30 mutige Minuten reichen nicht: Die Austria verliert 0:1 gegen Porto

Eine halbe Stunde lang machte die Austria so ziemlich alles richtig, was man als Underdog richtig machen kann: Früh stören, schnell umschalten, den spielstarken Gegner nicht zur Entfaltung kommen lassen. Dummerweise aber eben nur eine halbe Stunde lang. Dann gab’s mehr Platz und mehr Raum für Porto – und die Portugiesen schlugen die Austria bei deren Champions-League-Debüt mit 1:0.

Austria Wien - FC Porto 0:1 (0:0)
Austria Wien – FC Porto 0:1 (0:0)

Couragiert sich nicht vom Namen und von der Qualität des Gegners einschüchtern lassen: Diese Marschroute war in der ersten halben Stunde bei der Premiere der Austria in der Champions League gegen den FC Porto klar erkennbar.

Was die Austria gut machte

Das zentrale Mittelfeld-Trio mit Holland, Stankovic und (vor allem) Mader ließ ihren direkten Gegnern überhaupt keine Zeit am Ball. Es war offensichtlich, dass die Portugiesen mit einem so aggressiv störendem Gegner nicht gerechnet hatten, sie wirklich jedenfalls ziemlich überrumpelt. Mit so erzwungenen Ballgewinnen und flinkem Umschalten gelang es der Austria, Porto zu ärgern; gerade der extrem giftige Royer machte Porto zu schaffen.

Es wurden zwar wenig produziert, was die Gäste wirklich in Sorge um einen Rückstand versetzen hätte müssen – zumeist wurde etwas überhastet von der Strafraumgrenze der Abschluss gesucht, oder die umsichtig agierenden Innenverteidiger Otamendi und Mangala klärten – aber man zeigte Porto: „Wir sind nicht gewillt, hier einfach nur das willige Opfer zu geben“.

Bei allem Stören vorne wurde aber gleichzeitig versucht, die Balance zwischen Offensive und Defensive nicht zu risikoreich zu gestalten. Die Austria-Außenverteidiger Suttner und Koch blieben verhältnismäßig vorsichtig, suchten nicht so oft wie gewohnt den Vorwärtsgang, sondern achteten lieber darauf, dass die permanent die Seiten tauschenden Porto-Außenstürmer Licá und Silvestre Varela nicht zur Entfaltung kamen. Kurz gesagt: Die Austria spielte so, wie man als Außenseiter gegen einen von der inidiviuellen Qualität deutlich besseren Gegner spielen muss.

Was die Austria nicht so gut machte

Das einzige Feld, in dem das mit dem Balance-Bewahren nicht so gut funktionierte, war der Raum zwischen Mittelfeld und Abwehr in der Mitte des Feldes. Wenn Mader und Co. nach vorne drückten, rückte die Viererkette – und hier im speziellen die Innenverteidigung – nicht mit auf. Porto schaffte es in der ersten halben Stunde nicht, diesen Raum auszunützen, auch weil ihren dafür merklich die dazu notwenidige Laufarbeit fehlte.

Nach einer halben Stunde kombinierte sich Porto mal durch und Jackson Martínez hatte die erste wirklich nennenswerte Chance für die Gäste. Das war so ein wenig der Weckruf: Nun erhöhte Porto das Pensum, erkannte den sich bietenden Raum hinter dem Mittelfeld-Trio, und versuchte vermehrt, diesen zu bearbeiten. Dabei kam Porto auch zu Pass, dass die Intensität des Pressings der Austria zum gleichen Zeitpunkt deutlich nachließ.

Mit der vermehrten Zeit und dem verringerten Druck, den Porto im Mittelfeld nun hatte, bekam der Favorit das Spiel innerhalb von wenigen Minuten voll in den Griff. Auch die nun konsequenter nach vorne stoßenden Außenverteidiger Alex Sandro und Danilo – übrigens jene Flügelzange, die für Brasilien bei der U-20-WM vor zwei Jahren in der Vorrunde Österreich demolierte und später Weltmeister wurde – rückten mehr auf. So wurde neben dem (unauffälligen) Jun auch der (extrem auffällige) Royer nach hinten gedrückt, was der Austria viel Zug nach vorne nahm.

Porto münzt höhere Qualität um

Das Bild der letzten Viertelstunde der ersten Hälfte änderte sich auch im zweiten Spielabschnitt nicht. Porto konnte sich sogar trauen, sich noch weiter nach vorne zu schieben als vor dem Seitenwechsel: Zuweilen standen gar die beiden Innenverteidiger an der Mittellinie. Porto machte dabei zwar nicht den ganz massiven Druck und stellte die Austria nicht unter Dauerbeschuss, aber wurde unter deutlich weniger Stress gestellt und nützte es in der 55. Minute aus, dass weiterhin der Raum zwischen Austria-Abwehr und Austria-Mittelfeld zu wenig konsequent zugestellt wurde. Ein Passweg aus dem Zentrum über halbrechts auf den einmal mehr aufgerückten Rechtsverteidiger Danilo, Flanke in den Rückraum, Lucho González trifft zum 1:0.

Nicht, dass die Austria keine Torchancen gehabt hätte. Aber das Pressen im Verbund, das die erste halbe Stunde ausgezeichnet hatte, gab es einfach nicht mehr. Was es gab, waren Einzel-Initiativen, wie etwa jene von Hosiner, der den hoch stehenden Innenverteidigern von Porto den Ball abluchste, dann aber nicht schnell genug war. Und durch Standardsituationen, aus denen aber zu wenig gemacht wurde. Die Ecken blieben pratisch alle harmlos, die größte Gefahr nach einem Freistoß war ein Stankovic-Kopfball.

Zudem wurden nicht geradlinig genug der Weg nach vorne gesucht. Angriffe wurden immer wieder auf halbem Weg abgebrochen. Mit der körperlichen Frische schwand auch die geistige, die Risikobereitschaft nahm eher ab als zu, daran änderte auch die Einwechslung von Okotie für Holland nichts entscheidendes. Natürlich hätte der auch reingehen und der Austria ein 1:1 bescheren können. Was aber halt fehlte, war die kollektive Arbeit gegen das Mittelfeld von Porto. Ein wenig „Hättiwari“: Hätte dieser Druck aus der ersten halben Stunde aufrecht erhalten worden, wäre das Spiel höchstwahrscheinlich nicht verloren worden – womöglich sogar gewonnen.

Fazit: Couragiert, aber nicht konsequent genug

Die Austria zeigte eine halbe Stunde lang eine sehr couragierte, sehr aktive und auch durchaus intelligente Leistung. Vor allem der extrem laufstarke Mader und der extrem giftige Royer zeigten da ausgesprochen gute Performances. Leider gelang es nicht, diese Marschroute länger als 30 Minuten durchzuziehen. Denn anstatt Porto weiter zu nerven und die Lust am spielen zu nehmen, wurde den Gästen in der Folge zu viel Zeit am Ball gelassen.

Und das nützt eine Klassemannschaft wie Porto nun mal aus. Ohne großen Glanz zu verbreiten und ohne sich voll zu verausgaben dann einen 1:0-Sieg einfahren: Um das zu verhindern, hätte die Austria konsequenter das anfängliche Forechecking durchziehen und dann aber auch konsequenter die sich bietenden Chancen ausnützen müssen. Dafür war aber, vor allem in der Schlussphase, die nötige körperliche Frische auch nicht mehr vorhanden.

So heißt es nach dem Spiel: Ganz gut ausgesehen, mancher mag sich auch eine „unglückliche Niederlage“ einreden. Die Realität ist aber eher, so hart es klingen man: Wer in der Champions League nur 30 Minuten aktiv ist, wird nicht viel gewinnen. Auch nicht, wenn einem noch so viel eingeredet wird, es wäre eine unglückliche Niederlage gewesen.

(phe)

Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.