Ein Platz unter den Top-2 ist immer noch möglich. Nur: Viel darf nicht mehr schief gehen.

Was sich in diesen beiden Spielen, dem 0:1 gegen Polen und dem 2:4 in Israel aber gezeigt hat: Auch Foda-Österreich kann nicht ewig auf der Glückswelle reiten und mit fast durchgängig schlechten Leistungen sieben Punkte aus vier Pflichtspielen einfahren, wie in der Nations League. Letztlich bestätigen die beiden Niederlagen jetzt den schlechten Nations-League-Herbst. Selbst wenn die beiden ersten Halbzeiten in Wien und Haifa nun rein von der Leistung her eh okay waren: Das ist das ÖFB-Team unter Foda. Es war das neunte Spiel in Folge, in der man maximal eine gute Halbzeit zu Stande brachte.

Neun Spiele. Davon eines (Brasilien) gegen einen wirklich starken Kontrahenten. Ansonsten: Nordirland, Bosnien, die B-Teams von Dänemark und Schweden, biedere Polen und ein lange Zeit erschütternd schlechtes Israel.

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Spiel besser, Ergebnis schlechter – 0:1 zum EM-Quali-Start https://ballverliebt.eu/2019/03/22/oesterreich-polen-em-quali-niederlage/ https://ballverliebt.eu/2019/03/22/oesterreich-polen-em-quali-niederlage/#respond Thu, 21 Mar 2019 23:38:51 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=15628 Spiel besser, Ergebnis schlechter – 0:1 zum EM-Quali-Start weiterlesen ]]> Karma ist eine Bitch. Im letzten Herbst zeigte das ÖFB-Team im Grunde keine einzige gute Leistung und fuhr dennoch recht gute Resultate ein. Nun, zum Auftakt in die EM-Quali gegen Polen, war es umgekehrt: Eine über weite Strecken sehr vorzeigbare und auch durchdachte Darbietung hatte eine 0:1-Heimniederlage zum Resultat.

Österreich – Polen 0:1 (0:0)

Asymmetrisches System

Franco Foda sandte sein Team mit einem Hybrid aus 4-2-3-1 und 3-4-3 ins Spiel. Maximilian Wöber spielte linkes Glied in der Dreierkette bzw. Linksverteidiger – je nachdem, wie sich Alaba vor bzw. neben ihm postierte. Lainer agierte rechts etwas zurückhaltender als Alaba links – es entstand ein asymmetrisches System.

In der Zentrale suchten Baumgartlinger und Grillitsch die Räume, vorne agierte Arnautovic zentral, Sabitzer eher im Halbfeld vor/neben Alaba links und Lazaro deutlich konsequenter an der Linie vor Lainer rechts. Auch hier: Keine Symmetrie. Dadurch wurden fast alle Spieler so eingesetzt, wie es ihrem Tagesgeschäft bei ihren jeweiligen Klubs entspricht.

Polens Teamchef Jerzy Brzęczek setzte auf ein recht klar definiertes 4-4-2, in dem sich Sechser Krychowiak oft relativ tief fallen ließ.

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Wie es Österreich anlegte

Über die Außen zwischen die Linien oder hinter die Abwehr zu kommen, war der Plan Nummer eins. Die Polen taten Österreich den Gefallen, weder im Block tief zu verteidigen, noch im Verbund den Weg nach vorne zu suchen. Zudem war die Staffelung im polnischen Zentrum oftmals diagonal. Durch die entstehenden Räume ergab sich für Österreich oft die Gelegenheit, zwischen den Ketten in Richtung Strafraum zu ziehen (Arnautovic, Lazaro). Gelang dies nicht, gab es immer noch die Option, über die Außen hinter die Abwehrkette zu gelangen (Alaba, Lazaro, Lainer). Auf diese Weise ergaben sich gerade in der ersten halben Stunde einige zumindest mittelgute Torchancen.

Zwei Etagen zur Verlagerung. Das ÖFB-Team versuchte es gar nicht erst, durch die Mitte nach vorne zu kommen. Baumgartlinger und Grillitsch sollten ihr Auge für Räume nützen, um die Mitspieler in den Halbräumen zu bedienen und gegebenenfalls das Spiel auf die andere Seite zu verlagern. Wenn es sich anbot, wurde auch mal ein längerer Ball in Richtung Außenlinie gespielt. Gerade Alaba bot sich dafür öfters an. Wenn eine Verlagerung über das Mittelfeld-Zentrum nicht möglich war, weil etwa Lewandowski und Milik pressten, gab es immer noch die Abwehr-Dreierkette, die als zweite Etage zur Verlagerung bereit stand.

Wie es Polen anlegte

Was genau der Vorwärtsgang-Plan von Jerzy Brzęczek sein sollte, war über weite Strecken nicht erkennbar. Sechser Krychowiak suchte oftmals eine Anspielstation, nicht selten blieb ihm nur der lange Ball. Zieliński zog zwei-, dreimal ein Solo von der linken Seite an, Grosicki einmal von der rechten. Lewandowski tauchte zuweilen sogar im Sechserraum auf, weil er sonst kaum Bälle sah. Einzelaktionen, Weitschüsse, mehr war nicht.

Situativ wurde der ballführende Österreicher angelaufen, aber Ballverluste mit der Gelegenheit zum schnellen Umschalten wurden kaum provoziert. Dann und wann versuchte Krychowiak auch, mit Horizontal-Dribblings Räume oder Passoptionen zu schaffen, aber auch das: Selten erfolgreich. Polen durfte nicht unglücklich darüber sein, mit einem 0:0 in die Pause zu kommen.

Wie Brzęczek adaptierte

Polens Teamchef mit der ausgiebigen Österreich-Vergangenheit (u.a. knapp 150 Spiele und zwei Meistertitel in Innsbruck) hatte die größte Problemstelle in seinem Team erkannt und adaptierte die Positionierung der Mittelfeld-Außen im Spiel gegen den Ball.

Grosicki und Zieliński (bzw. in der Folge Frankowski) schlossen nämlich nun konsequent den Eingang zum Zwischenlinienraum. Sie positionierten sich so zwischen den Außenverteidigern hinter ihnen und den ZM-Spielern neben ihnen, dass die Österreicher nicht mit diagonal in Richtung Strafraum ziehen konnten. Gleichzeitig bedeutete diese Halbfeld-Absicherung für die Außenverteidiger Kędziora und Bereszyński, dass sie die Wege zur Grundlinie besser schließen konnten.

Mit diesem ziemlich simplen Schachzug hatte Brzęczek das ÖFB-Team offensiv ziemlich kaltgestellt. Dann verwertete der für den angeschlagenen Zieliński eingewechselte Piątek (der ganz vorne neben Lewandowski spielte) auch noch eine Ecke. Ab der 68. Minute war Polen 1:0 in Führung und Österreich gefordert.

Nach dem Tor

Viel an Reaktion kam aber erst einmal nicht. Die ÖFB-Spieler versuchten weiterhin, über die Außen in den Strafraum zu kommen, dabei wurde aber keine Gefahr erzeugt. Mit den Einwechslungen von Marc Janko (für Lazaro, in die Spitze zu Arnautovic) und kurz darauf von Karim Onisiwo (für Grillitsch, ins offensive Mittelfeld) wurde die Variante Brechstange gewählt.

Nun stand die Improvisation im Mittelpunkt. Jankos Kopfball in der 87. Minute war jedoch der einzige Abschluss aus aussichtsreicher Position in der kompletten zweiten Halbzeit. Auf der anderen Seite ergaben sich durch die vergrößerte Manpower vorne natürlich Räume für die Polen. So hätte Piątek das Spiel mit dem 2:0 entscheiden können, der Milan-Stürmer schoss aber alleine vor Lindners Tor stehend eher kläglich daneben.

Fazit: Guter Plan, aber keine Reaktion

Das Spiel erinnerte ein wenig an die späten Koller-Jahre. Eine planvolle erste Halbzeit mit einer gut abgestimmten Strategie, die grundsätzlich funktioniert. Dann adaptiert der Gegner und es fehlt die Antwort darauf. Die Polen haben dann noch ein billiges Tor aus einem Eckball erzielt und fertig war Österreichs Niederlage.

Das ist umso ärgerlicher, weil die Polen beleibe nicht wie ein internationales Top-Länderteam agiert haben. Im Gegenteil: Das Spiel der Gäste war überwiegend bieder, es mangelte an Ideen und mehr als die individuelle Klasse einer Handvoll Spieler und eine kluge, aber eigentlich auch recht offensichtliche Umstellung in der Halbzeit kam da nicht. Für einen Gruppenkopf war die Vorstellung der Polen recht dünn.

Und es ist auch deshalb ärgerlich, weil die Leistung des ÖFB-Teams, der Niederlage zum Trotz, erheblich besser war als alles, womit man im Herbst die Zuseher geärgert hatte – selbst, wenn es auch gegen Polen nur eine gute Halbzeit war. Für die EM-Qualifikation ist diese Niederlage zwar enttäuschend, aber da auch Israel mit dem 1:1 daheim gegen Slowenien schon Punkte abgegeben hat, ist noch nicht allzu viel passiert.

Zudem muss man davon ausgehen, dass die Polen – sollten sie sich nicht steigern – sicher auch noch diverse Spiele nicht gewinnen werden.

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Kurze Anleitung für die EM-Quali https://ballverliebt.eu/2018/12/02/kurze-anleitung-fuer-die-em-quali/ https://ballverliebt.eu/2018/12/02/kurze-anleitung-fuer-die-em-quali/#comments Sun, 02 Dec 2018 07:56:52 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=15438 Kurze Anleitung für die EM-Quali weiterlesen ]]> Am Sonntag wird in Dublin die Qualifikation für die EM 2020 ausgelost. Nach dem Abschluss der Nations League begibt sich der europäische Fußball damit wieder auf altbekanntes Terrain, auch wenn sich viele durch die Nations League verwirrt fühlten. Zu Unrecht, wie man 2019 sehen wird.

Wie ist der Modus?

Zehn Gruppen zu je fünf bzw. sechs Teams, die Sieger und Zweiten jeder Gruppen qualifizieren sich für die EM 2020, die in ganz Europa ausgetragen wird.

Welche Auswirkungen hat die Nations League?

Österreich ist im zweiten Topf (was aber auch bei allen anderen möglichen Berechnungs-Methoden so gewesen wäre) und die vier Teilnehmer am Final-Four bekommen fix eine Fünfergruppe. Sonst: Keine.

Gibt es was Ungewöhnliches an der EM-Quali?

Nein. Außer, dass sie innerhalb kürzerer Zeit ausgetragen wird als sonst, ist alles ganz normal.

Aber die Nations League und das Playoff…?

Vergesst es, zumindest bis November 2019. Ist für zumindest die ersten acht der zehn Quali-Spieltage komplett irrelevant. Für die in der Grafik farbig markierten Teams ist es ein Sicherheitsnetz im Hinterkopf. Wer nachrückt, wenn sich diese ohnehin 2019 qualifizieren, wird man bis weit in den Herbst hinein nicht belastbar vorhersagen können.

Und wenn man doch die zweite Chance im Playoff bekommt?

Ist diese, rein mathematisch, nicht höher als 25 Prozent, weil sich je vier Teams um ein Ticket bewerben. Also, ernsthaft: Mehr als ein letzter, dünner Strohhalm ist das nicht. Unter die ersten zwei der Gruppe zu kommen darf das einzige sein, was zählt.

Was gilt es bei der Auslosung zu beachten?

Es gibt diverse Einschränkungen. So können etwa Serbien und der Kosovo nicht in die selbe Gruppe gelost werden (ebenso wie Russland und die Ukraine, wenn diese beiden nicht ohnehin im selben Topf wären). Es gibt keine Heimspiele für Kältepole wie die Färöer im März und im November, und ein Team aus dem äußersten Westen (wie Island oder Portugal) kann nur eines aus dem äußersten Osten (wie Kasachstan) bekommen. Ist alles per se vernünftig und wird alles während der Auslosung schon vom Computer berechnet, ist also alles kein Problem..

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Erste, zweite, dritte EM-Chance für Österreich https://ballverliebt.eu/2018/11/18/nations-league-em-2020-oesterreich/ https://ballverliebt.eu/2018/11/18/nations-league-em-2020-oesterreich/#respond Sat, 17 Nov 2018 23:45:34 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=15412 Erste, zweite, dritte EM-Chance für Österreich weiterlesen ]]> Vor dem letzten Nations-League-Spiel von Österreich in Nordirland ist alles geklärt. Oder? Nein, nicht ganz: Die Plätze in der Gruppe sind zwar bezogen, aber für das ÖFB-Team geht es noch darum, sich eine möglichst gute Ausgangsposition für die „Zweite Chance auf die EM“ zu sichern.

Stand in der Nations-League-Klasse B

Österreich wird als bereits feststehender Gruppenzweiter fix zwischen Platz fünf und acht in der Gesamt-Schlusswertung der Liga B klassiert werden.

Die zweite Chance – über die Klasse B

Kurz zum Modus: 2019 findet von März bis November die EM-Qualifikation statt. Ganz klassisch, zehn Fünfer- bzw. Sechsergruppen, Sieger und Zweite qualifizieren sich für die Endrunde im Jahr 2020. Das werden dann 20 Teams sein. Die jeweils besten vier Teams jeder Nations-League-Leistungsstufe, die es 2019 NICHT über den klassischen Weg schaffen, bekommen eine zweite Chance. Sie spielen im Frühjahr 2020 noch jeweils ein Ticket pro Leistungsstufe auf.

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In der Theorie also spielen laut Papierform Bosnien, Ukraine, Dänemark und Russland/Schweden im Frühjahr 2020 in Halbfinale und Finale um ein EM-Ticket. Wenn sich eines oder mehrere dieser vier Gruppensieger regulär qualifizieren sollten (was nicht ganz unwahrscheinlich ist), rückt der beste Zweite (=Fünfte) nach, dann käme der zweitbeste Zweite (=Sechste) dran usw. – so lange, bis eben vier Teams zusammen sind.

Hier wäre es aus österreichischer Sicht praktisch, möglichst weit vorne zu sein. Mit einem Sieg in Belfast würde das ÖFB-Team definitiv Wales überholen (spielfrei) und auch fix vor dem Sieger Tschechien-Slowakei bleiben, wäre also auf jeden Fall zumindest Sechster. Je nach Höhe könnte Österreich sogar Fünfter werden.

Ein Remis in Nordirland würde bedeuten, dass Östererich – je nachdem, wie die Spiele CZE-SVK und SWE-RUS ausgehen – zwischen Platz sechs und acht reinkommt. Eine Niederlage in Belfast, und man wäre bestenfalls Siebenter. Um da noch in den Ticket-Ast der B-Gruppe zu rutschen, müsste wohl schon einiges zusammenkommen.

Die dritte Chance – über die Klasse A

Grün: Fix Gruppensieger. Orange: Fix abgestiegen. Grau: Keine Chance mehr auf Gruppensieg. Erläuterung zu Klasse C: Bei den Top-3 jeder Gruppe werden nur die Resultate gegen den Ersten und Zweiten gezählt. Der schlechteste Gruppendritte steigt mit den drei Gruppenvierten ab.

Aber selbst, wenn es in Nordirland schief gehen sollte, wird Österreich ziemlich sicher im Frühjahr 2020 noch eine Möglichkeit auf die EM haben. Nämlich über Top-Klasse der Nations League. Klingt komisch, ist aber so.

Denn: Auch über diese Top-Klasse wird noch ein EM-Ticket aus vier Teams ermittelt. Nur: Ist es realistisch, dass sich aus diesen 12 Teams tatsächlich VIER nicht ohnehin regulär qualifizieren werden? Nein, eben. Und wenn aus der Top-Liga nach der EM-Quali 2019 keine vier Gescheiterten übrig bleiben, wird aufgefüllt.

Und zwar aus der nächst-unteren Liga. Das ist die Österreich-Klasse B. Hier kommen dann die nächstbesten dran, die nicht in der B-Liga unter den Top-4 sind. Kompliziert, ja.

Also, Gedankenspiel: Island und Polen bleiben 2019 als einzige A-Teams auf der Strecke und die vier B-Gruppensieger auch. Also: Bosnien, Dänemark, Russland und die Ukraine machen sich im Frühjahr 2020 noch ein EM-Ticket aus.

Im A-Playoff fehlen aber noch zwei Teams. Hier rücken dann die nächstbesten B-Teams nach. Das wären aktuell Wales und Schweden als Fünfter und Sechster der B-Liga. In Wahrheit wird es vermutlich so kommen, dass so ziemlich alle B-Liga-Teams noch in irgendeiner Form eine zweite Chance bekommen. Je besser Österreich klassiert ist, desto besser ist die Chance, dass man dem A-Playoff ausweicht.

Denn wehe, da oben ist vielleicht Italien, Kroatien oder gar Deutschland drin – und nicht „nur“ Island und Polen.

Erste Chance

Am allerbesten wäre es natürlich, man erspart sich die ganze Herumrechnerei. Dafür gibt es eine so simple wie (angesichts der aktuellen Leistungskurve) schwierige Lösung.

Man qualifiziert sich einfach 2019 ganz normal regulär für die EM.

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Die letzten zwei Auswärtsspiele in Belfast: Die Regenschlacht von 1995 und das „irrereguläre“ Match von 2004.

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