Die WM 1994 war ein großer Erfolg – für die USA als Ausrichter genauso wie für die FIFA als Verband. Darum geht die Bewerbung der Staaten, 2022 erneut die Endrunde in diesmal 18 riesigen NFL-Arenen auszutragen, auch mit gar nicht mal so schlechten Karten ins Rennen.
Was gab es bei der WM 1994, der ersten in den USA, nicht? Flutlichtspiele! Alle damals 52 Partien wurden bei Tageslicht ausgetragen, um sich den europäischen TV-Markt nicht noch mehr zu zerstören. Das könnte 2022, sollten die Staaten den Zuschlag bekommen, anders sein – der (nord- wie süd)-amerikanische Markt ist mittlerweile so interessant, dass man Anstoßzeiten um 4 Uhr früh Europa-Zeit in Kauf nehmen könnte. Die Erfahrung von damals hat gezeigt, dass die Amerikaner durchaus begeisterungsfähig sind und die 18 zum Teil hypermodernen Mega-Arenen, fast durchwegs Football-Stadien der NFL, durchaus gefüllt werden könnten. Ob das für den Zuschlag aber reicht? Ein „Bildungsauftrag“ in Sachen Fußball wie damals ist nämlich im Falle der USA längst nicht mehr gegeben.
Hier würde gespielt
Los Angeles – Rose Bowl | 94.500
Washington – Redskins Stadium | 91.500
Dallas – Cowboys Stadium | 91.500
New York – New Meadowlands | 82.500
Miami – Dolphins Stadium | 80.000
Houston – Reliant Stadium | 76.000
Kansas City – Arrowhead | 75.500
Denver – Mile High Stadium | 75.000
Tampa – Raymond James Stadium | 75.000
Boston – Foxboro Stadium | 74.000
Phoenix – University Stadium | 71.500
Atlanta – Georgia Dome | 71.000
Baltimore – Ravens Stadium | 71.000
Philadelphia – Eagles Stadium | 69.000
Nashville – Titans Stadium | 69.000
Seattle – Seahawks Stadium | 68.000
San Diego – Qualcomm Stadium | 67.500
Indianapolis – Colts Dome | 66.500
Das Team des Gastgebers
Der Fußball in den USA hat enorm von der WM 1994 profitiert. Nach einigen Jahren des Herum-Experimentierens ist auch die damals neu gegründete Profiliga auf einem gesunden Weg, schreibt schwarze Zahlen, bietet zumindest ordentlichen Fußball, ist auf Expansionskurs und zieht immer mehr Zuschauer an. Wovon auch das Nationalteam etwas hat: Das Team USA hat sich längst als Stammgast bei Endrunden etabliert und wäre in Südafrika beinahe zum zweiten Mal in den letzten drei Turnieren ins Viertelfinale eingezogen. Ein starkes US-Team ist zudem natürilch für die FIFA von Interesse.
Positiva
– Die USA ist als wirtschaftlicher Markt natürlich sehr interessant.
– Die Zeitzonen für den wachsenden Markt in Südamerika wären ideal.
– Durch die enorme Größe aller Stadien würde keine andere Bewerbung würde annähernd so viel Geld aus Ticket-Verkäufen einbringen.
– Die Erfahrung in der Ausrichtung von Mega-Events ist nirgendwo so groß wie in den Staaten.
Negitiva
– Alle Stadien sind fertig, aber kein einziges davon wird dauerhaft für den Fußball genützt – daran würde auch eine WM nichts ändern.
– Erstaunlicherweise haben die Organisatoren der Bewerbung Probleme, für die nötige Infrastruktur an Trainingsplätzen und Teamhotels zusammen zu kratzen.
– Die Spielorte erstrecken sich über vier Zeitzonen, wodurch sich eine extreme Abhängigkeit vom Luftverkehr ergibt.
– Die Unterstützung der Politik wackelt ein wenig – vor allem, wenn die dem Fußball eher kritisch gegenüber stehenden Republikaner weiter auf dem Vormarsch bleiben.
– Die letzte WM in den Vereinigten Staaten ist erst 16 Jahre her.
Chancen
Sind intakt, aber klarer Favorit ist die Bewerbung der USA nicht. Wirtschaftlich wäre ein Zuschlag an die Staaten natürlich äußerst lukrativ und die FIFA hat mit der letzten Endrunde in den Staaten 1994 eigentlich nur positive Erfahrungen gemacht. Aber die unsichere Unterstützung von offizieller Seite und die aggressivere Lobbying-Politik der Konkurrenz aus Katar würden gegen eine WM 2022 in den Vereinigten Staaten sprechen.
und außerdem…
…könnte David Beckham als europäischer Botschafter in L.A. die Werbetrommel rühren. Nur – ist das jetzt ein gutes oder ein schlechtes Omen?
(phe)